Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut

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notwendig, wobei diese aber so billig wie möglich sein sollten, damit alle sie erwerben konnten. Deshalb sollten sie nur noch nach ganz einschneidenden historischen Ereignissen geändert werden. 382 Die Schulreform legte die Unterrichtsschwerpunkte auf Erkenntnis-, Ausbildungs- und auf erzieherische Ziele. 383 Dies bedeutete, daß der Unterricht die Liebe der Schüler zu ihrem Vaterland und ihre Bindung an den Staat vertiefen sollte. So forderten die Schulprogramme von 1934 und 1936, durch die Schule den Glauben an die Ideale, die Bereitschaft für sie zu leben und zu kämpfen, und die Integration aller nationalen Gruppen in den Staat zu fördern. Insgesamt wurde aber die Stundenzahl reduziert, während gleichzeitig auch Kenntnisse über die lokale und regionale Vergangenheit verstärkt vermittelt werden sollten. 384 Für den Geschichtsunterricht bedeutete dies, daß er das Verständnis für die Verpflichtungen des Bürgers gegenüber dem Staat und der Bevölkerung vertiefen und innerhalb der Jugend ein Gefühl der staatsbürgerlichen Verantwortung wecken sollte, das sich auch auf die Verehrung der nationalen Helden der Vergangenheit bezog. 385 Das Fach Geschichte sollte die Schüler mit Ereignissen, insbesondere aus der Neuzeit bekanntmachen, die als bedeutsam für die Gegenwart erachtet wurden. Diese sollten als das Ergebnis der Arbeit der vergangenen Generationen sowie unter dem Gesichtspunkt der Bedürfnisse des zukünftigen mündigen Staatsbürgers als Orientierungspunkt dargestellt werden: „Die mit heldenhaften historischen Persönlichkeiten bekanntgemachten [Schüler] soll[ten] in der Jugend den Kult der Größe und des Heldentums entfalten, den Glauben an Ideale stärken und lernen, für sie zu leben und zu kämpfen.“ 386 Schulfeiern, nationale Feiertage, die Erläuterung des Staatswappens und der nationalen Symbole sowie die Bekanntschaft mit den Portraits des Staatspräsidenten Mościcki und Marschall Piłsudskis sollten in den ersten zwei Schuljahren ein grundlegendes Verständnis für die Vergangenheit Polens wecken, wobei die Schüler in der zweiten Klasse das Leben dieser Persönlichkeiten in Form von szenischen Stücken 382 Vgl. Oświata i Wychowanie 4 (1932), S. 977 ff. 383 Vgl. H. KONOPKA, S. 83. 384 Vgl. ebenda, S. 85 ff. Nach dem Programm von 1920 erhielten die Kinder in einer Volksschule mit sechs bis sieben Unterrichtsklassen in den sieben Schuljahren insgesamt zehn, in einer Schule mit drei bis fünf Klassen dreizehn und in einer Volksschule mit nur ein bis zwei Klassen innerhalb der sieben Schuljahre neun Stunden Geschichtsunterricht, in dem auf der Grundlage der Schulreform (1934-1936) in der Volksschule ersten Grades sechs, in der zweiten Grades sieben bis neun und in der dritten Grades acht Wochenstunden Geschichtsunterricht. Vgl. ebenda, S. 80. 385 Vgl. ebenda, S. 91. 386 „Zaznajomienie z postaciami bohaterów dziejowych winno rozwinąć w młodzieży kult wielkości i bohaterstwa, umocnić wiarę w ideały i nauczyć żyć dla nich i walczyć o nie“ (MWRiOP, Program (1932), S. 284; vgl. auch CZERWIŃSKI, S. VII). 142

kennenlernen sollten. 387 Mit Beginn der dritten Klasse der Volksschule zweiten und dritten Grades sollten die Schüler mit wichtigen historischen Ereignissen bekannt gemacht werden. In der vierten Klasse lag der Schwerpunkt auf den Jahren 1914 bis 1920, so daß dann das Unterrichtsziel lückenlose Kenntnisse über das Leben des Marschalls und den Weg Polens zur Unabhängigkeit war. 388 Zuletzt standen die „staatsbürgerlichen Kenntnisse“ (wiadomości obywatelskie) im Vordergrund, durch die die Schüler lernen sollten, sich dem Staat unterzuordnen und sich in ihn integrieren zu lassen. 389 Die Darstellung des Wirkens des „Kommandanten“ als thematischer Schwerpunkt dominierte die Erörterungen über den Unabhängigkeitskampf im Ersten Weltkrieg in der sechsten Klasse 390 , daneben wurde insbesondere das militärische Handeln seiner Mitarbeiter und Legionäre in den Vordergrund gestellt. 391 Da der Geschichts- und Staatsbürgerkundeunterricht in den Mittelschulen die grundlegenden Kenntnisse aus 387 Vgl. MWRiOP, Program (1932), S. 93, 277; MWRiOP, Program (1933), S. 4; vgl. auch Gazeta Polska vom 6.XI.1934 über die Bedeutung der Feiern für die Staatsbürgerkunde. 388 Vgl. MWRiOP, Program (1932), S. 285. Ähnlich formuliert dies: MWRiOP, Gimnazjum, S. 293. 389 Vgl. H. KONOPKA, S. 103. 390 Vgl. ebenda, S. 217. Deutlich wird dies auch durch die prozentuale Auswertung nach Seitenumfang pro Epoche in den Schulbüchern von H. KONOPKA, S. 218, 250 und 267: SCHÖNBRENNER, Dzisiaj, beschäftigt sich zu 27 Prozent mit der Geschichte nach dem Januaraufstand und zu 16 Prozent mit der Geschichte Polens nach 1918, POHASKA- WYSZNACKA zu 24 Prozent bzw. 14 Prozent und JAROSZ/KARGOL, Opowiadania, zu 27 Prozent bzw. 13 Prozent der Seiten. H. KONOPKA, S. 239, macht deutlich, daß in den Lehrbüchern insgesamt allein das Leben und Wirken Piłsudskis zwischen 25 und 28 Prozent des Seitenumfangs beanspruchte. Dieses Verhältnis veränderte sich in den Schulbüchern aufgrund des Programms von 1936, da nun die Staatsbürgerkunde mit aufgenommen wurde, so daß beispielsweise JAROSZ/KARGOL, Dawne dzieje, für die genannten Epochen nur 18 bzw. 3 Prozent und SCHÖNBRENNER, Obrazki, nur 16 bzw. 13 Prozent des Umfangs zur Verfügung hatten, während ersterer für die Staatsbürgerkunde 32 Prozent und letzterer 20 Prozent des Umfangs beanspruchte. Da in der Volksschule ersten Grades in der vierten Klasse der gesamte Geschichtsunterricht stattfand und dementsprechend die Geschichtsbücher den ganzen Zeitraum abdeckten, entfielen beispielsweise bei MARTYNOWICZÓWNA, Obrazy (1932), 26 Prozent des Umfangs auf die Teilungszeit und 2 Prozent auf die Zeit nach 1914, in dem Buch für den „A“-Kurs von DERS., Obrazy (1936), 9 bzw. 1,5 Prozent, für den „C“-Kurs von DERS., Obrazy (1938), 42 bzw. 14 Prozent. Vgl. H. KONOPKA, S. 267. 391 Vgl. ebenda, S. 347 f. Insgesamt macht die Militärgeschichte ca. 30 Prozent des historischen Stoffs der Volksschule aus, wobei vor allem für die Neuzeit der Kampf gegen Rußland, das Osmanische Reich und die Kosaken in den Mittelpunkt gestellt wurde. Vgl. ebenda, S. 96 f. 143

notwendig, wobei diese aber so billig wie möglich sein sollten, damit alle sie erwerben<br />

konnten. Deshalb sollten sie nur noch nach ganz einschneidenden historischen<br />

Ereignissen geändert werden. 382<br />

Die Schulreform legte die Unterrichtsschwerpunkte auf Erkenntnis-, Ausbildungs-<br />

<strong>und</strong> auf erzieherische Ziele. 383 Dies bedeutete, daß der Unterricht die Liebe der Schüler<br />

zu ihrem Vaterland <strong>und</strong> ihre Bindung an den Staat vertiefen sollte. So forderten<br />

die Schulprogramme von 1934 <strong>und</strong> 1936, durch die Schule den Glauben an die Ideale,<br />

die Bereitschaft für sie zu leben <strong>und</strong> zu kämpfen, <strong>und</strong> die Integration aller nationalen<br />

Gruppen in den Staat zu fördern. Insgesamt wurde aber die St<strong>und</strong>enzahl reduziert,<br />

während gleichzeitig auch Kenntnisse über die lokale <strong>und</strong> regionale Vergangenheit<br />

verstärkt vermittelt werden sollten. 384<br />

Für den Geschichtsunterricht bedeutete dies, daß er das Verständnis für die Verpflichtungen<br />

des Bürgers gegenüber dem Staat <strong>und</strong> der Bevölkerung vertiefen <strong>und</strong> innerhalb<br />

der Jugend ein Gefühl der staatsbürgerlichen Verantwortung wecken sollte,<br />

das sich auch auf die Verehrung der nationalen Helden der Vergangenheit bezog. 385<br />

Das Fach Geschichte sollte die Schüler mit Ereignissen, insbesondere aus der Neuzeit<br />

bekanntmachen, die als bedeutsam für die Gegenwart erachtet wurden. Diese sollten<br />

als das Ergebnis der Arbeit der vergangenen Generationen sowie unter dem Gesichtspunkt<br />

der Bedürfnisse des zukünftigen mündigen Staatsbürgers als Orientierungspunkt<br />

dargestellt werden: „Die mit heldenhaften historischen Persönlichkeiten bekanntgemachten<br />

[Schüler] soll[ten] in der Jugend den <strong>Kult</strong> der Größe <strong>und</strong> des Heldentums<br />

entfalten, den Glauben an Ideale stärken <strong>und</strong> lernen, für sie zu leben <strong>und</strong> zu<br />

kämpfen.“ 386<br />

Schulfeiern, nationale Feiertage, die Erläuterung des Staatswappens <strong>und</strong> der nationalen<br />

Symbole sowie die Bekanntschaft mit den Portraits des Staatspräsidenten<br />

Mościcki <strong>und</strong> Marschall <strong>Piłsudski</strong>s sollten in den ersten zwei Schuljahren ein gr<strong>und</strong>legendes<br />

Verständnis für die Vergangenheit Polens wecken, wobei die Schüler in der<br />

zweiten Klasse das Leben dieser Persönlichkeiten in Form von szenischen Stücken<br />

382<br />

Vgl. Oświata i Wychowanie 4 (1932), S. 977 ff.<br />

383<br />

Vgl. H. KONOPKA, S. 83.<br />

384<br />

Vgl. ebenda, S. 85 ff. Nach dem Programm von 1920 erhielten die Kinder in einer Volksschule<br />

mit sechs bis sieben Unterrichtsklassen in den sieben Schuljahren insgesamt zehn,<br />

in einer Schule mit drei bis fünf Klassen dreizehn <strong>und</strong> in einer Volksschule mit nur ein bis<br />

zwei Klassen innerhalb der sieben Schuljahre neun St<strong>und</strong>en Geschichtsunterricht, in dem<br />

auf der Gr<strong>und</strong>lage der Schulreform (1934-1936) in der Volksschule ersten Grades sechs, in<br />

der zweiten Grades sieben bis neun <strong>und</strong> in der dritten Grades acht Wochenst<strong>und</strong>en Geschichtsunterricht.<br />

Vgl. ebenda, S. 80.<br />

385<br />

Vgl. ebenda, S. 91.<br />

386<br />

„Zaznajomienie z postaciami bohaterów dziejowych winno rozwinąć w młodzieży kult<br />

wielkości i bohaterstwa, umocnić wiarę w ideały i nauczyć żyć dla nich i walczyć o nie“<br />

(MWRiOP, Program (1932), S. 284; vgl. auch CZERWIŃSKI, S. VII).<br />

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