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Thoraxschmerz in der Sprechstunde - mediX schweiz

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Guidel<strong>in</strong>e<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sprechstunde</strong><br />

Jerry Rojas/Andreas Weber, August 2010<br />

Allgeme<strong>in</strong>es<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong>en s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sprechstunde</strong> quo ad vitam meist nicht<br />

lebensbedrohlich (z. B. Thoraxwandschmerz). In ca. 10 % <strong>der</strong> Fälle kann jedoch e<strong>in</strong>e<br />

Krankheit mit potentiell gefährlichem Verlauf wie Akutes Koronarsyndrom,<br />

Lungenembolie, Aortendissektion, Spannungspneumothorax und Pankreatitis o<strong>der</strong><br />

Oesophagusruptur dah<strong>in</strong>ter stehen.<br />

E<strong>in</strong>e ambulante Abklärung und Behandlung <strong>der</strong> <strong>Thoraxschmerz</strong>en bed<strong>in</strong>gt, dass die<br />

bedrohlichen Ursachen sofort und mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit sowie kosteneffektiv<br />

ausgeschlossen werden. Die daraus folgenden nicht bedrohlichen Krankheiten<br />

können somit elektiv abgeklärt werden.<br />

Schmerzanamnese:<br />

Seit wann?<br />

Periodik? Morgens? Etc.<br />

Im Liegen, Stehen, Sitzen? Bewegungsabhängig?<br />

Durch was ausgelöst?<br />

Durch was gel<strong>in</strong><strong>der</strong>t? Verstärkt?<br />

Charakter? stechend, dumpf?<br />

Konstant? Intermittierend?<br />

Schmerzskala 0-10?<br />

Somatoparietaler Schmerz:<br />

Schneidend, scharf<br />

Exakte Schmerzlokalisation<br />

Patient vermeidet Erschütterung, liegt ruhig<br />

Visceraler Schmerz<br />

Schlecht lokalisiert<br />

Dumpf, brennend, krampfartig<br />

Häufig verbunden mit Schwitzen, Unruhe, Blässe, Nausea,<br />

Erbrechen<br />

Projizierter Schmerz (Head’sche Zonen)<br />

Auf <strong>der</strong> Haut wahrgenommen<br />

Eventuell lokale Hyperalgesie<br />

Seite 1 von 12


Ursachen <strong>der</strong> <strong>Thoraxschmerz</strong>en<br />

In <strong>der</strong> Hausarztpraxis wurden für Konsultationen wegen <strong>Thoraxschmerz</strong>en folgende<br />

Ursachen festgestellt:<br />

Ursachen i Prävalenz %<br />

Muskuloskeletal ( <strong>in</strong>kl. Osteochondritis 13 %) 36<br />

Gastro<strong>in</strong>test<strong>in</strong>al (Refluxoesophagitis 13 %) 19<br />

Kardiale Ursachen 16<br />

Stabile Ang<strong>in</strong>a Pectoris (AP) (10.5)<br />

Instabile AP; Infarkt (ACS) (1.5)<br />

Psychiatrisch 8<br />

Pulmonal 5<br />

An<strong>der</strong>e, unklare Ursachen 16<br />

Auf <strong>der</strong> Notfallstation ist die Prävalenz <strong>der</strong> Ursachen unterschiedlich zur<br />

Hausarztpraxis:<br />

Bei > 40 jährigen Patienten <strong>in</strong> mehr als 50 % kardial.<br />

Bei unter 35 jährigen ist e<strong>in</strong>e kardiale Ursache < 7 % und <strong>in</strong> 98 % <strong>der</strong> Fälle mit<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>em klassischen, kardialen Risikofaktor verbunden (80 % s<strong>in</strong>d<br />

Raucher, 40 % pos. Familienanamnese, 26 % Hypertension, 20 %<br />

Hyperlipidämie, 7 % Coca<strong>in</strong> o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e sympathikomimetische Substanzen).<br />

Bei jungen Männern ist dafür <strong>der</strong> Spontanpneumothorax nicht selten.<br />

Diagnostischer Algorithmus<br />

1. Koronare Ursache aufgrund anamnestischer Angaben, körperlicher Untersuchung<br />

und bei Bedarf o<strong>der</strong> Ausschluss von KHK EKG und Tropon<strong>in</strong> Schnelltest<br />

veranlassen. Siehe Guidel<strong>in</strong>e ACS.<br />

a. Bei hohem Verdacht auf koronare Ursache � E<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Spital mit<br />

Möglichkeit <strong>der</strong> Koronarangiographie/PTCA<br />

b. Bei niedriger Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit elektive Untersuchungen (z. B.<br />

Belastungs-EKG).<br />

2. Evaluation bezüglich Aortendissektion. Siehe Guidel<strong>in</strong>e Aortenaneurysma<br />

a. Bei hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit � E<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong> universitäres Zentrum mit<br />

guter Herzchirurgie<br />

b. Bei mittlerer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit � CT<br />

3. Evaluation bezüglich Lungenembolie. Siehe Guidel<strong>in</strong>e Thromboembolie.<br />

a. mittlere und hohe Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit: Spiral-CT o<strong>der</strong><br />

Ventilations/Perfusions-Sz<strong>in</strong>tigraphie<br />

b. tiefe Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit: an<strong>der</strong>e Ursache suchen.<br />

4. Evaluation bezüglich Pneumothorax:<br />

a. > 15 % des Durchmessers des Hemithorax � manuelle Luftaspiration o<strong>der</strong><br />

Hospitalisation<br />

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5. Evaluation bezüglich gastro<strong>in</strong>test<strong>in</strong>aler Ursache – Hb? Meläna, Hämatemesis?<br />

Ev. Versuch mit Säureblocker<br />

6. Evaluation bezüglich muskuloskeletaler Ursache – ev. Versuch mit NSAR/PPI<br />

7. Evaluation bezüglich psychogener Ursache – ev. Versuch mit Tranquilizer o<strong>der</strong><br />

Antidepressivum<br />

8. Seltenere Ursachen:<br />

Perikarditis,<br />

Myokarditis,<br />

Kardiomyopathie,<br />

Mediast<strong>in</strong>itis,<br />

Pulmonale Hypertonie,<br />

Pleuritis sicca,<br />

Pleuraerguss,<br />

Neoplasien <strong>der</strong> Pleura (Pleuramesotheliom),<br />

Lungenparenchymerkrankung wie Infarkt,<br />

Oesophagusruptur,<br />

Cholezystitis,<br />

Pankreatitis<br />

vertebrogener Schmerz (Diskushernie),<br />

Tietze-Syndrom (sternocostaler Schmerz Rippe 1-2 bds)<br />

Mondorsche Krankheit (subcutane Thrombophlebitis nach Trauma auf<br />

Brusthöhe)<br />

Mammakarz<strong>in</strong>om<br />

Akutes Koronarsyndrom<br />

Siehe Guidel<strong>in</strong>e ACS.<br />

Das akute Koronarsyndrom umfasst die Entitäten <strong>der</strong> «<strong>in</strong>stabilen Ang<strong>in</strong>a pectoris»<br />

und des Myokard<strong>in</strong>farktes.<br />

Gemäss neuer Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> europäischen und amerikanischen<br />

Kardiologengesellschaften wird <strong>der</strong> Herz<strong>in</strong>farkt def<strong>in</strong>iert, als Nachweis e<strong>in</strong>es<br />

typischen Ablaufs von herzspezifischen Nekrosemarkern bei Vorliegen e<strong>in</strong>er<br />

prolongierten Ischämie o<strong>der</strong> im Zusammenhang mit e<strong>in</strong>er Koronar<strong>in</strong>tervention.<br />

E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>stabile Ang<strong>in</strong>a pectoris (AP) liegt vor bei Ischämiesymptomen ohne<br />

Erhöhung von Tropon<strong>in</strong> o<strong>der</strong> CK-MB, mit o<strong>der</strong> ohne ST Senkung o<strong>der</strong> ST<br />

Erhöhung o<strong>der</strong> T Inversion.<br />

Da die Biomarker erst e<strong>in</strong>ige Stunden nach Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Symptome ansteigen,<br />

ist die <strong>in</strong>stabile AP zu Beg<strong>in</strong>n von e<strong>in</strong>em non-ST-elevation-myocardial<br />

<strong>in</strong>farction nicht zu unterscheiden.<br />

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Alter, Geschlecht und Schmerzsymptomatik s<strong>in</strong>d die stärksten Prädiktoren für e<strong>in</strong>e<br />

KHK als Ursache des <strong>Thoraxschmerz</strong>es.<br />

Anamnestische Informationen, die die Vortestwahrsche<strong>in</strong>lichkeit bee<strong>in</strong>flussen ii :<br />

Erhöhen Vortestwahrsche<strong>in</strong>lichkeit Reduzieren Vortestwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

• Schmerzzunahme bei Anstrengung<br />

o<strong>der</strong> Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung bei Ruhe.<br />

• Ausstrahlung <strong>in</strong> l<strong>in</strong>ken o<strong>der</strong> rechten<br />

Arm. Ausstrahlung <strong>in</strong> beide Arme ist<br />

e<strong>in</strong> noch stärkerer Predictor<br />

• Bekannte KHK, PAVK, CVI<br />

• Diabetes mellitus<br />

• Raucher 25 pack-years<br />

• Hypercholester<strong>in</strong>ämie<br />

• Schweissausbrüche<br />

• Schmerz nach dem Essen<br />

LR = likelihood ratio<br />

• Schmerz durch Körperposition (LR<br />

0.3)<br />

• Schmerz bei tiefer Inspiration (LR 0.2)<br />

– kann aber Zeichen e<strong>in</strong>es<br />

Pneumothorax, Pleuroperikarditis o<strong>der</strong><br />

Lungenembolie se<strong>in</strong>!<br />

• Schmerz durch Palpation verstärkt<br />

(LR 02 –0.4)<br />

• Schmerz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en,<br />

umschriebenen Thoraxregion<br />

• Schmerz dauert nur Sekunden o<strong>der</strong><br />

schon Wochen.<br />

• Wie<strong>der</strong>holter Schmerz ohne<br />

Progression über Jahre<br />

• Schmerz beim schlucken und beim<br />

Essen (nicht nach dem essen!)<br />

• Identische Episode wie bei früherer,<br />

nicht kardialer Erkrankung (z.B.<br />

Reflux, Gallenste<strong>in</strong>e,<br />

Bronchospasmus, Panikattacke).<br />

Seite 4 von 12


Nicht hilfreich s<strong>in</strong>d:<br />

Schmerzreduktion nach Nitroglycer<strong>in</strong>: In a study of 459 patients who<br />

presented to an emergency department with chest pa<strong>in</strong> and were admitted to<br />

the hospital, the percentage of patients who had relief of chest pa<strong>in</strong> with<br />

nitroglycer<strong>in</strong> was similar among the 141 patients with active CHD and the 275<br />

patients without active CHD (35 versus 41 percent experienced relief)<br />

Schmerzreduktion nach Antacida o<strong>der</strong> Säureblocker<br />

Erbrechen<br />

Vortestwahrsche<strong>in</strong>lickeit Vorgehen<br />

Hoch > 70 % 144 rufen<br />

An Koronarangiographie/PTCA denken<br />

Oberkörper hochlagern<br />

Infusion<br />

Morph<strong>in</strong> 2 – 10 mg i.v. (titrieren)<br />

Aspir<strong>in</strong> 1000 mg p.o. o<strong>der</strong> i.v. (falls noch ke<strong>in</strong>e<br />

Behandlung)<br />

Nitroglycer<strong>in</strong>, O2 bei Atemnot<br />

Mittel 30 – 70 % EKG: ST Segment- T o<strong>der</strong> Q Wellen Anomalie o<strong>der</strong> LSB<br />

(neu?) haben Sensitivität von 80 %, Spezifität ca. 60 %.<br />

Bei anfänglich normalem EKG sollte das EKG nach 5 –<br />

10 M<strong>in</strong>uten wie<strong>der</strong>holt werden.<br />

• Neue ST- Elevation (LR 5.7 – 53.9)<br />

• Neue Q- Welle (LR 5.3 – 24.8)<br />

• normal � LR 0.1 – 0.3, d.h. Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

s<strong>in</strong>kt auf 8 – 30 %<br />

Bei negativem EKG und Tropon<strong>in</strong> (>8h nach<br />

Schmerzbeg<strong>in</strong>n) s<strong>in</strong>kt Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>es Infarktes<br />

auf 2 – 8 % � Aspir<strong>in</strong>, Nitroglycer<strong>in</strong> <strong>in</strong> Reserve, ev. b-<br />

Blocker (??) � Elektives Belastungs- EKG<br />

Bei positiven Resultaten: Aspir<strong>in</strong>, sofort hospitalisieren.<br />

Tief < 30 % Bei negativen Resultaten: An<strong>der</strong>e Ursachen suchen (s<br />

unten)<br />

Bei positiven Resultaten: Belastungs- EKG<br />

<strong>mediX</strong> <strong>schweiz</strong> empfiehlt, PatientInnen mit hohem Verdacht auf Akutes<br />

Koronarsyndrom direkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> <strong>in</strong>vasives Zentrum e<strong>in</strong>zuweisen. Im Verlauf werden<br />

auch jene Patienten aus e<strong>in</strong>em nicht-<strong>in</strong>vasiven Spital <strong>in</strong>vasiv behandelt. So lassen<br />

sich Kosten reduzieren.<br />

Seite 5 von 12


Aortendissektion<br />

Siehe auch Guidel<strong>in</strong>e Abdom<strong>in</strong>ales Aortenaneurysma<br />

Seltene Ursachen:<br />

Kongenital<br />

Turner Syndrom<br />

B<strong>in</strong>degewebsschwäche<br />

Marfan Syndrom<br />

Infektiös: bakteriell (Typhus, Syphilis), Mykotisch (oft Synonym für bakteriell)<br />

Inflammatorisch, arteriitisch (Polyarteritis nodosa, postpankreatitisch)<br />

Aneurysma nach Aortendiss (Zystische Medianekrose)<br />

Pseudoaneurysma (Anastomosenaneurysma, posttraumatisch)<br />

Häufige Ursache:<br />

Deg. Aortenwan<strong>der</strong>krankung arteriosklerotisch (90%)<br />

Generell selten (3% <strong>der</strong> Menschheit), aber hohe Mortalität von 50 % <strong>in</strong> den ersten 48<br />

Stunden, bei Typ A: 1 % Mortalität pro Stunde!<br />

E<strong>in</strong>teilung <strong>der</strong> Dissektion unter<br />

prognostischen und therapeutischen<br />

Kriterien nach DeBakey (I, II, III) bzw. <strong>der</strong><br />

Standford University (A, B)<br />

Seite 6 von 12


Anamnese:<br />

Starke Schmerzen<br />

Stechend, reissend, schneidend<br />

<strong>in</strong> Brust, Abdomen, <strong>in</strong> Rücken, Schulter ausstrahlend<br />

Plötzlich auftretend, ohne Crescendo<br />

Lokalisation: abdom<strong>in</strong>al>thorakal<br />

Aneurysmalokalisation bee<strong>in</strong>flusst Prognose wesentlich (Gelenknähe,<br />

Bifurkationsstelle)<br />

Rupturgefahr:<br />

8 30-50<br />

Auch abhängig von <strong>der</strong> Dynamik <strong>der</strong> Vergrösserung des Durchmessers!<br />

Prädisposition:<br />

Bekannte Hypertonie (bei 72 % <strong>der</strong> Dissektionen), KHK, Nikot<strong>in</strong>abusus,<br />

fam.Belastung<br />

Männer 60 – 80 Jahre (65 %)<br />

Marfan Syndrom (40 % <strong>der</strong> Dissektionen unter 40 Jahren, nur 2% bei älteren<br />

Patienten)<br />

Bikuspide Aortenklappe<br />

Seite 7 von 12


Befund:<br />

Hypertonie o<strong>der</strong> Hypotonie<br />

Blutdruckdifferenz > 20 mmHg l<strong>in</strong>ker/rechter Arm und/o<strong>der</strong> Arme / Be<strong>in</strong>e (Ingu<strong>in</strong>a).<br />

Typ A <strong>in</strong> 50 % BD Differenz, Typ B 15 % BD Differenz)<br />

EKG ist meist normal o<strong>der</strong> l<strong>in</strong>ksventrikuläre Hypertrophie<br />

Ev. neurologische Ausfälle (19 %): CVI, Paraparese o<strong>der</strong> Paraplegie<br />

Vortestwahrsche<strong>in</strong>lickeit Vorgehen<br />

Hoch > 70 % Infusion<br />

Morph<strong>in</strong> 2 – 10 mg i.v. (titrieren)<br />

Bei BD > 140 mm Hg Metoprolol 5mg i.v. – 15 mg<br />

titrieren<br />

Mit Ambulanz o<strong>der</strong> Rega sofort <strong>in</strong> Universitätsspital (mit<br />

guter Herzchirurgie!)<br />

Mittel 30 – 70 % Sofort CT (Sens. 90 %, Spez 95 %) o<strong>der</strong><br />

Transoesophageale Echocardiographie (Sens. 98%,<br />

Spez. 97 %)<br />

Lungenembolie<br />

s. <strong>mediX</strong> <strong>schweiz</strong> Guidel<strong>in</strong>e Thromboembolie: TVT und LE<br />

Auf <strong>der</strong> Notfallstation 2 % <strong>der</strong> Ursachen von <strong>Thoraxschmerz</strong>. Ohne Behandlung 30 %<br />

Mortalität, mit Antikoagulation 2 – 8 % Mortalität.<br />

65 – 90 % <strong>der</strong> LE kommen aus den unteren Extremitäten. Aber weniger als 30 % <strong>der</strong><br />

PatientInnen haben kl<strong>in</strong>ische Zeichen e<strong>in</strong>er Be<strong>in</strong>venenthrombose.<br />

Anamnese:<br />

Ke<strong>in</strong> kl<strong>in</strong>isches Zeichen ist spezifische für LE.<br />

• Dyspnoe (73 % <strong>der</strong> LE)<br />

• atemabhängige, pleuritische Schmerzen (65 %)<br />

• Fieber (15 %)<br />

Seite 8 von 12


Befunde:<br />

erhöhte Atemfrequenz (> 16)<br />

EKG: <strong>in</strong> 70 % neue Anomalien, allerd<strong>in</strong>gs<br />

kle<strong>in</strong>e Sensitivität und Spezifität! iii<br />

• Tachykardie<br />

• Zeichen <strong>der</strong> Rechtsbelastung: neuer<br />

RSB, T-neg V1-V3 o<strong>der</strong> ST<br />

Verän<strong>der</strong>ungen (50%), S I Q III-Typ=<br />

McGu<strong>in</strong>n-White=Zeichen des akuten<br />

Cor pulmonale<br />

• VHF, VH Flattern<br />

Thorax: <strong>in</strong> 88 % <strong>der</strong> LE f<strong>in</strong>det man<br />

Anomalien – aber wie beim EKG nicht<br />

spezifische für LE! iv<br />

• dreieckförmige Infarktpneumonie o<strong>der</strong><br />

segmentale o<strong>der</strong> lobäre Atelektasen<br />

bei 70 % <strong>der</strong> Pat mit LE – aber auch<br />

bei 58 % <strong>der</strong> Pat ohne LE!<br />

• Pleuraerguss: bei 47 % <strong>der</strong> Patienten<br />

mit und bei 39 % <strong>der</strong> Pat ohne LE!<br />

• Kardiomegalie<br />

• Kalibersprung, Gefässabbruch <strong>der</strong><br />

Pulmonalarterie<br />

Labor:<br />

• Pulsoxymetrie: falls unter 95 % Korrelation mit schlechterem Verlauf. Falls normal<br />

schliesst es LE aber nicht aus.<br />

• Tropon<strong>in</strong> I und T s<strong>in</strong>d bei 30 – 50 % <strong>der</strong> LE erhöht, wahrsche<strong>in</strong>lich wegen akuter<br />

Rechtsüberlastung!<br />

• BNP hat prognostischen, aber nicht diagnostischen Wert, d.h wenn erhöht<br />

schlechtere Prognose, kann aber LE we<strong>der</strong> e<strong>in</strong>- noch ausschliessen.<br />

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Bestimmung <strong>der</strong> Vortestwahrsche<strong>in</strong>lichkeit: Wells-Score<br />

Zeichen Punktezahl<br />

Zeichen e<strong>in</strong>er tiefen Be<strong>in</strong>venenthrombose 3<br />

Herzfrequenz >100 1.5<br />

Immobilisation o<strong>der</strong> chirurgischer E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> den letzten 1.5<br />

vier Wochen<br />

St. n. Thromboembolie 1.5<br />

Hämoptoe 1<br />

Bekanntes Tumorleiden 1<br />

Diagnose LE wahrsche<strong>in</strong>licher als jede an<strong>der</strong>e<br />

Diagnose (Summe aus Anamnese, kl<strong>in</strong>. Untersuchung,<br />

EKG, Thorax, Blutuntersuchungen)<br />

3<br />

Vortestwahrsche<strong>in</strong>lichkeit: Tief: 6<br />

Vortestwahrsche<strong>in</strong>lickeit Vorgehen<br />

Mittel und hoch > 30 % • Beg<strong>in</strong>n mit low liquem<strong>in</strong> : Fragm<strong>in</strong> 200 IE/kg 1xtgl.<br />

s.c., max. 18'000 IE (Prophylaxe 5000 IE/d) o<strong>der</strong><br />

Fraxiforte 1x171 IE/kg s.c..<br />

• Spiral-CT o<strong>der</strong> Ventilations/Perfusions-Sz<strong>in</strong>tigraphie<br />

<strong>in</strong>diziert, unabhängig vom D-Dimerwert<br />

Tief < 30 % D-Dimer bestimmen (Sens 85 %, Spez 75%)<br />

Falls negativ, ist LE sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich. An<strong>der</strong>e<br />

Ursache suchen.<br />

Falls positiv: Vorgehen wie bei mittlerer WS<br />

Ventilation/Perfusions-Sz<strong>in</strong>tigraphie: Schlechte Sensitivität und Spezifität. Bei 72 %<br />

<strong>der</strong> Patienten mit Verdacht auch LE konnte die Sz<strong>in</strong>tigraphie e<strong>in</strong>e LE we<strong>der</strong> mit<br />

hoher Sicherheit bestätigen o<strong>der</strong> ausschliessen v .<br />

Spiral CT: (Sens 53 – 87 %, Spez.95 %) – auch mit dieser Methode kann e<strong>in</strong>e LE<br />

nicht sicher ausgeschlossen werden.<br />

Pulmonale Angiographie: Gold Standard. Bei 20 % <strong>der</strong> Patienten mit Vd. auf LE<br />

nötig, d.h. bei solchen mit hoher kl<strong>in</strong>ischer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit und negativem Scan<br />

o<strong>der</strong> Spiral CT.<br />

Seite 10 von 12


Pneumothorax (spontan, traumatisch)<br />

Typisch für e<strong>in</strong>en spontanen Pneumothorax ist <strong>der</strong> junger, schlanker, rauchen<strong>der</strong><br />

Mann ohne bekannte Lungenkrankheit. An COPD o<strong>der</strong> Pneumonie (auch an HIV)<br />

denken!<br />

Wichtig ist den Spannungspneumothorax auszuschliessen.<br />

Anamnese:<br />

Plötzlich atemabhängige <strong>Thoraxschmerz</strong>en und Dyspnoe<br />

Befund:<br />

• Hypersonorer Klopfschall, abgeschwächtes<br />

o<strong>der</strong> fehlendes Atemgeräusch<br />

• Gestaute Halsvenen<br />

• Thorax: weisse, Pleural<strong>in</strong>ie, gerade o<strong>der</strong><br />

konvex zur Thoraxwand, mit gefässfreier<br />

Zone.<br />

• Beim Spannungspneumothorax Verlagerung<br />

<strong>der</strong> Trachea und des Mediast<strong>in</strong>ums zur<br />

gesunden Seite.<br />

Therapie:<br />

Falls Pneumothorax < 15 % des Durchmessers des Hemithorax �<br />

beobachten. Resorbtion 1.25 % des Hemothoraxvolumens / 24 h (bei 15 %<br />

also 12 Tage).<br />

Falls > 15 %: manuelle Aspiration <strong>der</strong> Luft (Technik s. unten) �<br />

Kontrollradiographie nach 4 Stunden<br />

Falls nach 4 Stunden wie<strong>der</strong> Kollaps o<strong>der</strong> falls > 4 Liter Luft aspiriert werden<br />

o<strong>der</strong> falls des sich um e<strong>in</strong> Rezidiv handelt � Hospitalisation zwecks<br />

Thorakostomie mit Pleurodese durch Doxycycl<strong>in</strong> o<strong>der</strong> Thorakoskopie (falls<br />

Thorakostomie mit Aspiration nach 3 Tagen erfolglos o<strong>der</strong> St.n. Pleurodese)<br />

Beim Spannungspneumothorax mit starker Dyspnoe ist sofortige<br />

Luftaspiration, auch ohne Röntgenbild lebensrettend.<br />

Bei jedem Patienten Rauchentwöhnung anregen (91 % <strong>der</strong> Patienten mit<br />

Spontanpneu s<strong>in</strong>d Raucher)<br />

Seite 11 von 12


Technik <strong>der</strong> Luftaspiration:<br />

• Patient auf Rücken, ca 30 %<br />

Oberkörper hoch<br />

• Des<strong>in</strong>fektion, Lokalanästhesie und<br />

Punktion mit dünner Nadel �<br />

Luftaspiration?<br />

• Wenn ja Venflon 16 G (grau) im 2.<br />

ICR mediclaviculär, am oberen<br />

Rippenrand vorschieben<br />

• Bei Nachlassen des Wi<strong>der</strong>standes<br />

Kanüle vorschieben<br />

Patient soll pressen � Nadel weg und<br />

Dreiweghahn aufsetzen<br />

i<br />

Kl<strong>in</strong>kman MS et al. Episodes of care for chest pa<strong>in</strong>: a prelim<strong>in</strong>ary report from MIRNET. Michigan Research<br />

Network. J Fam Pract 1994;38:345-52<br />

ii<br />

Panju AA. Is this patient hav<strong>in</strong>g a myocardial <strong>in</strong>farction? JAMA 1998 Oct<br />

14;280(14):1256-63<br />

iii<br />

Rodger M Diagnostic value of the electrocardiogram <strong>in</strong> suspected pulmonary embolism. Am J Cardiol<br />

2000;86:807-9<br />

iv<br />

Ste<strong>in</strong> PD. Cl<strong>in</strong>ical, laboratory, roentgenographic, and electrocardiographic f<strong>in</strong>d<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> patients with acute<br />

pulmonary embolism and no pre-exist<strong>in</strong>g cardiac or pulmonary disease. Chest 1991;100:598-603<br />

v<br />

The PIOPED Investigators. Value of the ventilation/perfusion scan <strong>in</strong> acute pulmonary embolism. Results of<br />

the prospective <strong>in</strong>vestigation of pulmonary embolism diagnosis (PIOPED). JAMA 1990;263:2753-9.<br />

W.Siegenthaler, Herausgeber,Differentialdiagnose <strong>in</strong>nerer Krankheiten<br />

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