Informativer Lesestoff für Musikliebhaber und ... - tessiner zeitung

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2 Impressum Einzige deutschsprachige Tessiner Zeitung: Wöchentliche Ausgabe REDAKTION Chefredaktion: Marianne Baltisberger (mb) Rolf Amgarten (ra) Peter Jankovsky (pj) TZ/Magazin Ute Joest (uj) Isabel Schmidt (is) Ständige Mitarbeit Francesco Welti (fw) Gerhard Lob (gl) Carlo Weder (wr) Antje Bargmann (ab) Agenturen Dienste: Schweizerische Depeschenagentur (sda) Fotoagentur Ti-Press Ticino-Agenda Esther Dagani, Leitung Fernanda Vanetti, Marco Della Bruna VERLAG Herausgeber: Giò Rezzonico Verkaufte Auflage: 8’191 (WEMF-beglaubigt, Basis 2008/09) KONTAKTE Verlag und Redaktion Rezzonico Editore SA Via Luini 19, 6601 Locarno Tel. 091 756 24 60 Fax 091 756 24 79 tz@tessinerzeitung.ch (Redaktion); agenda2@tessinerzeitung.ch (Magazin) info@rezzonico.ch (Verlag) Abonnements Email: aboservice@tessinerzeitung.ch Schweiz: 1 Jahr Fr. 139.- (inkl. die Zeitschrift TicinoVino Wein Fr. 32.50) Administration Postcheck 65-200-3 Tel. 091 756 24 00 Fax 091 756 24 09 Marketingleiter Maurizio Jolli Tel. 091 756 24 00 Fax 091 756 24 97 marketing@rezzonico.ch Werbung Tessiner Zeitung Via Luini 19 – 6600 Locarno Tel. 091 756 24 37 - Fax 091 756 24 35 pubtz@rezzonico.ch Werbeberater Maria Hodel 079 651 30 75 Antonio Fidanza 079 235 16 40 Giuseppe Scarale 079 353 91 19 Für kleine Inserate: Publicitas, in den Postgebäuden: Locarno Tel. 091 759 67 01 Fax 091 759 67 07 Bellinzona Tel. 091 821 42 00 Fax 091 821 42 01 Lugano Zentrum Tel. 091 910 35 65 Fax 091 910 35 49 Chiasso Tel. 091 695 11 00 Fax 091 690 04 40 INSERTIONSPREISE FÜR DIE EINSPALTIGE MILLIMETERZEILE Inseratenseite (Spaltenbreite 25 mm): 81 Rp. - Rubrikanzeigen: Stellenangebote 88 Rp., Immobilien, (nur Inserate): 98 Rp., Occasions-Fahrzeuge 88 Rp., Finanz (nur Inserate): 88 Rp. Todesanzeigen und Vermisstanzeigen (im redaktionellen Textteil): Fr. 2.15 - Reklameseite (Spaltenbreite 44 mm): Fr. 2.98; Für Jahresabschlüsse Preis er mässigungen 19. Juni 2009 Thema Seit die Guardia di Finanza vor zwei Wochen im doppelten Boden eines Koffers ihren Milliarden-Fund gemacht hat, gibt der Fall Rätsel auf. Spekulationen schiessen auch ins Kraut, weil es in dieser realen Geschichte, die aus einem überdrehten Thriller zu stammen scheint, viele Ungereimtheiten gibt. Ungewöhnlich ist zudem, dass die sonst so eifrigen italienischen Medien schweigen. Was fest steht: Es geht um US-Papiere im Nennwert von 134,5 Milliarden Dollar, was deutlich mehr als das doppelte des Schweizer Staatshaushaltes ist. Zwei Männer um die fünfzig, die das Kommando der Finanzpolizei Como als Japaner bezeichnete, hatten die Wertpapiere bei sich, als sie im internationalen Bahnhof von Chiasso von einem aus Italien kommenden Zug stiegen. Beamten, die sie dort kontrollierten, verschwiegen sie den brisanten Inhalt ihres Koffers. Was hatten die Schmuggler vor? Erste These: Die Papiere waren gefälscht und sollten zu einem Betrug dienen, bei dem die Staatsanleihen als Garantie hätten hinterlegt werden sollen (siehe Text unten). Wer hätte als Besitzer solcher Papiere überhaupt glaubwürdig gewirkt, als wessen Mittelsmänner hätten sich die Betrüger aber ausgeben müssen? Bei dem absurd hohen Wert kommen dafür nicht einmal die reichsten Unternehmer der Erde in Frage. Selbst Bill Gates’ Vermögen beträgt derzeit gerade einmal 40 Milliarden Dollar, nur zwei Dutzend Konzerne in der Welt haben einen höheren Marktwert als den Betrag der beschlagnahmten Papiere. Somit hätte der geplante Betrug praktisch im Namen eines Staates erfolgen müssen. Gemäss einer anderen These sind die Papiere zum Teil echt. Einige Medien schlossen dies aus einer Aussage des zuständigen Kommandanten der Guardia di Finanza. Er sagte über die 249 Staatsanleihen – Zertifikate der Federal Reserve für einen Nominalwert von je 500 Millionen – sie “scheinen glaubwürdig. Sie sind aus Filigranpapier von ausgezeichneter Qualität.” Ausserdem wies die Finanzpolizei in ihrem bisher einzigen Communiqué darauf hin, den Papieren sei eine umfangreiche Original- Bankdokumentation beigelegt gewesen. Wollte jemand die Weltwirtschaft destabilisieren? Japan, China, selbst das verarmte Nordkorea und eine Sekte aus den Philippinen wurden genannt. So fragwürdig das alles klingt, für Italien lohnt es sich, die Papiere genau zu prüfen. Denn sollte auch nur einer der Bonds echt sein, könnte der Staat bis zu 40 Prozent des Wertes zurückbehal- Es ist der unglaublichste Schmuggelfall der Geschichte: In Ponte Chiasso wurden zwei mutmassliche Japaner mit Staatsanleihen für 134,5 Milliarden Dollar erwischt Rätsel um den Milliarden-Koffer von Francesco Welti Schmuggel gefälschter Staatsanleihen kommt immer wieder vor Ähnliche Fälle wecken Zweifel DER NENNWERT der Wertpapiere von 134,5 Mrd. Dollar ist dermassen hoch, dass sich jeder fragt, mit was für einer abenteuerlichen Geschichte die Drahtzieher ihre potentiellen Opfer über den Tisch zu ziehen gedachten. Wobei Zöllner an der Grenze zwischen Italien und Tessin immer wieder auf Wertpapiere mit hohen Millionenbeträgen stossen. In der Regel erwiesen sich die als gefälscht. Anderseits ist davon auszugehen, dass lediglich ein Bruchteil der Schmuggler in Anzug und Krawatte erwischt wird. Das wiederum legt den Schluss nahe, sie könnten das eine oder andere Mal mit nachgemachten Papieren Erfolg gehabt haben. Bei einigen spektakulären Funden der Finanzpolizei aus der jüngeren Vergangenheit galt das nicht. So verhandelt das Gericht in Como derzeit den Fälschungs-Fall eines 58-jährigen Unternehmers. Der Ita- Echt oder gefälscht? Die von der Finanzpolizei in Como sichergestellten Wertpapiere ten. Im besten Fall wären es fast 54 Milliarden Dollar. Ist hingegen alles gefälscht, droht den Schmugglern eine Gefängnisstrafe – sofern sie noch zu finden sind. Denn obwohl es selbst zu ihrer Staatsangehörigkeit offene Fragen gibt und eine Fluchtgefahr offensichtlich scheint, sind sie längst wieder frei. Unerklärlich ist auch, dass in über zwei Wochen die Echtheit der Papiere nicht zu klären gewesen sei soll. Zumal gemäss US-Medien “Kennedy- Bonds” genannte Staatsanleihen im Nennwert von je einer Milliarde Dollar, von denen zehn liener mit Wohnsitz in Vaduz versuchte vor zwei Jahren in einem unauffälligen VW-Passat nach Italien einzureisen. Mit dabei hatte er US-Staatsanleihen im Nennwert von einer Milliarde Dollar, die er einer Grossbank in Bologna andrehen wollte. Die Wertpapiere waren ebenso gefälscht wie die US-Bonds für 120 Millionen Dollar, die ein 68-jähriger Römer vor Jahresfrist im Zug nach Mailand zu schmuggeln versuchte. Der Fall liegt ebenfalls beim Gericht in Como. Natürlich kommen auch echte Wertpapiere illegal über die Grenze, doch liegt der Nennwert dann eher tiefer. Nur einen Tag vor dem Rekordfund flogen zwei Italiener am Übergang Como-Brogeda auf: Die Finanzpolizei stellte bei ihnen gemäss Agenturberichten luxemburgische Obligationen im Wert von 2,163 Millionen Euro sicher. 16 echte Obligationen hatten die Männer in ihren Jackentaschen verstaut. Dass sie die Papiere schmuggeln wollten, kostet sie 40 Prozent des Wertes, knapp 900.000 Euro. Denn Summen über 10.000 Euro müssen beim Zoll deklariert werden. Skepsis ist besonders bei Wertpapieren mit speziell vielen Nullen angebracht, wie die Erfahrung zeigt. Betrüger versuchen solche Fälschungen beispielsweise als Garantien einzusetzen. Die angeblichen Staatsanleihen werden hinterlegt, um von Banken oder privaten Financiers im Gegenzug einen Bruchteil des Wertes in Geld zu bekommen – mit dem machen sich die Betrüger dann auf Nimmerwiedersehen aus dem Staub. Verläuft ein solcher Betrugsversuch erfolgreich, erfährt die Öffentlichkeit kaum davon. Für die Geldgeber, insbesondere für Banken, wäre es zu peinlich, würde publik, dass sie auf eine solche Masche hereingefallen sind. Stück im Koffer waren, gar nie ausgegeben worden sind. Vielleicht ist aber alles viel einfacher. Die italienischen Ermittler kennen die Antworten längst und warten nur darauf, dass die freigelassenen Schmuggler sie zu den Hintermännern führen. Und wer sagt denn, dass diese mit den Bonds nur einen einzigen Coup planten. Die Wertpapiere im Koffer könnten auch der “Grundstock” gewesen sein, um an verschiedensten Orten der Welt mit Teilbeträgen Betrügereien zu inszenieren. Auch darüber lässt sich trefflich spekulieren. Ti-Press Auch im Zug werden regelmässig Kontrollen durchgeführt

Seit zehn Jahren ist das Tessin nicht mehr im Bundesrat vertreten. Für viele Tessiner ist es an der Zeit, dass wieder einmal ein Zugehöriger die Geschicke des Schweizer Bundesstaats mitlenkt. “Seit 1999 mit dem Abgang von Flavio Cotti ist die italienische Schweiz nicht mehr im Bundesrat vertreten. In diesen Jahren hat die regionale Herkunft und Vertretung bei der Regierungswahl an Gewicht verloren. Infolge der zunehmenden Polarisierung der nationalen Politszene seit den Anfängen der 90er Jahre sind die Parteizugehörigkeit und die politische Ausrichtung der Kandidaten im Gegensatz zu früher relevanter geworden”, erklärt Oscar Mazzoleni vom Politischen Observatorium der italienischen Schweiz. Das heisse aber nicht, dass es dem Tessin an guten und fähigen Kandidaten für die Nachfolge Couchepins fehle. Sporadisch, aber regelmässig beklagen sich Politiker oder prominente Tessiner in den Medien, dass die Südschweiz sich einfach nicht so recht eine Stimme verschaffen könne, die in Bern gehört werde. Für Mazzoleni ist es eindeutig, dass ein Tessiner Bundesrat dem Südkanton in Bern mehr Gehör verschafft. “Dies würde auch über eine stärkere Präsenz von Italienischsprachigen in der Bundesverwaltung erreicht. Was immer wieder von den Tessiner Parlamentariern der Eidgenössischen Räte gefordert wird. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die italienischsprachige Minderheit vor allem auf Niveau Chefbeamten untervertreten ist.” Kommt laut Mazzoleni hinzu, dass die italienische Sprache in den Büros der Bundesverwaltung geringe Wertschätzung geniesst. Anders das Gründungsjahr des Bundesstaats Schweiz im Jahre 1848: damals war das Tessin mit seinem progressiven Bundesrat Stefano Franscini (FDP) von Anfang an dabei. Franscini blieb neun Jahre im Amt, litt aber zunehmend an Isolationsgefühlen und am Suprematie-Anspruch der Deutschschweizer Kollegschaft. Übergangslos trat sein Parteikollege Giovanni Battista Pioda in die Lü- cke und füllte sie bis 1864. Danach war fast ein halbes Jahrhundert Pause, bis mit Giuseppe Motta (CVP) ab 1911 für 29 Jahre ein weiterer Tessiner ins höchste Exekutiv-Amt kam. Nach Mottas Tod, mitten im Zweiten Weltkrieg, einigte sich die Bundesversammlung auf den in der Bundespolitik völlig unbekannten Staatsrat Enrico Celio (CVP). Man wollte einen italienischsprachigen Nachfolger von 19. Juni 2009 Thema Couchepin-Nachfolge: Die südliche Minderheit sehnt sich nach einer echten Vertretung in Bern Die Zeit ist reif für einen Tessiner im Bundesrat FULVIO PELLI im Profil und hinter ihm ein Schatten. Der von Pascal Couchepin, dem abtretenden FDP-Bundesrat. Die Fotowahl hat sich aufgedrängt. Seit einem Jahrzehnt fehlt dem Kanton Tessin die Stimme im Siebnerrat. Viele hier bei uns finden, dass es an der Zeit wäre, wieder einmal ein Mitglied der Landesexekutive aus dem dritten Landesteil zu haben. Einen, der die Südschweiz vertritt. Allerdings müsste es eine Person sein, welche innerhalb der FDP sowohl von “rechts” wie “links” akzeptiert würde. Sie müsste sich sowohl im Südschweizer Ambiente als auch in Bundesbern und bei seinen Lobbyisten bestens bewegen können und sie müsste kompromiss- und konsensfähig von Rolf Amgarten Obwohl Fulvio Pelli vorerst abgesagt hat, seine Konturen schaffen sich heraus: Falls es ein Tessiner sein könnte, der Pascal Couchepin ersetzen wird, dann mit aller Wahrscheinlichkeit er Kommentar sein. Vermutlich sollte es diesmal keine Frau sein. Mit Lokalgrössen, unerfahrenen Nachrutschern oder zu liberal agierenden Kandidaten dürfte es schwierig sein, in Bundesbern die nötigen Stimmen zu bekommen. Und der FDP-Kandidat ist aufgefordert soviel Charisma mitzubringen, dass er einerseits glaubhaft die Notwendigkeit eines Tessiners im Bundesrat plausibel machen kann, andererseits müsste er genug Erfahrung und Schläue mitbringen, um parteitaktisch den Sitz der FDP gegen die Anwärterschaft von CVP und SVP verteidigen zu können. Das bringt aber nur ein Taktiker und Stratege zu Wege. Für Pellis Kalkül spricht, dass er sich zurzeit zur Frage einer Kandidatur bedeckt und distan- Motta, um den von Mussolini-Italien geförderten Abspaltungs-Tendenzen im Tessin Paroli zu bieten. Immer wieder gab es längere oder kürzere Pausen ohne Tessiner Bundesratsbeteiligung. Zwischen Giuseppe Lepori (CVP) und Nello Celio lagen 7 Jahre ohne Tessin-Vertreter. Als bisher letzter Tessiner Bundesrat kam 1987 nach einer 14jährigen Pause Flavio Cotti (CVP) für drei Amtszeiten. Nur bloss nicht zu voreiliges Interesse zeigen... ziert gibt. Er sei zu alt und sein Amt als Parteipräsident sei zu wichtig, um es um den Preis einer Bundesratskandidatur zu lassen. Pelli weiss, wer schon zu Beginn den Finger in die Höhe streckt und sagt “Hier bin ich, nehmt mich, ich will es” kommt normalerweise nicht einmal in die erste Runde. Besser ist es, wenn man zur Kandidatur aufgefordert wird. Und Pelli weiss auch, dass es für ihn, würde er kandidieren, nicht wirklich einen echten Konkurrenten aus der Südschweiz gibt. Wenn, dann droht die Konkurrenz aus der Romandie und von der CVP. Das weiss aber auch Darbelley. Ob es genügt, einen Konkurrenten als nicht echten Romand abzuqualifizieren, ist sehr zweifelhaft. ra Dick Marty Der 64-jährige Polithase ist seit vierzehn Jahren ohne Unterbruch im Ständerat aktiv. Vorher war er Staatsanwalt und Regierungsrat im Tessin. Er geniesst in der Südschweiz hohes Ansehen. Bei den letzten Ständeratswahlen wurde er im Unterschied zu Filippo Lombardi (CVP) problemlos wiedergewählt und fällt durch Fehlen von Skandalen auf. Seine Verwaltungsratsmandate halten sich in Grenzen. Er engagiert sich für Menschenrechte, kann sich auch auf dem internationalen Parkett sehen lassen und ist auch in Europa eine angesehene Persönlichkeit. Allerdings stösst er beim rechtsfreisinnigen Lager seiner eigenen Partei nicht unbedingt auf Gegenfreude. Fabio Abate Der 43-jährige Notar und Sohn eines Gemeindepolizeichefs a.D. steht namensbedingt zuoberst auf der Nationalratsliste. Für ihn spräche das dynamische Alter. Er sitzt in einigen wenigen Verwaltungsräten für Beteiligungen, bei dem Stromversorger Sopracenerina und bei den Locarneser Verkehrsbetrieben, an denen Gemeinde, Kanton und Bund beteiligt sind. Abate ist seit knapp neun Jahren Mitglied des Nationalrats und hatte demnach auch Zeit, den Betrieb von innen kennen zu lernen. Bern als Stadt kennt er aus seiner Studienzeit. “Eingeweihte” sehen ihn allerdings auch als künftigen Gemeindepräsidenten von Locarno. Er war von 1996 bis 2001 in der dortigen Gemeinde-Exekutive. Ignazio Cassis Der 48-jährige ehemalige Kantonsarzt und Chefbeamte bringt fürs Gesundheitswesen wohl Facherfahrung mit, dagegen fehlt ihm das politische Format, um in der gesamtschweizerischen Politik mitzumischen. Er ist regional verankert. Zu orten ist er beim Tessiner Rechtsfreisinn. Und der Major der Schweizer Armee lässt sich auch mal gerne zwischen hohen Offizieren bei der Jubiläumsfeier eines Festungsmuseums fotografieren. Da er in den Nationalrat für die heutige Regierungsrätin Laura Sadis nachgerutscht ist, hat er bisher erst seit gut zwei Jahren Bern- Erfahrung. Ein kleines Plus, er sitzt im Vorstand der FDP, die Liberalen Schweiz. Laura Sadis Die 48-jährige Tessiner Regierungsrätin und Finanzvorsteherin wurde erst vor zwei Jahren in den Staatsrat gewählt. Sie war von 1988 bis 1996 im Stadtparlament von Lugano. Ab 1995 bis 2003 war sie Grossrätin, danach bis zum Jahr 2007 Nationalrätin. Ob die Bundesversammlung noch einer Frau den Eintritt ins oberste Gremium gewährt, darf bezweifelt werden. Auch hatte Laura Sadis wohl zuwenig Zeit, um in Bern in eigener Sache Lobbyarbeit zu leisten. Kommt hinzu, dass sie ihr Jus-Studium in der inoffiziellen Hauptstadt, nämlich in Zürich, und nicht in der offiziellen absolviert hat. Luigi Pedrazzini Er wird in den Tessiner Zeitungen als möglicher Sprengkandidat aufgeführt. Als hätte die CVP nicht schon genug Anwärter auf einen Bundesratssitz, den man wieder zurückerobern möchte. Der 56jährige Pedrazzini ist seit 1999 Vorsteher des kantonalen Justiz-, Polizei- und Innendepartements. Auch er hatte sein Jus-Studium in der Limmatstadt absolviert. Später war er Chefredaktor der damals noch als Tageszeitung erscheinenden “Popolo e Libertà”. Die Parteizeitung der Tessiner CVP erscheint heute als Wochenblatt. Pedrazzini war vor der Amtsübernahme als Staatsrat der Direktor des Locarneser Elektrizitätswerks Sopracenerina, das von seinen Vorfahren gegründet worden war. ra 3

Seit zehn Jahren ist das<br />

Tessin nicht mehr im<br />

B<strong>und</strong>esrat vertreten.<br />

Für viele Tessiner ist es<br />

an der Zeit, dass wieder<br />

einmal ein Zugehöriger<br />

die Geschicke des Schweizer<br />

B<strong>und</strong>esstaats mitlenkt. “Seit 1999<br />

mit dem Abgang von Flavio Cotti<br />

ist die italienische Schweiz nicht<br />

mehr im B<strong>und</strong>esrat vertreten. In<br />

diesen Jahren hat die regionale Herkunft<br />

<strong>und</strong> Vertretung bei der Regierungswahl<br />

an Gewicht verloren. Infolge<br />

der zunehmenden Polarisierung<br />

der nationalen Politszene seit<br />

den Anfängen der 90er Jahre sind<br />

die Parteizugehörigkeit <strong>und</strong> die politische<br />

Ausrichtung der Kandidaten<br />

im Gegensatz zu früher relevanter<br />

geworden”, erklärt Oscar Mazzoleni<br />

vom Politischen Observatorium<br />

der italienischen Schweiz. Das<br />

heisse aber nicht, dass es dem Tessin<br />

an guten <strong>und</strong> fähigen Kandidaten<br />

<strong>für</strong> die Nachfolge Couchepins<br />

fehle. Sporadisch, aber regelmässig<br />

beklagen sich Politiker oder prominente<br />

Tessiner in den Medien, dass<br />

die Südschweiz sich einfach nicht<br />

so recht eine Stimme verschaffen<br />

könne, die in Bern gehört werde.<br />

Für Mazzoleni ist es eindeutig, dass<br />

ein Tessiner B<strong>und</strong>esrat dem Südkanton<br />

in Bern mehr Gehör verschafft.<br />

“Dies würde auch über eine<br />

stärkere Präsenz von Italienischsprachigen<br />

in der B<strong>und</strong>esverwaltung<br />

erreicht. Was immer wieder<br />

von den Tessiner Parlamentariern<br />

der Eidgenössischen Räte gefordert<br />

wird. Wissenschaftliche Studien haben<br />

gezeigt, dass die italienischsprachige<br />

Minderheit vor allem auf<br />

Niveau Chefbeamten untervertreten<br />

ist.” Kommt laut Mazzoleni hinzu,<br />

dass die italienische Sprache in den<br />

Büros der B<strong>und</strong>esverwaltung geringe<br />

Wertschätzung geniesst.<br />

Anders das Gründungsjahr des<br />

B<strong>und</strong>esstaats Schweiz im Jahre<br />

1848: damals war das Tessin mit<br />

seinem progressiven B<strong>und</strong>esrat<br />

Stefano Franscini (FDP) von Anfang<br />

an dabei. Franscini blieb neun<br />

Jahre im Amt, litt aber zunehmend<br />

an Isolationsgefühlen <strong>und</strong> am Suprematie-Anspruch<br />

der Deutschschweizer<br />

Kollegschaft. Übergangslos<br />

trat sein Parteikollege<br />

Giovanni Battista Pioda in die Lü-<br />

cke <strong>und</strong> füllte sie bis 1864. Danach<br />

war fast ein halbes Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Pause, bis mit Giuseppe Motta<br />

(CVP) ab 1911 <strong>für</strong> 29 Jahre ein<br />

weiterer Tessiner ins höchste Exekutiv-Amt<br />

kam. Nach Mottas Tod,<br />

mitten im Zweiten Weltkrieg, einigte<br />

sich die B<strong>und</strong>esversammlung auf<br />

den in der B<strong>und</strong>espolitik völlig unbekannten<br />

Staatsrat Enrico Celio<br />

(CVP). Man wollte einen italienischsprachigen<br />

Nachfolger von<br />

19. Juni 2009<br />

Thema<br />

Couchepin-Nachfolge:<br />

Die südliche Minderheit sehnt sich<br />

nach einer echten Vertretung in Bern<br />

Die Zeit ist reif <strong>für</strong> einen<br />

Tessiner im B<strong>und</strong>esrat<br />

FULVIO PELLI im Profil <strong>und</strong> hinter ihm<br />

ein Schatten. Der von Pascal Couchepin,<br />

dem abtretenden FDP-B<strong>und</strong>esrat. Die Fotowahl<br />

hat sich aufgedrängt.<br />

Seit einem Jahrzehnt fehlt dem Kanton<br />

Tessin die Stimme im Siebnerrat. Viele hier<br />

bei uns finden, dass es an der Zeit wäre,<br />

wieder einmal ein Mitglied der Landesexekutive<br />

aus dem dritten Landesteil zu haben.<br />

Einen, der die Südschweiz vertritt. Allerdings<br />

müsste es eine Person sein, welche<br />

innerhalb der FDP sowohl von “rechts” wie<br />

“links” akzeptiert würde. Sie müsste sich<br />

sowohl im Südschweizer Ambiente als<br />

auch in B<strong>und</strong>esbern <strong>und</strong> bei seinen Lobbyisten<br />

bestens bewegen können <strong>und</strong> sie<br />

müsste kompromiss- <strong>und</strong> konsensfähig<br />

von Rolf Amgarten<br />

Obwohl Fulvio Pelli vorerst abgesagt hat, seine Konturen schaffen sich heraus: Falls es ein Tessiner<br />

sein könnte, der Pascal Couchepin ersetzen wird, dann mit aller Wahrscheinlichkeit er<br />

Kommentar<br />

sein. Vermutlich sollte es diesmal keine<br />

Frau sein. Mit Lokalgrössen, unerfahrenen<br />

Nachrutschern oder zu liberal agierenden<br />

Kandidaten dürfte es schwierig sein, in<br />

B<strong>und</strong>esbern die nötigen Stimmen zu bekommen.<br />

Und der FDP-Kandidat ist aufgefordert<br />

soviel Charisma mitzubringen,<br />

dass er einerseits glaubhaft die Notwendigkeit<br />

eines Tessiners im B<strong>und</strong>esrat plausibel<br />

machen kann, andererseits müsste er genug<br />

Erfahrung <strong>und</strong> Schläue mitbringen, um<br />

parteitaktisch den Sitz der FDP gegen die<br />

Anwärterschaft von CVP <strong>und</strong> SVP verteidigen<br />

zu können. Das bringt aber nur ein<br />

Taktiker <strong>und</strong> Stratege zu Wege. Für Pellis<br />

Kalkül spricht, dass er sich zurzeit zur Frage<br />

einer Kandidatur bedeckt <strong>und</strong> distan-<br />

Motta, um den von Mussolini-Italien<br />

geförderten Abspaltungs-Tendenzen<br />

im Tessin Paroli zu bieten.<br />

Immer wieder gab es längere oder<br />

kürzere Pausen ohne Tessiner B<strong>und</strong>esratsbeteiligung.<br />

Zwischen Giuseppe<br />

Lepori (CVP) <strong>und</strong> Nello Celio<br />

lagen 7 Jahre ohne Tessin-Vertreter.<br />

Als bisher letzter Tessiner<br />

B<strong>und</strong>esrat kam 1987 nach einer 14jährigen<br />

Pause Flavio Cotti (CVP)<br />

<strong>für</strong> drei Amtszeiten.<br />

Nur bloss nicht zu voreiliges Interesse zeigen...<br />

ziert gibt. Er sei zu alt <strong>und</strong> sein Amt als Parteipräsident<br />

sei zu wichtig, um es um den<br />

Preis einer B<strong>und</strong>esratskandidatur zu lassen.<br />

Pelli weiss, wer schon zu Beginn den Finger<br />

in die Höhe streckt <strong>und</strong> sagt “Hier bin<br />

ich, nehmt mich, ich will es” kommt normalerweise<br />

nicht einmal in die erste R<strong>und</strong>e.<br />

Besser ist es, wenn man zur Kandidatur<br />

aufgefordert wird. Und Pelli weiss<br />

auch, dass es <strong>für</strong> ihn, würde er kandidieren,<br />

nicht wirklich einen echten Konkurrenten<br />

aus der Südschweiz gibt. Wenn, dann droht<br />

die Konkurrenz aus der Romandie <strong>und</strong> von<br />

der CVP. Das weiss aber auch Darbelley.<br />

Ob es genügt, einen Konkurrenten als nicht<br />

echten Romand abzuqualifizieren, ist sehr<br />

zweifelhaft. ra<br />

Dick Marty<br />

Der 64-jährige Polithase ist seit<br />

vierzehn Jahren ohne Unterbruch<br />

im Ständerat aktiv. Vorher<br />

war er Staatsanwalt <strong>und</strong> Regierungsrat<br />

im Tessin. Er geniesst<br />

in der Südschweiz hohes Ansehen.<br />

Bei den letzten Ständeratswahlen<br />

wurde er im Unterschied<br />

zu Filippo Lombardi (CVP) problemlos<br />

wiedergewählt <strong>und</strong> fällt<br />

durch Fehlen von Skandalen auf.<br />

Seine Verwaltungsratsmandate halten sich in Grenzen.<br />

Er engagiert sich <strong>für</strong> Menschenrechte, kann sich auch<br />

auf dem internationalen Parkett sehen lassen <strong>und</strong> ist<br />

auch in Europa eine angesehene Persönlichkeit. Allerdings<br />

stösst er beim rechtsfreisinnigen Lager seiner eigenen<br />

Partei nicht unbedingt auf Gegenfreude.<br />

Fabio Abate<br />

Der 43-jährige Notar <strong>und</strong> Sohn eines<br />

Gemeindepolizeichefs a.D.<br />

steht namensbedingt zuoberst auf<br />

der Nationalratsliste. Für ihn spräche<br />

das dynamische Alter. Er sitzt<br />

in einigen wenigen Verwaltungsräten<br />

<strong>für</strong> Beteiligungen, bei dem<br />

Stromversorger Sopracenerina<br />

<strong>und</strong> bei den Locarneser Verkehrsbetrieben,<br />

an denen Gemeinde,<br />

Kanton <strong>und</strong> B<strong>und</strong> beteiligt sind.<br />

Abate ist seit knapp neun Jahren Mitglied des Nationalrats<br />

<strong>und</strong> hatte demnach auch Zeit, den Betrieb von innen<br />

kennen zu lernen. Bern als Stadt kennt er aus seiner Studienzeit.<br />

“Eingeweihte” sehen ihn allerdings auch als<br />

künftigen Gemeindepräsidenten von Locarno. Er war von<br />

1996 bis 2001 in der dortigen Gemeinde-Exekutive.<br />

Ignazio Cassis<br />

Der 48-jährige ehemalige Kantonsarzt<br />

<strong>und</strong> Chefbeamte bringt<br />

<strong>für</strong>s Ges<strong>und</strong>heitswesen wohl Facherfahrung<br />

mit, dagegen fehlt<br />

ihm das politische Format, um in<br />

der gesamtschweizerischen Politik<br />

mitzumischen. Er ist regional<br />

verankert. Zu orten ist er beim<br />

Tessiner Rechtsfreisinn. Und der<br />

Major der Schweizer Armee lässt<br />

sich auch mal gerne zwischen<br />

hohen Offizieren bei der Jubiläumsfeier eines Festungsmuseums<br />

fotografieren. Da er in den Nationalrat<br />

<strong>für</strong> die heutige Regierungsrätin Laura Sadis nachgerutscht<br />

ist, hat er bisher erst seit gut zwei Jahren Bern-<br />

Erfahrung. Ein kleines Plus, er sitzt im Vorstand der<br />

FDP, die Liberalen Schweiz.<br />

Laura Sadis<br />

Die 48-jährige Tessiner Regierungsrätin<br />

<strong>und</strong> Finanzvorsteherin<br />

wurde erst vor zwei Jahren<br />

in den Staatsrat gewählt. Sie<br />

war von 1988 bis 1996 im<br />

Stadtparlament von Lugano. Ab<br />

1995 bis 2003 war sie Grossrätin,<br />

danach bis zum Jahr<br />

2007 Nationalrätin. Ob die B<strong>und</strong>esversammlung<br />

noch einer<br />

Frau den Eintritt ins oberste<br />

Gremium gewährt, darf bezweifelt werden. Auch hatte<br />

Laura Sadis wohl zuwenig Zeit, um in Bern in eigener<br />

Sache Lobbyarbeit zu leisten. Kommt hinzu, dass sie<br />

ihr Jus-Studium in der inoffiziellen Hauptstadt, nämlich<br />

in Zürich, <strong>und</strong> nicht in der offiziellen absolviert<br />

hat.<br />

Luigi Pedrazzini<br />

Er wird in den Tessiner Zeitungen<br />

als möglicher Sprengkandidat<br />

aufgeführt. Als hätte die CVP nicht<br />

schon genug Anwärter auf einen<br />

B<strong>und</strong>esratssitz, den man wieder<br />

zurückerobern möchte. Der 56jährige<br />

Pedrazzini ist seit 1999<br />

Vorsteher des kantonalen Justiz-,<br />

Polizei- <strong>und</strong> Innendepartements.<br />

Auch er hatte sein Jus-Studium in<br />

der Limmatstadt absolviert. Später<br />

war er Chefredaktor der damals noch als Tages<strong>zeitung</strong><br />

erscheinenden “Popolo e Libertà”. Die Partei<strong>zeitung</strong> der<br />

Tessiner CVP erscheint heute als Wochenblatt. Pedrazzini<br />

war vor der Amtsübernahme als Staatsrat der Direktor<br />

des Locarneser Elektrizitätswerks Sopracenerina, das von<br />

seinen Vorfahren gegründet worden war. ra<br />

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