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Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut

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wuchs sich zum politisch motivierten Vorwurf aus, die ideelle Größe <strong>und</strong> die geschichtsträchtigen<br />

Taten <strong>Piłsudski</strong>s durch die Dekorationen zu verfälschen. Damit erhielt<br />

der Konflikt eine politische <strong>Bedeutung</strong>, der jedoch vom Streit zwischen dem<br />

Staatspräsidenten <strong>und</strong> dem Krakauer Metropoliten über die nicht genehmigte Überführung<br />

des Sarges in die Krypta „unter den Silbernen Glocken“ überlagert wurde.<br />

3.2.4.2.1. Exkurs: <strong>Der</strong> sogenannte Wawel-Konflikt um den Ort der Grablege<br />

<strong>Piłsudski</strong>s<br />

Die kritische Haltung Sapiehas gegenüber der Sanacja <strong>und</strong> <strong>Piłsudski</strong> 648 sowie gegenüber<br />

dessen kultischer Verehrung eskalierte im Frühjahr <strong>und</strong> Sommer 1937 zu einem<br />

einzigartigen Machtkampf zwischen Vertretern der polnischen katholischen Kirche<br />

<strong>und</strong> dem Staat, deren Beziehungen durch das Konkordat aus dem Jahre 1925 völkerrechtlich<br />

geregelt waren. War der Vatikan an einem friedlichen Ausgleich mit der Sanacja<br />

interessiert, so unterschieden sich je nach der jeweiligen politischen Auffassung<br />

die Haltungen des polnischen Klerus ihr <strong>und</strong> <strong>Piłsudski</strong> gegenüber erheblich. 649<br />

<strong>Der</strong> Wawel-Konflikt 650 , der zunächst in der Presse nur als sprawa wawelska<br />

(Wawel-Angelegenheit) bezeichnet wurde, kündigte sich schon im Februar 1937 an,<br />

als die Krakauer Kurie ohne Wissen des Obersten Gedächtniskomitees die elektrischen<br />

Öfen <strong>und</strong> den Strom in der Leonardsgruft abschaltete, weil letzteres die Rech-<br />

nach bescheiden dekoriert sein solle, um mit einer reich dekorierten Krypta einen vorteilhaften<br />

Kontrast zu diesem zu schaffen. Vgl. AAN, WWNK, 4, B. 338 ff.<br />

648 Diese Haltung wird insbesondere in einem Brief Sapiehas an Primas Hlond vom<br />

25.VI.1937 deutlich, in dem Sapieha den Briefwechsel mit Mościcki nicht erwähnte. Dabei<br />

wurde deutlich, daß er den ernsten Streit mit der Regierung lediglich als Zwischenfall betrachtete<br />

<strong>und</strong> den Sturm der Entrüstung, der bis in den Vatikan führte, nicht verstehen<br />

konnte. Vgl. WOLNY, S. 125.<br />

649 Vgl. MICEWSKI, Z geografii, S. 168; KOWALSKI, S. 22-31, unterscheidet gr<strong>und</strong>sätzlich drei<br />

verschiedene Haltungen des polnischen Klerus: 1. Sympathisanten <strong>und</strong> Wohlgesonnene,<br />

die den Patriotismus <strong>und</strong> die großen Verdienste <strong>Piłsudski</strong>s betonten. Gerade die Bischöfe<br />

nutzten diese Einstellung, um Einfluß in der polnischen Kirchenhierarchie zu gewinnen<br />

(Kardinal Aleksander Kakowski, der Primas Kardinal August Hlond, der Lemberger Weihbischof<br />

Władysław Bandurski, der Bischof von Siedlce Henryk Przeździecki, die Feldbischöfe<br />

Stanisław Gall <strong>und</strong> Józef Gawlina). 2. Gegner, die ihre Kritik auf Person <strong>und</strong> Wirken<br />

<strong>Piłsudski</strong>s, aber auch auf dessen Sozialismusvorstellungen <strong>und</strong> <strong>seine</strong> Konversion zum<br />

Protestantismus bzw. Re-Konversion richteten. Sie machten den größten Teil des Klerus<br />

aus (der Lemberger Erzbischof Józef Teodorowicz, ein Fre<strong>und</strong> Sapiehas, der Krakauer<br />

Metropolit Sapieha, der Bischof von Kielce August Losiński, der schlesische Bischof Stanisław<br />

Adamski, der Wilnaer Erzbischof Romuald Jałbrzykowski, der Bischof von Lomża<br />

Stanisław Lukomski, der Bischof von Częstochowa/Tschenstochau Teodor Kubin). 3. Indifferente,<br />

die sich von der Politik fernhielten.<br />

650 Zum Folgenden vgl. insbesondere WOLNY, S. 112-122.<br />

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