ETF-Magazin: "Gefährliche Nähe" (Q2-2010) - Börse Frankfurt

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29.01.2013 Aufrufe

Research kapitalisierung und der Gefahr des Scheiterns ihres Geschäftsmodells andererseits auch als deutlich riskanter als die langfristig relativ stabilen Blue Chips angesehen werden müssen. Besonders hohe Risikoprämien erhielten Anleger in den vergangenen Jahren bei Schwellenländer-Aktien. Nicht ohne Grund: Emerging Markets sind aufstrebende Volkswirtschaften, die im Begriff sind, den Wandel vom Entwicklungsland zum Industriestaat abzuschließen. Häufi g weisen diese Staaten ein starkes Wirtschaftswachstum auf und bieten Anlegern deshalb langfristig oft höhere Gewinne als die Aktienmärkte der Industriestaaten. Innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums werden vorwiegend die osteuropäischen Volkswirtschaften den Emerging Markets zugeordnet. Diesen Chancen stehen jedoch erhebliche Risiken gegenüber. Neben den unvermeidlichen Währungsrisiken sind Investitionen in den Emerging Markets gelegentlich mit politischen Risiken behaftet, wie möglicher Enteignung durch Verstaatlichung oder sehr hohe Besteuerung. Zudem gibt es keine Garantie für anhaltendes und stetiges Wachstum, stattdessen kommt es an den Schwellenländer-Börsen immer wieder zu heftigen Gegen bewegungen. Bei der Betrachtung der aktienspezifi schen Risikoprämien nimmt die Prämie für die Emerging Markets eine Sonderstellung ein, da sich die Risikoprämien für Growth/Value-Aktien sowie für Mid-/Smallcaps auf einzelne Unternehmen beziehen, die in jedem nationalen Aktienmarkt zu fi nden sind, die Risikoprämie für Emerging Markets jedoch eine Eigenschaft ist, die für die Gesamtheit aller Unternehmen eines Schwellenmarkts gegeben und dementsprechend für den Euro-Investor immer mit Fremdwährungsrisiken verbunden ist. Portfolio-Analyse. Auf Basis der oben erklärten Risikoprämienstrategien wird nun die Asset-Allocation der betrachteten Fondsauswahl zum Jahresende 2009 analysiert, und es wird das durchschnittliche Exposure der Fondsallokationen bezüglich der oben erläuterten Risikoprämien berechnet. Anschließend prüfen wir zunächst die Investierbarkeit der betrachteten Risikoprämien über ETFs. In einem abschließenden Schritt konstruieren wir ein ETF-Depot, welches eine Risikoprämienallokation besitzt, die identisch ist mit dem Durchschnitt der 30 aktiven Investmentfonds mit dem höchsten normierten Alpha gegenüber dem MSCI-Europe. Das Exposure gegenüber den Risikoprämien für die Unternehmensgröße wird über die Anteile an Large-, Mid- und Smallcaps des jeweiligen Fondsdepots gemessen, die Risikoprämie für Schwellenländer wird über die Quote in Emerging Markets erfasst, und die 30 Growth-Value-Risikoprämie wird über das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis ermittelt. Bei den betrachteten 30 Top-Fonds zeigt bereits häufi g der Fondsname, dass mit Anlagestrategien gearbeitet wird, die auf die Vereinnahmung fundamentaler Risikoprämien setzen. Vor allem die Risikoprämie für Nebenwerte scheint für die überdurchschnittliche Rendite der Top-Fonds von besonderer Bedeutung gewesen zu sein. Fünf der analysierten Fonds lassen sich bereits anhand ihres Namens einer Risikoprämienstrategie für Nebenwerte zuschreiben. Weitere fünf der 30 untersuchten Fonds lassen sich den Risikoprämien für die Growth/Value-Investmentstile zuordnen. Zwei Fonds verfolgen eine Dividendenstrategie. Bei den verbleibenden 18 Produkten ist eine Ad-hoc-Zuordnung allein auf Basis der Bezeichnung nicht möglich. Ähnliches Risiko. Das systematische Risiko der untersuchten Fonds ist beinahe mit dem Risiko der Benchmark identisch. Das Beta der untersuchten Fonds beträgt im Durchschnitt 1,02. Die durchschnittliche Volatilität der Fondsauswahl liegt bei 26,4 Prozent und damit etwas höher als die Volatilität der Benchmark in Höhe von 25 Prozent. Da die leicht erhöhte durchschnittliche Volatilität der Fondsauswahl durch das Beta nicht vollständig erklärt wird – der Betafaktor beträgt 1,02, während die Volatilität um den Faktor 1,056 größer ausfällt –, ist innerhalb der Fondsauswahl auch ein geringfügiges unsystematisches Risiko vorhanden. Doch wie haben sich die Fondsmanager bezüglich der oben diskutierten Risikoprämien positioniert? Zur Klärung dieser Frage greifen wir auf die Allokationen und Berechnungen zurück, welche die Rating-Agentur Morningstar für jeden der untersuchten Fonds jeweils zum Jahresende 2009 anführt. Leider stellt Morningstar für den MSCI-Europe-Index keine identischen Daten und Auswertungen bereit. Speziell die Zuordnung der Aktien zum Bereich Small-, Mid- und Largecaps unterscheidet sich beim MSCI und bei Morningstar. Wir verwenden deshalb einen repräsentativen ETF auf den MSCI- Europe als Vergleichsmaßstab. Während dieser Indexfonds von Largecaps dominiert wird und Smallcaps praktisch nicht enthalten sind, bestätigt die durchschnittliche Allokation der untersuchten Fonds durchaus unseren ersten Eindruck nach der Betrachtung der Fondsnamen: Die Auswahl der aktiven Investmentfonds war zum Jahresende 2009 im Durchschnitt zu 41 Prozent in Nebenwerte investiert. Die durchschnittliche Allokation der aktiven Fonds und des Indexfonds bezüglich der Marktkapitalisierung kann den beiden Abbildungen auf Seite 29 entnommen werden. Während also offensichtlich die Risikoprämien für Midund Smallcaps für den Anlageerfolg der betrach- ›››

Hintergrund: CAPM und Jensens Alpha Die Qualität der Managementleistung eines aktiv verwalteten Fonds wird in der Praxis fast immer über das sogenannte Alpha gemessen. Gemeint ist damit die Überrendite gegenüber einer Benchmark, die nicht durch das Capital Asset Pricing Model (CAPM) erklärt wird. Das CAPM ist ein Gleichgewichtsmodell für den Kapitalmarkt und beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit sich das gesamte Risiko einer Geldanlage im Sinn der Volatilität durch Diversifi kation reduzieren lässt. Es wurde in den sechziger Jahren von William F. Sharpe, John Lintner und Jan Mossin jeweils unabhängig voneinander entwickelt und baut auf der Portfolio-Theorie von Harry M. Markowitz auf. Grundgedanke des CAPM ist die Zerlegung der erwarteten Portfolio-Rendite in einen risikolosen Geldmarktzins und eine marktabhängige Komponente, die vom Exposure des Portfolios gegenüber dem systematischen Kapitalmarktrisiko abhängt. Dementsprechend ergibt sich für die erwartete Rendite eines Wertpapiers in der Modellwelt des CAPM die folgende Beziehung: Dabei ist der risikolose Referenzzinssatz, die erwartete Rendite des Kapitalmarkts in Gestalt eines repräsentativen Index und die Steigung der Regressionsgerade, wobei die tatsächliche Rendite des Marktes ist. Für die tatsächliche Rendite eines Wertpapiers gilt demnach � ������������������������������������ = 0, risikoloser Zins CAPM Kapitalmarktlinie = 1, Marktportfolio �������������������� � � �� �� Quelle: Institut für Vermögensaufbau = 2 Effizienzlinie Wertpapieruniversum �� �� APRIL 2010 wobei die zufällige und stochastisch voneinander unabhängige Fehlerterme mit dem Erwartungswert 0 sind. Da eine höhere erwartete Rendite immer mit einer erhöhten Partizipation am Marktrisiko verbunden ist, ist es innerhalb des CAPM nicht sinnvoll, Wertpapierdepots häufi g umzuschichten oder eine Asset-Allocation zu halten, die vom Marktportfolio abweicht – eine systematische Überrendite einzelner Wertpapiere, die nicht durch das CAPM-Beta erklärt wird, ist wegen der Modellannahme der effi zienten Kapitalmärkte ausgeschlossen. Effi - ziente Portfolios setzen sich innerhalb des CAPM deshalb immer aus dem Marktportfolio und dem risikolosen Geldmarktzins zusammen, wobei diese beiden Positionen je nach Chance-Risiko-Neigung des Anlegers miteinander kombiniert werden. Depots mit höherem Risiko lassen sich durch Kreditaufnahme zum Geldmarktsatz und Hebeln des Marktportfolios konstruieren. Ein effi zientes Portfolio liegt auf der Kapitalmarktlinie und weist außer dem Marktrisiko kein weiteres Risiko auf (s. Grafi k unten). Häufi ge Umschichtungen und Abweichungen von der Wertpapierallokation des Marktportfolios vergrößern im Kontext des CAPM lediglich die Varianz der Fehlerterme und erhöhen dementsprechend das unsystematische, vermeidbare Risiko. In der Praxis wird die Abweichung zwischen der real erzielten und der durch das CAPM geschätzten Rendite eines Fonds oder Portfolios jedoch meist nicht als zufälliger Fehlerterm, sondern als spezifi sches Merkmal eines Produkts interpretiert und dementsprechend nicht mehr mit , sondern mit Alpha bezeichnet – innerhalb des klassischen linearen Modells korrespondiert der Buchstabe Alpha mit dem y-Achsenabschnitt und ist konstant, während das Residuum ein zufälliger und damit variabler Fehlerterm ist. In diesem Sinn ist das von Michael Jensen vorgeschlagene Alpha als marktunabhängige Zusatzrendite zu verstehen und lässt sich durch das Aufl ösen der oben stehenden Gleichung nach berechnen. Während das Beta ein Faktor für die Sensitivität des untersuchten Portfolios gegenüber Wertveränderungen des Marktportfolios ist und bei klassischen Aktiendepots nahe bei eins liegt, ist das Alpha als Renditeaufschlag in Prozentpunkten skaliert und lässt sich dementsprechend leicht interpretieren. Ein Nachteil von Jensens Alpha ist die Tatsache, dass das systematische Risiko bei der Berechnung nicht weiter berücksichtigt wird, sodass ein positives Alpha durch das Hebeln der betrachteten Position relativ leicht manipuliert werden kann. Es ist beim Vergleich verschiedener Investmentfonds deshalb empfehlenswert, das errechnete Alpha vorher auf ein Beta von eins zu skalieren, wobei die daraus resultierende Kennzahl als normiertes Alpha bezeichnet wird. 31

Research<br />

kapitalisierung und der Gefahr des Scheiterns ihres Geschäftsmodells<br />

andererseits auch als deutlich riskanter<br />

als die langfristig relativ stabilen Blue Chips angesehen<br />

werden müssen.<br />

Besonders hohe Risikoprämien erhielten Anleger in<br />

den vergangenen Jahren bei Schwellenländer-Aktien.<br />

Nicht ohne Grund: Emerging Markets sind aufstrebende<br />

Volkswirtschaften, die im Begriff sind, den<br />

Wandel vom Entwicklungsland zum Industriestaat abzuschließen.<br />

Häufi g weisen diese Staaten ein starkes<br />

Wirtschaftswachstum auf und bieten Anlegern deshalb<br />

langfristig oft höhere Gewinne als die Aktienmärkte<br />

der Industriestaaten. Innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums<br />

werden vorwiegend die osteuropäischen<br />

Volkswirtschaften den Emerging Markets zugeordnet.<br />

Diesen Chancen stehen jedoch erhebliche Risiken gegenüber.<br />

Neben den unvermeidlichen Währungsrisiken<br />

sind Investitionen in den Emerging Markets gelegentlich<br />

mit politischen Risiken behaftet, wie möglicher<br />

Enteignung durch Verstaatlichung oder sehr hohe<br />

Besteuerung. Zudem gibt es keine Garantie für anhaltendes<br />

und stetiges Wachstum, stattdessen kommt es<br />

an den Schwellenländer-<strong>Börse</strong>n immer wieder zu heftigen<br />

Gegen bewegungen.<br />

Bei der Betrachtung der aktienspezifi schen Risikoprämien<br />

nimmt die Prämie für die Emerging Markets<br />

eine Sonderstellung ein, da sich die Risikoprämien für<br />

Growth/Value-Aktien sowie für Mid-/Smallcaps auf<br />

einzelne Unternehmen beziehen, die in jedem nationalen<br />

Aktienmarkt zu fi nden sind, die Risikoprämie<br />

für Emerging Markets jedoch eine Eigenschaft ist, die<br />

für die Gesamtheit aller Unternehmen eines Schwellenmarkts<br />

gegeben und dementsprechend für den<br />

Euro-Investor immer mit Fremdwährungsrisiken verbunden<br />

ist.<br />

Portfolio-Analyse. Auf Basis der oben erklärten Risikoprämienstrategien<br />

wird nun die Asset-Allocation<br />

der betrachteten Fondsauswahl zum Jahresende 2009<br />

analysiert, und es wird das durchschnittliche Exposure<br />

der Fondsallokationen bezüglich der oben erläuterten<br />

Risikoprämien berechnet. Anschließend prüfen wir zunächst<br />

die Investierbarkeit der betrachteten Risikoprämien<br />

über <strong>ETF</strong>s. In einem abschließenden Schritt konstruieren<br />

wir ein <strong>ETF</strong>-Depot, welches eine Risikoprämienallokation<br />

besitzt, die identisch ist mit dem Durchschnitt<br />

der 30 aktiven Investmentfonds mit dem höchsten<br />

normierten Alpha gegenüber dem MSCI-Europe.<br />

Das Exposure gegenüber den Risikoprämien für die<br />

Unternehmensgröße wird über die Anteile an Large-,<br />

Mid- und Smallcaps des jeweiligen Fondsdepots gemessen,<br />

die Risikoprämie für Schwellenländer wird<br />

über die Quote in Emerging Markets erfasst, und die<br />

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Growth-Value-Risikoprämie wird über das durchschnittliche<br />

Kurs-Gewinn-Verhältnis ermittelt.<br />

Bei den betrachteten 30 Top-Fonds zeigt bereits häufi<br />

g der Fondsname, dass mit Anlagestrategien gearbeitet<br />

wird, die auf die Vereinnahmung fundamentaler<br />

Risikoprämien setzen. Vor allem die Risikoprämie<br />

für Nebenwerte scheint für die überdurchschnittliche<br />

Rendite der Top-Fonds von besonderer Bedeutung gewesen<br />

zu sein. Fünf der analysierten Fonds lassen sich<br />

bereits anhand ihres Namens einer Risikoprämienstrategie<br />

für Nebenwerte zuschreiben. Weitere fünf der<br />

30 untersuchten Fonds lassen sich den Risikoprämien<br />

für die Growth/Value-Investmentstile zuordnen. Zwei<br />

Fonds verfolgen eine Dividendenstrategie. Bei den verbleibenden<br />

18 Produkten ist eine Ad-hoc-Zuordnung<br />

allein auf Basis der Bezeichnung nicht möglich.<br />

Ähnliches Risiko. Das systematische Risiko der untersuchten<br />

Fonds ist beinahe mit dem Risiko der Benchmark<br />

identisch. Das Beta der untersuchten Fonds beträgt<br />

im Durchschnitt 1,02. Die durchschnittliche Volatilität<br />

der Fondsauswahl liegt bei 26,4 Prozent und damit etwas<br />

höher als die Volatilität der Benchmark in Höhe<br />

von 25 Prozent. Da die leicht erhöhte durchschnittliche<br />

Volatilität der Fondsauswahl durch das Beta nicht vollständig<br />

erklärt wird – der Betafaktor beträgt 1,02, während<br />

die Volatilität um den Faktor 1,056 größer ausfällt<br />

–, ist innerhalb der Fondsauswahl auch ein geringfügiges<br />

unsystematisches Risiko vorhanden.<br />

Doch wie haben sich die Fondsmanager bezüglich der<br />

oben diskutierten Risikoprämien positioniert? Zur Klärung<br />

dieser Frage greifen wir auf die Allokationen und<br />

Berechnungen zurück, welche die Rating-Agentur Morningstar<br />

für jeden der untersuchten Fonds jeweils zum<br />

Jahresende 2009 anführt. Leider stellt Morningstar für<br />

den MSCI-Europe-Index keine identischen Daten und<br />

Auswertungen bereit. Speziell die Zuordnung der Aktien<br />

zum Bereich Small-, Mid- und Largecaps unterscheidet<br />

sich beim MSCI und bei Morningstar. Wir verwenden<br />

deshalb einen repräsentativen <strong>ETF</strong> auf den MSCI-<br />

Europe als Vergleichsmaßstab. Während dieser Indexfonds<br />

von Largecaps dominiert wird und Smallcaps<br />

praktisch nicht enthalten sind, bestätigt die durchschnittliche<br />

Allokation der untersuchten Fonds durchaus<br />

unseren ersten Eindruck nach der Betrachtung der<br />

Fondsnamen: Die Auswahl der aktiven Investmentfonds<br />

war zum Jahresende 2009 im Durchschnitt zu 41<br />

Prozent in Nebenwerte investiert. Die durchschnittliche<br />

Allokation der aktiven Fonds und des Indexfonds<br />

bezüglich der Marktkapitalisierung kann den beiden<br />

Abbildungen auf Seite 29 entnommen werden.<br />

Während also offensichtlich die Risikoprämien für Midund<br />

Smallcaps für den Anlageerfolg der betrach-<br />

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