Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut
Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut
auch ein vom schulischen Alltag abweichender lebendiger Teil desselben. 418 Daher bildete nicht nur der jeweilige Feiertag selbst, sondern auch die Vorbereitungszeit für Einübungen und das Anbringen von Dekorationen einen wichtigen Bestandteil des schulischen Lebens. Neben historischen Vorträgen und Reden waren Musik, Gesang, Deklamationen und kleinere szenische Aufführungen 419 wesentliches Element der schulischen Feiern, so daß die Gazeta Polska für die Novemberfeier von 1928 neben Or-Ot (Artur Oppman) Texte von Sienkiewicz, Konopnicka und eventuell auch von Władysław Reymont vorschlug. Auch konnte die erhebende Hymne Boże coś Polskę gesungen werden, denn der Tag „soll Gefühle und Vorstellungen in Bewegung setzen, soll den Willen anspornen.“ 420 Demgemäß entstanden allmählich seit dem Maiumsturz besondere Handbücher mit Anregungen für den 11. November und seit Beginn der 1930er Jahre in zunehmendem Maße auch für den 19. März. 421 Das veröffentlichte Material bestand aus Gedichten zum Deklamieren, kleineren Szenen und Theaterstücken, Liedertexten und Vorträgen, die dem sprachlichen Niveau der Kinder angepaßt waren. Dementsprechend berichtete der Płomyk kaum über den Verlauf der Piłsudski-Feiern, sondern veröffentlichte überwiegend kleinere Theaterstücke, Gedichte u.ä. zu ihrer Vorbereitung. Zunächst beschränkte sich der Płomyk jedoch noch auf die Beschreibung der Feierlichkeiten am 11. November 1926 und 1927 422 , während er 1928 schon im September vorbereitende Materialien veröffentlichte. 423 Seitdem wurden diese vorbereitenden und erläuternden Anleitungen und Texte 424 zu einem wichtigen Bestandteil für die Ausgaben im Herbst des jeweiligen Jahres. Erstmals würdigte der Płomyk im Jahre 1930 den Namenstag Piłsudskis 425 , und seit der Schulreform von 1932 publizierte er auch vorbereitende Materialien zum 19. März; die jeweilige Nummer wurde dann meist mit einem Portrait des Marschalls auf der Ti- 418 Zur didaktischen Rolle von Festen und Feiern im schulischen Leben siehe HÖRNER. 419 Im Band Rocznice narodowe, S. 26, wird betont, daß nationale Theaterstücke für das Wecken der Vaterlandsliebe besonders geeignet seien. Insgesamt würdigt die Herausgeberin (Bogusławska) die herausragende didaktische Rolle von nationalen Feiern, vgl. ebenda, S. 1-18. 420 Vgl. Gazeta Polska vom 10.XI.1928. 421 Die Bibliographie von SEDLACZEK nennt 42 Titel, die über den Programmablauf informieren; z.B. Niech żyje Marszałek, und GALIŃSKI, Dzien 11 listopada. 422 Vgl. Płomyk Nr. 12 (1927). 423 Vgl. Płomyk Nr. 1 und Nr. 4 (1928). 424 Vgl. z.B. Płomyk Nr. 11 (1936) mit einem Artikel, wie die erste Brigade entstand („Jak powstała pierwsza Brygada“, ebenda, S. 292 f.), und Auszügen aus Piłsudskis Moje pierwsze boje (ebenda, S. 288 ff.). Vgl. auch Płomyk Nr. 27 (1939) über die Namenstage der Marschälle Rydz-Śmigły und Piłsudski, Nr. 6 (1938) für den 11. November oder Nr. 35 (1936) für den Todestag (1936). 425 Vgl. Płomyk Nr. 29 (1930) und Nr. 31 (1930). In der Nummer 31 berichtet er über den Verlauf. 148
telseite versehen. Darüber hinaus berichtete der Płomyk über die allgemeine Trauer nach der Todesnachricht. In einer dem Niveau der Kinder angepaßten Sprache schilderte die Zeitschrift die Eindrücke eines Jungen, der mit seinem Vater vor dem Belweder die Trauer über Piłsudskis Tod erlebt. 426 Eine wichtige Rolle nahmen bei der Erziehung auch Geschichtserzählungen mit den entsprechenden Inhalten ein. 427 So veröffentlichte der Płomyk häufig einfache Texte, die dem geistigen Entwicklungsstand der Kinder entsprachen. Sie berichteten beispielsweise über Kinder, die sich den Legionen Piłsudskis anschließen wollten, über Kinder, deren Väter unter Piłsudski dienten, und über Erlebnisse von Kindern am Namenstag im Belweder. 428 Für Schulanfänger und jüngere Kinder wurde von Or- Ot das ABECADLO wolnych dzieci 429 („ABC der freien Kinder“) herausgegeben. Zu jedem Buchstaben hat der Autor einen Vers verfaßt, dessen Hauptthema ein Wort mit dem jeweiligen Anfangsbuchstaben ist. Beispielsweise beschreibt Or-Ot unter dem Buchstaben „d“ kurz das Wirken Henryk Dąbrowskis und leitet dann zum „dziadek“ (Großvater = Piłsudski) über. Auch wenn der Autor im Text nicht unter jedem Buchstaben auf den Marschall anspielt, so zeigt ihn das Titelbild mit erhobenem Zeigefinger, während vier Jungen in Uniform und ein Mädchen ihm angestrengt zu lauschen scheinen. Auf diese Weise wird Piłsudski zum erzählenden, lehrenden Großvater, der den Kindern die Buchstaben in Verbindung mit den patriotischen Versen erklärt. 430 Ein für diese Kinderliteratur typisches Beispiel ist das Świt wielkiego dnia 431 („Morgendämmerung des großen Tages“), das mit einfachen Worten die Kindheit Piłsudskis in Zułów nacherzählt und auf seine historische Mission hinweist. Als am Ende der Geschichte Zułów brennt, fragt die Autorin nach den Gefühlen von Ziuk (= Piłsudski) und kommt zu dem Schluß, daß er schon in diesem frühen Alter bemerkte, daß „sein wirkliches Haus [Polen] viel, viel größer sein soll – und daß deswegen gerade dieses erste, allzu geliebte [elterliche Haus] vom Angesicht der Erde verschwindet?! [...].“ 432 426 Vgl. Płomyk Nr. 37 (1935), S. 283-288, darin auch die Rede von Wacław Jędrzejewicz an die Jugend anläßlich des Todes von Piłsudski, S. 289 f. und weitere Texte über die Bedeutung Piłsudskis. 427 Zu deren Bedeutung siehe ROHLFELS. 428 Vgl. z.B. Płomyk Nr. 28 (1934), S. 30-38. Beispielsweise findet sich in dieser Nummer auf S. 45-49 ein von Sławoj-Składkowski verfaßter Text über Jego serce („Sein Herz“), vgl. auch Nr. 15 (1937) über die Jugendjahre von „Ziuk“ (S. 450 ff.) und die Erinnerungen eines kleinen Helden an die Erste Brigade (Nr. 9 (1937), S. 279 ff.); oftmals vermitteln leichte Gedichte die Inhalte, die somit plastischer wirken. 429 Vgl. OR-OT (Artur Oppman). 430 Vgl. ebenda, n.pag. 431 Vgl. ZAWISZANKA. 432 „że prawdziwy jego dom miał być o wiele, wiele szerszy – i dlatego właśnie znika z oblicza ziemi ten pierwszy, zbyt umiłowany?! [...].“ (Ebenda, S. 332). 149
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bildete nicht nur der jeweilige Feiertag selbst, sondern auch die Vorbereitungszeit für<br />
Einübungen <strong>und</strong> das Anbringen von Dekorationen einen wichtigen Bestandteil des<br />
schulischen Lebens. Neben historischen Vorträgen <strong>und</strong> Reden waren Musik, Gesang,<br />
Deklamationen <strong>und</strong> kleinere szenische Aufführungen 419 wesentliches Element der<br />
schulischen Feiern, so daß die Gazeta Polska für die Novemberfeier von 1928 neben<br />
Or-Ot (Artur Oppman) Texte von Sienkiewicz, Konopnicka <strong>und</strong> eventuell auch von<br />
Władysław Reymont vorschlug. Auch konnte die erhebende Hymne Boże coś Polskę<br />
gesungen werden, denn der Tag „soll Gefühle <strong>und</strong> Vorstellungen in Bewegung setzen,<br />
soll den Willen anspornen.“ 420 Demgemäß entstanden allmählich seit dem Maiumsturz<br />
besondere Handbücher mit Anregungen für den 11. November <strong>und</strong> seit Beginn<br />
der 1930er Jahre in zunehmendem Maße auch für den 19. März. 421 Das veröffentlichte<br />
Material bestand aus Gedichten zum Deklamieren, kleineren Szenen <strong>und</strong><br />
Theaterstücken, Liedertexten <strong>und</strong> Vorträgen, die dem sprachlichen Niveau der Kinder<br />
angepaßt waren. Dementsprechend berichtete der Płomyk kaum über den Verlauf der<br />
<strong>Piłsudski</strong>-Feiern, sondern veröffentlichte überwiegend kleinere Theaterstücke, Gedichte<br />
u.ä. zu ihrer Vorbereitung. Zunächst beschränkte sich der Płomyk jedoch noch<br />
auf die Beschreibung der Feierlichkeiten am 11. November 1926 <strong>und</strong> 1927 422 , während<br />
er 1928 schon im September vorbereitende Materialien veröffentlichte. 423 Seitdem<br />
wurden diese vorbereitenden <strong>und</strong> erläuternden Anleitungen <strong>und</strong> Texte 424 zu einem<br />
wichtigen Bestandteil für die Ausgaben im Herbst des jeweiligen Jahres. Erstmals<br />
würdigte der Płomyk im Jahre 1930 den Namenstag <strong>Piłsudski</strong>s 425 , <strong>und</strong> seit der<br />
Schulreform von 1932 publizierte er auch vorbereitende Materialien zum 19. März;<br />
die jeweilige Nummer wurde dann meist mit einem Portrait des Marschalls auf der Ti-<br />
418<br />
Zur didaktischen Rolle von Festen <strong>und</strong> Feiern im schulischen Leben siehe HÖRNER.<br />
419<br />
Im Band Rocznice narodowe, S. 26, wird betont, daß nationale Theaterstücke für das Wecken<br />
der Vaterlandsliebe besonders geeignet seien. Insgesamt würdigt die Herausgeberin<br />
(Bogusławska) die herausragende didaktische Rolle von nationalen Feiern, vgl. ebenda,<br />
S. 1-18.<br />
420<br />
Vgl. Gazeta Polska vom 10.XI.1928.<br />
421<br />
Die Bibliographie von SEDLACZEK nennt 42 Titel, die über den Programmablauf informieren;<br />
z.B. Niech żyje Marszałek, <strong>und</strong> GALIŃSKI, Dzien 11 listopada.<br />
422<br />
Vgl. Płomyk Nr. 12 (1927).<br />
423<br />
Vgl. Płomyk Nr. 1 <strong>und</strong> Nr. 4 (1928).<br />
424<br />
Vgl. z.B. Płomyk Nr. 11 (1936) mit einem Artikel, wie die erste Brigade entstand („Jak<br />
powstała pierwsza Brygada“, ebenda, S. 292 f.), <strong>und</strong> Auszügen aus <strong>Piłsudski</strong>s Moje<br />
pierwsze boje (ebenda, S. 288 ff.). Vgl. auch Płomyk Nr. 27 (1939) über die Namenstage<br />
der Marschälle Rydz-Śmigły <strong>und</strong> <strong>Piłsudski</strong>, Nr. 6 (1938) für den 11. November oder Nr. 35<br />
(1936) für den Todestag (1936).<br />
425<br />
Vgl. Płomyk Nr. 29 (1930) <strong>und</strong> Nr. 31 (1930). In der Nummer 31 berichtet er über den<br />
Verlauf.<br />
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