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stattlichen Bande eine Serie von Veröffentlichungen, welche sich auf den Geschlechtsverkehr<br />

beziehen. Der Verfasser ist, wie seine Bibliothek ausgewählter<br />

serbischer Meisterwerke und romanischer Meistererzählungen und seine Beiträge<br />

zur Volkskunde der Süd-Slawen dargetan haben, literaturhistorisch und<br />

linguistisch mit diesen Volksstämmen wohl vertraut. Er beherrscht ihre Sprachen<br />

und Idiome, kennt ihre Überlieferungen und Lebensgewohnheiten und speziell<br />

auch deren sexuale Seiten auf das genaueste.<br />

Eine Sittengeschichte dieser nur halb zivilisierten Völkerschaften zu<br />

schreiben, der Plebejer unter den Bosnier, Slawonier, Chrowoten, Herzegowiner,<br />

der Serben des Moravagebietes und der in Südungarn, der Montenegriner<br />

— dieses bunten Völkergemisches, das Krauss unter dem Kollektivnamen<br />

„Südslawen*' zusammenfaßt, dazu ist der Verfasser, wie wenige, befähigt.<br />

Mit einem erstaunlichen Sammeleifer hat er besonders in den niederen Schichten<br />

jener Volksgruppen fast 400 Erzählungen, Schnurren, kulturgeschichtliche<br />

Skizzen zusammengetragen, so wie sie der Volksmund bisher nur persönlich<br />

überlieferte. Von Hirten und Viehzüchtern, von Landbauern und Handwerkern,<br />

von alten Frauen und jungen Mädchen, von Geistlichen und Richtern, kurz<br />

sowohl von unteren Volkskreisen, als von solchen, die mit ihnen verkehren<br />

müssen, hat er sich Beiträge zur Sexualkunde geholt. In der Originalsprache,<br />

in der er sie aufzeichnete, bringt er sie zum erstenmal als Literatur-Wahrzeichen<br />

und jedesmal ist die deutsche Übersetzung beigefügt. Anmerkungen<br />

zur Völker-Psychologie erklären das weniger Verständliche dieser eigenartigen<br />

Sittenkunde.<br />

Damit ist der Lichtseite des fleißigen Sammelwerks Gerechtigkeit geworden.<br />

Es fehlt freilich auch die Schattenseite nicht und diese läßt sich<br />

ganz kurz damit charakterisieren, daß diese Erzählungen sämtlich das Stärkste<br />

sind, was wohl jemals über Sittenlosigkeit, Perversität, Sinnlichkeit roher Naturmenschen<br />

gedruckt worden ist. Die wissenschaftliche — folkloristische — Richtung<br />

betrachtet es ja als ihr gutes Recht, alles im Interesse der Wahrheit<br />

beim rechten, vulgären Namen zu nennen, kein Blatt vor den Mund zu<br />

nehmen und ein treues Abbild von dem skrupellosen Sexualverkehr, von den<br />

geschlechtlichen Ausschweifungen allerart zu bieten. Allein uns will bedünken,<br />

daß Krauss hier im Verismus doch zu weit geht. Denn er schildert uns den<br />

Sumpf und Schmutz, die Zügellosigkeit und Fäulnis; er verschont uns mit<br />

keinem Detail in Wort und Gedankengang, in Obscönitäten und Lascivitäten,<br />

unterläßt es aber, obwohl er ein so trefflicher Ästhetiker ist, uns auch mit<br />

den unanfechtbareren, edleren, poetischen Seiten im Liebesleben der Südslawen<br />

bekannt zu machen, mit den gemütvollen Zügen ihres interesexuellen<br />

Verkehrs. So fehlt das ausgleichende, versöhnende Element und wir behalten<br />

den Eindruck zurück, daß in jenen Länderstrichen wohl nur die Korruption,<br />

die Sexualpathologie herrscht. Und das möchten wir zur Ehre dieser „Halbasiaten"<br />

nicht annehmen. Gewiß, die Ethnologie darf nicht prüde sein; sie<br />

muß auch derben Volkshumor verstehen; sie darf die Nachtseiten des Seelenlebens,<br />

die Auswüchse der Kultur nicht verschweigen. Ob es aber gerade<br />

nötig ist, mit breitem Behagen und ohne jede Scheu vor ästhetischem Widerwillen<br />

diese Schnurren und Spaße in unverblümtester Sprache aneinander<br />

zu reihen, möchten wir bezweifeln. Ein Gericht darf nicht ausschließlich aus<br />

Paprika bestehen.

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