Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut
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Wie in bezug auf die Feiern zum 11. November bereits dargelegt, konnten die oppositionellen Kräfte anläßlich des Gedenktages der Staatsgründung ihre eigene historische Interpretation 120 präsentieren. So konnte die Nationaldemokratie die Kapitulation der Mittelmächte auf den Sieg der Entente und das Wirken Dmowskis im Pariser Nationalkomitee zurückführen, während die Bauernparteien vor allem der Entstehung eines politischen Machtzentrums in Lublin und der Robotnik 121 der Rolle der PPS im Spätherbst 1918 gedachten. Daher konnte die Kattowitzer Zeitung schon 1926 feststellen, daß sich die polnische Presse gegen diesen nicht gesetzlich und nur durch Präsidialerlaß bestimmten Tag gewandt habe. Er sei „nur der Jahrestag der Wiederkehr Piłsudskis“ 122 , wie dies beispielsweise auch die Gazeta Warszawska betonte. 123 Im Jahre 1930 konstatierte Der Oberschlesische Kurier, daß der 11. November „‚natürlich nur‘ von der Moralischen Sanierung allein gefeiert [wird], nachdem die polnisch oppositionellen Kreise die Beteiligung abgelehnt haben. Man sagt, daß die Feierlichkeiten lediglich der Verherrlichung Piłsudskis [dienen sollen]“. 124 Im November 1932 brachte die Oppositionspresse insgesamt keine Leitartikel 125 zum Staatsgründungstag und ging im Jahre 1933 „im allgemeinen in nur kurzen Notizen“ 126 auf den 11. November ein. Sie berichtete dabei über den Verlauf der Feiern, ohne auf Piłsudski selbst einzugehen. 127 Seit der oben beschriebenen Lockerung der engen Verbindung zwischen dem 11. November und dem Wirken Piłsudskis in den Jahren 1937 und 1938 berichteten die Organe der politischen Rechten, der Warszawski Dziennik 120 Dies betonte auch Nasz Przegląd vom 13.XI.1926. Symptomatisch hierfür ist die Überschrift „Feiern in getrennten Lagern“ (Kattowitzer Zeitung vom 11.XI.1929); vgl. auch Kattowitzer Zeitung vom 12.XI.1931. Der Warszawski Dziennik Narodowy vom 11.XI.1935 meinte, daß dies noch kein wirklicher „nationaler Feiertag“ (święto narodowe) für alle Polen sei. Ein Artikel der Gazeta Polska vom 13.XI.1932 reflektierte diese Haltung, indem er daran festhielt, daß der 11. November für die Endecja kein nationaler Feiertag, sondern ein Feiertag der Entente-Mächte sei, während er für die Sanacja der Tag sei, an dem sich die nationalen Kräfte Polens organisiert hätten. 121 Vgl. z.B. den Bericht darüber in: Kattowitzer Zeitung vom 12.XI.1927. 122 Kattowitzer Zeitung vom 11.XI.1926. 123 Vgl. Gazeta Warszawska vom 9.XI.1926. 124 Der Oberschlesische Kurier vom 11.XI.1930. 125 Vgl. Kattowitzer Zeitung vom 11.XI.1932. Die Gazeta Warszawska veröffentlichte aber das Programm für die Feiern in Warschau (11.XI.1932). 126 Vgl. Kattowitzer Zeitung vom 11./12.XI.1933. 127 Vgl. beispielsweise Gazeta Warszawska vom 13.XI.1934 und den ABC vom 11.XI.1935, der erst auf der vierten Seite eine Notiz über das Programm veröffentlichte und am 12.XI.1935 über den Verlauf berichtete. Ein weiteres Beispiel dafür ist, daß der Warszawski Dziennik Narodowy vom 7.XI.1936 den Bericht der Polnischen Telegrafischen Agentur über den Ausfall des normalen Schulunterrichts abdruckte. 350
Narodowy und ABC, wieder ausführlicher über diesen Tag, ohne aber direkt auf Piłsudski zu sprechen zu kommen. 128 Boten die Legionärskongresse und die Feiern zum 11. November eher einen Anlaß zur politischen Stellungnahme, so konnte die politische Opposition ihre negative Haltung zum Piłsudski-Kult insbesondere anläßlich der Feiern zum 19. März und zum 12. Mai deutlich machen, wobei sie allerdings wohl aus Furcht vor Konfiskationen meist nur Presseagenturberichte veröffentlichte und den Verlauf der Feiern nur knapp zusammenfaßte. 129 Hatte die Gazeta Warszawska die Namenstagsfeiern innerhalb des Piłsudski- Lagers schon im Jahre 1926 höhnisch mit einer Maskerade wie im Karneval verglichen 130 , so fiel ihr Urteil anläßlich der ersten administrativ angeordneten Namenstagsfeier von 1927 noch schärfer aus, wobei sie sich vor allem darüber mokierte, daß alle mit Piłsudski verbundenen Wörter – im Gegensatz zu den Regeln der polnischen Orthographie – groß geschrieben würden. 131 Widmete sie schon dem Anlaß bzw. dem Jubilar selbst keinen Artikel, so beurteilte sie in den folgenden Jahren auch die Feierlichkeiten als solche negativ. 132 Nach dem Vorwurf, die Initiatoren der Namenstagsfeiern feierten im wesentlichen sich selbst, berichtete die Kattowitzer Zeitung 1928 133 , daß sich die Sozialisten nicht an den Feierlichkeiten beteiligt hätten, und zitierte 1929 134 einen Artikel der Korfanty-freundlichen, christdemokratischen Polonia, wonach dessen Anhänger sich nicht zur Teilnahme an den Märzfeiern verpflichtet sehen sollten, weil es sich nicht um einen Nationalfeiertag handele. Der Beitrag der Katto- 128 Vgl. Warszawski Dziennik Narodowy und ABC vom 10.-12.XI.1937 sowie Warszawski Dziennik Narodowy und ABC vom 10.-12.XI.1938. Dennoch rückte der Warszawski Dziennik Narodowy nicht von den ideologischen Prämissen einer Betonung der Rolle Dmowskis ab (Warszawski Dziennik Narodowy vom 11.XI.1938). Der Oberschlesische Kurier vom 12.XI.1937 unterstrich aber, daß dieser Tag „seit jeher im Zeichen der besonderen Betonung der Überlieferung des Piłsudskilagers“ stünde. 129 Vgl. beispielsweise Polonia vom 20.III.1936 mit kritischen Anmerkungen zum Piłsudski- Kult bzw. den Artikel des Nasz Przegląd vom 21.III.1936, der konstatierte, daß ein solches Verhalten bei den Feiern auf eine entsprechende politische Haltung hinweise. Der Warszawski Dziennik Narodowy vom 20.III.1937 faßte jedoch nur die Rede Mościckis zusammen, enthielt sich aber jeglichen Kommentars, während die Zeitung ABC vom 21.III.1937 in ihrem Kommentar die Bedeutung der Rede Mościckis auch in einen inhaltlichen Bezug zur ideologischen Begründung des OZN durch Adam Koc setzte. Siehe auch Warszawski Dziennik Narodowy vom 20.III.1938. 130 Vgl. Gazeta Warszawska vom 18.III.1926. 131 Vgl. Gazeta Warszawska vom 17.III.1927. 132 Vgl. Gazeta Warszawska vom 20.III.1929. 133 Vgl. Kattowitzer Zeitung vom 19.III.1928. 134 Vgl. Kattowitzer Zeitung vom 19.III.1929. Vgl. auch den Oberschlesischen Kurier vom 18.III.1929, der diesen Artikel auch zitierte und feststellte, daß die Sanacja-Presse Piłsudski „belobhuddelt“. 351
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Wie in bezug auf die Feiern zum 11. November bereits dargelegt, konnten die oppositionellen<br />
Kräfte anläßlich des Gedenktages der Staatsgründung ihre eigene historische<br />
Interpretation 120 präsentieren. So konnte die Nationaldemokratie die Kapitulation<br />
der Mittelmächte auf den Sieg der Entente <strong>und</strong> das Wirken Dmowskis im Pariser<br />
Nationalkomitee zurückführen, während die Bauernparteien vor allem der Entstehung<br />
eines politischen Machtzentrums in Lublin <strong>und</strong> der Robotnik 121 der Rolle der PPS im<br />
Spätherbst 1918 gedachten. Daher konnte die Kattowitzer Zeitung schon 1926 feststellen,<br />
daß sich die polnische Presse gegen diesen nicht gesetzlich <strong>und</strong> nur durch<br />
Präsidialerlaß bestimmten Tag gewandt habe. Er sei „nur der Jahrestag der Wiederkehr<br />
<strong>Piłsudski</strong>s“ 122 , wie dies beispielsweise auch die Gazeta Warszawska betonte. 123<br />
Im Jahre 1930 konstatierte <strong>Der</strong> Oberschlesische Kurier, daß der 11. November „‚natürlich<br />
nur‘ von der Moralischen Sanierung allein gefeiert [wird], nachdem die polnisch<br />
oppositionellen Kreise die Beteiligung abgelehnt haben. Man sagt, daß die Feierlichkeiten<br />
lediglich der Verherrlichung <strong>Piłsudski</strong>s [dienen sollen]“. 124 Im November<br />
1932 brachte die Oppositionspresse insgesamt keine Leitartikel 125 zum Staatsgründungstag<br />
<strong>und</strong> ging im Jahre 1933 „im allgemeinen in nur kurzen Notizen“ 126 auf den<br />
11. November ein. Sie berichtete dabei über den Verlauf der Feiern, ohne auf <strong>Piłsudski</strong><br />
selbst einzugehen. 127 Seit der oben beschriebenen Lockerung der engen Verbindung<br />
zwischen dem 11. November <strong>und</strong> dem Wirken <strong>Piłsudski</strong>s in den Jahren 1937<br />
<strong>und</strong> 1938 berichteten die Organe der politischen Rechten, der Warszawski Dziennik<br />
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Dies betonte auch Nasz Przegląd vom 13.XI.1926. Symptomatisch hierfür ist die Überschrift<br />
„Feiern in getrennten Lagern“ (Kattowitzer Zeitung vom 11.XI.1929); vgl. auch<br />
Kattowitzer Zeitung vom 12.XI.1931. <strong>Der</strong> Warszawski Dziennik Narodowy vom<br />
11.XI.1935 meinte, daß dies noch kein wirklicher „nationaler Feiertag“ (święto narodowe)<br />
für alle Polen sei. Ein Artikel der Gazeta Polska vom 13.XI.1932 reflektierte diese<br />
Haltung, indem er daran festhielt, daß der 11. November für die Endecja kein nationaler<br />
Feiertag, sondern ein Feiertag der Entente-Mächte sei, während er für die Sanacja der Tag<br />
sei, an dem sich die nationalen Kräfte Polens organisiert hätten.<br />
121<br />
Vgl. z.B. den Bericht darüber in: Kattowitzer Zeitung vom 12.XI.1927.<br />
122<br />
Kattowitzer Zeitung vom 11.XI.1926.<br />
123<br />
Vgl. Gazeta Warszawska vom 9.XI.1926.<br />
124<br />
<strong>Der</strong> Oberschlesische Kurier vom 11.XI.1930.<br />
125<br />
Vgl. Kattowitzer Zeitung vom 11.XI.1932. Die Gazeta Warszawska veröffentlichte aber<br />
das Programm für die Feiern in Warschau (11.XI.1932).<br />
126<br />
Vgl. Kattowitzer Zeitung vom 11./12.XI.1933.<br />
127<br />
Vgl. beispielsweise Gazeta Warszawska vom 13.XI.1934 <strong>und</strong> den ABC vom 11.XI.1935,<br />
der erst auf der vierten Seite eine Notiz über das Programm veröffentlichte <strong>und</strong> am<br />
12.XI.1935 über den Verlauf berichtete. Ein weiteres Beispiel dafür ist, daß der Warszawski<br />
Dziennik Narodowy vom 7.XI.1936 den Bericht der Polnischen Telegrafischen<br />
Agentur über den Ausfall des normalen Schulunterrichts abdruckte.<br />
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