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Agrobiodiversität in Deutschland - Genres

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58 | Wilbert Himmighofen<br />

Vom Rio-Gipfel 1992 bis zur Agro biodiversitäts-Strategie des BMELV<br />

Aufgrund liberalisierter Märkte und der Integration nationaler Volkswirtschaften<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e globalisierte Ökonomie hatte gleichzeitig e<strong>in</strong> Prozess<br />

großer wirtschaftlicher Veränderungen begonnen. Bei gegebenen sehr<br />

unterschiedlichen Entwicklungsvoraussetzungen hat dies zu schwerwiegenden<br />

sozialen, ökologischen und kulturellenFolgen geführt. Es stellt<br />

sich die Frage, ob die Dynamik der Entwicklung und das Ausmaß und die<br />

Reichweite der Folgen nicht unterschätzt worden s<strong>in</strong>d, so dass es dr<strong>in</strong>gend<br />

verstärkter politischer Anstrengungen zur Herbeiführung e<strong>in</strong>er nachhaltigen<br />

wirtschaftlichen Entwicklung weltweit bedarf. Diesbezüglich hatte<br />

die sogenannte Nord-Süd-Kommission bereits 1980 <strong>in</strong> ihrem Bericht an die<br />

Vere<strong>in</strong>ten Nationen, für die sie viel Beifall erhielt, e<strong>in</strong>e Reform des Weltwirtschaftssystems<br />

zur Überw<strong>in</strong>dung der wirtschaftlichen und sozialen<br />

Ungleichgewichte vorgeschlagen, ohne dass dem gefolgt worden ist.<br />

Dennoch s<strong>in</strong>d auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene erhebliche Anstrengungen gemacht<br />

– und trotz vielfältiger Probleme – gerade auch im Bereich der Erhaltung<br />

und nachhaltigen Nutzung der <strong>Agrobiodiversität</strong> auch Erfolge erzielt<br />

worden.<br />

Biologische und genetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft<br />

spielen e<strong>in</strong>e besondere Rolle für die Überw<strong>in</strong>dung von Hunger und Unterernährung<br />

und die Sicherung der Welternährung. Ihre Nutzung unterliegt<br />

wirtschaftlichen, wissenschaftlich-technologischen, politischen, rechtlichen<br />

und sozialen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen. Für ihre Nutzung s<strong>in</strong>d auch<br />

Leistungen der jeweiligen Ökosysteme wichtig, ebenso wie sie – je nach<br />

Ausgestaltung der Nutzung – deren Funktionen bee<strong>in</strong>flussen. Die daraus<br />

sich ergebende Komplexität von Aufgaben erfordert <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres,<br />

vernetztes Denken, e<strong>in</strong>e hohe Politik<strong>in</strong>tegration und breite Abstimmungen<br />

unter E<strong>in</strong>beziehung betroffener gesellschaftlicher Kreise, um e<strong>in</strong>e größere<br />

Kohärenz und höhere Wirksamkeit von Maßnahmen zu erreichen.<br />

Wie weit e<strong>in</strong>zelne Staaten diese Anforderungen erfüllen und die vere<strong>in</strong>barten<br />

Ziele, Maßnahmen und Programme erfolgreich umsetzen können,<br />

hängt <strong>in</strong> vielen Fällen von e<strong>in</strong>er umfassenden Entwicklungszusammenarbeit<br />

<strong>in</strong> politisch-adm<strong>in</strong>istrativer, wirtschaftlicher, wissenschaftlich-technologischer<br />

und auch f<strong>in</strong>anzieller H<strong>in</strong>sicht ab.<br />

<strong>Deutschland</strong> verfügt neben vielfältigen Erhaltungse<strong>in</strong>richtungen und -aktivitäten,<br />

über leistungsfähige Informations- und Dokumentationsdienste,<br />

wirkungsvolle Beratungs- und Koord<strong>in</strong>ierungsmechanismen und e<strong>in</strong>e breite<br />

wissenschaftlich-technologische Basis, e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>novativen<br />

Pflanzenzüchtung, Tier- und Fischzucht. Damit s<strong>in</strong>d gute Voraussetzungen<br />

für e<strong>in</strong> entwickeltes, komplexes System zur Nutzbarmachung genetischer<br />

Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft geschaffen. Es stellt sich<br />

aber die Frage, ob dafür e<strong>in</strong>e ausreichende f<strong>in</strong>anzielle Absicherung besteht.<br />

<strong>Deutschland</strong> hat auch bei Entwicklungen auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene e<strong>in</strong>e aktive<br />

Rolle e<strong>in</strong>genommen und auf nationaler Ebene Vere<strong>in</strong>barungen Zug um<br />

Zug umgesetzt, Maßnahmen weiter entwickelt, mit E<strong>in</strong>richtungen anderer<br />

Länder und auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene abgestimmt und diesen auch f<strong>in</strong>anzielle<br />

Unterstützung geleistet.<br />

Als zukunftsweisend kann die mit der <strong>Agrobiodiversität</strong>s-Strategie erfolgte<br />

Neuorientierung der nationalen Aktivitäten im H<strong>in</strong>blick auf ökosystemare<br />

Aspekte und die Anforderungen der Nachhaltigkeit angesehen werden. Es<br />

wäre zu wünschen, dass diese Strategie e<strong>in</strong>e stärkere Unterstützung von<br />

Seiten der Länder durch eigene Aktivitäten erfahren würde und auch auf<br />

europäischer Ebene beispielgebend wirken könnte.<br />

Weitere Erfolge werden wesentlich auch davon abhängen, wieweit es gel<strong>in</strong>gen<br />

wird, die Menschen als Verbraucher von den Nutzenpotentialen der<br />

<strong>Agrobiodiversität</strong> zu überzeugen und sie dafür zu gew<strong>in</strong>nen, im H<strong>in</strong>blick<br />

auf zukünftige Ernährungssicherheit e<strong>in</strong>e sozial- und umweltverträgliche<br />

Nutzung weltweit zu unterstützen. Letztlich geht es darum, das biologische<br />

Pr<strong>in</strong>zip Vielfalt aufgrund von Variabilität als Überlebensstrategie und Quelle<br />

von großem Reichtum zu erkennen, sie besser zu nutzen und e<strong>in</strong>e gerechte<br />

und ausgewogene Teilhabe daran sicherzustellen.<br />

E<strong>in</strong>e Schlüsselfrage ist und bleibt, welche Rechte an genetischen Ressourcen<br />

und dem Wissen über deren Werteigenschaften und darüber, wie diese<br />

zu nutzen s<strong>in</strong>d, geltend gemacht werden können, und wie dabei e<strong>in</strong> fairer<br />

Interessenausgleich und gleichzeitig das übergeordnete Ziel, die <strong>Agrobiodiversität</strong><br />

im H<strong>in</strong>blick auf zukünftige Anforderungen als öffentliches Gut zu<br />

erhalten, erreicht werden können.<br />

Wilbert Himmighofen | 59

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