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1 - Horntip

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sie vor weiteren Einflüssen der rauhen Wintermonate zu schützen, vom<br />

Friedhof weg in das Innere der Kirche zu versetzen. Mit Verdruß<br />

bemerkte ich diesen Vorgang; denn meine liebe Säule lag, in einige<br />

Teile zerlegt, bereits im taufeuchten Grase. Der Meßner K. war mir<br />

von früher her gut bekannt, ebenso wie sein Gehilfe, von dem ich nur<br />

mehr weiß, daß er Leopold hieß und mit vielem Geschick alte Grabsteine<br />

abzeichnete. Diese beiden Männer bemerkte ich mit einem<br />

Maurer im eifrigen Gespräche, und wie ich näher trat, begrüßten sie<br />

mich als alten Bekannten mit einer gewissen Vertraulichkeit<br />

.Nach einigem Hin- und Herreden sagte mir der alte Meßner,<br />

daß man bei der Fundierungarbeit zur Aufstellung der Steinsäule in<br />

der Kirche in einer fest ausgemauerten, backtrogähnlichen Vertiefung<br />

soeben einen sehr alten Bleisarg gefunden habe, den man in einer<br />

Friedhofecke soeben zu öffnen im Begriffe war. Mich interessierte<br />

eben damals schon alles Altertümliche und so bat ich die drei Männer,<br />

der Öffnung des Sarges beiwohnen zu dürfen. Der Bleisarg, ungefähr<br />

1,80 cm lang, war schwarzgrau oxydiert und ohne jedes Schriftzeichen<br />

oder Wappen. Die Verlötung und Erhaltung war im übrigen tadellos.<br />

.Bald hatte der kundige Leopold mit einem scharfen Meißel den<br />

Deckel ringsum abgeschnitten; er ließ sich in seiner prismatischen<br />

Form glatt vom Unterteil abheben. Innerhalb des Deckels sah man<br />

gelbmodrige Holzbretter und nach deren Wegräumung die Leiche. —<br />

Diese erweckte gleich anfangs mein ungeteiltes Interesse.<br />

,Auf dem gut erhaltenen Schädel thronte noch eine reiche, kronenartig<br />

geflochtene Frisur von dichtem, rotgoldenen Haar. Der Körper<br />

war mit einem schwarzbraunen, damastartigen Seidengewande bekleidet,<br />

die Hände auf der Brust gekreuzt, staken in einer Art von Reithandschuhen<br />

aus gelbbraunem, angemoderten Leder.<br />

,Das prachtvolle Gebiß des Schädels ließ eine junge Person, die<br />

künstliche Haartracht und das schwere Seidengewand eine vornehme<br />

Dame vermuten. Sorgfältig wurde auf den morschen Brettern die<br />

Leiche aus dem Sarge gehoben. Dabei bemerkte ich, daß das Gewand<br />

nur auf der Oberseite gut erhalten war, während der untere Teil, auf<br />

dem die Leiche lag, ganz vermodert und zerfallen aussah. Nach Entfernung<br />

der oberen Gewanddecke sah man zwischen gelb angemodertem<br />

Leinenzeuge überall die Körperknochen herausragen. Während jetzt<br />

der Meßner wegging, um den Bleisarg, wie er sagte, aufzubewahren,<br />

untersuchten wir das Gerippe noch etwas näher und waren erstaunt,<br />

zwischen den Resten der Unterkleider um die Beckenknochen einen<br />

mehrfach durch Scharniere gegliederten eisernen Reif zu finden, der

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