Informationen zu universitätsrechtlicher Theorie und Praxis 1 ... - ULV
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UNILEX 1–2/2010 22<br />
Tabelle 1: Idealtypische Steuerungslogiken von Wissen <strong>und</strong> hochqualifizierter Arbeit<br />
Wissensinhalte Theoretisch-abstraktes<br />
Wissenssystem, das<br />
stetig weiterentwickelt<br />
wird – Professionen;<br />
wissenschaftliche<br />
Disziplinen<br />
Steuerungsformen bzw.<br />
Kontrolle über Wissen<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ng um eine Profession/ Disziplin dauerhaft <strong>zu</strong><br />
reproduzieren.<br />
Demgegenüber reguliert die Marktlogik vor allem jene<br />
Formen wissensbasierter Arbeit, die man häufig als Wissensarbeit<br />
bezeichnet, <strong>und</strong> die insgesamt im Zunehmen<br />
begriffen sind. Da<strong>zu</strong> zählen Tätigkeiten, wie etwa Softwareprogrammierung,<br />
außeruniversitäre angewandte Forschung<br />
oder Beratung. Die <strong>zu</strong>gr<strong>und</strong>eliegenden Wissensinhalte<br />
haben im Gegensatz <strong>zu</strong> den Professionen keine<br />
eindeutige abstrakt-theoretische Gr<strong>und</strong>lage, das – häufig<br />
neu generierte – Wissen verändert sich vielmehr je nach<br />
Marktbedingungen, K<strong>und</strong>enbedürfnissen, Kontext, etc.<br />
Der Zugang <strong>zu</strong> den Tätigkeitsbereichen ist kaum reguliert<br />
<strong>und</strong> der Wettbewerb kann – wenn überhaupt – nur durch<br />
temporäre Schließung reduziert werden. Wenn etwa eine<br />
Unternehmensberaterin oder ein Forscher in der angewandten<br />
außeruniversitären Forschung durch Spezialisierung<br />
einen Expertenstatus erlangt, dann vermittelt dieser<br />
ihr/ihm eine temporäre Machtposition gegenüber AuftraggeberIn<br />
oder MitkonkurrentInnen. Diese „Alleinstellung“<br />
im Feld garantiert allerdings nur vorübergehend Vorteile<br />
(etwa bei der Einkommens- <strong>und</strong> Honorargestaltung, Auftragsakquise,<br />
etc.), <strong>und</strong> wird jederzeit von Neueintretenden<br />
in das Feld bedroht. Um die Konkurrenz <strong>zu</strong> minimieren,<br />
können neben individuellen Schließungsstrategien<br />
Professionslogik Marktlogik Bürokratische Logik<br />
Institutionalisierte<br />
Selbstregulation (häufig<br />
gesetzliche Regulierung)<br />
(Markt-)Zugang Selbst- oder gesetzlich<br />
regulierte Ausbildung;<br />
definierte Statuspassagen<br />
(Dissertation, Habil., etc.)<br />
Machtformen der<br />
Hochqualifizierten<br />
Permanente (Markt)-<br />
Schließung (nur kollektiv<br />
erschließbar)<br />
z.B. Professionelle<br />
Organisationen, Kammern,<br />
wissenschaftliche<br />
Vereinigungen<br />
Neue Wissensprodukte<br />
<strong>und</strong> -prozesse, die je<br />
nach Kontext variieren<br />
– Wissensarbeit (z.B.<br />
Beratung, IT, außeruniv.<br />
Forschung)<br />
Markt (K<strong>und</strong>enbedürfnisse,<br />
Kontext, Preis, etc.)<br />
Unbeschränkt <strong>und</strong><br />
vielfältig, häufig durch<br />
akademische Aus- <strong>und</strong><br />
Weiterbildung<br />
Temporäre Schließung<br />
(individuell, z.B.<br />
Expertenstatus) oder<br />
Assoziative Macht<br />
(Organisationsmacht, z.B.<br />
Gewerkschaften)<br />
Theoretisch-abstraktes<br />
Wissen <strong>und</strong> neue<br />
Wissensprodukte <strong>und</strong><br />
-prozesse<br />
Management; betriebliche<br />
Hierarchie<br />
Entscheidungen des<br />
Managements<br />
Assoziative Macht<br />
(Organisationsmacht,<br />
z.B. Gewerkschaften,<br />
Selbstorganisation, etc.)<br />
auch Strategien der Organisationsmacht (kollektiv) verfolgt<br />
werden, die – unabhängig von der individuellen Machtposition<br />
– darauf abzielen, generelle Mindestniveaus durch<strong>zu</strong>setzen<br />
(z.B. Mindestgehälter).<br />
In der Arbeitsforschung wird davon ausgegangen, dass die<br />
Arbeit in wissensintensiven Feldern immer seltener direkthierarchisch<br />
kontrolliert als vielmehr über Ergebniskontrolle,<br />
hohe Arbeitsautonomie <strong>und</strong> Institutionalisierung<br />
von Marktbeziehungen gesteuert wird. Insbesondere in<br />
Be<strong>zu</strong>g auf die Universitäten spielt die hierarchische Steuerungslogik<br />
allerdings nach wie vor eine Rolle, insbesondere<br />
wenn es um Entscheidungen hinsichtlich der Beschäftigungsperspektiven<br />
oder Laufbahnoptionen geht.<br />
Angewandt auf die derzeitige Situation an den Universitäten<br />
finden sich insb. Mischformen der genannten Idealtypen,<br />
die je nach Beschäftigtengruppe allerdings variieren<br />
<strong>und</strong> daher unterschiedliche Durchset<strong>zu</strong>ngsmacht entfalten.<br />
Der bereits erwähnte duale universitäre Arbeitsmarkt<br />
umfasst demnach eine Gruppe I von Beschäftigten, denen<br />
eine dauerhafte Zugehörigkeit <strong>zu</strong>r Universität eingeräumt<br />
wird (verbeamtete <strong>und</strong> unbefristete Beschäftigte) <strong>und</strong> eine<br />
Gruppe II, denen eine dauerhafte Beschäftigungsperspektive<br />
verwehrt wird (Befristungen in Ausnahmefällen für<br />
maximal 12 Jahre, nach UG 2009) (s. Tabelle 2).