Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut

dem Leben des Marschalls ein großer kulturpolitischer Erfolg für Polen geworden“. 29
Ferner läßt sich anhand der Akten des Forschungsinstituts für die Neueste Geschichte
Polens (Instytut Badania Najnowszej Historii Polski) nachvollziehen, daß die Ausgaben
der Werke Piłsudskis im Ausland auf die Bedürfnisse des jeweiligen Landes abgestimmt
waren. 30 Beispielsweise enthielt die englische Werkausgabe auch wichtige
Aussagen über die Demokratie, während die deutsche Edition Erinnerungen und Dokumente
den militärischen und geistigen „Führer“ und „Antibolschewisten“ Piłsudski
hervorhob. 31 Zur Propaganda nach außen gehörten auch die Abfassung des Textes
über Piłsudski für die Cambridge History of Poland 32 und zahlreiche Vorträge prominenter
polnischer Publizisten und Wissenschaftler im Ausland, so z.B. die Reise Cezary
Jellentas von 1929 nach Deutschland und in die Beneluxstaaten sowie der
Deutschlandbesuch Wacław Lipińskis im Jahre 1938, bei dem er im Auftrag der
Deutschen Gesellschaft zum Studium Osteuropas in Berlin einen Vortrag über den
polnisch-sowjetrussischen Krieg hielt. 33 Weiterhin wiesen die von den Organisationen
der Polonia ausgerichteten Piłsudski-Feiern und die im Ausland errichteten Denkmäler
auf die Größe und Bedeutung des Marschalls für Polen hin, denn ohne einen solchen
herausragenden Stellenwert für den polnischen Staat und das Volk wären diese
Ehrungen für einen außenstehenden Betrachter nicht nachvollziehbar gewesen. In dieser
Beziehung spielten auch die Briefmarken eine bedeutsame Rolle, da sie in die ganze
Welt verschickt und überall gesammelt wurden. Sie öffneten einen Weg, „auf dem
Polen der ganzen Welt zeigen und beweisen kann, wer Marschall Piłsudski war!“ 34 Der
29
Generalkonsul Kaczkowski an Koitz im September 1934, in: CAW, IBNHP, 10, n.pag. Im
gleichen Sinne äußert sich das Protokoll über die Verhandlungen zwischen dem Piłsudski-Institut
und dem Außenministerium vom 8.XI.1938.
30
Hier ging es um eine vierbändige Auswahlausgabe in englischer Sprache, bei der die Erinnerungen
und Dokumente nicht einfach zur Vorlage dienen konnten. Wacław Lipiński
bezog sich auf Unterschiede in der englischen und deutschen Mentalität und Psyche. Vgl.
das Protokoll über die Verhandlungen zwischen dem Piłsudski-Institut und dem Außenministerium
vom 8.XI.1938, in: CAW, IBNHP 16, n.pag.
31
Diese Bedeutung hebt der Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber der Wehrmacht
Generaloberst Werner vom Blomberg (vgl. BLOMBERG) in seinem Vorwort zum zweiten
Band der Erinnerungen und Dokumente hervor, vgl. auch VON RABENAU; LIPIŃSKI, Einleitung.
Hermann Göring betont in seinem Vorwort (vgl. GÖRING) außerdem die Rolle
Piłsudskis bei der deutsch-polnischen Verständigung von 1934.
32
Die in bezug auf Piłsudski unkritische Haltung wird noch in der Ausgabe der Cambridge
History of Poland von 1971 deutlich.
33
Vgl. den Brief Lipińskis an Minister Beck vom 15.XI.1938, in: CAW, IBNHP 16, n.pag.
So reiste auch Kazimiera Iłłakowiczówna zu Vorträgen nach England und Irland. Vgl.
Gazeta Polska vom 8.XI.1937 und 12.XII.1937.
34
„na jakiej Polska może pokazać i udowodnić światu całemu, kim był Marszałek Piłsudski!“
(W. HORAN, Podobizna Marszałka w polskiej filatelistyce [Das Konterfei des Marschalls
in der polnischen Philatelie], in: AS vom 26.V.1935, in: APK, IT 1036, n.pag.).
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