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Stadtgespräch<br />

Straßennamen erzählen Stadtgeschichte:<br />

Bahnhofstraße Von den Schwierigkeiten<br />

eines Weltenbummlers<br />

Seit dem 3. November 1858 die Eisenbahnstrecke<br />

München - Landshut eröffnet<br />

wurde, verbindet diese Straße die<br />

Freisinger Innenstadt mit dem Bahnhof.<br />

Früher hieß sie „Münchner Straße“ oder<br />

„Münchner-Thor-Straße“, denn zwischen<br />

Domberg und dem früheren Datterer/Sellier-Gebäude<br />

führte der Straßenzug durch<br />

den Torbogen dieser Befestigung.<br />

Erst 1452 ließ Bischof Johan Grünwalder<br />

diese Verbindung von der Oberen Domberggasse<br />

zu seinen Gärten am südlichen<br />

Domberghang anlegen. Weil aber die<br />

Gred, die Geländestufe zwischen Domberg<br />

und Wörth, schon bebaut war, mußte<br />

der Bischof den Westfuß des Dombergs<br />

abtragen lassen, um die Trasse für eine<br />

Straße zu gewinnen, die nur er benutzen<br />

durfte, die deshalb auch „Fürstenweg“<br />

genannt wurde. Nach dem Überschreiten<br />

der Moosacharme zog die Trasse in weitem<br />

Bogen hinüber zur jetzigen „Münchner<br />

Straße“ (B11) und traf bei Eggertshofen<br />

auf die alte, dem gewöhnlichen Volk<br />

zugängliche Straße nach München.<br />

Dieser „Dietweg“ (ahd. diot = das Volk),<br />

wie er schon 1403 genannt wird, begann<br />

ebenfalls bei der Oberen Domberggasse,<br />

führte aber hinein in den Wörth und<br />

beim jetzigen Haus Nr. 14 durch das alte<br />

Münchner Tor, das nach Erbauung des<br />

neuen tores am Fürstenweg „Münchner<br />

Thörl“ genannt wurde. Der Dietweg lief<br />

weiter an der Schleifmühle vorbei (jetzt<br />

Fürstendamm 3) und folgte der heutigen<br />

Angerstraße, bis er sich bei Eggertshofen<br />

mit dem Fürstenweg vereinigte.<br />

Wer ein- oder ausreiste, passierte auf<br />

Höhe der heutigen Gutenbergstraße<br />

den Galgen. Das war als Abschreckung<br />

durchaus beabsichtigt. Das „Münchner<br />

Thörl“ verschwand 1810, das „Münchner<br />

Tor“ wurde 1878 abgebrochen.<br />

aus: Historische Freisinger Straßennamen<br />

erzählen Stadtgeschichte, von Hans Gruber,<br />

mit freundlicher Genehmigung durch<br />

die Freisinger Künstlerpresse W. Bode<br />

8 Von hier von dort und anderen guten Dingen<br />

Linda Bildau in Brasilien:<br />

Wie sich die meisten denken können, wohnen<br />

bei mir im Kinderdorf nicht die Zöglinge<br />

der oberen Schichten und auch wir<br />

können es uns nicht leisten sie mit goldenen<br />

Löffel zu füttern. Ganz im Gegenteil. Wer<br />

hier herkommt war schon ganz unten. Die<br />

Armut und Verhältnisse, aus denen diese<br />

Kinder stammen, sind unbeschreiblich. Das<br />

was man unter traurigem Kopfschütteln<br />

normalerweise nur im Fernsehen sieht, ist<br />

hier Realität. Die ganze Bandbreite ist vorhanden:<br />

von häuslicher Gewalt über Vergewaltigung<br />

bis hin zu Prostitution. Nicht selten<br />

haben die Kleinen in ihren wenigen Lebensjahren<br />

schon eine Mischung aus allem<br />

mitbekommen.<br />

Von diesen Geschichten ist mein Alltag geprägt.<br />

Zum Glück habe ich, im Gegensatz<br />

zu den Betroffenen, Fluchtmöglichkeiten<br />

am Wochenende und in den Ferien. Dann<br />

besuche ich meine Freunde aus den schon<br />

erwähnten oberen Schichten. Hier macht<br />

man sich Gedanken, ob man ein Auslandssemester<br />

lieber in Frankreich oder doch in<br />

den USA machen soll, und ob das rosa oder<br />

das rote Oberteil wohl vorteilhafter sei. Das<br />

klingt jetzt gemein und ich möchte darum<br />

bitten, dass der Leser in Betracht zieht, dass<br />

ich hier die Oberflächlichkeit zur Verdeutlichung<br />

überspitzt darstelle. Ausserdem<br />

muss ich zugeben, dass ich ohne diese wundervollen<br />

Menschen, die mich sofort aufs<br />

herzlichste aufgenommen haben, schon vor<br />

lauter Heimweh meine Koffer gepackt und<br />

gen Heimat geflogen wäre. Trotzdem ist<br />

die Welt, in der sie leben völlig anders als<br />

die des Kinderdorfs und der angrenzenden<br />

Favela. Ja, völlig anders als die der breiten<br />

Bevölkerung. Schon befinden wir uns in<br />

dieser abgedroschenen, vielbesprochenen<br />

Kluft zwischen arm und reich. Daheim darüber<br />

zu sprechen ist ein Sache und vorstellen<br />

kann man es sich ja doch nicht, dass so<br />

krasse Gegensätze Seite an Seite existieren<br />

können. Doch dann kommt man hierher und<br />

während man vormittags noch an 40 halbverhungerte<br />

Kinder Brötchen verteilt, sitzt<br />

man abends an einer reich gedeckten Tafel.<br />

Mir wird bei diesen paradoxen Situationen<br />

immer noch ganz schwindelig und ich hoffe,<br />

dass ich mich nie wirklich daran gewöhne.<br />

So flechte ich immer Geschichten von meinen<br />

Kinderchen ein und versuche hier und<br />

da eine kleine Hilfe rauszuholen. Diese<br />

Taktik klappt auch erstaunlich gut, denn<br />

führt man den Bewohnern der elfenbeinernen<br />

Türme das Leid des niedrigen Volkes<br />

vor Augen, sind diese meist sehr bestürzt<br />

und hilfsbereit. Doch nicht nur zwischen<br />

diesen Schichten, sehe ich diesen Konflikt.<br />

Sondern auch bei mir selbst. Während meine<br />

Schülerinnen mit 20 zum grossen Teil<br />

Mütter sein werden und um das Überleben<br />

der Familie kämpfen müssen, kann ich es<br />

mir leisten, ein Jahr ins Ausland zu gehen<br />

und noch ein paar weitere Jahre zu studieren.<br />

Manchmal denke ich mir, dass es schon<br />

sehr ungerecht zugeht auf dieser Welt. Und<br />

so kommt es, dass ich inmitten dieser Umgebung<br />

abends ein Buch über die Bedeutung<br />

des Glücks lese. Nun, vielleicht finde<br />

ich ja bei meiner Nachtlektüre wenigstens<br />

eine Antwort darauf, wie ich helfen kann,<br />

ein bisschen Glück und Perspektive in sein<br />

Leben zu bringen. Morgen früh werde ich<br />

wieder auf der Matte stehen, um meinen<br />

Kindern mit perfekt manikürten Fingernägeln<br />

die Läuse aus den Haaren zu ziehen.

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