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7e EXPOSITION SUISSE DE SCULPTURE BIENNE 7. SCHWEIZER ...

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Plastik erleben und verstehen<br />

Die Flut der reproduzierten Bilder in Zeitungen und Magazinen, in Film und Fernsehen<br />

hat unsere Sinne für das plastische Erleben abgestumpft. Viele Zeitgenossen haben mit<br />

der realen Präsenz des plastischen Kunstwerks Schwierigkeiten. Man nimmt nur widerspenstig<br />

zur Kenntnis, dass das plastische Werk als dreidimensionaler Körper im Raum<br />

sich in einer einzigen. Ansicht, die man von einem festen Standort aus erfassen kann,<br />

keineswegs erschliesst. Jedes plastische Werk hat vielmehr mehrere, ineinander übergehende<br />

Ansichten, die erst beim Umschreiten überraschend sichtbar werden. Die<br />

zweite Einsicht - in der Praxis oft verwehrt - ist die, dass jede Skulptur ein greifbares<br />

reales Ding ist, das-anders als die Malerei - in seinem Formverlauf, seiner Oberflächenbeschaffenheit,<br />

seinen Materialqualitäten sich voll nur dem Tastsinn, dem Zugriff<br />

unserer Hand erschliesst. Ausgehend von diesen Grundtatsachen des Plastischen,<br />

versuchen wir, in einer audiovisuellen Einführung dem Ausstellungsbesucher Hinweise<br />

zu geben, was zeitgenössische Plastik ist, was alles sie sein kann.<br />

Beginnend mit den Anfängen der modernen Plastik um die Jahrhundertwende wird<br />

auf die stilistischen und formalen Veränderungen hingewiesen, auf die Abwendung<br />

vom figürlichen Kanon des Menschenbildes zugunsten verschiedener Arten der<br />

Abstraktion. Es wird gezeigt, wie im Lauf der Jahrzehnte in der organischen und der<br />

geometrischen «konkreten» Kunst, die auf alles Darstellerische verzichtet, innere Bildvorstellungen<br />

des Künstlers plastische Gestalt annehmen. Es wird vor allem gezeigt, dass<br />

diese neuen Möglichkeiten der Gestaltung nicht eine Verarmung, vielmehr eine Bereicherung<br />

der plastischen Sprache bedeuten. Denn erst mit dem Verzicht auf die<br />

Wiedergabe von Motiven aus der sichtbaren Realwelt wurde der Plastiker in die Lage<br />

versetzt, Formprobleme ungefiltert zu studieren und zu visualisieren. Gleichzeitig<br />

gewann das Interesse an den spezifischen Eigenschaften des plastischen Materials -<br />

Holz, Stein, Beton, Bronze, Eisen, Kunststoff u.a. - und der ihm adäquaten Bearbeitungstechniken<br />

an Bedeutung. In vermehrtem Mass wird in jüngster Zeit das plastische<br />

Werk zu einem Vehikel für Botschaften physiologischen, psychologischen, gesellschaftspolitischen,<br />

ökologischen u.a. Charakters. Es kann, mit anderen Worten,<br />

Denkanstösse liefern.<br />

Wie breit heute das Spektrum der plastischen Möglichkeiten und Aussagen ist, wie<br />

sehr der Begriff des Plastischen sich gerade in jüngster Zeit ausgeweitet hat, zeigt die<br />

diesjährige Schweizer Plastikausstellung noch deutlicher als ihre Vorgängerinnen.<br />

Unsere kleine «Besucherschule» erhebt nicht den Anspruch, die ganze Vielfalt heutiger<br />

Tendenzen aufzuzeigen. Dafür ist der «Pluralismus» der Auffassungen von Plastik viel zu<br />

gross. Es sollen lediglich grundsätzliche Hinweise gegeben werden, vor welchem<br />

Hintergrund die ausgestellten Werke zu sehen sind, in welche grösseren Zusammenhänge<br />

sie gehören und was an Erhellung von ihnen zu erwarten ist. Wie alle Kunst<br />

haben auch die ausgestellten Plastiken letztlich den Sinn, uns bei der genaueren Bestimmung<br />

unseres eigenen Standorts in dieser Welt behilflich zu sein. Willy Rotzler

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