Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut
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tont, daß dieser die Gründung desselben 1928 angeregt hätte, weil er nach zehn Jahren der staatlichen Existenz immer noch das Bedürfnis zur Förderung der nationalen Kultur verspürt habe. 563 Der Ministerrat beschloß anläßlich des ersten Todestages im Jahre 1936, im Wilna-Gebiet einhundert Schulen mit dem Namen Piłsudskis zu bauen, die bis zum Oktober 1937 fertiggestellt und in einer zentralen Veranstaltung in Bezdany eingeweiht wurden. 564 Außerdem entschied er 1938, in den Wojewodschaften Polesien und Nowogródek weitere 200 Piłsudski-Schulen zu errichten. 565 Des weiteren gab es zahlreiche staatliche Institutionen vor allem im militärischen Bereich, die den Namen Piłsudskis trugen. So gab es etwa eine Beobachtungsstelle zur Luftaufklärung mit seinem Namen an der Grenze zu Rumänien. 566 Die „M/S Piłsudski“ stellte die Transatlantikverbindung von Polen zu den Vereinigten Staaten her. Einerseits waren die für das Bildungswesen grundlegenden Kultur- und Erziehungseinrichtungen im ganzen Land mit dem Namen des Marschalls verbunden, wozu das systematische Vorgehen des Obersten Gedächtniskomitees, durch das nur „makellose“ Projekte einbezogen wurden, in erheblichem Maße beigetragen hat. Andererseits gab es zahlreiche Institutionen von zentraler Bedeutung, die den Namen Piłsudskis trugen. Polen war dadurch mit einem mehr oder weniger lückenlosen Netz 567 von mit Piłsudski verbundenen Symbolträgern überzogen worden, wodurch das „dauerhafteste Denkmal des Marschalls“ 568 durch die „Arbeit an dem Aufbau der Kraft und des Geistes und der bewußten Vaterlandsliebe in den Herzen der Staatsbürger“ 569 geschaffen werden sollte. Nach seinem Tod wurde Piłsudski sozusagen endgültig durch die Systematisierung von Namengebungen, vor allem bei den żywe pomniki, in den Kanon der polnischen politischen Symbole aufgenommen. Durch diese an Zahl und Intensität einzigartige Verschmelzung seiner Persönlichkeit mit herausragenden Symbolträgern, die der staatlichen Verfügung unterlagen, wurde Piłsudskis besondere Bedeutung für die Sanacja deutlich, zumal er dadurch und durch ihre gemeinsame Verwendung mit den wichtigsten staatlichen Symbolen letztlich selbst zum Symbol Polens stilisiert wurde, 563 Vgl. AAN, PRM 83, B. 355 f. und AAN, PRM, a.-g. VI., 99-43. 564 Vgl. Gazeta Polska vom 12.V.1936 und vom 3.X.1937. 565 Vgl. Polska Zbrojna vom 19.III.1938. 566 Vgl. Polska Zbrojna vom 30.VII.1938. 567 Vgl. dazu die Abb. 6. Die Tabelle macht deutlich, daß in den Wojewodschaften Posen und Pommern bis 1937 viele żywe pomniki errichtet worden sind. Hier läßt sich nicht auf ein Ost-West-Gefälle verweisen, das sich mit der eher nationaldemokratisch ausgerichteten Haltung der meisten Polen in den Westgebieten des Staates erklären ließe. 568 „najbardziej trwały pomnik Marszałka“ (CAW, GMSWojsk., I.300.1.346, n.pag.). 569 „praca nad budową siły i ducha i świadomej miłości Ojczyzny w sercach obywatelów“ (CAW, GMSWojsk., I.300.1.346, n.pag.), vgl. auch AAN, WWNK, 7, B. 75 (żywy pomnik in Łódź). 176
was mit dem noch zu erläuternden Mythos korrespondierte. Da politische Symbole die staatliche Selbstwahrnehmung auf das Wesentlichste komprimiert reflektieren, hat die Sanacja aufgrund dessen ein Symbolsystem geschaffen, das ihre Ideale und Leitvorstellungen auf die eine Aussage reduziert hat: Piłsudski. Diese politischen Symbole können somit als (visuelle) Essenz der Sanacja-Ideologie gelten. Daraus leitet sich dessen Instrumentalisierung für deren Propaganda ab, denn diese verkürzte und auf Piłsudski reduzierte Deutung der Geschichte bot sich einerseits zur Selbstdarstellung des Regimes und andererseits als Mittel an, die Identifizierung der Gesellschaft mit dem Staat voranzubringen. Neben diesen gemeinschafts- und identitätsstiftenden Funktionen hat folglich diese staatlich geförderte und schließlich systematisierte Präsentation Piłsudskis zum Kult um seine Person erheblich beigetragen, nicht nur weil Symbole als Komponenten eines Kultes zu sehen sind, sondern auch weil sie den Mythos – wie die gesamtnationalen Denkmäler und Gedenkstätten – in eindringlicher Weise visuell zusammengefaßt haben und häufig im Zusammenhang mit den Feiern verwendet worden sind. Wojewodschaft geplante u. errichtete Objekte insgesamt Białystok 1.844 Kielce 3.256 Krakau 2.315 Lemberg 2.083 Łódź 3.224 Lublin 2.491 Nowogródek 991 Polesien 1.076 Pommern 1.844 Posen 2.152 Schlesien 2.219 Stanisławów 512 Tarnopol 558 Warschau 12.065 Warschau (Stadt) 8.651 Wilna 1.709 Wolhynien 1.574 insgesamt 39.913 Abb. 13: Übersicht über die Planungen und den tatsächlichen Bestand der żywe pomniki (Q: Sprawozdanie z Dzialałności WWNK, S. 22) 177
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– wie die gesamtnationalen Denkmäler <strong>und</strong> Gedenkstätten – in eindringlicher<br />
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verwendet worden sind.<br />
Wojewodschaft geplante u. errichtete<br />
Objekte insgesamt<br />
Białystok 1.844<br />
Kielce 3.256<br />
Krakau 2.315<br />
Lemberg 2.083<br />
Łódź 3.224<br />
Lublin 2.491<br />
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Wolhynien 1.574<br />
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