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Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung ... - Herder-Institut

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<strong>Piłsudski</strong>s konnten sich Mythen ranken, weil er wegen <strong>seine</strong>r konspirativen Tätigkeit,<br />

<strong>seine</strong>s unbeugsamen Willens sowie <strong>seine</strong>r spärlichen Äußerungen über sich selbst für<br />

<strong>seine</strong> Zeitgenossen nur schwer zu verstehen war. An dieser Mythenbildung beteiligten<br />

sich die Medien mit ihren Berichten über die Vergangenheit im allgemeinen <strong>und</strong> die<br />

historische Forschung mit ihren Veröffentlichungen im besonderen.<br />

3.2.1.1. Die Organisation <strong>und</strong> Konzentration der Historiographie über die „Epoche<br />

<strong>Piłsudski</strong>s“ im Instytut Badań Najnowszej Historii Polski<br />

Die erste historische Forschungsinstitution im wiedererrichteten Polen, die sich mit<br />

den Ereignissen seit dem Januaraufstand beschäftigte, war das im September 1921<br />

aus der historisch-operativen Sektion beim Generalstab entstandene Referat Historyczno-Operacyjny<br />

(Historisch-Operatives Referat). 1922 wurde es in das Biuro Historyczne<br />

Sztabu Generalnego (Historisches Büro des Generalstabs) <strong>und</strong> 1927 ins<br />

Wojskowe Biuro Historyczne 176 (Militärhistorisches Büro, WBH) umgewandelt. 177<br />

Seine wesentliche Aufgabe bestand darin, die Kämpfe des Ersten Weltkriegs auf polnischem<br />

Boden <strong>und</strong> den Verlauf des Krieges mit der Roten Armee nachzuvollziehen.<br />

Waren die militärhistorischen Forschungen zunächst pluralistisch angelegt <strong>und</strong> frei<br />

vom Einfluß <strong>Piłsudski</strong>s, so mußten sie sich nach dem Mai 1926 den gesellschaftspolitischen<br />

Vorgaben der Sanacja anpassen <strong>und</strong> vor allem die Tätigkeit <strong>Piłsudski</strong>s <strong>und</strong><br />

der Legionen im Ersten Weltkrieg glorifizieren. Eine Gruppe von Offizieren mit Julian<br />

Stachiewicz, Wacław Lipiński <strong>und</strong> Stefan Pomarański an der Spitze führte diese<br />

Forschungen durch. 178 Das Militärhistorische Büro 179 befaßte sich jedoch ausschließ-<br />

176 Zur Geschichte des Militärhistorischen Büros: Polska Zbrojna vom 11.XI.1930 <strong>und</strong><br />

WALIGÓRA. <strong>Der</strong> erste Leiter war Julian Stachiewicz von März 1923 bis Februar 1925, danach<br />

Marian Kukiel, der nach dem Maiumsturz von Stachiewicz abgelöst wurde. Nach<br />

dessen Tode leitete es Oberst Bronisław Rakowski. Es umfaßte folgende militärische Forschungsschwerpunkte:<br />

die polnischen Kriege des Mittelalters <strong>und</strong> der Neuzeit, den Ersten<br />

Weltkrieg, die polnischen Kampfformationen, den polnisch-sowjetrussischen Krieg. Außerdem<br />

gab es ein Referat für Fotografien, ein Archiv zur Dokumentation der militärischen<br />

Operationen <strong>und</strong> für persönliche Akten der Offiziere. Vgl. dazu CAW, GISZ I.302.4.1542,<br />

B. 1-3.<br />

177 Vgl. MIŚKIEWICZ, S. 148 f.<br />

178 Vgl. ebenda, S. 149, zur Historiographie der Piłsudczycy siehe ebenda, S. 155-279. Da die<br />

vor 1926 dem Militärhistorischen Büro angehörigen Forscher Marian Kukiel <strong>und</strong> Wacław<br />

Tokarz wegen der Kontroverse um <strong>Piłsudski</strong>s Wirken (siehe die folgende Anm.) nach dem<br />

Maiumsturz aus dem aktiven Dienst entfernt wurden, hatten sie trotz eigener wissenschaftlicher<br />

Arbeiten keinen Einfluß auf die weitere Entwicklung der militärhistorischen Forschung.<br />

179 1924/25 kam es zu einer heftigen Kontroverse zwischen <strong>Piłsudski</strong> <strong>und</strong> <strong>seine</strong>n Anhängern<br />

einerseits <strong>und</strong> der Regierung bzw. ihren Gefolgsleuten andererseits. Ausgangspunkt war,<br />

daß <strong>Piłsudski</strong> bei Recherchen für sein Buch Rok 1920 („Das Jahr 1920“, 1925 in Warschau<br />

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