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2 20. Juli 2012<br />

Der Hirschkäfer: Im Tessin ist die in Europa als vom Aussterben bedrohte Art noch recht weit verbreitet<br />

SKURRILE FLIEGER MIT GEWEIH<br />

IN DER ABENDDÄMMERUNG<br />

Impressum<br />

Einzige deutschsprachige Tessiner<br />

Zeitung: Wöchentliche Ausgabe<br />

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(WEMF-beglaubigt, Basis 2009/10)<br />

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Preis er mässigungen<br />

Thema<br />

von Kurt F. de Swaaf<br />

Abendstimmung<br />

am Waldrand:<br />

Die Sonne ist<br />

gerade untergegangen,<br />

doch<br />

die Luft ist<br />

noch voll von warmen Sommerdüften.<br />

Auf der Wiese zirpen ein<br />

paar Grillen, irgendwo da hinten<br />

schimpft eine Amsel. Plötzlich<br />

erklingt ein schweres Brummen.<br />

Der Blick wandert suchend umher<br />

und bleibt an einer seltsamen<br />

fliegenden Silhouette hängen.<br />

Ein Insekt, offenbar ein riesiger<br />

Käfer. Seine skurril geformten<br />

Kiefer sind gut erkennbar. Etwas<br />

ungelenk schwirrt das Tier am<br />

Beobachter vorbei und verschwindet<br />

dann im Geäst einer<br />

alten Eiche. Lucanus cervus ist<br />

auf Brautschau.<br />

Im deutschen Sprachraum sind<br />

diese sonderbaren Geschöpfe als<br />

Hirschkäfer bekannt, und der<br />

Name erklärt sich wahrlich von<br />

selbst. Mit einer Länge von bis<br />

zu neun Zentimetern ist dies die<br />

größte Käferart Europas. Ein solches<br />

Gardemass erreichen allerdings<br />

nur die Männchen. Weibliche<br />

Hirschkäfer blieben deutlich<br />

kleiner. Ihnen fehlen auch die geweihartigen<br />

Mandibeln. Den<br />

männlichen Exemplaren dienen<br />

diese tatsächlich als Waffen zum<br />

Austragen von Balzkämpfen –<br />

genauso wie bei Rothirschen.<br />

Zum Beissen sind die übergrossen<br />

Kiefer gleichwohl nicht geeignet.<br />

Man kann die Käfer also<br />

bedenkenlos anfassen und in die<br />

Hand nehmen, ohne Angst vor<br />

gequetschten Fingern.<br />

L. cervus mag von beeindruckender<br />

Statur sein, doch die Körpergrösse<br />

hat auch ihren Preis. „Sie<br />

fliegen nicht so gut“, erklärt der<br />

Biologe Michele Abderhalden<br />

von der Antenna sud delle<br />

Alpi/Schweizer Zentrum für die<br />

Kartografie der Fauna am Museo<br />

Cantonale di Storia Naturale<br />

(MCSN) in Lugano gegenüber<br />

der „TZ“. Der Aktionsradius von<br />

Hirschkäfern dürfte deshalb auf<br />

wenige hundert Meter begrenzt<br />

sein, meint der Experte. Und das<br />

bedeutet höchstwahrscheinlich,<br />

dass die Tiere ziemlich standorttreu<br />

sind. Über Generationen<br />

hinweg. Für den Artenschutz<br />

wiederum hat dies wichtige Konsequenzen.Hirschkäfer-Populationen<br />

werden leicht voneinander<br />

isoliert. Der Hintergrund: In<br />

den vergangenen Jahrzehnten<br />

haben die Grosssinsekten immer<br />

mehr geeignete Lebensräume<br />

verloren, in weiten Teilen<br />

Hirschkäfer in Aktion: Sie bieten sich veritable Balzkämpfe auf den Bäumen, die gut zu hörenden Brummer<br />

Europas sind nur Inselvorkommen<br />

geblieben. Der so wichtige<br />

genetische Austausch wird behindert<br />

oder kommt ganz zum<br />

Erliegen.<br />

Inzwischen gelten die majestätischen<br />

Käfer vielerorts als vom<br />

Aussterben bedroht. Auch in der<br />

Schweiz. Um auf die Problematik<br />

aufmerksam zu machen, haben<br />

Fachleute in Deutschland,<br />

Österreich und der Eidgenossenschaft<br />

den Hirschkäfer zum „Insekt<br />

des Jahres 2012“ gekürt. Die<br />

Art hat einen durchaus speziellen<br />

Lebenszyklus. Die Larven leben<br />

im Erdreich und ernähren sich<br />

dort vom Holzgewebe toter oder<br />

absterbender Baumwurzeln. Die<br />

Entwicklung des Käfer-Nachwuchses<br />

dauert drei bis sechs<br />

Jahre, unter schwierigen Bedingungen<br />

gar bis zu acht Jahren. Je<br />

morscher und von Pilzen bereits<br />

zersetzt das Wurzelwerk ist, desto<br />

besser für die Larven. Ihre<br />

Verdauung hat es dann leichter.<br />

Wenn sie nach langem Wachstum<br />

kräftig genug sind, beginnt<br />

im Herbst die Verpuppung. Die<br />

so genannten Engerlinge können<br />

vorher eine Länge von gut zehn<br />

Zentimetern erreichen und sind<br />

somit grösser als die ausgewachsenen<br />

Käfer.<br />

Für den kompletten Verwandlungsprozess<br />

von der Larve zum<br />

fast geschlechtsreifen Insekt<br />

brauchen die Tiere sechs Wo-<br />

chen. Anschliessend kriechen sie<br />

aus ihrem Kokon hervor, bleiben<br />

aber den Winter über noch im<br />

Boden versteckt. Erst zum Sommerbeginn<br />

geht es dann an die<br />

Erdoberfläche. „Hirschkäfer fliegen<br />

an der Nordseite der Alpen<br />

etwas früher als an der südlichen<br />

Seite“, berichtet Michele Abderhalden.<br />

Der Grund für diese Verzögerung<br />

ist bisher ungeklärt. Im<br />

Tessin wurden diesjährig am 11.<br />

Juni die ersten Sichtungen gemeldet.<br />

Geflogen wird bis August,<br />

vor allem abends, in der<br />

Dämmerung. Die erwachsenen<br />

Käfer leben nur einige Wochen.<br />

Ihre einzige Aufgabe ist die Fortpflanzung,<br />

und die ist vor allem<br />

für die Männchen eine anstrengende<br />

Angelegenheit. Sobald ein<br />

Weibchen mittels seiner Duftstoffe,<br />

den Pheromonen, mehr<br />

als nur einen männlichen Artgenossen<br />

anlockt, kommt es zum<br />

Kampf. Die hochgerüsteten<br />

Sechsbeiner versuchen dabei,<br />

den Gegner durch geschickten<br />

Einsatz des eigenen „Geweihs“<br />

auf den Rücken zu werfen oder<br />

einfach vom Ast zu schieben. Ein<br />

echter Kraftakt. Der Sieger paart<br />

sich später mit der Umworbenen.<br />

Ziel erreicht. Ihren Energiebedarf<br />

decken ausgewachsene L.<br />

cervus übrigens bevorzugt durch<br />

zuckerhaltige Säfte, die aus<br />

Baumwunden fließen und durch<br />

Pollen.<br />

Befruchtete Hirschkäferweibchen<br />

graben sich in der Nähe einer<br />

guten Larven-Nahrungsquelle<br />

im Boden ein und legen<br />

dort 50-100 Eier. Diese schlüpfen<br />

nach etwa drei Wochen, der<br />

Zyklus beginnt von Neuem –<br />

wenn die Umstände günstig<br />

sind. Tote und kranke Laubbäume<br />

sind die Existenzgrundlage<br />

einer jeden Hirschkäfer-Population.<br />

Vor allem Eichen erfreuen<br />

sich bei diesen Insekten<br />

grosser Beliebtheit. Die moderne<br />

Forstwirtschaft jedoch lässt<br />

kaum einen alten Baum eines<br />

natürlichen Todes sterben, und<br />

die tiefe Bodenbearbeitung inklusive<br />

Entfernung von Baumstümpfen<br />

und Wurzeln hat<br />

ebenfalls ihren Teil dazu beigetragen,<br />

die Hirschkäfer-Bestände<br />

grossräumig zu dezimieren.<br />

Vor allem Kinder kennen die<br />

beeindruckenden Krabbler<br />

meist nur noch aus Büchern.<br />

Zum Glück droht die Art indes<br />

nicht überall zu verschwinden. In<br />

der Südschweiz scheinen die Populationen<br />

stabil zu sein. „Sie<br />

sind fast im gesamten Tessin verbreitet“,<br />

erklärt Michele Abderhalden.<br />

"Über die hiesigen Bestandsentwicklungen<br />

liegen<br />

zwar keine genauen Daten vor,<br />

aber es gibt in unserem Kanton<br />

auch keine Hinweise auf einen<br />

Rückgang", sagt der Biologe.<br />

„Die Wälder sind hier noch ein<br />

bisschen natürlicher.“ An Berghängen<br />

kommen Hirschkäfer<br />

meist in Höhen bis zu 800 Metern<br />

vor. Im Allgemeinen mögen<br />

sie es relativ warm. Ein typischer<br />

Fundort ist zum Beispiel der<br />

Waldrand oberhalb der Magadino-Ebene<br />

bei Giubiasco, berichtet<br />

Abderhalden. Doch auch im<br />

Stadtbereich von Lugano könne<br />

man die Grossinsekten beobachten,<br />

unter anderem im Parco Ciani<br />

an der Cassarate-Mündung.<br />

Der Wissenschaftler kennt sogar<br />

ein Hirschkäfer-Vorkommen in<br />

einem Luganer Garten mit abgeholzten<br />

Bäumen. Deren Wurzeln<br />

stecken noch in der Erde.<br />

Um die Tessiner Bestände von L.<br />

cervus präziser zu erfassen, hat<br />

die Eidgenössische Forschungsanstalt<br />

für Wald, Schnee und<br />

Landschaft (WSL) zusammen<br />

mit dem MCSN im Internet eine<br />

Meldeseite für Hirschkäfer-Sichtungen<br />

eingerichtet (siehe unten).<br />

Dort kann jeder seine Beobachtungen<br />

eintragen und so mithelfen,<br />

die Tiere zukünftig besser<br />

zu schützen. Damit auch unsere<br />

Urenkel noch über diese faszinierenden<br />

Riesenkäfer staunen<br />

werden.<br />

Link: http://www.ti.ch/dt/Segnalazioni/Mail_allegati/ScriviE-<br />

MailMCSNCervoVolante.asp?S<br />

iglaUfficio=DT_DA_MCSN_C<br />

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