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Informationen zu universitätsrechtlicher Theorie und Praxis 1 ... - ULV

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UNILEX 1–2/2010 18<br />

marktes im Fall des AuslBG – eine derart drastische Sanktion<br />

wie die Totalnichtigkeit des Arbeitsvertrages rechtfertigen<br />

würde. Es besteht weiters nicht die Gefahr, dass die<br />

Universität als Arbeitgeberin von einem/einer erstmals ein<strong>zu</strong>stellenden<br />

ArbeitnehmerIn diesbezüglich leicht übervorteilt<br />

werden könnte. Die schwächere Position hat zweifellos<br />

auch im UG der/die StellenwerberIn inne. Zu beachten ist<br />

außerdem, dass § 109 UG nicht nur für das wissenschaftliche<br />

<strong>und</strong> künstlerische, sondern ebenso für das allgemeine<br />

Universitätspersonal gilt. Die Sanktionen bei Verstößen<br />

gegen § 109 UG müssen daher eine gewisse sachlich gebotene<br />

Gleichmäßigkeit mit jenen bei un<strong>zu</strong>lässigen Kettendienstverträgen<br />

aufweisen, will man eine verfassungsrechtlich<br />

gleichheitswidrige Rechtsfolgenanordnung vermeiden.<br />

Schließlich wäre nicht ein<strong>zu</strong>sehen, warum die Rechtsfolgenanordnung<br />

des Abs 1 <strong>und</strong> des Abs 2 von § 109 UG<br />

derart stark divergieren sollte. Die Rechtsunwirksamkeit des<br />

gesamten Arbeitsvertrages im Fall eines Verstoßes gegen<br />

§ 109 Abs 2 UG wurde aber bisher nicht vertreten. Im<br />

Ergebnis wird man daher den Wortlaut des § 109 Abs 1<br />

UG in Hinblick auf die „Rechtsunwirksamkeit des Arbeitsvertrages“<br />

als Widerspruch <strong>zu</strong>r inneren Zweckset<strong>zu</strong>ng des<br />

UG, <strong>zu</strong>r immanenten Teleologie der gesamten Arbeitsrechtsordnung<br />

<strong>und</strong> <strong>zu</strong>m europarechtlichen Diskriminierungsverbot<br />

sehen müssen, der mittels teleologischer Reduktion56<br />

<strong>zu</strong> beseitigen ist. Ein Überschreiten der Sechs-<br />

Jahres-Frist gem § 109 Abs 1 UG wird daher nicht <strong>zu</strong>r<br />

Totalnichtigkeit des Arbeitsverhältnisses, sondern <strong>zu</strong>r Teilnichtigkeit<br />

der <strong>zu</strong> langen Befristung mit der Konsequenz<br />

führen, dass von vornherein ein Arbeitsverhältnis auf<br />

unbestimmte Zeit entsteht. Eine vertretbare Mittellösung<br />

wäre auch, die Nichtigkeitssanktion erst nach der <strong>zu</strong>lässigen<br />

Dauer des Arbeitsverhältnisses an<strong>zu</strong>setzen. Damit käme<br />

man einerseits <strong>zu</strong> einem ordnungsgemäßen Arbeitsverhältnis<br />

innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Maximalfrist<br />

<strong>und</strong> andererseits <strong>zu</strong>r Rechtsunwirksamkeit des Rechtsverhältnisses<br />

nach der gesetzlich eingezogenen Obergrenze.<br />

Hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung des<br />

§ 109 Abs 2 UG besteht Einhelligkeit: Liegt keiner der in<br />

§ 109 Abs 2 UG aufgezählten Sonderfälle vor <strong>und</strong> werden<br />

dennoch unmittelbar aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge<br />

abgeschlossen, dann werden die un<strong>zu</strong>lässi-<br />

gen Kettendienstverträge mit dem Argument der Umgehung<br />

zwingender arbeitsrechtlicher Bestimmungen in ein<br />

Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit umgedeutet57 .<br />

Fraglich ist allerdings, ab welchen Zeitpunkt von einem<br />

unbefristeten Arbeitsverhältnis aus<strong>zu</strong>gehen ist. Entsteht das<br />

Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit erst mit Beginn des<br />

ersten rechtswidrig befristeten Arbeitsverhältnisses, dh mit<br />

jenem Dienstverhältnis, mit dem die Sechs- bzw Acht-<br />

Jahresfrist des § 109 Abs 2 UG überschritten wird58 oder<br />

werden sämtliche Arbeitsverhältnisse, die einen inneren<br />

zeitlichen Zusammenhang aufweisen, dh auch die vor Erreichen<br />

der Zeitgrenze des § 109 UG <strong>zu</strong>lässigerweise befristeten<br />

Arbeitsverhältnisse, <strong>zu</strong>sammengerechnet? Entscheidend<br />

ist, ob man die Rechtswidrigkeit bzw die Umgehungsabsicht<br />

auf den letzen Vertrag beschränken kann<br />

oder ob nicht eine Gesamtbetrachtung sämtlicher Befristungen<br />

vor<strong>zu</strong>nehmen ist. Übernimmt man die herrschende<br />

Ansicht <strong>zu</strong>r allgemeinen Kettendienstvertragsproblematik59<br />

, dann würde das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte<br />

Zeit rückwirkend mit Beginn des ersten Arbeitsverhältnisses<br />

entstehen. In Anbetracht des Umstandes bzw der Vorausset<strong>zu</strong>ng,<br />

dass die Aneinanderreihung der befristeten, vor<br />

dem 1.1.2004 <strong>zu</strong>stande gekommenen Arbeitsverhältnisse<br />

<strong>zu</strong>lässig war, wird man aber nur das letzte vor dem Stichtag<br />

vereinbarte Arbeitsverhältnis einbeziehen können. Nur<br />

<strong>zu</strong> diesem letzten Arbeitsvertrag wird ein Rechtswidrigkeits<strong>zu</strong>sammenhang<br />

hergestellt werden können.<br />

Durch den rechtswidrigen Kettendienstvertrag kommt es<br />

<strong>zu</strong> einem Rechtsformenwechsel: aus dem ursprünglich <strong>zu</strong>lässigen<br />

befristeten Arbeitsvertrag wird ein Arbeitsvertrag<br />

auf unbestimmte Zeit. Damit stellt sich die Frage, ob der/<br />

die ArbeitnehmerIn als ein nach § 126 UG übergeleitete/r<br />

Vertragsbedienstete/r an<strong>zu</strong>sehen ist oder ob er/sie als neueingestellte/r<br />

Mitarbeiter/in nach Angestelltenrecht <strong>zu</strong><br />

werten ist. Würde er/sie nämlich unter § 126 UG fallen,<br />

dann würde das VBG dynamisch als Inhalt des Arbeitsvertrages<br />

gelten, die Kündigungsbeschränkungen des VBG<br />

wären <strong>zu</strong> beachten <strong>und</strong> der Universitäten-KV käme nicht<br />

automatisch <strong>zu</strong>r Anwendung. In der Entscheidung OGH<br />

25.6.200760 weist das Höchstgericht bereits darauf hin,<br />

dass im Fall der Verlängerung/des Neuabschlusses eines<br />

Vertrages (nur) „das neue Dauerrecht – <strong>und</strong> damit auch<br />

56 Allg <strong>zu</strong>r teleologischen Reduktion s Claus-Wilhelm Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz (1964), 82f; Franz Bydlinski, Juris-<br />

tische Methodenlehre <strong>und</strong> Rechtsbegriff 2 (1991), 480f; Karl Larenz/Claus-Wilhelm Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3<br />

(1995), 210f; Ferdinand Kerschner, Wissenschaftliche Arbeitstechnik <strong>und</strong> Methodenlehre für Juristen 5 (2006), 51f.<br />

57 Ebenso Schrammel in Mayr, Erl III.4 <strong>zu</strong> § 109 Reissner, in Reissner/Tinhofer (Hrsg), 48.<br />

58 So Schrammel in Mayr, Erl III.4 <strong>zu</strong> § 109; Reissner in Reissner/Tinhofer (Hrsg), 48.<br />

59 Vgl zB Beatrix Karl, in Marhold/Burgstaller/Peyer (Hrsg), AngG, RZ 68 <strong>zu</strong> § 19; s weiters Barbara Trost in Löschnigg (Hrsg), AngG<br />

(2007) Rz 47 <strong>zu</strong> § 19; Nora Melzer-Azodanloo, Aneinanderreihung von Arbeitsverhältnissen, ASoK, 1998, 297; <strong>zu</strong>r Rechtsprechung<br />

s Günther Löschnigg, DRdA 2004, 156.<br />

60 OGH 25.6.2007, infas 2007, A 74 = ecolex 2007, 373.

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