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Experimente und Praxisversuche von Biobauern in Österreich

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Susanne Grasser, Christoph Schunko, Christian R. Vogl & Brigitte Vogl-Lukasser<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Pflanzen aus Wildsammlung gelten laut EU-Bio-Verordnung nach<br />

entsprechender Kontrolle <strong>und</strong> Zertifizierung als Produkte aus<br />

biologischer Landwirtschaft. Die Wildsammlung ist im Biolandbau<br />

nicht nur gesetzlich geregelt, sondern auch für e<strong>in</strong>ige Biobäuer<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> -bauern <strong>von</strong> wirtschaftlicher Bedeutung.<br />

Trotzdem ist dieses Thema im wissenschaftlichen Diskurs zur<br />

Ökologischen Landwirtschaft völlig ausgeblendet. Dieses vielfältige<br />

Thema - wer welche Pflanzen wo sammelt <strong>und</strong> <strong>in</strong> welchem Kontext<br />

Bäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bauern dies tun - <strong>in</strong> den Diskurs aufzunehmen,<br />

stellt e<strong>in</strong>e Bereicherung für die Diskussion über die biologische<br />

Landwirtschaft dar.<br />

Im Biosphärenpark Großes Walsertal ist die Vielfalt an wild gesammelten<br />

Pflanzenarten sehr groß. Das lokale Erfahrungswissen<br />

über Pflanzen <strong>und</strong> die Mannigfaltigkeit an Vorlieben für ihre<br />

Verwendung ist kulturelles Erbe. Es be<strong>in</strong>haltet Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Weisheiten über die Beziehung der vielfältigen Elemente <strong>von</strong> Natur<br />

<strong>und</strong> Kultur (BioCultural Diversity).<br />

Die Wissensweitergabe <strong>von</strong> Generation zu Generation ist e<strong>in</strong><br />

Indikator für die Wertschätzung <strong>und</strong> Lebendigkeit dieses lokalen<br />

Erfahrungswissens, die wiederum die Basis e<strong>in</strong>es nachhaltigen<br />

Umgangs mit den natürlichen Ressourcen bildet.<br />

Reichhaltiges Erfahrungswissen<br />

über pflanzliche Vielfalt<br />

„BioCultural Diversity“<br />

im Biosphärenpark<br />

Großes Walsertal, Vorarlberg<br />

Arbeitsgruppe Wissenssysteme <strong>und</strong> Innovationen, Institut für Ökologischen Landbau (IfÖL) – Department für Nachhaltige Agrarsysteme,<br />

Universität für Bodenkultur, Gregor-Mendel Straße 33, 1180 Wien. Kontakt: susanne.grasser@boku.ac.at<br />

Abb.: Sammeln <strong>von</strong> Meisterwurz (Peucedanum ostruthium) (l<strong>in</strong>ks); K<strong>in</strong>der der Volksschule St. Gerold<br />

beim Filmen (rechts).<br />

Ziele<br />

Ziel des 3-jährigen Forschungsprojektes ist es die Vielfalt der <strong>von</strong> den E<strong>in</strong>heimischen<br />

wild gesammelten Pflanzen aufzuzeigen. Die damit verb<strong>und</strong>enen Vorlieben, Gebräuche<br />

<strong>und</strong> Verwendungen sollen als Ausdruck kulturellen Erbes dokumentiert werden.<br />

Mit der Bewusstmachung des Wertes des eigenen Erfahrungswissens soll gleichzeitig<br />

die Wissensweitergabe zwischen den Generationen gefördert werden.<br />

Forschungsdesign<br />

Wissensweitergabe durch „participatory video” -<br />

K<strong>in</strong>der als Forscher <strong>und</strong> Forscher<strong>in</strong>nen<br />

Durch die E<strong>in</strong>beziehung der lokalen Bevölkerung <strong>in</strong> den Forschungsprozess (transdiszipl<strong>in</strong>är) wird e<strong>in</strong>e unmittelbare Verb<strong>in</strong>dung<br />

zwischen Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis hergestellt. Im Frühjahr 2009 wurden im Großen Walsertal 189 K<strong>in</strong>der aller Volksschulen<br />

nach e<strong>in</strong>führenden Workshops entsandt, ihre Eltern <strong>und</strong> Großeltern mittels strukturiertem Fragebogen zu deren Pflanzenwissen zu<br />

befragen. Die rege Teilnahme (506 Fragebögen) spiegelt das Interesse am Thema <strong>und</strong> auch die Bereitschaft der TalbewohnerInnen<br />

wider, <strong>in</strong> diesem Forschungsprozess aktiv mitzuwirken.<br />

Die im Jahr 2010 <strong>von</strong> den K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> „Kräuter-ExpertInnen“ im Tal umgesetzten Kräuter-Dokumentarfilme veranschaulichen gelebtes lokales Erfahrungswissen<br />

zum Sammeln <strong>und</strong> Verarbeiten <strong>von</strong> Wildpflanzen. Die zwei Filme wurden beim Kulturfestival Walserherbst im September 2010 uraufgeführt <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d<br />

auf http://www.nas.boku.ac.at/14578.html anzusehen.<br />

.<br />

Schlussfolgerung<br />

Abb.: Sammeln <strong>von</strong> Wildem Thymian (Thymus serphyllum agg.) (l<strong>in</strong>ks); Workshop mit den K<strong>in</strong>dern der Volksschule St. Gerold (rechts).<br />

∞<br />

~700<br />

36<br />

Freelists<br />

Fragebögen<br />

Participatory video<br />

Die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> den Forschungsprozess förderte die Wissensweitergabe im Tal. Viele Rückmeldungen aus der Bevölkerung machen deutlich,<br />

dass das Wissen um die Pflanzen <strong>und</strong> deren Nutzung im Großen Walsertal lebendig ist:<br />

„…dass die Kräuter, Gräser <strong>und</strong> Früchte der Natur geschätzt <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> Ehren gehalten werden”<br />

„…dass auch unsere K<strong>in</strong>der lernen, dass es etwas besonderes ist<br />

<strong>und</strong> unser Gott das alles uns gibt”<br />

Diese bewusste Wertschätzung ist die Basis für e<strong>in</strong>en nachhaltigen<br />

Umgang mit den natürlichen Ressourcen.<br />

. Dank<br />

Ziel Methode Stichprobe Ergebnis<br />

Wissen sammeln Freelist-Interviews Snowball, n=36 „ExpertInnen-Wissen"<br />

Wissen<br />

weitergeben<br />

Wissen<br />

dokumentieren<br />

+ verbreiten<br />

2 x 14 Schul-Workshops,<br />

K<strong>in</strong>der als Interviewer mit<br />

Fragebogen<br />

2 Participatory Video-<br />

Workshops<br />

mit K<strong>in</strong>dern<br />

189 K<strong>in</strong>der befragten<br />

n=506 Personen<br />

27 K<strong>in</strong>der,<br />

Beteiligung lokaler<br />

Bevölkerung<br />

„Allgeme<strong>in</strong>-Wissen“<br />

+ Praxis<br />

ausgewählte Beispiele<br />

Abb.: Tragweite verschiedener<br />

Methoden im Forschungsprozess<br />

Abb.: Schwarzer Hol<strong>und</strong>er (Sambucus nigra), Arnika (Arnica montana), Frauenmantel (Alchemilla vulgaris agg.), Malve (Malva sylvestris)<br />

(<strong>von</strong> l<strong>in</strong>ks nach rechts).<br />

Das Forschungsprojekt wird gefördert <strong>von</strong> der <strong>Österreich</strong>ischen Akademie der Wissenschaften im Rahmen des MAB-Programmes. Gesamtlaufzeit: Juni 2008 – April 2011<br />

Fotos: Grasser 2008 - 2010

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