Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut

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schnelle Orientierung ermöglichen. Insgesamt wurden im Vergleich zu den Pisma – Mowy – Rozkazy einige Dutzend neuer Texte aufgenommen. 275 Vergleichsweise gut sind in den Quellen die Methoden des Vertriebs und die sozialen Gruppen der Käufer dokumentiert. Insgesamt beeindruckt diese Ausgabe vor allem durch eine Auflagenhöhe von 45 000 Stück pro Band 276 , durch den Preis von je drei Złoty 277 und die Form der Auslieferung innerhalb von elf Monaten. 278 Die erste Stelle unter den Abonnenten nahmen die Beamten (der Regierung und der Selbstverwaltung) und private Büroangestellte mit 32,5 Prozent ein, dann folgten mit 17,5 Prozent die Freien Berufe und mit 9 Prozent die Volksschullehrer. Mit 6,6 Prozent lagen die Offiziere an vierter und die Unteroffiziere mit 5,4 Prozent an fünfter Stelle, erst dann folgten die Bibliotheken und wissenschaftlichen Institutionen mit 4,6 Prozent. Vergleichsweise stark waren auch die Kaufleute mit 4,1 Prozent vertreten, während u.a. die Bauern nur 2,3 Prozent, die Arbeiter nur 1,4 Prozent und die Geistlichkeit nur 0,9 Prozent der Abonnenten ausmachte. 279 Auch die regionale Aufgliederung ist sehr 275 Vgl. das Protokoll der Mitgliederversammlung vom 28.III.1938, in: CAW, IBNHP, 1, n.pag. Nicht aufgenommen wurden Briefe, die die Niepodległość bereits veröffentlicht hatte. Vgl. LIPIŃSKI, Od wydawców [Von den Herausgebern], S. XII, die in einem eigenen Band herausgegeben werden sollten. 276 Zunächst war nur eine Auflage von 10 000 Exemplaren geplant, aber die große Nachfrage ließ die Auflage auf 45 000 ansteigen. Im Vergleich dazu stellte der Direktor fest (vgl. das Protokoll der Mitgliederversammlung vom 28.III.1938, in: CAW, IBNHP, 1, n.pag.), daß die gesammelten Werke von Stefan Żeromski in einer Auflage von 12 000 pro Satz, die von Bolesław Prus in einer Höhe 4000 Stück erschienen waren. Der Vergleich mit diesen Zahlen macht die außergewöhnliche Konzeption der Pisma Zbiorowe deutlich. 277 Damit kostete die Gesamtausgabe 30 Złoty im Abonnement, im Buchhandel wurden sie für 40 Złoty verkauft. Der Preis kam durch die Auflagenhöhe, die Art des Vertriebs und schließlich durch die einfachere Bindung und Papierqualität zustande. Vgl. Rechenschaftsbericht des Generalsekretärs auf der Mitgliederversammlung vom 24.III.1937, in: CAW, IBNHP, 1, n.pag. 278 An die Stelle der Subskription trat ein Abonnement, so daß der Abonnent per Nachnahme den neuen Band zugestellt bekam. Die Pünktlichkeit des Erscheinens am Monatsanfang war für die Herausgeber bedeutsam, da schon in der Monatsmitte bei den weniger Begüterten die Summe von drei Złoty für finanzielle Schwierigkeiten sorgen konnte. Für die Werbung wurden regelmäßig der Rundfunk, die Post, die Presse, die Buchhändlervereinigungen und die Kioske der Vereinigung Ruch („Bewegung“) in Anspruch genommen. Insgesamt beliefen sich die Werbungskosten auf 10 000 Złoty. Dennoch wurden die einzelnen Bände nicht gleichmäßig verkauft: Band 1: 40 381mal, Bd. 2: 40 079, Bd. 3: 39 809, Bd. 6: nur 38 698, Bd. 9: 37 803 und Bd. 10: nur 36 473mal. Als Gründe hierfür führt das Piłsudski-Institut Arbeitslosigkeit, Tod, Umzug und Unsolidität an. Vgl. die Notizen aus der Pressekonferenz vom 2.III.1938, in: CAW, IBNHP, 1, n.pag.; das Protokoll der Mitgliederversammlung vom 28.III.1938, in: CAW, IBNHP, 1, n.pag. 279 Protokoll der Mitgliederversammlung vom 28.III.1938, in: CAW, IBNHP, 1, n.pag. Danach steht die Sozialstruktur – und damit der Bildungsgrad – der Abonnentenschichten in 122

aufschlußreich. Die meisten Abonnements wurden in Warschau und Łódź abgesetzt, was der Größe dieser Städte entspricht, dann aber folgte Wilna noch vor den größeren Städten Lemberg, Krakau, Posen und Kattowitz. Bezüglich der Verteilung auf die Wojewodschaften läßt sich feststellen, daß ein Großteil der Abonnenten in den vier zentralen Wojewodschaften Warschau, Kielce, Łódź und Lublin, dann in der Krakauer Wojewodschaft und in den westlichen Wojewodschaften Schlesien und Posen lebte. 280 Im ganzen wird deutlich, daß die beiden großen Werkausgaben Piłsudskis ihre Abnehmer vor allem bei den städtischen Schichten gefunden haben, die zu den funktionellen Eliten Polens gehörten. (Vgl. Abb. 9, 10) 3.2.1.3. Die historische Zeitschrift „Niepodległość“ Ebenso wie das Instytut Badania Najnowszej Historii Polski die einzige Forschungsstelle für den Zeitraum der polnischen Geschichte zwischen 1863 und 1918 bzw. 1935 war, stellte die Zeitschrift des Instituts mit dem programmatischen Namen Niepodległość („Unabhängigkeit“), die seit 1929 zunächst viermal, seit 1932 hingegen sechsmal jährlich erschien, das einzige Periodikum dar, das sich mit dieser Epoche beschäftigte. Die seit 1926 in Moskau erscheinende, in Polen kolportierte Zeitschrift Z pola walki („Aus dem Kampffeld“), die 1929-1930 halbjährlich erscheinende Schrift Insurekcja („Insurrektion“) und die ab 1935 erscheinende Kronika Ruchu Rewolucyjnego („Chronik der Revolutionsbewegung“) erfüllten das Desiderat der thematischen Behandlung dieser Epoche ebensowenig wie der Kwartalnik Historyczny („Historische Vierteljahresschrift“) oder der Przegląd Historyczny („Historische Rundschau“), die lediglich im Rezensionsteil über das Jahr 1863 hinaus berichteten. 281 Die Zeitschrift Niepodległość war den allgemeinen Zielsetzungen des Instituts verpflichtet, die auch der Untertitel der Zeitschrift Czasopismo poświęcone dziejom polskich walk wyzwoleńczych w dobie popowstaniowej („Zeitschrift, der Geschichte der polnischen Freiheitskämpfe in der Nachaufstandszeit gewidmet“) hervorhob. Das Vorwort zur ersten Ausgabe erläutert die genauen Aufgaben der Zeitschrift: Danach sollte sie alle Erscheinungen, die direkt oder indirekt die Unabhängigkeitsbewegung Polens berührten, von der Niederschlagung des Januaraufstands bis zum Wiederaufbau des polnischen Staates behandeln, da diese Epoche ein ungemein wichtiger Ab- einem eklatanten Gegensatz zur Sozialstruktur der Staatsbevölkerung Nach dem Mały Rocznik Statystyczne 9 (1938), S. 38, waren in Polen 60,9 Prozent der Bevölkerung in Agrarberufen und 35,8 Prozent in industriellen und Dienstleistungsberufen beschäftigt, woran deutlich wird, daß sich die Abonnenten vor allem aus der gesellschaftlichen Elite des Staates rekrutierten. Inwieweit die Käufer zur Subskribierung eines Abonnements genötigt worden sind, läßt sich nicht feststellen. 280 Vgl. Notizen aus der Pressekonferenz vom 2.III.1938, in: CAW, IBNHP, 1, n.pag. 281 Vgl. JASKÓLSKI, S. 142 f. 123

aufschlußreich. Die meisten Abonnements wurden in Warschau <strong>und</strong> Łódź abgesetzt,<br />

was der Größe dieser Städte entspricht, dann aber folgte Wilna noch vor den größeren<br />

Städten Lemberg, Krakau, Posen <strong>und</strong> Kattowitz. Bezüglich der Verteilung auf die<br />

Wojewodschaften läßt sich feststellen, daß ein Großteil der Abonnenten in den vier<br />

zentralen Wojewodschaften Warschau, Kielce, Łódź <strong>und</strong> Lublin, dann in der Krakauer<br />

Wojewodschaft <strong>und</strong> in den westlichen Wojewodschaften Schlesien <strong>und</strong> Posen lebte.<br />

280 Im ganzen wird deutlich, daß die beiden großen Werkausgaben <strong>Piłsudski</strong>s ihre<br />

Abnehmer vor allem bei den städtischen Schichten gef<strong>und</strong>en haben, die zu den funktionellen<br />

Eliten Polens gehörten. (Vgl. Abb. 9, 10)<br />

3.2.1.3. Die historische Zeitschrift „Niepodległość“<br />

Ebenso wie das Instytut Badania Najnowszej Historii Polski die einzige Forschungsstelle<br />

für den Zeitraum der polnischen Geschichte zwischen 1863 <strong>und</strong> 1918 bzw.<br />

1935 war, stellte die Zeitschrift des <strong>Institut</strong>s mit dem programmatischen Namen Niepodległość<br />

(„Unabhängigkeit“), die seit 1929 zunächst viermal, seit 1932 hingegen<br />

sechsmal jährlich erschien, das einzige Periodikum dar, das sich mit dieser Epoche<br />

beschäftigte. Die seit 1926 in Moskau erscheinende, in Polen kolportierte Zeitschrift<br />

Z pola walki („Aus dem Kampffeld“), die 1929-1930 halbjährlich erscheinende<br />

Schrift Insurekcja („Insurrektion“) <strong>und</strong> die ab 1935 erscheinende Kronika Ruchu Rewolucyjnego<br />

(„Chronik der Revolutionsbewegung“) erfüllten das Desiderat der thematischen<br />

Behandlung dieser Epoche ebensowenig wie der Kwartalnik Historyczny<br />

(„Historische Vierteljahresschrift“) oder der Przegląd Historyczny („Historische<br />

R<strong>und</strong>schau“), die lediglich im Rezensionsteil über das Jahr 1863 hinaus berichteten.<br />

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Die Zeitschrift Niepodległość war den allgemeinen Zielsetzungen des <strong>Institut</strong>s<br />

verpflichtet, die auch der Untertitel der Zeitschrift Czasopismo poświęcone dziejom<br />

polskich walk wyzwoleńczych w dobie popowstaniowej („Zeitschrift, der Geschichte<br />

der polnischen Freiheitskämpfe in der Nachaufstandszeit gewidmet“) hervorhob. Das<br />

Vorwort zur ersten Ausgabe erläutert die genauen Aufgaben der Zeitschrift: Danach<br />

sollte sie alle Erscheinungen, die direkt oder indirekt die Unabhängigkeitsbewegung<br />

Polens berührten, von der Niederschlagung des Januaraufstands bis zum Wiederaufbau<br />

des polnischen Staates behandeln, da diese Epoche ein ungemein wichtiger Ab-<br />

einem eklatanten Gegensatz zur Sozialstruktur der Staatsbevölkerung Nach dem Mały<br />

Rocznik Statystyczne 9 (1938), S. 38, waren in Polen 60,9 Prozent der Bevölkerung in Agrarberufen<br />

<strong>und</strong> 35,8 Prozent in industriellen <strong>und</strong> Dienstleistungsberufen beschäftigt, woran<br />

deutlich wird, daß sich die Abonnenten vor allem aus der gesellschaftlichen Elite des Staates<br />

rekrutierten. Inwieweit die Käufer zur Subskribierung eines Abonnements genötigt<br />

worden sind, läßt sich nicht feststellen.<br />

280 Vgl. Notizen aus der Pressekonferenz vom 2.III.1938, in: CAW, IBNHP, 1, n.pag.<br />

281 Vgl. JASKÓLSKI, S. 142 f.<br />

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