Informationen zu universitätsrechtlicher Theorie und Praxis 1 ... - ULV

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29.01.2013 Aufrufe

UNILEX 1–2/2010 12 Ein gleiches Qualifikationsniveau muss nicht gegeben sein. Werden etwa für eine/n karenzierte/n UniversitätsprofessorIn zwei halbbeschäftigte AssistentInnen ohne Doktorat aufgenommen, handelt es sich dennoch um Ersatzkräfte. Die Ausnahmeregelung für Ersatzarbeitskräfte in § 109 Abs 2 UG kommt sowohl für das wissenschaftliche als auch für das nichtwissenschaftliche Universitätspersonal zum Tragen. Gegenteiliges lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck der Bestimmung ableiten. 6. Zeitliche Lücken und zeitliche Grenzen 6.1. „Neuerliche Erstanstellung“ nach zeitlicher Unterbrechung Eine enge Interpretation des § 109 Abs 1 UG würde zum Ergebnis führen, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis ein zweites Arbeitsverhältnis zur Universität für die gesamte Lebenszeit des/der ArbeitnehmerIn ausschließt. Ein derart enges Verständnis der Norm wird mit der Zielsetzung der Bestimmung nicht in Einklang zu bringen sein. Die Wertungen, die im Zusammenhang mit der Zusammenrechnung befristeter Dienstverhältnisse nach § 109 Abs 2 UG in Anlehnung an die Kettenvertragsjudikatur getroffen werden (s 6.2.), können auf die Frage einer „neuerlichen Erstanstellung“ übertragen werden. Die Betonung liegt hiebei aber auf der Übertragung von Wertungen und nicht von Ergebnissen in Hinblick etwa auf die zeitliche Grenze von Lehraufträgen. Während davon ausgegangen werden kann, dass eine Unterbrechung von einem Semester grundsätzlich zu keiner Zusammenrechnung der Arbeitsverhältnisse von LektorInnen führt, würde eine Lücke von einem Semester eher nicht ausreichen, um nach einer unterbrochenen Lehrtätigkeit von 8 Jahren wieder von einer Neuanstellung/Erstanstellung ausgehen zu können. In diesem Fall wäre wiederum der Zeitraum von 8 Jahren in Relation zur Lücke zu setzen. Hiebei wäre auch zu berücksichtigen, ob nicht vor den 8 Jahren bereits befristete Arbeitsverhältnisse eingegangen wurden. 26 Vgl Reissner in Reissner/Tinhofer (Hrsg), 54; Schrammel in Mayer, Erl II.2 zu § 109. 27 OGH 6.7.1998, Arb 11.753. 28 OGH 25.5.1994, Arb 11.199. 29 OGH 10.4.2008, ecolex 2008/279. 30 OGH 22.4.1969, Arb 8611. 31 OGH 25.6.1998, Arb 11.746; s aber auch OLG Wien 25.4.2007, ARD 58/5/2008. 32 OGH 6.7.1998, Arb 11.753. 6.2. „Unmittelbare“ Aneinanderreihung Unmittelbar bedeutet grundsätzlich ohne zeitliche Unterbrechung. In Anlehnung an das allgemeine Kettendienstvertragsrecht ist jedoch davon auszugehen, dass § 109 UG in diesem Punkt nicht eng am Wortlaut, sondern offen zu interpretieren ist, sodass auch durch eine gewisse zeitliche Unterbrechung die Begründung eines unzulässigen Kettendienstverhältnisses bei Vorliegen eines inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den Arbeitsverhältnissen nicht ausgeschlossen wird26 . Die Zulässigkeit einer neuerlichen Befristung ist daher im Einzelfall zu beurteilen, wobei iS eines beweglichen Systems sowohl die Dauer der Unterbrechungen als auch die Dauer der Beschäftigungsphasen sowie die Zahl der Aneinanderreihungen zu berücksichtigen sind27 . So wurde etwa die jeweils zweimonatige Unterbrechung der Arbeitsverhältnisse im Publikumsdienst der Wiener Volksoper28 ebenso als einheitliches Dienstverhältnis angesehen wie die jeweils dreimonatige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses der Billeteurin eines auf den Schulbetrieb abgestimmten Kinder- und Jugendtheaters29 . Auch die Unterbrechung von LehrerInnendienstverhältnissen während der Schulferien verhindert nicht das Entstehen eines unzulässigen Kettendienstverhältnisses30 . Zulässig ist die Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse hingegen in traditionellen Saisonbetrieben, in denen die Schließung des Betriebes auf von dem/der ArbeitgeberIn nicht beeinflussbaren Faktoren beruht, da die mit der Annahme eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses verbundene Beschäftigungsverpflichtung dem/der ArbeitgeberIn für die Dauer der „toten Saison“ nicht zugemutet werden kann31 . Ebenso liegt kein unzulässiges Kettendienstverhältnis vor, wenn die Dauer der Unterbrechungszeiten bei weitem die der Beschäftigung übersteigt32 . Diese Wertungen werden grundsätzlich auf die Bestimmung des § 109 Abs 2 UG übertragen werden können. Unter Berücksichtigung der Judikatur zum Kettendienstvertrag und in Hinblick auf die Gliederung des universitären Studienbetriebes in Semester wird davon auszugehen sein,

dass eine Unterbrechung im Ausmaß eines Semesters ausreichend ist, um eine Zusammenrechnung von Arbeitsverhältnissen zu vermeiden. Die befristete Beschäftigung in jedem Winter- oder in jedem Sommersemester wäre damit zulässig. Ein derartiges Modell entspricht durchaus dem klassischen Saisonvertrag. Als zeitlicher Richtwert für die Unterbrechung können sechs Monate angesehen werden. Die 6-Monats-Grenze wird eher beim allgemeinen Universitätspersonal, die Grenze des Semesters (mit einer auch etwas unter sechs Monaten liegenden Dauer) wird eher beim wissenschaftlichen Universitätspersonal heranzuziehen sein. 6.3. Zeitliche Höchstgrenzen gem § 109 Abs 2 UG § 109 Abs 2 UG unterscheidet in Bezug auf die höchstzulässige Gesamtdauer der Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse zwischen Vollzeitbeschäftigung und Teilzeitbeschäftigung. Während Teilzeitarbeitsverhältnisse grundsätzlich bis zu einer Gesamtdauer von acht Jahren aneinander gereiht werden dürfen, ist dies bei Vollzeitarbeitsverhältnissen nur bis zu einer Dauer von insgesamt sechs Jahren zulässig. Auch wenn die Lücken zwischen den einzelnen Befristungen ein so geringes Ausmaß aufweisen, dass noch von „unmittelbar“ aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen auszugehen ist (vgl 6.2.), werden diese zeitlichen Lücken bei den Maximalgrenzen dennoch nicht zu berücksichtigen sein. Unter „Gesamtdauer“ wird eher die Dauer der Arbeitsverhältnisse an sich (ohne Hinzuzählung der Lücken) zu verstehen sein. Dienstverhinderungen, Freistellungen, Karenzierungen etc, dh Zeiten, in denen nicht gearbeitet wird, das Arbeitsverhältnis dem Grunde nach aber besteht, sind für die zeitlichen Höchstgrenzen hingegen zu beachten. Durch das Universitätsrechts-ÄnderungsG 2009 wird die Möglichkeit geschaffen, die zeitlichen Grenzen noch weiter hinauszuschieben: Eine über die Sechs- bzw Acht-Jahres- Grenze hinausgehende einmalige Verlängerung bis zu insgesamt zehn Jahren (bei Teilzeitarbeit bis zu zwölf Jahren) ist bei sachlicher Rechtfertigung zulässig. Hervorzuheben ist, dass die Überschreitung der Sechs- bzw Acht-Jahres-Grenze nur durch einen einzigen Arbeitsvertrag möglich ist. 33 Zu Teilzeit und Pro-Rata-Temporis-Regel vgl etwa EuGH 24.4.2008, C-55/07 und C-56/07. 34 Ebenso Schrammel in Mayer, Erl II.3 zu § 109. Beispiel: Am Ende einer Kette von Teilzeitbeschäftigungen (Mitarbeit an Drittmittelprojekten) wird zur Beendigung des letzten laufenden Projektes ein weiterer Vertrag (vom 1.1.2010 bis 30.06.2010) vereinbart. Auf Grund unvorhergesehener Umstände verschiebt sich der Abschluss des Projekts auf den 15.8.2010. Trotz sachlicher Rechtfertigung und Einhaltung der zeitlichen Obergrenze (von zwölf Jahren) wäre ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag von 1.7. bis 15.8.2010 unzulässig. Der über die Sechs- bzw Acht-Jahres-Grenze hinausreichende Vertrag muss nicht exakt am Ende der Sechs- bzw Acht-Jahres-Grenze beginnen. Wenn zB nach einer Beschäftigungsdauer von 5 ½ Jahren (Vollzeit) klar ist, dass das Forschungsprojekt noch eineinhalb Jahre dauern wird, dann wäre auch nach 5 ½ Jahren ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag bis zum Projektende (dh bis zum Ende des 7. Jahres) möglich. Voraussetzung für die Zulässigkeit der einmaligen Über- schreitung der Sechs- bzw Acht-Jahres-Grenze ist stets die sachliche Rechtfertigung der neuerlichen Befristung (vgl hiezu 5.1). 6.4. Höchstgrenzen in Abhängigkeit vom Beschäftigungsausmaß Wechselt ein/e ArbeitnehmerIn zwischen Voll- und Teilzeitarbeitsverhältnissen, dann stellt sich die Frage, in welcher Form die unterschiedlichen zeitlichen Höchstgrenzen von sechs und zehn bzw von acht und zwölf Jahren zu berücksichtigen sind. Mehrere Lösungen sind denkbar. So könnte etwa jene zeitliche Grenze herangezogen werden, die der überwiegenden Dauer der Teil- oder Vollbeschäftigung entspricht. Auch in diesem Fall einer Teilzeitproblematik33 wird man aber am ehesten mit der Pro-Rata-Temporis- Regel ein sachgerechtes Ergebnis erzielen können, dh die höchstzulässige Beschäftigungsdauer ist entsprechend der Voll- und Teilzeitphasen zu ermitteln34 . Setzt man die allgemeine Maximaldauer für „Vollzeitbefristungen“ (sechs Jahre) zur Maximaldauer für „Teilzeitbefristungen“ (acht Jahre) in Relation, kommt man zu einer Verhältniszahl (Umrechnungsfaktor) von 3/4 bzw 4/3. Hiebei kann zur Ermittlung der maximalen Gesamtbefristung in Vollzeit- oder Teilzeitäquivalenten gerechnet werden. 13 UNILEX 1–2/2010

UNILEX 1–2/2010 12<br />

Ein gleiches Qualifikationsniveau muss nicht gegeben<br />

sein. Werden etwa für eine/n karenzierte/n UniversitätsprofessorIn<br />

zwei halbbeschäftigte AssistentInnen ohne<br />

Doktorat aufgenommen, handelt es sich dennoch um<br />

Ersatzkräfte.<br />

Die Ausnahmeregelung für Ersatzarbeitskräfte in § 109 Abs<br />

2 UG kommt sowohl für das wissenschaftliche als auch für<br />

das nichtwissenschaftliche Universitätspersonal <strong>zu</strong>m Tragen.<br />

Gegenteiliges lässt sich weder aus dem Wortlaut noch<br />

aus dem Zweck der Bestimmung ableiten.<br />

6. Zeitliche Lücken <strong>und</strong> zeitliche<br />

Grenzen<br />

6.1. „Neuerliche Erstanstellung“ nach zeitlicher<br />

Unterbrechung<br />

Eine enge Interpretation des § 109 Abs 1 UG würde <strong>zu</strong>m<br />

Ergebnis führen, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis ein<br />

zweites Arbeitsverhältnis <strong>zu</strong>r Universität für die gesamte<br />

Lebenszeit des/der ArbeitnehmerIn ausschließt. Ein derart<br />

enges Verständnis der Norm wird mit der Zielset<strong>zu</strong>ng der<br />

Bestimmung nicht in Einklang <strong>zu</strong> bringen sein. Die Wertungen,<br />

die im Zusammenhang mit der Zusammenrechnung<br />

befristeter Dienstverhältnisse nach § 109 Abs 2 UG<br />

in Anlehnung an die Kettenvertragsjudikatur getroffen<br />

werden (s 6.2.), können auf die Frage einer „neuerlichen<br />

Erstanstellung“ übertragen werden.<br />

Die Betonung liegt hiebei aber auf der Übertragung von<br />

Wertungen <strong>und</strong> nicht von Ergebnissen in Hinblick etwa<br />

auf die zeitliche Grenze von Lehraufträgen. Während davon<br />

ausgegangen werden kann, dass eine Unterbrechung<br />

von einem Semester gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>zu</strong> keiner Zusammenrechnung<br />

der Arbeitsverhältnisse von LektorInnen führt,<br />

würde eine Lücke von einem Semester eher nicht ausreichen,<br />

um nach einer unterbrochenen Lehrtätigkeit von<br />

8 Jahren wieder von einer Neuanstellung/Erstanstellung<br />

ausgehen <strong>zu</strong> können. In diesem Fall wäre wiederum der<br />

Zeitraum von 8 Jahren in Relation <strong>zu</strong>r Lücke <strong>zu</strong> setzen.<br />

Hiebei wäre auch <strong>zu</strong> berücksichtigen, ob nicht vor den<br />

8 Jahren bereits befristete Arbeitsverhältnisse eingegangen<br />

wurden.<br />

26 Vgl Reissner in Reissner/Tinhofer (Hrsg), 54; Schrammel in Mayer, Erl II.2 <strong>zu</strong> § 109.<br />

27 OGH 6.7.1998, Arb 11.753.<br />

28 OGH 25.5.1994, Arb 11.199.<br />

29 OGH 10.4.2008, ecolex 2008/279.<br />

30 OGH 22.4.1969, Arb 8611.<br />

31 OGH 25.6.1998, Arb 11.746; s aber auch OLG Wien 25.4.2007, ARD 58/5/2008.<br />

32 OGH 6.7.1998, Arb 11.753.<br />

6.2. „Unmittelbare“ Aneinanderreihung<br />

Unmittelbar bedeutet gr<strong>und</strong>sätzlich ohne zeitliche Unterbrechung.<br />

In Anlehnung an das allgemeine Kettendienstvertragsrecht<br />

ist jedoch davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass § 109<br />

UG in diesem Punkt nicht eng am Wortlaut, sondern offen<br />

<strong>zu</strong> interpretieren ist, sodass auch durch eine gewisse zeitliche<br />

Unterbrechung die Begründung eines un<strong>zu</strong>lässigen<br />

Kettendienstverhältnisses bei Vorliegen eines inhaltlichen<br />

Zusammenhangs zwischen den Arbeitsverhältnissen nicht<br />

ausgeschlossen wird26 . Die Zulässigkeit einer neuerlichen<br />

Befristung ist daher im Einzelfall <strong>zu</strong> beurteilen, wobei iS<br />

eines beweglichen Systems sowohl die Dauer der Unterbrechungen<br />

als auch die Dauer der Beschäftigungsphasen<br />

sowie die Zahl der Aneinanderreihungen <strong>zu</strong> berücksichtigen<br />

sind27 . So wurde etwa die jeweils zweimonatige Unterbrechung<br />

der Arbeitsverhältnisse im Publikumsdienst<br />

der Wiener Volksoper28 ebenso als einheitliches Dienstverhältnis<br />

angesehen wie die jeweils dreimonatige Unterbrechung<br />

des Arbeitsverhältnisses der Billeteurin eines auf<br />

den Schulbetrieb abgestimmten Kinder- <strong>und</strong> Jugendtheaters29<br />

. Auch die Unterbrechung von LehrerInnendienstverhältnissen<br />

während der Schulferien verhindert nicht das<br />

Entstehen eines un<strong>zu</strong>lässigen Kettendienstverhältnisses30 .<br />

Zulässig ist die Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse<br />

hingegen in traditionellen Saisonbetrieben, in<br />

denen die Schließung des Betriebes auf von dem/der<br />

ArbeitgeberIn nicht beeinflussbaren Faktoren beruht, da<br />

die mit der Annahme eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses<br />

verb<strong>und</strong>ene Beschäftigungsverpflichtung dem/der<br />

ArbeitgeberIn für die Dauer der „toten Saison“ nicht <strong>zu</strong>gemutet<br />

werden kann31 . Ebenso liegt kein un<strong>zu</strong>lässiges<br />

Kettendienstverhältnis vor, wenn die Dauer der Unterbrechungszeiten<br />

bei weitem die der Beschäftigung übersteigt32<br />

. Diese Wertungen werden gr<strong>und</strong>sätzlich auf die<br />

Bestimmung des § 109 Abs 2 UG übertragen werden<br />

können.<br />

Unter Berücksichtigung der Judikatur <strong>zu</strong>m Kettendienstvertrag<br />

<strong>und</strong> in Hinblick auf die Gliederung des universitären<br />

Studienbetriebes in Semester wird davon aus<strong>zu</strong>gehen sein,

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