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Agrobiodiversität in Deutschland - Genres

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144 | Bärbel Gerowitt<br />

<strong>Agrobiodiversität</strong> – Herausforderungen <strong>in</strong> den nächsten 20 Jahren<br />

dazu, dass immer häufiger Pflanzenschutzmittel gebraucht werden, um die<br />

Bestände gesund zu erhalten. Der Herbizide<strong>in</strong>satz ist e<strong>in</strong>e nahezu flächendeckende<br />

Maßnahme <strong>in</strong> allen Kulturen. In e<strong>in</strong>zelnen Feldfrüchten ist der<br />

Pflanzenschutzmittele<strong>in</strong>satz <strong>in</strong>sgesamt hoch (Insektizide <strong>in</strong> Raps, Fungizide<br />

<strong>in</strong> Kartoffeln und W<strong>in</strong>tergetreide).<br />

Assoziierte <strong>Agrobiodiversität</strong>, die Schlüsselfunktionen <strong>in</strong> Agrarökosystemen<br />

erfüllt, reagiert selbstverständlich auch auf diese Veränderungen.<br />

E<strong>in</strong>zelne Organismenarten profitieren, solange sie sich anpassen können<br />

– meistens s<strong>in</strong>d dies dann Schadorganismen. Andere gehen zurück. Wenn<br />

durch den Rückgang von Organismengruppen fundamentale Leistungen<br />

im Agrarökosystem zurückgehen, hat dies direkte Rückwirkungen auf die<br />

Agrarproduktion. E<strong>in</strong>e vorrangige Forschungsaufgabe im Bereich <strong>Agrobiodiversität</strong><br />

und Produktion ist es, Maßnahmen auf der Ebene der Flächennutzungs<strong>in</strong>tensität<br />

und der Agrarlandschaftsgestaltung zu identifizieren<br />

und umzusetzen, die sowohl helfen Schadorganismen e<strong>in</strong>zudämmen als<br />

auch nützliche Organismen zu fördern.<br />

Am Beispiel der Ackerunkräuter kann man sich vergegenwärtigen, welche<br />

Bedeutung e<strong>in</strong>e ausreichend große Arten- und genetische Vielfalt bei den<br />

Unkräutern für deren Bekämpfbarkeit hat. Vere<strong>in</strong>fachte Anbausysteme mit<br />

engen Fruchtfolgen, wenig Bodenbearbeitung und frühen Saatterm<strong>in</strong>en<br />

im Herbst haben dazu geführt, dass der Herbizide<strong>in</strong>satz steigt. E<strong>in</strong>seitiger<br />

Selektionsdruck durch Herbizide verr<strong>in</strong>gert zunächst die Artenzahlen,<br />

führt zur Dom<strong>in</strong>anz angepasster Arten und selektiert letztendlich daraus<br />

angepasste Genotypen. Wird dadurch und durch andere Landschaftsstrukturmaßnahmen<br />

auch noch e<strong>in</strong>e wichtige Serviceleistung des Ökosystems,<br />

nämlich der Fraß von Unkrautsamen, <strong>in</strong> Mitleidenschaft gezogen, drohen<br />

die Systeme langfristig zunehmend <strong>in</strong>stabiler zu werden, zu Lasten von Produktivität,<br />

Biodiversität und Stoffdynamiken von Pflanzenschutzmitteln.<br />

Die genannten Veränderungen bauen Handlungsdruck auf, der das Überdenken<br />

von Gewohnheiten und Mut zu Neuem erfordert. <strong>Agrobiodiversität</strong><br />

liefert hierfür unzählige Ansatzpunkte (Wissenschaftlicher Beirat für Biodiversität<br />

und Genetische Ressourcen, 2006).<br />

Schlussfolgerungen<br />

Aus dieser Bedeutung für die großen Zukunftsfragen ergeben sich eigene<br />

Anforderungen an die <strong>Agrobiodiversität</strong> selber und unseren Umgang mit<br />

ihr:<br />

(1) Erhalt von <strong>Agrobiodiversität</strong> – dies ist <strong>in</strong> verschiedenen Formen möglich,<br />

die sich vor allem h<strong>in</strong>sichtlich der Mengen unterscheiden. Je breiter,<br />

d.h. mit großen Populationen, dieser Erhalt <strong>in</strong> aktiver Nutzung erfolgt,<br />

desto besser passen sich Organismen an sich ändernde Bed<strong>in</strong>gungen an und<br />

liefern durch ihre <strong>in</strong>nerartliche Vielfalt selbst e<strong>in</strong>en Pool für aktive Züchtungsarbeit.<br />

Agrarökosysteme müssen so gestaltet werden, dass assoziierte<br />

Biodiversität überhaupt zur Verfügung stehen kann, um Ökosystemleistungen<br />

zu übernehmen.<br />

(2) Zugang zu <strong>Agrobiodiversität</strong> – Innovationen brauchen Ideen und wer<br />

gute Ideen hat, braucht Zugang zur <strong>Agrobiodiversität</strong>. Entwicklungen, die<br />

dafür sorgen, dass Nutzen und Gew<strong>in</strong>n aus <strong>Agrobiodiversität</strong> möglichst fair<br />

zwischen den Regionen der Welt geteilt werden, s<strong>in</strong>d notwendig, dürfen<br />

aber den Zugang zur <strong>Agrobiodiversität</strong> nicht verh<strong>in</strong>dern. Auch Schutzmechanismen<br />

für Innovationen, wie z. B. die Biopatentierung dürfen nicht<br />

dazu führen, dass weitere Nutzer von <strong>Agrobiodiversität</strong> <strong>in</strong> ihren Tätigkeiten<br />

beh<strong>in</strong>dert werden.<br />

(3) Forschung zum E<strong>in</strong>satz von <strong>Agrobiodiversität</strong> – um Potenziale <strong>in</strong><br />

notwendigen Anpassungsprozessen optimal nutzen zu können, müssen<br />

Forschungsanstrengungen <strong>in</strong>tensiviert werden. Das betrifft neben Fragen<br />

der Züchtung von Nutzorganismen vor allem Fragen zur Gestaltung von<br />

Agrarökosystemen.<br />

Dank<br />

Ich danke den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats für Biodiversität<br />

und Genetische Ressourcen beim BMELV und Mitarbeitern/<strong>in</strong>nen des IBV<br />

der BLE. Ganz besonders bedanke ich mich bei me<strong>in</strong>er Arbeitsgruppe Phytomediz<strong>in</strong><br />

an der Universität Rostock<br />

Bärbel Gerowitt | 145

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