regional. optimal. - BKK Scheufelen
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Jahr an Verwaltungskosten sparen. Anstieg<br />
der Leistungsausgaben. Reduzierung des<br />
Beitragsaufkommens. Zuletzt: Anstieg der<br />
Beiträge für alle ehrlichen Versicherten.<br />
Häufigste Aussage: „Ich habe Ihnen doch<br />
den Bogen erst vor einem halben Jahr zugeschickt<br />
– muss das denn schon wieder sein?“<br />
Fazit: Wenn man der Meinung anhängt,<br />
Geld spielt keine Rolle und mit einer halbwegs<br />
gerechten Anspruchs- und Lastenverteilung<br />
müsse man es auch nicht so genau<br />
nehmen, kann man auf die regelmäßige<br />
Prüfung der Familienversicherung verzichten.<br />
Beispiel 2 –<br />
Krankenhausabrechnungen<br />
Ausgangslage: Seit 2004 gibt es in<br />
Deutschland im Bereich der stationären<br />
Krankenhausbehandlung das sogenannte<br />
DRG-Abrechnungssystem; häufig auch<br />
als „Fallpauschale“ bezeichnet. Eine der<br />
ursprünglichen gesetzgeberischen Absichten<br />
war die Anzahl der Krankenhausbetten in<br />
Deutschland deutlich zu reduzieren.<br />
Problem: Beim DRG-Abrechungssystem<br />
handelt es sich nicht um eine „echte“ Fallpauschale<br />
sondern um eine Fallpauschale die<br />
gleichzeitig versucht sämtlichen Besonderheiten<br />
des Einzelfalles gerecht zu werden.<br />
Die Krankenhäuser müssen um ihren Erlös<br />
zu festigen bzw. zu steigern umfangreiche<br />
Dokumentationen - auch insbesondere zu<br />
Nebendiagnosen – betreiben. Gleichzeitig<br />
ist es für ein Krankenhaus aufgrund der Fallpauschalensystematik<br />
betriebswirtschaftlich<br />
sinnvoll einen Patienten nach verdienter<br />
Fallpauschale möglichst schnell wieder zu<br />
entlassen, um die Kapazität („das Bett“) für<br />
die nächste Fallpauschale zu nutzen.<br />
Bürokratieaufwand: Für den Versicherten<br />
im ersten Moment nicht wahrnehmbar.<br />
Für die Krankenkasse hoch, durch die<br />
komplizierte Abrechnungsprüfung. Für das<br />
Krankenhaus sehr hoch, durch den extremen<br />
Dokumentationsaufwand.<br />
Häufigste Aussagen: Entlassung aus dem<br />
Krankenhaus erfolgt nach ein paar Tagen<br />
„weil die Krankenkasse nicht länger zahlt“ /<br />
„Ein Krankenhausarzt verbringt 30% seiner<br />
Arbeitszeit nur noch mit Bürokratie zu“<br />
Fazit: Hier besteht eindeutig Verbesserungsbedarf.<br />
Krankenhaus und Krankenkasse<br />
befinden sich bedingt durch das DRG-System<br />
in einer Art bürokratischem Wettrüsten.<br />
Das Krankenhaus „muss“ die Fälle verbüro-<br />
kratisieren um ein angemessenes Entgelt<br />
zu erlösen. Die Krankenkasse „muss“ die<br />
Fälle noch verweiterbürokratisieren um<br />
die Kosten zu reduzieren. Mit ein bisschen<br />
gutem Willen wäre in diesem Bereich<br />
vermutlich einiges zu bewegen; zumal das<br />
ursprüngliche politische Ziel des Bettenabbaus<br />
zwischenzeitlich weitestgehend<br />
erreicht sein dürfte. Der Ball liegt allerdings<br />
nicht bei Krankenhaus oder Krankenkasse<br />
sondern beim Gesetzgeber.<br />
Beispiel 3 – Disease Management<br />
Programme („DMP“)<br />
Ausgangslage: Chronisch kranken Patienten<br />
(z.B. Asthmatikern, Diabetikern) soll eine<br />
kontinuierliche und möglichst standardisierte<br />
medizinwissenschaftliche Behandlung zu Teil<br />
werden. Diese absolut löbliche Absicht<br />
verknüpfte der Gesetzgeber jedoch unseligerweise<br />
mit dem sogenannten Risikostrukturausgleich<br />
(RSA) indem die Krankenkassen<br />
für „eingeschriebene“ chronisch kranke<br />
Versicherte mehr Geld aus dem gemeinsamen<br />
Topf erhalten sollten.<br />
Problem: Ringel-Ringel-Reihe … wir sind<br />
der Kinder Dreie. Wenn es nur so einfach<br />
wäre! Alle drehen sich im Kreis: Krankenkassen<br />
versuchen mit gehörigem Aufwand<br />
potenziell in Frage kommende Versicherte<br />
für ein DMP-Programm zu begeistern, weil<br />
es dafür Geld aus dem RSA gibt. Die Ärzte<br />
bekommen für einen DMP-Teilnehmer zwar<br />
etwas mehr Geld von den Krankenkassen,<br />
werden im Gegenzug aber selbst Teilnehmer<br />
an einer exzessiven Verwaltungsorgie. Die<br />
Aufsichtsbehörden misstrauen den Krankenkassen<br />
und prüfen ob die gemeldeten<br />
chronisch kranken DMP-Patienten auch<br />
tatsächlich chronisch krank und alle Formalerfordernisse<br />
erfüllt sind. Ganze Rechenzentren<br />
und Datenmeldewege wurden neu<br />
aus dem Boden gestampft, um so unverzichtbare<br />
erkenntnisbereichernde Ergebnisse wie<br />
„Lieschen Müllers Blutzuckerspiegel lag in<br />
zwei aufeinander folgenden Quartalen unter<br />
120 mg/dl“ von Kirchheim nach Stuttgart<br />
über Berlin, archiviert in München und zurück<br />
nach Kirchheim zu transportieren.<br />
Häufigste Aussagen: „Die Dame am Telefon<br />
war so nett …“ „Das Re-Akkreditierungsverfahren<br />
müsste präevaluiert werden“<br />
Bürokratieaufwand: Auf allen Ebenen und<br />
bei allen Beteiligten kolossal. Verwaltungswahnsinn<br />
in seiner Reinform.<br />
Fazit: Ändern, schnell<br />
Editorial<br />
Diese wie eingangs dargestellt bitte nicht<br />
in allen Punkten bierernst zu verstehende<br />
Analyse soll verdeutlichen, dass es durchaus<br />
Bereiche im System gibt, die eine vernünftige<br />
Revision durch alle Beteiligten wünschenswert<br />
erscheinen lassen.<br />
Insoweit wäre für mich die Einführung zum<br />
Beispiel eines „Bürokratie-TÜV“ im Gesundheitswesen,<br />
angesiedelt direkt unterhalb<br />
der gesetzgeberischen Ebene, absolut<br />
begrüßenswert. In einem solchen Gremium<br />
sollten sich meiner Meinung nach allerdings<br />
nicht vorzugsweise Präsidenten, Vorstände,<br />
Direktoren, Verwaltungsdirigenten und<br />
Referatsleiter tummeln, sondern schwerpunktmäßig<br />
Mitarbeiter aus allen Bereichen<br />
des Gesundheitswesens – idealerweise<br />
auch aus der vordersten Linie wie zum<br />
Beispiel Krankenhaus- und Praxispersonal,<br />
Sachbearbeiter von Krankenkassen und aus<br />
den Lohnbüros mit reichlich Alltagserfahrung<br />
– sowie Versicherten- und Patientenvertreter<br />
als Korrektiv.<br />
Die <strong>BKK</strong> <strong>Scheufelen</strong> wird in den kommenden<br />
Monaten im Rahmen ihrer eigenen Möglichkeiten<br />
die internen Verwaltungsabläufe<br />
noch einmal systematisch durchleuchten<br />
und jedweden Ballast, der nicht unbedingt<br />
zur Erfüllung unserer gesetzlichen Aufgabenstellung<br />
erforderlich ist oder den Versicherten<br />
einen Mehrwert liefert, konsequent über<br />
Bord werfen. Das verspreche ich Ihnen.<br />
Wenn wir allerdings einen zweiten Kostenvoranschlag<br />
bei einem Leistungserbringer<br />
anfordern, weil der erste schlichtweg nicht<br />
dem üblichen preislichen Geschehen am<br />
Markt entspricht, so darf der Leistungserbringer<br />
diesen Vorgang meinethalben gerne<br />
als „Bürokratie“ deklarieren – in diesem<br />
Falle verbleibe ich allerdings dann ebenso<br />
bei meiner Aufgabenbeschreibung die da<br />
heißt „sparsamer Umgang mit Versichertengeldern“.<br />
Dafür lasse ich mich im Zweifelsfalle<br />
auch lieber gerne einen „Bürokraten“<br />
schelten als einen Selbstbedienungsladen zu<br />
Lasten des Beitragszahlers zu eröffnen.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen<br />
einer hoffentlich abwechslungsreichen und<br />
informativen Ausgabe von <strong>regional</strong>.<strong>optimal</strong>.<br />
Ihr<br />
Bernd Kratschmer<br />
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