01 11 12 10 D - Zeitung Le Lac, Murten

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28.01.2013 Aufrufe

8 www.lelac.ch L For tsetzung von Titelseite Interview mit André Blattmann, Chef der Schweizer Armee Warum brauchen wir heute noch eine Armee? Die Armee ist heute die einzige Reserve der Schweiz. Vor kurzem hatten wir den Frankophoniegipfel, an welchem 4500 Soldaten im Einsatz waren. Am jährlich stattfindenden WEF (World Economic Forum), bei Überschwemmungen und bei wichtigen internationalen Konferenzen in Genf, ist die Armee im Einsatz. Ich war im November in der Innerschweiz, wo mir die Bevölkerung gesagt hat, wie wichtig der Einsatz der Armee bei den Überschwemmungen von 2005 war. Dies war ein Katastrophenhilfeeinsatz. Offensichtlich geht es nicht ohne Armee. Gewisse politische Seiten sind gegen den Einsatz der Armee für zivile Zwecke. Wie sehen Sie dies? Wenn wir die Armee für den Frankophoniegipfel oder für Katastrophenhilfe einsetzen, dann ist dies kein Einsatz zugunsten der zivilen Behörden. Zielt Ihre Frage auf einen möglichen Einsatz für ein Schwingfest oder geht es um die Frage, ob man die Armee im Inland einsetzen soll? Diese Frage kann die Polizei beantworten, denn diese würde Ihnen sagen, dass sie spätestens nach 48-Stunden Einsatz, aus Kapazitätsgründen, die Armee anrufen würde. Wir hatten in Kloten eine Übung zum Flughafenschutz mit 5000 Leuten. Die Polizei hat uns gesagt, dass sie froh sei, dass wir dies üben, denn die Polizei wäre nach 48 Stunden «ausgeschossen». Die Zusammenarbeit zwischen der Armee und den zivilen Sicherheitsorganisationen ist demzufolge sehr wichtig. Diese ist sehr wichtig, funktioniert auch gut und wird regelmässig geübt. Im 2014 wird in der Schweiz eine grosse Übung zwischen den Sicherheitsorganisationen durchgeführt. Was oder wer bedroht heute die Schweiz? Ich zitiere den Generalsekretär der UNO, Ban Ki Moon: «Wenn die Weltgemeinschaft die Millenniumsziele nicht erreicht – es geht darum, dass es den Leuten besser geht – dann hätte dies als Folge: Instabilität, Kriege, Seuchen, und gigantische Flüchtlingsströme könnten gerade auch die reichen Ländern treffen». Vielleicht können wir uns dies kaum mehr vorstellen, da wir seit 160 Jahren keinen Krieg mehr in der Schweiz hatten und meinen, wir seien in einem Paradies, dabei sind rundherum Unsicherheiten. Für mich ist der wichtigste Punkt die Tatsache, dass es der Wirtschaft in Europa nicht so gut geht, wie wir dies gerne hätten. Wir haben Länder in Westeuropa mit mehr als 20% Arbeitslosen und vielerorts eine enorme Verschuldung. Deshalb bin ich überzeugt – nenne aber keine Länder mehr -, dass daraus sicherheitsrelevante Entwicklungen entstehen können. Deshalb ist es wichtig, dass man diesem Aspekt Rechnung tragen kann. Vor 12 Jahren, während des Kosovokriegs, hatten wir mit der Armee Asylantenheime betrieben und geschützt. Es war für alle selbstverständlich, dass dies die Armee gemacht hat. Es hätte auch niemand anders machen können, auch heute nicht. Wir wissen nicht ob so etwas schon morgen passiert. Sie erwarten nicht einen Feind, der ganz Europa zerschmettert und plötzlich in der Schweiz ist. Im Moment gehe ich nicht davon aus, auch in den nächsten paar Monaten und Jahren nicht. Was man aber wissen muss ist, dass jährlich 1500 Milliarden für die Rüstung auf der Welt ausgegeben werden. Wir wissen heute nicht, ob diese Güter einmal eingesetzt werden… Es sind nicht alle so, wie wir, die eine reine Verteidigungsarmee haben, es gibt auch aggressive Streitkräfte. Wir wissen nicht, was morgen passiert. Sind die europäischen Armeen ein Schutz für die Schweiz? Solange Frieden herrscht, ist alles ein Schutz. Wenn es aber darauf ankommt, muss man sehr wahrscheinlich selber schauen. Ein Beispiel aus der Wirtschaft, als vor 2 Jahren, als die Krise losging, General Motors grosse Schwierigkeiten hatte. Es ging darum, welche Werke allenfalls geschlossen werden müssen. Dann funktioniert die Solidarität unter den Ländern nicht mehr, jeder kämpft um seine Arbeits- plätze. Ich sage, solange wir Freunde sind, können wir alles miteinander machen. Wir haben die besten Kontakte mit den Deutschen, Franzosen, Italienern und Österreichern. Wir haben regelmässig gegenseitige Besuche und tauschen Informationen über die Entwicklungen aus. Aber wenn es hart auf hart geht, muss man selber schauen können. Ist keine Solidarität mehr möglich? Ich würde es nicht darauf ankommen lassen. Es ist durchaus so, dass die Armee und die Sicherheit etwas kostet. Es nützt aber nichts, wenn man ein Instrument hat, das dann nicht spielt, wenn man es brauchen müsste. Was ist der Unterschied zwischen einem symmetrischen und asymmetrischen Krieg? Symmetrische Kriege sind Kriege zwischen Armeen, sozusagen Panzer gegen Panzer. Asymmetrische Kriege sind Armeen gegen bewaffnete Gruppierungen, allenfalls aufständische, bewaffnete Banden und Leute, die einzelne Interessengruppen vertreten und keinem Staat angehören (nicht-staatliche Akteure). Sie sprechen auch von Cyberwar. Wo liegt das Problem? Es sind verschiedene Probleme. Es kann sein, dass unsere Systeme oder mein Computer angezapft werden und der Inhalt abgesogen wird. Gerade bei der Armee oder 12/10 01/11 auch bei der Wirtschaft gibt es Geheimnisse, zu denen man Sorge tragen muss. Wenn diese Informationen in falsche Hände kommen, dann schadet dies der Armee oder dem Wirtschaftsstandort Schweiz. Es gibt auch Computer-Viren wie «Stuxnet», das Festplatten zerstören kann. Stellen Sie sich vor, «Stuxnet» schaltet ein Kraftwerk ab – dann bricht die Stromversorgung ab. Oder stellen Sie sich vor, dass man während einer Woche an Bancomaten kein Geld mehr beziehen kann, die Kreditkarte auch ungültig ist und es unmöglich wird, zu bezahlen: Dies kann zu grossen Unruhen führen. Dann muss die Armee plötzlich Einrichtungen schützen. Für mich ist es wichtig, dass die Armee nicht gegen die eigenen Bürger vorgeht, sondern Einrichtungen schützt, damit diese nicht zerstört werden. Wahrscheinlich muss auch die Armee noch mehr in den Schutz ihrer eigenen Computersysteme investieren. Was hat sich seit 1995 im Verteidigungssystem verändert? Ganz gewaltig ist die Reduktion der Armee. Bis 1995 hatten wir einen Sollbestand in der Armee von 625‘000 Soldaten, dies waren fast 10% der Bevölkerung. Mit dem neuen Armeebericht sprechen wir von 80‘000 Armeeangehörigen, dies ist noch 1%. Wir haben aber eine positive Entwicklung bei der qualitativen Ausrüstung der Soldaten. Leider können die Truppen aber nicht flächendeckend ausgerüstet werden, weil das Geld fehlt.

12/10 01/11 www.lelac.ch 9 Wie sieht die Entwicklung in den nächsten Jahren aus? Mit dem vorliegenden Armeebericht haben wir eine gute Grundlage, über die man nun diskutieren kann. Über Jahre und Jahrzehnte hat man die Armee weiter entwickelt, aber eine Basis wie mit diesem Armeebericht hat man nie gehabt. Dies war dringend nötig. Der Bundesrat hat diesen Bericht dem Parlament übergeben. Das Parlament wird diesen Bericht akzeptieren oder dem Bundesrat den Auftrag geben, diesen zu korrigieren. Im Dezember wird der Bericht eventuell vom Ständerat behandelt. Die grosse Veränderung würde darin bestehen, dass die Bestände bis zu 60% herunter gefahren würden. Heute haben wir 120‘000 Aktive und 80‘000 Reserve, bei Annahme des Armeeberichts hätten wir künftig nur noch 80‘000, mit entsprechend weniger Leistung. In welchen Bereichen gibt es weniger Leistung? Insbesondere bei den robusteren Kräften, also Panzer und Artillerie, aber auch bei der Infanterie hätten wir weniger Ausrüstung, insofern trifft es die gesamte Armee. Welche Waffengattungen müssen in den nächsten Jahren modernisiert werden? In den nächsten 10 Jahren braucht die Infanterie mehr Material, wir brauchen neues Übermittlungsmaterial, mit dem auch Daten übermittelt werden können via Internet, und dann haben wir immer noch den Teilersatz für die 54 Tiger-Kampfjets pendent. Bei der Genietruppe müssen die mobilen Brückenelemente, die ins Alter gekommen sind und auch von den Zivilen benützt werden, überprüft und zum Teil ersetzt werden. Hat das Milizsystem, mit der hochmodernen Technik, noch Zukunft? Für mich gibt es für die Schweiz keine Alternative zur Milizarmee. Man muss sich überlegen, ob wir genügend Leute hätten, wenn diese nicht kommen müssten. Das zweite ist die Qualität unserer Soldaten: Jeder hat etwas gelernt, eine Lehre oder ein Studium abgeschlossen und gerade diese Mischung ist einzigartig. Natürlich braucht es für Flugzeuge heute Berufspiloten. Waffensysteme jedoch werden von Leuten bedient, die wir in einigen Monaten ausbilden. Gerade für uns, die wir an der Sprachgrenze leben, finde ich es wichtig, dass die Armee all die verschiedenen Leute aus den Sprachregionen zusammen bringt. Ihr Vorgänger hat Dübendorf geschlossen. Wo werden die künftigen Tiger-Ersatzflugzeuge stationiert? Mit Dübendorf haben wir noch bis 2014 einen Vertrag. Dort sind heute keine Kampfflugzeuge mehr, aber Helikopter, weil wir in der Nordostschweiz sonst keine Helibasis haben. Wir haben Emmen, Meiringen, Sion und Payerne für unsere Flugzeuge. Wenn wir den Tiger-Teilersatz haben, sehen wir auch welche Flugzeuge wohin kommen. Sion beklagt sich schon heute wegen dem Fluglärm. Wir können nicht einen Flugplatz betreiben und keine Flugzeuge dort haben. Ich war vor kurzem im Wallis und habe festgestellt, dass man sich dort bewusst ist, dass es den «Fünfer & das Weggli» nicht gibt. Man muss miteinander sprechen und die Emissionen möglichst verteilen. Kampfflugzeuge machen mehr Lärm. Wenn sie Triebwerke mit einer grösseren Leistung haben, dann hat dies auch einen Einfluss auf den Lärm. Wenn wir Sicherheit und Arbeitsplätze wollen, dann kostet dies etwas. Heute ist es verfrüht zu sagen, welche Flugzeuge künftig wo stationiert werden. Wie viele Flugzeuge braucht es für den Tiger-Ersatz? Das Minimum sind 22. Heute sind noch zirka 54 Tiger im Einsatz. Welchen Stellenwert hat der Zivildienst? Für mich ist es ein Unsicherheitsfaktor, nicht viel mehr. Für die Sicherheit schauen nur die Soldaten, Zivildienstleute machen vielleicht einen guten Job, wenn aber etwas geschützt werden muss, kommen nur die Soldaten. Gibt es einen Trend, dass die Studierten in den Zivildienst wollen und die anderen in den Militärdienst? Nein. Die Schulen müssten aber auch vermehrt darüber informieren, welche Bedeutung die Sicherheit hat. In der Schweiz haben wir Militärdienstpflicht und nicht einfach allgemeine Dienstpflicht. Zivildienst Leistende in Altersheimen beispielsweise erbringen unglaubliche Leistungen. Man muss aber auch sehen, dass diese Zivildienstleute vom Montag bis am Freitag einen Job haben. Dies finde ich gegenüber einem Soldaten, der bei Wind und Wetter draussen ist, nicht in Ordnung. Und man muss sich auch im Klaren sein, dass dieser allenfalls sein Leben für die Schweiz gibt. Was ist der Sicherheitsverbund? Im Sicherheitsverbund Schweiz sind die Armee, die Polizei, der Zivilschutz, die Blaulichtorganisationen und das Grenzwachtkorps. Welche Truppen kommen bei Naturkatastrophen zum Einsatz? Wenn etwas passiert, ruft man die Armee an, die sofort kommt. Die Rettungstruppen werden nicht reduziert. Für mich ist dies der «Service Public der Armee». Bei einem Erdbeben beispielsweise braucht es sofort die Rettungstruppen, also die Katastrophenhilfe- Truppen, Genietruppen, Sanitäter, Transportmittel am Boden und in der Luft und die Infanterie, um Plünderungen zu verhindern. Als wir die Überschwemmung in Brig A 15 min. de Fribourg et Morat A vendre Parcelles à bâtir ent. équipées. Ensoleillement, vue et dégagement. Dès Fr. 120.- le m 2 Agence immobilière Paul-Henri Maillard 1723 Marly, 026 436 54 54 www.maillard-immobilier.ch agence@maillard-immobilier.ch hatten, musste auch die Armee dafür sorgen, dass nicht geplündert wurde. Auch die Übermittlungstruppen braucht es sofort, da sämtliche Netze zusammenbrechen. Warum wohnen Sie im Vully? Meine Frau hatte, als wir uns kennenlernten, in Bern und ich in Payerne gearbeitet, daher war der Vully der ideale Ort. Im Vully haben wir eine sehr hohe Lebensqualität, dies muss man den «Vullierains» nicht erklären. Wir sind bereits seit über 20 Jahren im Vully. Haben Sie Vorbilder? Korpskommandant Ulrico Hess, ein früherer Vorgesetzter von mir, und General Dufour, der ein umsichtiger Militär war, der den Sonderbundkrieg kommandiert hat, später wurde er IKRK-Präsident. Lieblingsessen? Kalbsvoressen mit Kartoffelstock. Lieblingswein? Sauvignon blanc Lieblingsrestaurant? Les Clefs Lugnorre, Du Port Môtier, L’Ours Sugiez Feriendestination? Hotel Castello del Sole, Ascona Das Glück dazwischen bei voilà ...dem ersten first in second hand! Schenken Sie mit einem Gutschein von voilà exklusive Markenmode! Sie finden bei uns u.a. bezaubernde Outfits für die Festtage! voilà Ryf 52, 3280 Murten, 026 670 30 69 Mi–Fr: 13.30–18.30 / Sa: 11–16 Uhr

8 www.lelac.ch<br />

L For tsetzung von Titelseite<br />

Interview mit André Blattmann,<br />

Chef der Schweizer Armee<br />

Warum brauchen wir heute<br />

noch eine Armee?<br />

Die Armee ist heute die einzige<br />

Reserve der Schweiz. Vor kurzem<br />

hatten wir den Frankophoniegipfel,<br />

an welchem 4500 Soldaten im<br />

Einsatz waren. Am jährlich stattfindenden<br />

WEF (World Economic<br />

Forum), bei Überschwemmungen<br />

und bei wichtigen internationalen<br />

Konferenzen in Genf, ist die Armee<br />

im Einsatz. Ich war im November<br />

in der Innerschweiz, wo mir die<br />

Bevölkerung gesagt hat, wie wichtig<br />

der Einsatz der Armee bei den<br />

Überschwemmungen von 2005<br />

war. Dies war ein Katastrophenhilfeeinsatz.<br />

Offensichtlich geht es<br />

nicht ohne Armee.<br />

Gewisse politische Seiten sind<br />

gegen den Einsatz der Armee<br />

für zivile Zwecke. Wie sehen<br />

Sie dies?<br />

Wenn wir die Armee für den Frankophoniegipfel<br />

oder für Katastrophenhilfe<br />

einsetzen, dann ist dies<br />

kein Einsatz zugunsten der zivilen<br />

Behörden. Zielt Ihre Frage auf<br />

einen möglichen Einsatz für ein<br />

Schwingfest oder geht es um die<br />

Frage, ob man die Armee im Inland<br />

einsetzen soll? Diese Frage kann die<br />

Polizei beantworten, denn diese<br />

würde Ihnen sagen, dass sie spätestens<br />

nach 48-Stunden Einsatz, aus<br />

Kapazitätsgründen, die Armee<br />

anrufen würde. Wir hatten in Kloten<br />

eine Übung zum Flughafenschutz<br />

mit 5000 <strong>Le</strong>uten. Die Polizei<br />

hat uns gesagt, dass sie froh sei,<br />

dass wir dies üben, denn die Polizei<br />

wäre nach 48 Stunden «ausgeschossen».<br />

Die Zusammenarbeit zwischen<br />

der Armee und den zivilen<br />

Sicherheitsorganisationen ist<br />

demzufolge sehr wichtig.<br />

Diese ist sehr wichtig, funktioniert<br />

auch gut und wird regelmässig<br />

geübt. Im 2<strong>01</strong>4 wird in der Schweiz<br />

eine grosse Übung zwischen den<br />

Sicherheitsorganisationen durchgeführt.<br />

Was oder wer bedroht heute<br />

die Schweiz?<br />

Ich zitiere den Generalsekretär der<br />

UNO, Ban Ki Moon: «Wenn die<br />

Weltgemeinschaft die Millenniumsziele<br />

nicht erreicht – es geht<br />

darum, dass es den <strong>Le</strong>uten besser<br />

geht – dann hätte dies als Folge:<br />

Instabilität, Kriege, Seuchen, und<br />

gigantische Flüchtlingsströme<br />

könnten gerade auch die reichen<br />

Ländern treffen». Vielleicht können<br />

wir uns dies kaum mehr vorstellen,<br />

da wir seit 160 Jahren keinen<br />

Krieg mehr in der Schweiz hatten<br />

und meinen, wir seien in einem<br />

Paradies, dabei sind rundherum<br />

Unsicherheiten. Für mich ist der<br />

wichtigste Punkt die Tatsache, dass<br />

es der Wirtschaft in Europa nicht<br />

so gut geht, wie wir dies gerne hätten.<br />

Wir haben Länder in Westeuropa<br />

mit mehr als 20% Arbeitslosen<br />

und vielerorts eine enorme Verschuldung.<br />

Deshalb bin ich überzeugt<br />

– nenne aber keine Länder<br />

mehr -, dass daraus sicherheitsrelevante<br />

Entwicklungen entstehen<br />

können. Deshalb ist es wichtig,<br />

dass man diesem Aspekt Rechnung<br />

tragen kann. Vor <strong>12</strong> Jahren, während<br />

des Kosovokriegs, hatten wir<br />

mit der Armee Asylantenheime<br />

betrieben und geschützt. Es war für<br />

alle selbstverständlich, dass dies die<br />

Armee gemacht hat. Es hätte auch<br />

niemand anders machen können,<br />

auch heute nicht. Wir wissen nicht<br />

ob so etwas schon morgen passiert.<br />

Sie erwarten nicht einen Feind,<br />

der ganz Europa zerschmettert<br />

und plötzlich in der Schweiz ist.<br />

Im Moment gehe ich nicht davon<br />

aus, auch in den nächsten paar<br />

Monaten und Jahren nicht. Was<br />

man aber wissen muss ist, dass jährlich<br />

1500 Milliarden für die Rüstung<br />

auf der Welt ausgegeben werden.<br />

Wir wissen heute nicht, ob<br />

diese Güter einmal eingesetzt werden…<br />

Es sind nicht alle so, wie wir,<br />

die eine reine Verteidigungsarmee<br />

haben, es gibt auch aggressive<br />

Streitkräfte. Wir wissen nicht, was<br />

morgen passiert.<br />

Sind die europäischen Armeen<br />

ein Schutz für die Schweiz?<br />

Solange Frieden herrscht, ist alles<br />

ein Schutz. Wenn es aber darauf<br />

ankommt, muss man sehr wahrscheinlich<br />

selber schauen. Ein Beispiel<br />

aus der Wirtschaft, als vor 2<br />

Jahren, als die Krise losging, General<br />

Motors grosse Schwierigkeiten<br />

hatte. Es ging darum, welche Werke<br />

allenfalls geschlossen werden müssen.<br />

Dann funktioniert die Solidarität<br />

unter den Ländern nicht mehr,<br />

jeder kämpft um seine Arbeits-<br />

plätze. Ich sage, solange wir Freunde<br />

sind, können wir alles miteinander<br />

machen. Wir haben die besten<br />

Kontakte mit den Deutschen,<br />

Franzosen, Italienern und Österreichern.<br />

Wir haben regelmässig<br />

gegenseitige Besuche und tauschen<br />

Informationen über die Entwicklungen<br />

aus. Aber wenn es hart auf<br />

hart geht, muss man selber schauen<br />

können.<br />

Ist keine Solidarität mehr möglich?<br />

Ich würde es nicht darauf ankommen<br />

lassen. Es ist durchaus so, dass<br />

die Armee und die Sicherheit etwas<br />

kostet. Es nützt aber nichts, wenn<br />

man ein Instrument hat, das dann<br />

nicht spielt, wenn man es brauchen<br />

müsste.<br />

Was ist der Unterschied zwischen<br />

einem symmetrischen<br />

und asymmetrischen Krieg?<br />

Symmetrische Kriege sind Kriege<br />

zwischen Armeen, sozusagen Panzer<br />

gegen Panzer. Asymmetrische Kriege<br />

sind Armeen gegen bewaffnete<br />

Gruppierungen, allenfalls aufständische,<br />

bewaffnete Banden und <strong>Le</strong>ute,<br />

die einzelne Interessengruppen vertreten<br />

und keinem Staat angehören<br />

(nicht-staatliche Akteure).<br />

Sie sprechen auch von Cyberwar.<br />

Wo liegt das Problem?<br />

Es sind verschiedene Probleme. Es<br />

kann sein, dass unsere Systeme<br />

oder mein Computer angezapft<br />

werden und der Inhalt abgesogen<br />

wird. Gerade bei der Armee oder<br />

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auch bei der Wirtschaft gibt es<br />

Geheimnisse, zu denen man Sorge<br />

tragen muss. Wenn diese Informationen<br />

in falsche Hände kommen,<br />

dann schadet dies der Armee oder<br />

dem Wirtschaftsstandort Schweiz.<br />

Es gibt auch Computer-Viren wie<br />

«Stuxnet», das Festplatten zerstören<br />

kann. Stellen Sie sich vor, «Stuxnet»<br />

schaltet ein Kraftwerk ab – dann<br />

bricht die Stromversorgung ab.<br />

Oder stellen Sie sich vor, dass man<br />

während einer Woche an Bancomaten<br />

kein Geld mehr beziehen<br />

kann, die Kreditkarte auch ungültig<br />

ist und es unmöglich wird, zu<br />

bezahlen: Dies kann zu grossen<br />

Unruhen führen. Dann muss die<br />

Armee plötzlich Einrichtungen<br />

schützen. Für mich ist es wichtig,<br />

dass die Armee nicht gegen die<br />

eigenen Bürger vorgeht, sondern<br />

Einrichtungen schützt, damit diese<br />

nicht zerstört werden. Wahrscheinlich<br />

muss auch die Armee noch<br />

mehr in den Schutz ihrer eigenen<br />

Computersysteme investieren.<br />

Was hat sich seit 1995 im Verteidigungssystem<br />

verändert?<br />

Ganz gewaltig ist die Reduktion<br />

der Armee. Bis 1995 hatten wir<br />

einen Sollbestand in der Armee von<br />

625‘000 Soldaten, dies waren fast<br />

<strong>10</strong>% der Bevölkerung. Mit dem<br />

neuen Armeebericht sprechen wir<br />

von 80‘000 Armeeangehörigen,<br />

dies ist noch 1%. Wir haben aber<br />

eine positive Entwicklung bei der<br />

qualitativen Ausrüstung der Soldaten.<br />

<strong>Le</strong>ider können die Truppen<br />

aber nicht flächendeckend ausgerüstet<br />

werden, weil das Geld fehlt.

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