Agrobiodiversität in Deutschland - Genres
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52 | Wilbert Himmighofen<br />
Vom Rio-Gipfel 1992 bis zur Agro biodiversitäts-Strategie des BMELV<br />
Bereits 1995 hatte die FAO beschlossen, auch e<strong>in</strong>en Weltzustandsbericht<br />
und e<strong>in</strong>e weltweite Strategie zum Management tiergenetischer Ressourcen<br />
<strong>in</strong> Angriff zu nehmen und mit diesen beg<strong>in</strong>nend das Mandat der Kommission<br />
für pflanzengenetische Ressourcen auf alle anderen Sektoren auszuweiten.<br />
Das Sekretariat für diese Kommission wurde von der Hauptabteilung<br />
Landwirtschaft <strong>in</strong> die Abteilung Nachhaltigkeit verlagert. Der Bericht und<br />
die globale Strategie zu den tiergenetischen Ressourcen liegen seit 2007 vor.<br />
3.2 Arbeitsprogramm der CBD zur <strong>Agrobiodiversität</strong><br />
Nach Inkrafttreten der CBD und Konstituierung der Vertragsstaatenkonferenz<br />
(VSK) im Jahre 1994 hatte diese bei ihrer 2. Sitzung 1995, Beratungen<br />
zu Sachthemen begonnen. Sie hatte u. a. die E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>es Verhandlungsprozesses<br />
für e<strong>in</strong> Biosicherheitsprotokoll zum grenzüberschreitenden<br />
Verbr<strong>in</strong>gen von gentechnisch veränderten Organismen, e<strong>in</strong>en Bericht zum<br />
Thema „Biologische Vielfalt der Wälder“ an das UN-Waldforum und die<br />
E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Expertengruppe zur biologischen Vielfalt der Meere und<br />
Küstengebiete beschlossen. Zudem hatte sie Unterstützung für die Leipziger<br />
Konferenz der FAO erklärt und e<strong>in</strong>e Grußadresse dazu verabschiedet.<br />
Bei der 3. VSK 1996 <strong>in</strong> Buenos Aires hatte der Vorsitzende der Leipziger<br />
Konferenz über deren Ergebnisse berichtet. Im Anschluss an e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<br />
Aussprache zur landwirtschaftlichen biologischen Vielfalt wurde von<br />
e<strong>in</strong>er Arbeitsgruppe e<strong>in</strong> Arbeitsprogramm erarbeitet und später von der<br />
VSK beschlossen. Dar<strong>in</strong> wurde der Begriff „<strong>Agrobiodiversität</strong>“ („agricultural<br />
biodiversity“) erstmalig im <strong>in</strong>ternationalen Rahmen verwendet.<br />
In dem Beschluss (Decision III/11) werden die Ergebnisse der Leipziger<br />
Konferenz begrüßt, die Bedeutung der biologischen Vielfalt für die Landwirtschaft<br />
und die Wechselbeziehungen zwischen beiden aufgezeigt. Es<br />
wird auf den Nutzen, aber auch die Gefahren e<strong>in</strong>er Intensivierung der Landwirtschaft<br />
h<strong>in</strong>gewiesen, wenn diese mit zu großem E<strong>in</strong>satz von Chemikalien,<br />
externer Energie und Wasser verbunden ist. Unter Bezugnahme auf<br />
die großen Nutzenpotentiale der biologischen Vielfalt werden Alternativen<br />
dazu mit dem Ziel e<strong>in</strong>er nachhaltigen Landwirtschaft aufgezeigt. Besonders<br />
betont werden die Bedeutung der biologischen Vielfalt des Bodens und die<br />
Leistungen von Bestäubern für die Landwirtschaft. In operativer H<strong>in</strong>sicht<br />
enthält der Beschluss e<strong>in</strong> umfangreiches mehrjähriges Arbeitsprogramm, <strong>in</strong><br />
dem auch e<strong>in</strong> Appell an die Welthandelsorganisation WTO zu f<strong>in</strong>den ist, bei<br />
Fragen des <strong>in</strong>ternationalen Agrarhandels die CBD zu berücksichtigen und<br />
mit ihr dabei zusammenzuarbeiten.<br />
Mit e<strong>in</strong>em „Memorandum of Understand<strong>in</strong>g“ wurde die Zusammenarbeit<br />
des Sekretariats der CBD mit der FAO bei der Durchführung des Programms<br />
vere<strong>in</strong>bart. Das Arbeitsprogramm wird fortlaufend überprüft und fortgeschrieben.<br />
3.3 Internationaler Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen<br />
für Ernährung und Landwirtschaft<br />
Sieben Jahre nach Beg<strong>in</strong>n konnten im Jahre 2001 die Verhandlungen zum<br />
„Undertak<strong>in</strong>g“ abgeschlossen werden und das Ergebnis, der „Internationale<br />
Vertrag über Pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft“<br />
(ITPGRFA), als Abkommen im Rahmen der FAO angenommen werden.<br />
Er ist 2004 <strong>in</strong> Kraft getreten.<br />
Die Verhandlungen waren schwierig und betrafen komplexe Fragen. Sie<br />
standen mehrfach vor dem Scheitern. Strittige Sachfragen waren <strong>in</strong>sbesondere<br />
der Geltungsbereich, der Zugang zu genetischen Ressourcen und<br />
Vorteilsausgleich, die Rechte der Bauern und die F<strong>in</strong>anzierung. E<strong>in</strong> Durchbruch<br />
gelang erst, als der Internationale Verband der Pflanzenzüchter sich<br />
grundsätzlich zu e<strong>in</strong>em Ausgleich f<strong>in</strong>anzieller Vorteile bei der Nutzung<br />
pflanzengenetischer Ressourcen bereit erklärt hatte. Im Ergebnis s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt<br />
befriedigende Lösungen gefunden worden. Allerd<strong>in</strong>gs bedurften<br />
e<strong>in</strong>ige zur praktischen Umsetzung noch der weiteren Ausgestaltung durch<br />
das Lenkungsorgan. Der BMELV hatte sich während der Verhandlungen eng<br />
mit der privaten Pflanzenzüchtung abgestimmt.<br />
Die vere<strong>in</strong>barten Ziele des Vertrages stehen im E<strong>in</strong>klang mit der CBD. Der<br />
Vertrag bezieht sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong>en Bestimmungen auf alle PGRFA.<br />
Intensive Bemühungen <strong>in</strong>sbesondere der EU, die forstgenetischen Ressourcen<br />
<strong>in</strong> den Vertrag e<strong>in</strong>zubeziehen, s<strong>in</strong>d am Widerstand der Entwicklungsländer,<br />
vor allem Brasiliens, gescheitert. Die Staaten s<strong>in</strong>d aufgefordert, auch<br />
die On-farm-Erhaltung und -Bewirtschaftung genetischer Ressourcen<br />
Wilbert Himmighofen | 53