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6E6C>H8 - Supershit

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unterwegs<br />

Glendalough<br />

Spiritueller Rückzugsort mit großem Busparkplatz<br />

Einst schliffen Eis, Gletscher und<br />

Witterung die Gipfel der Wicklow<br />

Mountains zu sanften Kuppen.<br />

Heute bedeckt eine dünne Grasnarbe die<br />

Granitfelsen. Nicht einmal tausend Meter<br />

hoch begegnen die Berge dem Wanderer<br />

wirsch und unwirtlich. Allzu oft peitschen<br />

Wind und Wetter über die Hügel hinweg.<br />

Dann hüllen die niedrig treibenden Wolken<br />

die ganze Szenerie in einen dichten Nebel.<br />

Unten, in den Tälern, wechseln sich saftige<br />

Koppeln mit stillen Tannenwäldern und<br />

sumpfigen Birkenhainen ab. Immer wieder<br />

steigen Felsen fast senkrecht in die Höhe,<br />

von Moosen und Farnen bedeckt. An der<br />

Stichstraße ins Tal von Glenmalur warnen<br />

Schilder vor spielenden Kindern. Dabei<br />

kommt hier höchstens alle fünf Minuten<br />

ein Auto vorbei. Keine Menschenseele ist<br />

weit und breit zu entdecken, auch nicht bei<br />

dem einsamen Hof, der auf der anderen Seite<br />

des gluckernden Gebirgsbaches liegt.<br />

Ganz anders das Nachbartal. Hier stehen<br />

die Klosterruinen von Glendalough. Seit<br />

dem frühen Morgen rollen PKWs, Motorräder<br />

und immer wieder Reisebusse die engen<br />

Landstraßen hinauf, bis der große Parkplatz<br />

4 Von hier von dort und anderen guten Dingen<br />

komplett gefüllt ist. Von einer Imbissbude<br />

weht der Geruch von Fish’n’Chips herüber.<br />

Schülergruppen rennen kichernd mit Coladosen<br />

in der Hand über das Gelände. Die<br />

Chance für ein stimmungsvolles Foto von<br />

den Ruinen ohne Touristen mit Baseball-<br />

Mützen und knalligen Regenjacken sinkt<br />

gegen Null. Aber ich beklage mich nicht,<br />

schließlich war ich gewarnt. Im Lonely<br />

Planet, der Bibel aller Rucksacktouristen,<br />

heißt es, man solle möglichst frühmorgens<br />

oder spätabends kommen, um den Busreisegruppen<br />

und Schülerpartys auszuweichen.<br />

Die Klosterruine, nur eine gute Autostunde<br />

von Dublin entfernt, gehört zu den<br />

herausragendsten Reisezielen Irlands. Dort,<br />

im „Gleann Dá Locha“, irisch für „das Tal<br />

der zwei Seen“, gründete der heilige Kevin<br />

bereits im sechsten Jahrhundert nach Christi<br />

Geburt das erste Kloster. Begonnen hatte<br />

damals alles mit einer Einsiedelei. Die lag<br />

am oberen See, unter einem Felsvorsprung,<br />

und war nur per Boot erreichbar. Einer<br />

Legende zu Folge soll sich Kevin dorthin<br />

zurückgezogen haben, um vor einer hoffnungslos<br />

in ihn verliebten Frau zu fliehen.<br />

Ob die Frau den Heiligen dort aufspürte,<br />

ist nicht überliefert. Sicher ist allerdings,<br />

dass diese spirituelle Einsiedelei Anhänger<br />

Kevins und in den folgenden Jahrhunderten<br />

Pilger aus ganz Europa anzog. Irland war in<br />

der damaligen Welt bekannt als die „Insel<br />

der Heiligen und Gelehrten“. Das Land war<br />

schon christianisiert, als die Menschen in<br />

Mitteleuropa noch zu Wotan und anderen<br />

germanischen Göttern beteten. Von der<br />

grünen Insel aus zogen sogar Missionare<br />

durch das heutige Deutschland und Frankreich,<br />

bekehrten die Heiden und gründeten<br />

Klöster, unter anderem in Straßburg, Würzburg<br />

und Regensburg. Während dieser Zeit<br />

wuchs Glendalough zu einer Klosterstadt<br />

für mehrere tausend Schüler und Lehrer<br />

heran.<br />

Die mittelalterlichen Ruinen gehören<br />

heute zum Pflichtprogramm der meisten Irland-Touristen.<br />

Ein Großteil der Reisenden<br />

kommt allerdings nur für einen Tagesausflug<br />

aus der knapp 60 Kilometer entfernten<br />

Hauptstadt Dublin. Um dieser Meute auszuweichen<br />

beziehe ich Quartier in Roundwood,<br />

nur wenige Kilometer von der Klosterruine<br />

entfernt. Roundwood, auch ein<br />

Fotos: National Tourism Development Authority

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