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Volksglaube und Sexualdelikte.<br />

Eine Umfrage von Dr. Albert Hellwig (Hermsdorf-Berlin).<br />

Es handelt sich um das Gebiet der Sexaaldelikte. Versteht man darunter nur die<br />

Verbrechen aus sinnlichen Motiven, so sind diejenigen Fälle, wo z. B. Päderastie aus<br />

Volksglauben getrieben wird, wo das Motiv nicht Befriedigung der Sinnlichkeit ist, sondern<br />

der Wunsch, eine Geschlechtkrankheit zu heilen, nicht dahin gehörig. Dann wäre es<br />

auch ein Nonsens, von Sexualdelikten aus Volksglauben zu sprechen.<br />

Anders, wenn man unter Sittlichkeitverbrechen diejenigen strafbaren Handlungen<br />

versteht, die sich gegen das vom Staate geschützte Rechtsgut der Sittlichkeit richten.<br />

In diesem Sinne wollen wir den Begriff fassen; es gehört dann hierher auch die<br />

Kuppelei, die zwar regelmäßig aus gewinnsüchtigen und nicht sexuellen Motiven<br />

geschieht, aber vom Staate deshalb mit Strafe bedroht wird, weil sie aus Förderung der<br />

Unzucht Vorteil erlangen will.<br />

Als derartige Sittlichkeitdelikte kommen für uns in Betracht die Päderastie, Sodomie,<br />

Blutschande, Unzucht mit Kindern, Vergewaltigung und Kuppelei. Bei allen diesen verschiedenen<br />

Delikten kann der Volksglaube in dieser oder jener Hinsicht wirksam sein<br />

und ist es auch in der Tat noch heutigen Tages.<br />

Bei der Kuppelei kommt es sofern in Betracht, als gar oft genug gewissenlose<br />

Wahrsager und Kartenlegerinnen jungen Mädchen zur Unzucht raten oder ihnen<br />

unter geschickter Benutzung volksgläubischer Vorstellungen ihrer Opfer Lebemänner<br />

zuführen.<br />

Bei allen anderen Sittlichkeitdelikten, soweit sie mit dem Volksglauben in Beziehung<br />

stehen, ist der Täter selber im Volksglauben befangen. Es ist eine noch heute weitverbreitete<br />

Vorstellung, man könne Geschlechtkrankheiten durch Coitus mit einer Jungfrau, einem Mann,<br />

einer Schwangeren, einem Tier heilen. Dieser unheilvolle Glaube führt öfters zu den<br />

oben genannten Sittlichkeitdelikten, als man ahnt. Sicherlich ist gar mancher sogenannte<br />

Lustmord, sowie gar mancher Fall von Notzucht usw. auf eine derartige Vorstellungweise<br />

und nicht auf rohe Befriedigung des Sexualtriebes zurückzuführen.<br />

Aus dem zahlreichen mir aus der Literatur sowie brieflichen Mitteilungen einer<br />

Reihe von Gelehrten bekannt gewordenen Material über dieses Thema habe ich einiges<br />

angeführt in meiner kleinen Abhandlung über ,Die Beziehungen zwischen Aberglauben und<br />

Strafrecht 4<br />

(Schweizerisches Archiv für Volkskunde 1<br />

Bd. X, 1906, S. 36 fr.). Wie aber<br />

gerade aus der nicht geringen Zahl bejahender Antworten hervorgeht, die ich auf briefliche<br />

Anfragen erhielt, ist ein reicher Schatz von Erfahrungen auf diesem interessanten<br />

Gebiet noch nicht veröffentlicht Um eine möglichst genaue Vorstellung von den<br />

Modifikationen der einzelnen Anschauungen und von ihrem Verbreitungbezirk zu erhalten,<br />

ist es aber im höchsten Grade wünschenswert, daß alle Forscher das ihnen hierbei<br />

bekannte,Material der Öffentlichkeit übergeben. Hierdurch werden sie auch der Strafrechtpflege<br />

einen nicht unwichtigen Dienst leisten, da dann sicherlich mancher Fall von<br />

Sexualdelikt anders beurteilt werden wird als heutzutage. Möge meine Bitte auf fruchtbaren<br />

Boden gefallen sein.

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