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Agrobiodiversität in Deutschland - Genres

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102 | Hermann Schulte-Coerne<br />

Tiergenetische Ressourcen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Derzeit wird der überwiegende Teil der Fördermittel als Prämien für die<br />

Haltung von Tieren gefährdeter Rassen an die jeweiligen Tierhalter ausgezahlt.<br />

Diese Fördermaßnahme hat leider nur e<strong>in</strong>e begrenzte Wirkung für die<br />

Zuchtprogramme. Dazu kommt, dass mit ihr e<strong>in</strong> sehr hoher Verwaltungsaufwand<br />

verbunden ist, der be<strong>in</strong>ahe e<strong>in</strong>em Drittel des Fördervolumens<br />

entspricht. Alle Fachleute befürworten daher seit langem, die Förderung<br />

auf die Durchführung der Erhaltungszuchtprogramme durch die Zuchtorganisationen<br />

zu konzentrieren. Dabei sollten die Zuchtorganisationen<br />

auch selbst die Möglichkeit bekommen, Haltungsprämien für die aktiv am<br />

Zuchtprogramm teilnehmenden Tiere bzw. Züchter zu vergeben.<br />

Flankierend zu den gerade aufgezeigten Maßnahmen ist es von staatlicher<br />

Seite s<strong>in</strong>nvoll, Modellvorhaben zur neuen Nutzung oder besseren Charakterisierung<br />

der vorhandenen Rassen zu fördern, die Öffentlichkeitsarbeit<br />

e<strong>in</strong>schließlich der Errichtung von Haustierparks und Arche-Höfen zu unterstützen<br />

und natürlich, Forschung auf diesem Gebiet zu betreiben.<br />

Bei der Betrachtung des Handlungsbedarfs ist es notwendig, e<strong>in</strong> stärkeres<br />

Augenmerk auf die sche<strong>in</strong>bar nicht gefährdeten Rassen zu werfen. Denn wir<br />

sollten versuchen, das gegenwärtige Spektrum derjenigen e<strong>in</strong>heimischen<br />

Rassen zu erhalten, die heute noch wesentlich zur Produktion tierischer<br />

Güter und Leistungen beitragen. Das heißt, dass schon weit vor e<strong>in</strong>er möglichen<br />

Schrumpfung und Gefährdung Strategien zur langfristigen Nutzung<br />

entwickelt werden müssen, und geeignete Maßnahmen e<strong>in</strong>geleitet werden<br />

müssen. E<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong>e Rasse, die bis vor kurzem als ungefährdet<br />

galt und daher zu wenig beachtet wurde, <strong>in</strong> jüngster Zeit aber dramatisch<br />

geschrumpft ist, ist das Gelbvieh. E<strong>in</strong> ähnliches Schicksal könnte dem<br />

Braunvieh widerfahren, wobei gerade beim Braunvieh e<strong>in</strong>e aussichtsreiche<br />

Gegenmaßnahme bereits e<strong>in</strong>geleitet worden ist, <strong>in</strong>dem die Vorbereitung der<br />

genomischen Selektion durch e<strong>in</strong> Bundesprogramm gefördert wird. Überhaupt<br />

dürfte die Förderung von Züchtungsprogrammen die wirksamste<br />

und nachhaltigste Maßnahme zur Förderung der noch nicht zu stark geschrumpften<br />

Rassen se<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Punkt mit Handlungsbedarf ist bereits durch das Tierzuchtgesetz<br />

von 2006 aufgegriffen, <strong>in</strong>dem dort e<strong>in</strong> Monitor<strong>in</strong>g der tiergenetischen<br />

Ressourcen vorgesehen ist, das über die gefährdeten Rassen h<strong>in</strong>ausgeht. Der<br />

Blick auf den sche<strong>in</strong>bar ungefährdeten Sektor ist gerechtfertigt, weil Züchtungsprogramme<br />

oftmals <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Rasseblocks im scharfen Wettbewerb<br />

ausgetragen werden und die langfristige Erhaltung der genetischen<br />

Varianz dabei vernachlässigt werden könnte.<br />

Hermann Schulte Coerne | 103<br />

Dieses nationalstaatliche Monitor<strong>in</strong>g stößt jedoch an se<strong>in</strong>e Grenzen angesichts<br />

der globalen Entwicklung der Zuchtstrukturen bei den Tierarten<br />

Schwe<strong>in</strong> und Geflügel. Dort s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen überwiegend <strong>in</strong>ternationale<br />

Zuchtunternehmen mit eigenen, abgeschlossenen Zuchtl<strong>in</strong>ien tätig. Bei Legehennen<br />

und Masthühnern gibt es weltweit nur noch je 3 Zuchtunternehmen.<br />

Derzeit kann man <strong>in</strong> diesem Bereich ke<strong>in</strong> aktuelles Problem oder gar<br />

e<strong>in</strong>e akute Gefahr ausmachen, zumal die Zuchtunternehmen sehr professionell<br />

um die langfristige Erhaltung der genetischen Variation <strong>in</strong>nerhalb und<br />

zwischen ihren L<strong>in</strong>ien besorgt s<strong>in</strong>d. Dennoch gibt es zu denken, dass derzeit<br />

weder auf nationaler noch auf europäischer staatlicher Ebene e<strong>in</strong> Konzept<br />

für e<strong>in</strong>e staatliche Beobachtung oder gar Regelung dieses Bereichs existiert<br />

oder auch nur angedacht ist.

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