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Tarifpolitik im Schweizer Rettungswesen - Zentralstelle für ...

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<strong>Tarifpolitik</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Schweizer</strong> <strong>Rettungswesen</strong><br />

Nr. 6 der Schriftenreihe der Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK)


<strong>Tarifpolitik</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Schweizer</strong><br />

<strong>Rettungswesen</strong><br />

Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK)


Impressum<br />

Autorin: Beatrix Meyer<br />

Herausgeberin:<br />

Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK)<br />

Postfach 4358<br />

6002 Luzern<br />

Tel. 041 419 58 38<br />

Fax 041 419 57 04<br />

Info@zmt.ch<br />

www.zmt.ch<br />

<strong>Tarifpolitik</strong> <strong>im</strong> <strong>Schweizer</strong> <strong>Rettungswesen</strong><br />

Weitere Exemplare können angefordert werden unter:<br />

Tel. 041 419 58 10<br />

Fax 041 419 57 04<br />

Info@zmt.ch<br />

Bestellnummer der deutschen Ausgabe: 2803.d<br />

Bestellnummer der französischen Ausgabe: 2803.f<br />

Die Publikation ist auch auf www.zmt.ch als pdf-File verfügbar.<br />

Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.<br />

Obwohl die verwendeten Informationen aus zuverlässigen Quellen stammen, kann die MTK keine<br />

Gewähr <strong>für</strong> die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben übernehmen. Aus den aufgeführten<br />

Informationen können keinerlei Rechtsansprüche gegenüber der MTK abgeleitet werden.<br />

1. Auflage – November 2001<br />

Bestellnummer: 2803.d


Inhaltsverzeichnis<br />

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

1. Rechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

1.1. Kantonale Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

1.2. Unterschiede <strong>im</strong> UVG, MVG und KVG . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2. Anbieterstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

3. Rettungskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

4. Abgrenzung der Einsatzgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

5. Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

5.1. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong> (IVR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

5.1.1 Anerkennung von Rettungsdiensten . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

5.1.2 Weitere Bestrebungen des IVR . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

5.2. Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

5.3. Technische und medizinische Ausrüstung . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

5.4. Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

5.5. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

5.5.1 Organisation des Rettungsdienstes . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

5.5.2 Organisation des Notarztdienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

6. Subventionen und Gönnerbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

7. <strong>Tarifpolitik</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

7.1. Bestehende Verträge und Tarifvereinbarungen . . . . . . . . . . . . 27<br />

7.2. Elemente einer Tarifnomenklatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

7.3. Tarifnomenklatur und Kostenmodell IVR/santésuisse/H+ . . . . 30<br />

7.4. Erwartete Kostenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

7.5. Position der MTK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

Anhang: Vereinbarung IVR/santésuisse/H+ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

3


Zusammenfassung<br />

Ziel dieser Studie ist es, einen Überblick über das äusserst heterogene <strong>Schweizer</strong> <strong>Rettungswesen</strong><br />

zu bieten. Die Studie konzentriert sich auf die terrestrische Rettung. Im Zentrum<br />

stehen dabei Fragen zur <strong>Tarifpolitik</strong> und zur Qualität. Wer sind die Anbieter von Notfall- und<br />

Krankentransporten? Wie werden die Rettungsdienste entschädigt? Wie sind die Tarife aufgebaut?<br />

Welche Anstrengungen wurden unternommen, um die verschiedenen Tarifnomenklaturen<br />

und Tarifberechnungen zu vereinheitlichen? Welche Qualitätsstandards werden<br />

gesetzt? Welche <strong>Tarifpolitik</strong> verfolgt die Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK)? Diese und<br />

weitere Fragen zum <strong>Rettungswesen</strong> sollen in dieser Studie beantwortet werden.<br />

Notfall- und Krankentransporte werden in der Schweiz mehrheitlich von spitalgebundenen<br />

Rettungsdiensten angeboten. Weitere Anbieter sind private Unternehmen, Polizeiorgane<br />

und selbständige öffentlich-rechtliche Organisationen. In den letzten Jahren konnte eine<br />

Verschiebung weg vom Polizeiangebot und hin zu einem grösseren Spitalangebot festgestellt<br />

werden. Auch die selbständigen, öffentlich-rechtlichen Organisationen gewannen in<br />

den letzten Jahren an Bedeutung. Der Marktanteil der privaten Unternehmen blieb relativ<br />

konstant.<br />

In den meisten Kantonen ist das <strong>Rettungswesen</strong> kantonal geregelt. In einzelnen Kantonen<br />

fällt es in den Aufgabenbereich der Gemeinden. Ungefähr ¾ der Kantone haben gesetzliche<br />

Grundlagen <strong>für</strong> den Rettungsdienst erlassen, wobei die Vorschriften sehr heterogen<br />

ausgestaltet sind. Die meisten Gesetze oder Verordnungen beziehen sich zumindest auf die<br />

Bewilligungspflicht <strong>für</strong> Rettungs- und Transportdienste. Teilweise wird auch die finanzielle<br />

Beteiligung des Kantons gesetzlich geregelt. Erst wenige Kantone haben in den letzten<br />

Jahren ein umfassendes Rettungskonzept ausgearbeitet.<br />

Der Qualitätsstandard der Rettungsdienste ist teilweise sehr unterschiedlich. Im allgemeinen<br />

wird der Qualitätssicherung in städtischen Agglomerationen mehr Aufmerksamkeit<br />

gewidmet als in ländlichen Regionen. Gesamtschweizerisch betrachtet kann allerdings festgestellt<br />

werden, dass sich das Prinzip des Advanced Life Support <strong>im</strong>mer mehr durchsetzt<br />

und das Prinzip des Basic Life Support ersetzt. Mit anderen Worten geht es <strong>im</strong>mer weniger<br />

nur darum, den Notfallpatienten möglichst schnell in das nächstgelegene Spital zu transportieren.<br />

Vielmehr sollen bereits am Notfallort lebensrettende Massnahmen ergriffen werden.<br />

Vor allem seitens des Interverbands <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong> (IVR) bestehen Bemühungen,<br />

Qualitätsstandards zu setzen. Beispielsweise veröffentlichte der IVR <strong>im</strong> Jahr 2000 «Best<strong>im</strong>mungen<br />

über die Anerkennung von Rettungsdiensten», welche zurzeit überarbeitet werden.<br />

Bis vor kurzem schlossen die Medizinaltarif-Kommission, die Militär- und die Invalidenversicherung<br />

(MTK/MV/IV) noch mit mehreren einzelnen Anbietern Verträge und Tarifvereinba-<br />

4


ungen ab. Heute bestehen – mit Ausnahme von zwei Anbietern <strong>im</strong> Kanton Freiburg – nur<br />

noch Verträge, die jeweils <strong>für</strong> den ganzen Kanton Gültigkeit haben. Zurzeit unterhält die<br />

MTK/MV/IV mit sechs kantonalen Dachorganisationen Tarifverträge <strong>für</strong> Notfall- und Krankentransporte.<br />

Diese Verträge weisen alle unterschiedliche Tarifnomenklaturen und unterschiedliche<br />

Preise auf. Zudem unterscheiden sich diese Verträge auch häufig von jenen,<br />

welche die Krankenversicherer mit den jeweils gleichen Leistungserbringern abgeschlossen<br />

haben.<br />

Für eine einheitliche Tarifnomenklatur und ein einheitliches Kostenmodell sowie die Festsetzung<br />

von Qualitätskriterien setzte sich bereits 1997 eine Arbeitsgruppe ein, welche sich aus<br />

Vertretern des IVR, der santésuisse 1 und der H+ Die Spitäler der Schweiz zusammensetzte.<br />

Am 1.7.1997 unterzeichneten der IVR, die santésuisse und H+ eine Vereinbarung, welche<br />

die Tarifnomenklatur und best<strong>im</strong>mte Qualitätskriterien festlegte. Das Kostenmodell wurde<br />

nicht in die Vereinbarung aufgenommen. Bei Nichteinhaltung der Qualitätskriterien sollen<br />

gemäss der Vereinbarung ab dem 1.1. 2003 keine Zahlungen der Krankenversicherer mehr<br />

erfolgen. Die sehr hohen Qualitätskriterien – beispielsweise werden zwei Rettungssanitäter<br />

<strong>für</strong> einen Notfalltransport vorgeschrieben – dürften aufgrund des Mangels an ausgebildeten<br />

Rettungssanitätern auch nicht bis am 1.1. 2003 umgesetzt sein. Zurzeit fehlen in der<br />

Schweiz ca. 1000 ausgebildete Rettungssanitäter. Inzwischen hält auch der IVR nicht mehr<br />

an den Qualitätskriterien der Vereinbarung fest. Der IVR verweist vielmehr auf die<br />

«Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten» vom Jahr 2000, welche<br />

weniger streng formuliert sind. Die Leistungserbringer, welche seit 1997 einen neuen Tarif<br />

ausarbeiteten, orientierten sich teilweise an der Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+ und<br />

am Kostenmodell. Sie übernahmen diese aber nie unverändert.<br />

Die MTK schloss sich am 21. Juni 2001 grundsätzlich der Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+<br />

von 1997 an. Ausgenommen hiervon sind die Qualitätskriterien, welche in der<br />

Vereinbarung IVR/santésuisse/H+ sehr hoch angesetzt wurden. Auf Anfrage der Leistungserbringer<br />

verweist die MTK auf einen Mustervertrag, der noch ausgearbeitet werden soll<br />

und welcher auf der Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+ basieren wird. Mit der Empfehlung<br />

der MTK, sich grundsätzlich an die Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+ anzuschliessen,<br />

kann sie zur Konvergenz der Tarifnomenklaturen beitragen. Die MTK strebt zudem nur<br />

noch Vereinbarungen an, die <strong>für</strong> sämtliche Rettungsdienste in einem Kanton gelten.<br />

Schliesslich ist die MTK daran interessiert, dass <strong>im</strong> <strong>Rettungswesen</strong> verbindliche Qualitätsstandards<br />

formuliert werden. Mittelfristig sollen nur noch Verträge mit Leistungserbringern<br />

unterzeichnet werden, die eine gute Qualität gewährleisten.<br />

1 Bis Mitte 2001 trat santésuisse unter dem Namen «Konkordat der <strong>Schweizer</strong>ischen Krankenversicherer<br />

(KSK)» auf.<br />

5


Einleitung<br />

Diese Studie bietet einen Überblick über das sehr heterogen ausgestaltete <strong>Rettungswesen</strong>.<br />

Dabei beschränkt sie sich auf die terrestrische Rettung. Anzumerken ist, dass es sich in<br />

90% aller Rettungseinsätze in der Schweiz um eine terrestrische Rettung handelt. Untersucht<br />

werden nicht nur das rechtliche Umfeld, die Anbieterstruktur, allfällige Rettungskonzepte,<br />

die Gebietsaufteilung der Rettungsdienste und die Subventionspraxis. Von besonderem<br />

Interesse ist auch die Frage der Qualitätsstandards und der <strong>Tarifpolitik</strong>. Es wird aufgezeigt,<br />

welche Anstrengungen bisher unternommen wurden, um Qualitätsstandards zu setzen<br />

und die verschiedenen Tarifnomenklaturen und Tarifberechnungen zu vereinheitlichen.<br />

Schliesslich wird die <strong>Tarifpolitik</strong> der MTK vorgestellt.<br />

An dieser Stelle möchte ich allen danken, die mit ihren wertvollen Informationen zum Gelingen<br />

dieser Studie beigetragen haben. Insbesondere danke ich U.B. Krieger, Geschäftsführer<br />

Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong> (IVR), L. Bernoulli, Oberarzt Universitätsspital Zürich<br />

und Präsident Remedur, K. Hildebrandt, ehemaliger Leiter Sanität Basel, C. Morger,<br />

Kantonsspital Olten, H. Erne, Gesundheitsdepartement des Kantons Aargau, S. Gehriger,<br />

Gesundheitsamt Graubünden, P.E. Frey, Gesundheits- und Fürsorgedirektion Bern,<br />

D. Wyler und V. Bucher, santésuisse, W. Morger, Geschäftsleitungsmitglied der Suva, und<br />

F. Maurer, W. Moser, R. Wey, E. Jermini und O. Portmann, Tarifspezialisten der <strong>Zentralstelle</strong><br />

<strong>für</strong> Medizinaltarife UVG.<br />

6


1. Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

Das <strong>Rettungswesen</strong> gehört in den Kompetenzbereich der Kantone oder der Gemeinden. In<br />

den meisten Kantonen ist das <strong>Rettungswesen</strong> kantonal geregelt. In einzelnen Kantonen wie<br />

Zürich fällt das <strong>Rettungswesen</strong> in den Aufgabenbereich der Gemeinden. 2 Der Rettungsdienst<br />

kann sowohl von öffentlich-rechtlichen als auch von privaten Anbietern betrieben<br />

werden. 3 Zwar sind in einzelnen Kantonen (z.B. Basel-Stadt) nur öffentliche Anbieter <strong>im</strong><br />

<strong>Rettungswesen</strong> tätig. In diesen Kantonen könnten aber jederzeit auch private Anbieter in<br />

den Markt eintreten, sofern sie die kantonalen gesetzlichen Best<strong>im</strong>mungen erfüllen.<br />

1.1. Kantonale Vorschriften<br />

Gemäss U.B. Krieger, Geschäftsführer IVR, hat ungefähr ein Viertel der Kantone keine<br />

gesetzlichen Grundlagen <strong>für</strong> den Rettungsdienst erlassen. In den übrigen Kantonen sind<br />

die Vorschriften sehr heterogen ausgestaltet. In einzelnen Kantonen bestehen nur wenige<br />

Best<strong>im</strong>mungen. Die meisten Gesetze oder Verordnungen beziehen sich zumindest auf die<br />

Bewilligungspflicht <strong>für</strong> Rettungs- und Transportdienste. Teilweise werden die Bedingungen<br />

<strong>für</strong> die Betriebsbewilligung allerdings auch nur <strong>im</strong> jeweiligen Rettungskonzept aufgeführt.<br />

Der Kanton Aargau beispielsweise führt die Spitäler und Unternehmen, welche Rettungen<br />

und Transporte durchführen dürfen, <strong>im</strong> Rettungskonzept auf.<br />

Ein Beispiel <strong>für</strong> eine knappe Gesetzgebung ist der Kanton St. Gallen. Per Verordnung werden<br />

öffentliche Spitäler verpflichtet, einen Notfall- und Krankentransportdienst zu führen.<br />

Abgesehen von der Bewilligungspflicht wird festgelegt, über welche Ausbildung der Leiter<br />

eines Rettungs- oder Transportdienstes verfügen muss. Zudem müssen die Rettungsmittel<br />

den Richtlinien des Interverbands <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong> (IVR) entsprechen. 4 Die Einhaltung<br />

der Richtlinien des IVR ist auch <strong>im</strong> Gesetz von Baselland 5 und Bern 6 festgehalten. Andere<br />

Kantone wie z.B. Aargau und Graubünden verweisen <strong>im</strong> Rettungskonzept auf die Richtlinien<br />

des IVR (vgl. Abschnitt 5.1.1.). 7<br />

2 Vgl. Züricher Gesetzessammlung, Gesetz über das Gesundheitswesen, § 60.<br />

3 In Gebieten, z.B. abgelegenen Berggegenden, in welchen keine private Organisation den<br />

Rettungsdienst anbieten will, muss sich die entsprechende Gemeinde engagieren. Vgl. Oftinger, Karl und<br />

Emil S. Stark. 1987. <strong>Schweizer</strong>isches Haftpflichtrecht. Zweiter Band: Besonderer Teil. Zürich: Schulthess<br />

Polygraphischer Verlag.<br />

4 Vgl. Verordnung über die medizinische und betriebliche Organisation der kantonalen Spitäler, psychiatrischen<br />

Kliniken und Laboratorien (Spitalorganisationsverordnung) (321.11). Verordnung über den Betrieb<br />

privater Einrichtungen der Gesundheitspflege (325.11).<br />

5 Vgl. Verordnung über die Organisation des Kranken-, Rettungs- und Leichentransports (281), § 4.<br />

6 Vgl. Verordnung über den Sanitätsdienst in ausserordentlichen Lagen (521.15), Art. 16.<br />

7 Vgl. Gesundheitsdepartement des Kantons Aargau. 1995. Das Aargauische Rettungskonzept 2005,<br />

Rettungskonzept, Auftrag, Perspektiven, Massnahmen, S. 18, sowie Rettungskonzept Graubünden. 1999.<br />

S. 6.<br />

7


In den Kantonen Graubünden 8 , Wallis 9 und Bern 10 wird neben der Bewilligungspflicht auch<br />

die finanzielle Beteiligung des Kantons geregelt (vgl. Kapitel 6). In Graubünden ist zusätzlich<br />

auch eine gesonderte Betriebsrechnung <strong>für</strong> den Notfall- und Krankentransport gesetzlich<br />

verankert. 11 Die umfassende Gesetzgebung zum <strong>Rettungswesen</strong> <strong>im</strong> Wallis regelt u.a. den<br />

Zuständigkeitsbereich des Dachverbandes KWRO (Kantonale Walliser Rettungsorganisation).<br />

Die KWRO ist u.a. <strong>für</strong> die Vertragsverhandlungen zwischen Versicherern und Leistungserbringern,<br />

die Mitglieder der KWRO sind, zuständig. 12<br />

In verschiedenen Kantonen wie Baselland 13 , Bern 14 , Graubünden 15 , Genf 16 und Wallis 17<br />

bestehen Best<strong>im</strong>mungen zur Koordination der Rettungen durch die Sanitätsnotrufzentrale<br />

144. Auffallend an der Gesetzgebung <strong>im</strong> Kanton Baselland ist, dass diese die Gebietsaufteilung<br />

in einer Verordnung festlegt. 18 In den Kantonen Aargau und Wallis beispielsweise<br />

wird die Gebietsaufteilung nur <strong>im</strong> Rettungskonzept festgelegt.<br />

Die Kantone Aargau und Basel-Stadt legen in ihrer Verordnung sogar den detaillierten Tarif<br />

inklusive der entsprechenden Frankenbeträge pro Position fest. 19 Im Kanton Basel-Stadt<br />

bezieht sich der in der Verordnung beschriebene Tarif allerdings hauptsächlich auf die Krankenversicherer.<br />

Die Unfallversicherer (UV), die Militärversicherung (MV) und die Invalidenversicherung<br />

(IV) werden auf den Vertrag mit der MTK/MV/IV verwiesen. Nähere Best<strong>im</strong>mungen<br />

zum Tarif bestehen seit der Annahme des neuen Gesetzes <strong>im</strong> November 2000<br />

durch das Volk auch <strong>im</strong> Kanton Genf. Das Gesetz schreibt einen einheitlichen Tarif <strong>für</strong> alle<br />

Notfall- und Krankentransporte vor, wobei dieser vom Staatsrat festgelegt wird. Festgehalten<br />

wird u.a. auch, dass in diesem Tarif vom Staatsrat definierte Medikamente inbegriffen<br />

sind. 20 Der Kanton Waadt ist daran, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten.<br />

8 Vgl. Gesetz über die Förderung der Krankenpflege (506.000), Art. 39.<br />

9 Vgl. Gesetz über die Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (541), Art. 19f. sowie Verordnung über die<br />

Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (542), Art. 12 bis 18.<br />

10 Vgl. Verordnung über den Sanitätsdienst in ausserordentlichen Lagen (521.15), Art. 21.<br />

11 Vgl. Gesetz über die Förderung der Krankenpflege (506.000), Art. 37.<br />

12 Vgl. Gesetz über die Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (541) und Verordnung über die Organisation des<br />

<strong>Rettungswesen</strong>s (542).<br />

13 Vgl. Verordnung über die Organisation des Kranken-, Rettungs- und Leichentransports (281), § 11.<br />

14 Vgl. Gesetz über ausserordentliche Lagen (521.1), Art. 29 Abs. 2.<br />

15 Vgl. Gesetz über die Förderung der Krankenpflege (506.00), Art. 34.<br />

16 Vgl. Loi relative à la qualité, la rapidité et l'efficacité des transports sanitaires urgents (7620), Art. 5.<br />

17 Vgl. Verordnung über die Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (542), Art. 6.<br />

18 Vgl. Verordnung über die Organisation des Kranken-, Rettungs- und Leichentransports (281), Anhang I.<br />

19 Vgl. Systematische Sammlung des Aargauer Rechts, Verordnung über die Taxen <strong>für</strong> besondere<br />

Leistungen der kantonalen Krankenanstalten (335.331), und Kanton Basel-Stadt, chronologische<br />

Gesetzessammlung, Verordnung über die von der Sanität Basel-Stadt zu erhebenden Gebühren (339.220).<br />

20 Vgl. Loi relative à la qualité, la rapidité et l'efficacité des transports sanitaires urgents (7620), Art. 11.<br />

8


1.2. Unterschiede <strong>im</strong> UVG, MVG und KVG<br />

Wie aus der untenstehenden Tabelle ersichtlich wird, bieten die Unfall- und die Militärversicherung<br />

einen umfangreicheren Deckungsumfang als die Krankenversicherung. Die Krankenversicherer<br />

zahlen in der Grundversicherung nur einen l<strong>im</strong>itierten Beitrag <strong>für</strong> die Rettung<br />

und den Transport. Die Unfallversicherer und die Militärversicherung übernehmen <strong>im</strong> Inland<br />

die Kosten <strong>für</strong> Rettung und Transport vollumfänglich. Zudem übernehmen die Unfallversicherer<br />

und die Militärversicherung die Kosten <strong>für</strong> Reise-, Bergungs-, Such- und Leichentransporte<br />

<strong>im</strong> Inland.<br />

UVG MVG KVG<br />

Rettungskosten Ja (UVV Art. 20) Ja (MVG Art. 19) KV zahlen 50%,<br />

max. 5000 CHF pro Jahr<br />

(KLV Art. 27)<br />

Transportkosten Ja (UVV Art. 20) Ja (MVG Art. 19) KV zahlen 50%, max.<br />

500 CHF pro Jahr (KLV Art. 26)<br />

Kosten <strong>für</strong> Transporte Ja (UVV Art. 20) Ja (MVG Art. 19) In der Regel über die<br />

zwischen Spitälern Spitaltaxe abgegolten<br />

(KVV Art. 33 Bst. G)<br />

Bergungskosten Ja (UVV Art. 20) Ja (MVG Art. 19) Nein<br />

Reisekosten Ja (UVV Art. 20) Ja (MVG Art. 19) Nein<br />

Suchkosten Ja (über UVV Art. 20) Ja (MVG Art. 19) Nein<br />

Leichentransportkosten Ja (UVV Art. 21) Ja (über MVG Art. 19) Nein<br />

Tabelle 1: Kostenübernahmeregelung <strong>im</strong> Inland <strong>für</strong> die Unfall-, die Militär- und die Krankenversicherung <strong>im</strong> Vergleich<br />

Im Ausland entstehende Rettungs-, Bergungs-, Reise-, Transport-, und Leichentransportkosten<br />

werden von den Unfallversicherern höchstens bis zu einem Fünftel des Höchstbetrages<br />

des versicherten Jahresverdienstes vergütet (UVV Art. 20 und Art. 21). Die oben dargestellte<br />

Regelung der Kostenbeteiligungen von Krankenversicherern <strong>für</strong> Rettungen bezieht<br />

sich nur auf die Schweiz (KLV Art. 27). Gemäss der Interpretation des BSV haben die Krankenversicherer<br />

<strong>für</strong> Transporte <strong>im</strong> Ausland grundsätzlich keine Zahlungen aus der Grundversicherung<br />

zu leisten. 21<br />

21 Vgl. Vereinigung <strong>Schweizer</strong>ischer Krankenhäuser, Zirkular an die Mitglieder, Nr. 12, Mai 1996.<br />

9


2. Anbieterstruktur<br />

In der Schweiz existierten <strong>im</strong> Jahr 1993 gemäss IVR ca. 250 Rettungsdienste. 22 Heute hat<br />

sich die Anzahl Anbieter gemäss U.B. Krieger, Geschäftsführer IVR, reduziert. Ausgeschieden<br />

sind vor allem Betriebe mit geringem Qualitätsstandard. Dieser Trend dürfte sich auch<br />

in Zukunft fortsetzen.<br />

Die Rettungsdienste lassen sich in vier Anbietergruppen unterteilen, wobei diese <strong>im</strong> letzten<br />

Jahrzehnt wie folgt unterschiedlich stark vertreten waren: 23<br />

● Spitalgebundene Rettungsdienste (40%)<br />

● Private Unternehmen (25%)<br />

● Polizeiorgane (15%)<br />

● Selbständige, öffentlich-rechtliche Organisationen, meist auf der Stufe der Gemeinden<br />

(12%)<br />

Laut U.B. Krieger, Geschäftsführer IVR, kann seither eine Verschiebung weg vom Polizeiangebot<br />

und hin zu einem grösseren Spitalangebot festgestellt werden. Vor allem in der<br />

Westschweiz wurde und wird das Polizeiangebot <strong>im</strong>mer mehr durch ein zunehmendes<br />

Spitalangebot abgelöst. Auch die selbständigen, öffentlich-rechtlichen Organisationen<br />

gewinnen an Bedeutung. Der Marktanteil der privaten Rettungsdienste blieb konstant.<br />

Im Vergleich zur Deutschschweiz ist das Polizeiangebot in der Westschweiz allerdings<br />

<strong>im</strong>mer noch stärker vertreten. Neben den Kantonen Waadt, Neuenburg, Genf und Wallis<br />

kennen auch die Kantone Zug, Uri, Nidwalden, Solothurn, Bern, Schaffhausen und Thurgau<br />

einen polizeilichen Rettungsdienst. Spitalgebundene Rettungsdienste sind v.a. in den Kantonen<br />

Aargau, Baselland, Bern, Solothurn, Graubünden, Zürich, Luzern, Schwyz, Obwalden,<br />

Glarus, Schaffhausen, St. Gallen, Appenzell, Thurgau, Jura, Wallis, Freiburg und<br />

Tessin vertreten. Beispiele <strong>für</strong> selbständige öffentlich-rechtliche Organisationen sind die<br />

Sanität Zürich und die Sanität Basel. Private Anbieter sind in den Kantonen Aargau, Zug,<br />

Schwyz, Bern, Solothurn, Baselland, Thurgau, St. Gallen, Graubünden, Wallis, Genf,<br />

Waadt, Freiburg, Neuenburg und Tessin zu finden.<br />

Wie aus dieser Aufstellung hervorgeht, kommen in den meisten Kantonen verschiedene<br />

Arten von Anbietern vor. Im Kanton Bern beispielsweise ist die Sanitätspolizei <strong>für</strong> ca.¹/3 der<br />

22 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1993. Modellvorstellungen <strong>für</strong> das <strong>Rettungswesen</strong> in der Schweiz.<br />

Das <strong>Rettungswesen</strong> <strong>im</strong> Alltag. Bericht des IVR an die <strong>Schweizer</strong>ische Sanitätsdirektorenkonferenz, S. 12.<br />

23 Vgl. Roos, Beat. 1993. Einführung durch den Tagungsleiter. In: SGGP: Notfallpatient: <strong>Rettungswesen</strong><br />

Schweiz. SGGP-Tagung vom 19. März 1992 <strong>im</strong> Kongresshaus Zürich. Schriftenreihe der <strong>Schweizer</strong>ischen<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Gesundheitspolitik SGGP, No. 26. Muri: SGGP.<br />

10


Einwohner zuständig. Zudem führt jedes der Bezirks- und Regionalspitäler einen Rettungsdienst.<br />

Schliesslich bestehen zusätzlich ca. sechs private Anbieter. Im Kanton Aargau<br />

wiederum teilen sich neun Regional- bzw. Kantonsspitäler und zwei private Anbieter<br />

(Intermedic AG und Neeser) den Markt. Die Region Aarau kann zusätzlich auf einen privaten,<br />

spezialisierten Patiententransportdienst <strong>für</strong> sekundäre, vorgeplante Patiententransporte<br />

mit Intensivpflege (Patientenverlegung mit hohem medizinischem Risiko) zurückgreifen.<br />

Im Kanton St. Gallen werden die Rettungsdienste von den öffentlichen Spitälern und die<br />

Transportdienste von vier privaten Anbietern betrieben.<br />

11


3. Rettungskonzepte<br />

Verschiedene Kantone wie Aargau 24 , Wallis 25 und Graubünden 26 verfassten in den letzten<br />

Jahren ein Rettungskonzept. Wichtiges Ziel aller Rettungskonzepte war dabei die Einführung<br />

der einheitlichen Sanitätsnotrufzentrale 144. Diese wurde inzwischen in der ganzen<br />

Schweiz realisiert. Noch <strong>im</strong> Jahre 1993 hatten erst 10 Kantone eine Sanitätsnotrufzentrale<br />

144 in Betrieb. Die Kantone Graubünden und Neuenburg führten sie als letzte ein. Die<br />

Sanitätsnotrufzentrale 144 entscheidet jeweils über die Schwere des Falles und best<strong>im</strong>mt,<br />

welche Rettungsmittel einzusetzen sind.<br />

Weiter werden in den Rettungskonzepten Qualitätsziele (vgl. Kapitel 5) und die Organisation<br />

und die Verantwortlichkeit <strong>für</strong> die verschiedenen Aufgaben <strong>im</strong> <strong>Rettungswesen</strong> dargestellt.<br />

Eine vorbildliche Organisationsstruktur wählte beispielsweise der Kanton Wallis, welcher die<br />

kantonale Dachorganisation KWRO ins Leben rief. Aufgrund gesetzlicher Grundlagen 27 hat<br />

der Staatsrat den Leistungsauftrag der KWRO zu formulieren, welcher den Aufbau und den<br />

Betrieb einer Alarm- und Einsatzzentrale Nr. 144, die Erarbeitung von Richtlinien <strong>für</strong> Anforderungen<br />

an das Personal und an die Qualitätskontrolle, die Durchführung der Qualitätskontrolle<br />

und der Qualitätssicherung sowie zahlreiche weitere Aufgaben umfasst. 28 Im Kanton<br />

Graubünden ist der Bündner Ärzteverein mit der Organisation des ärztlichen Notfalldienstes<br />

betraut. Der Bündner Ärzteverein und das Gesundheitsamt schlossen diesbezüglich<br />

einen Zusammenarbeitsvertrag ab, wobei der Bündner Ärzteverein durch das Gesundheitsamt<br />

<strong>für</strong> den Organisationsaufwand vergütet wird. Die Leistungsaufträge weiterer verschiedener<br />

Rettungsorganisationen (Einsatzleitstelle Sanitätsnotruf 144, Rettungsdienste<br />

der Spitalregionen, Pistenrettungsdienste der Seilbahn- und Skiliftunternehmungen, SAC,<br />

Feuerwehren und Feuerwehrstützpunkte, Kantonspolizei usw.) werden <strong>im</strong> Bündner Rettungskonzept<br />

detailliert aufgeführt.<br />

Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich legte 1995 das «Konzept <strong>für</strong> das <strong>Rettungswesen</strong><br />

<strong>im</strong> Kanton Zürich» zur Vernehmlassung vor. Der Vorschlag, einen kantonalen Rettungsdienst<br />

oder einen Rettungsverbund einzuführen, fand nur sehr wenige Be<strong>für</strong>worter.<br />

Die Gesundheitsdirektion respektierte schliesslich den Wunsch der Rettungsdienste und<br />

der hinter ihnen stehenden Trägergemeinden, die Autonomie zu wahren.<br />

24 Vgl. Das Aargauische <strong>Rettungswesen</strong> 2005. Rettungskonzept, Auftrag, Perspektiven, Massnahmen,<br />

November 1995.<br />

25 Vgl. Globalkonzept Walliser Rettungsorganisation, November 1996.<br />

26 Vgl. Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement des Kantons Graubünden. 1999. Rettungskonzept<br />

Graubünden.<br />

27 Vgl. Gesetz über die Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (541), Art. 6 und Verordnung über die<br />

Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (542), Art. 2ff.<br />

28 Vgl. Globalkonzept Walliser Rettungsorganisation, November 1996, S. 23.<br />

12


Im Kanton Bern arbeitet eine Arbeitsgruppe intensiv an einem Rettungskonzept, welches<br />

bis Ende 2001 fertiggestellt werden soll. Die Kantone St. Gallen, Basel-Stadt und Baselland<br />

kennen kein formelles Rettungskonzept.<br />

13


4. Abgrenzung der Einsatzgebiete<br />

Bei allen befragten Rettungsdiensten sind die Einsatzgebiete klar definiert. Es kommt nicht<br />

mehr vor, dass zwei Rettungsdienste gleichzeitig an einem Notfallort erscheinen. Oft entsprechen<br />

die Einsatzgebiete der öffentlichen Rettungsdienste den Spitalregionen der jeweiligen<br />

Kantone. Pro Spitalregion können dabei durchaus mehrere Rettungsdienste zugeteilt<br />

sein.<br />

Im Kanton Aargau beispielsweise wurden die neun spitalgebundenen Rettungsdienste und<br />

zwei private Anbieter den neun Spitalregionen zugeteilt. Die Einsatzgebiete wurden entsprechend<br />

der Einhaltung der 15-Minuten-Zeitspanne zwischen Alarmeingang und Eintreffen<br />

des Rettungsdienstes vor Ort zugewiesen. Die Einsatzgebiete der spitalgebundenen<br />

Rettungsdienste decken sich mit den Spitalregionen, ausser bei jenen Gemeinden, <strong>für</strong><br />

welche die beiden privaten Anbieter zuständig sind. Auch <strong>im</strong> Kanton Wallis entsprechen die<br />

sechs Spitalzonen den Einsatzzonen <strong>für</strong> öffentliche Rettungsdienste. Den Bedürfnisnachweis<br />

<strong>für</strong> Rettungsdienste und Fahrzeuge erarbeitet dabei die KWRO. Sie unterbreitet dem<br />

Staatsrat über die kantonale Gesundheitsplanungskommission u.a. eine Empfehlung zur<br />

Anzahl der notwendigen öffentlichen Rettungsdienste, wobei der Staatsrat schlussendlich<br />

zu entscheiden hat. Mit der Schliessung oder Fusionierung von Spitälern reduzieren sich oft<br />

auch die Spitalregionen und die angegliederten Rettungsdienste. Beispielsweise reduzierte<br />

sich <strong>im</strong> Kanton Bern die Anzahl der spitalgebundenen Rettungsdienste durch die Zusammenlegung<br />

verschiedener Spitäler. Der Kanton Bern möchte die Einsatzgebiete mit dem<br />

neuen Rettungskonzept (vgl. Kapitel 3) neu definieren. Im Kanton St. Gallen entsprechen<br />

die Einsatzgebiete der Rettungsdienste den bisherigen Spitalregionen, wobei diese voraussichtlich<br />

per 1.1.2002 auf vier Versorgungsregionen reduziert werden. Auch <strong>im</strong> Kanton<br />

Graubünden sind die Rettungsdienste gemäss den Spitalregionen zugeteilt. Allerdings stellte<br />

man fest, dass es Regionen gibt, die nicht innerhalb von 30 Minuten von einem Spital<br />

aus erreicht werden können. Deshalb wurden zusätzliche Stützpunkte errichtet, welche<br />

einen Leistungsauftrag eines Regionalspitals haben (z.B. Stützpunkt Arosa, welcher dem<br />

Spital Chur angegliedert ist).<br />

Für die rettungsdienstliche Alarmierung und Versorgung von Grenzregionen, welche<br />

schneller durch einen ausserkantonalen Rettungsdienst bedient werden können, haben<br />

die Kantone Verträge bzw. Vereinbarungen mit ihren Nachbarkantonen abgeschlossen.<br />

14


5. Qualität<br />

Die Versorgung der Notfallpatienten ist qualitativ nur so gut wie das schwächste Glied der<br />

Rettungskette (vgl. Abbildung 1). Bei den Notfallstationen der Spitäler hat die Schweiz ein<br />

hohes Qualitätsniveau erreicht. Auch die Alarmierung wurde mit den in der ganzen Schweiz<br />

eingeführten Sanitätsnotfallzentralen 144 entscheidend verbessert. Handlungsbedarf besteht<br />

vor allem bei der eigentlichen Rettung und be<strong>im</strong> Transport.<br />

Erste Hilfe<br />

Laienhilfe<br />

Abbildung 1: Die Rettungskette<br />

Alarmierung<br />

Rettung<br />

Professionelle<br />

Hilfe<br />

Transport<br />

Notfallstation<br />

Klinik<br />

Eine qualitativ hochstehende Notfallversorgung der Bevölkerung erfordert, dass nicht nur<br />

einzelne, sondern alle Glieder der Rettungskette verbessert werden. Durch einen qualitativ<br />

hochstehenden Rettungsdienst können gemäss einer vielzitierten Studie von G. Riediger<br />

volkswirtschaftliche Kosten gespart werden. G. Riediger stellte anhand des Rettungsdienstes<br />

in Unterfranken dar, wie hoch die Einsparungen durch einen qualifizierten Rettungsdienst<br />

<strong>im</strong> Jahr 1978 gewesen sein dürften. 29 Er schätzt, dass durch die Verhinderung von<br />

100 Todesfällen, durch die Vermeidung von dauerhafter Behinderung (45 Fälle) und zeitweiliger<br />

Behinderung (80 Fälle) sowie durch die Verkürzung der Liegezeiten in Intensivstationen<br />

(5000 Tage) 80 Mio. DM an volkswirtschaftlichen Kosten gespart werden konnten. Im Jahre<br />

1978 gab Unterfranken 15 Mio. DM <strong>für</strong> den Rettungsdienst aus. Damit hat Unterfranken<br />

durch die Leistungen des Rettungsdienstes einen Nutzenüberschuss von 65 Mio. DM generiert.<br />

Jede D-Mark, die in Unterfranken <strong>für</strong> den Rettungsdienst ausgegeben wurde, führte<br />

damit zu einem volkswirtschaftlichen Gewinn von guten 4 D-Mark. Gemäss Prof. P. Sefrin,<br />

der in den 80er Jahren zusammen mit G. Riediger die Notfallrettung in Unterfranken untersuchte<br />

30 , wurden seit der genannten Studie von G. Riediger keine neueren Untersuchungen<br />

zum volkswirtschaftlichen Nutzen des <strong>Rettungswesen</strong>s durchgeführt.<br />

29 Vgl. Riediger, Gernot. 1985. Modellversuch Notfallrettung Unterfranken. Dokumentation Band II. Zur<br />

Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Rettungsdienstes. Bonn: Deutscher Verkehrssicherheitsrat und<br />

Bayerisches Staatsministerium des Innern.<br />

30 Vgl. Riediger, Gernot und Peter Sefrin. 1980. Modellversuch Notfallrettung Unterfranken. Dokumentation<br />

Band I. Bonn: Deutscher Verkehrssicherheitsrat und Bayerisches Staatsministerium des Innern.<br />

15


Unabhängig davon, ob auch die Versicherer durch einen qualitativ hochstehenden Rettungsdienst<br />

Kosten sparen, ist es <strong>für</strong> ihre Glaubwürdigkeit und ihre Reputation wichtig,<br />

dass sie sich <strong>für</strong> eine gute Qualität des <strong>Rettungswesen</strong>s einsetzen. 31 Die Versicherer haben<br />

eine Steuerungsmöglichkeit der Qualität, indem sie beispielsweise beschliessen, nur qualitativ<br />

hochstehende Notfall- und Krankentransporte zu vergüten.<br />

Die Qualität des <strong>Rettungswesen</strong>s hängt nicht nur von der Qualifikation des Rettungspersonals,<br />

sondern auch von der technischen Ausrüstung und der Organisationsform ab. Die<br />

Organisationsform hat einen wesentlichen Einfluss auf die Zeitspanne zwischen dem Eintreffen<br />

des Notrufs und der Ankunft der Rettungsequipe. In der Schweiz ist die Qualität der<br />

zahlreichen Rettungsdienste erwartungsgemäss höchst unterschiedlich. Im allgemeinen<br />

wird der Qualitätssicherung in städtischen Agglomerationen mehr Aufmerksamkeit geschenkt<br />

als in ländlichen Regionen. Gesamtschweizerisch kann allerdings festgestellt werden, dass<br />

sich das Prinzip des Advanced Life Support <strong>im</strong>mer mehr durchsetzt und das Prinzip des<br />

Basic Life Support ersetzt. Mit anderen Worten geht es <strong>im</strong>mer weniger nur noch darum,<br />

den Notfallpatienten möglichst schnell in das nächstgelegene Spital zu transportieren. Vielmehr<br />

sollen bereits vor Ort lebensrettende Massnahmen ergriffen werden.<br />

5.1. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong> (IVR)<br />

Der IVR ist der schweizerische Dachverband <strong>für</strong> die Rettung und setzt sich seit Jahren <strong>für</strong><br />

eine Verbesserung des Qualitätsstandards <strong>im</strong> <strong>Rettungswesen</strong> ein. Mitglieder des als Verein<br />

organisierten Verbandes sind alle Kantone, einzelne Rettungsdienste und Fachorganisationen<br />

wie die Rega, der Samariterverein oder die Notärzte. 1993 arbeitete der IVR <strong>im</strong> Auftrag<br />

der <strong>Schweizer</strong>ischen Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) Modellvorstellungen <strong>für</strong> das <strong>Rettungswesen</strong><br />

aus, welche von der SDK genehmigt wurden. Der IVR schlägt dabei folgendes<br />

Massnahmenpaket vor:<br />

1. Schaffung einer zu den übrigen Pflegeberufen durchlässigen anerkannten Berufsausbildung<br />

«Rettungssanitäter»<br />

2. Flächendeckender Aufbau von operationellen Sanitätsnotrufzentralen 144<br />

3. Einführung einer Qualitätskontrolle der Rettungsdienste und einer Bewilligungspflicht <strong>für</strong><br />

Rettungsdienste auf kantonaler Ebene<br />

4. Aufbau eines Notarztnetzes<br />

5. Förderung der Notfallaus- und -weiterbildung der praktizierenden Ärzte<br />

31 Vgl. auch Morger, Willi. 1990. Gedanken zum <strong>Rettungswesen</strong> in der Schweiz aus der Sicht eines<br />

Unfallversicherers. MTK-Mitteilungen 14/1990.<br />

16


6. Vergleichbare Datenerfassung <strong>für</strong> die Rettungseinsätze mit dem Ziel der Qualitätssicherung<br />

7. Förderung der Laienausbildung in Erster Hilfe <strong>für</strong> best<strong>im</strong>mte Berufe und Funktionen<br />

Erreicht wurde seither die schweizweite Einführung der Sanitätsnotrufzentralen 144 und die<br />

Schaffung der vom SRK anerkannten Berufsausbildung «Rettungssanitäter» (vgl. Abschnitt<br />

5.2.). Die Bewilligungspflicht <strong>für</strong> Rettungsdienste ist erst in ca. ¾ aller Kantone eingeführt<br />

(vgl. Abschnitt 1.1.). Der IVR engagierte sich seither v.a. in Qualitätsfragen und arbeitete<br />

diverse Richtlinien aus. 1994 veröffentlichte der IVR Richtlinien über die Ausrüstung von<br />

Sanitätsfahrzeugen 32 , und 1997 verfasste er Qualitätskriterien <strong>für</strong> Rettungsdienste 33 .<br />

Zahlreiche Richtlinien wie diejenigen über die Notarztausrüstung 34 , die Kompetenzen <strong>für</strong><br />

nichtärztliches Personal 35 oder die Behandlung der allgemeinen Unterkühlung und der lokalen<br />

Kälteschäden 36 folgten. 1998 hat die SDK dem IVR das Mandat zur Qualitätssicherung<br />

<strong>im</strong> <strong>Rettungswesen</strong> übertragen. 37 Alle weiteren oben genannten Ziele wurden bisher nicht<br />

oder nur teilweise erreicht.<br />

5.1.1. Anerkennung von Rettungsdiensten<br />

In Ausführung des Mandates der <strong>Schweizer</strong>ischen Sanitätsdirektorenkonferenz hat eine<br />

Fachgruppe des IVR die erste Version der «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten»<br />

Ende 1999 zur Vernehmlassung unterbreitet. Diese Best<strong>im</strong>mungen beinhalten<br />

<strong>im</strong> Grundsatz nichts, was nicht schon in den Richtlinien «Qualitätskriterien <strong>für</strong> Rettungsdienste»<br />

enthalten war. Der Unterschied besteht vor allem darin, dass in den «Best<strong>im</strong>mungen<br />

über die Anerkennung von Rettungsdiensten» nicht nur Soll-Vorgaben, sondern auch<br />

l<strong>im</strong>itierte Muss-Vorgaben festgelegt wurden, damit ein Betrieb überhaupt als Rettungsdienst<br />

anerkannt werden kann. Die Soll-Kriterien sollen in der Regel bis zum Jahr 2005 erfüllt werden.<br />

Ein vom IVR anerkannter Rettungsdienst dürfte sich «Anerkannter Rettungsdienst IVR»<br />

nennen, wobei die Anerkennung alle drei Jahre überprüft werden soll. Die Qualität wurde in<br />

Kriterien der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität unterteilt, wobei das Schwergewicht<br />

auf der Struktur- und Prozessqualität liegt. Die Europäischen Normen (EN) werden mit den<br />

«Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten» erfüllt.<br />

32 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1994. Richtlinien <strong>für</strong> den Patiententransport auf der Strasse und<br />

<strong>für</strong> den Bau und die Ausrüstung von Sanitätsfahrzeugen <strong>im</strong> Rettungsdienst.<br />

33 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1997. Qualitätskriterien <strong>für</strong> Rettungsdienste.<br />

34 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1998. Richtlinien <strong>für</strong> die Notarztausrüstung.<br />

35 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1997. Richtlinien <strong>für</strong> Ärzte betreffend die Delegation medizinischer<br />

Kompetenzen an nichtärztliches Personal <strong>im</strong> <strong>Rettungswesen</strong>.<br />

36 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1998. Richtlinien <strong>für</strong> die Behandlung der allgemeinen<br />

Unterkühlung und der lokalen Kälteschäden.<br />

37 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. Kurier 01/1999, S. 6.<br />

17


Diese erste Version der «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten»<br />

stiess in der Vernehmlassung auf Ablehnung. Es wurde gemäss U. B. Krieger, Geschäftsführer<br />

IVR, v. a. kritisiert, dass bei der Dringlichkeitsstufe 1 nur ein Rettungssanitäter vorgesehen<br />

war. Aufgrund dieser Kritik formulierte der IVR die Best<strong>im</strong>mungen in einer zweiten<br />

Fassung 38 strenger. Verschiedene Kantone wie z.B. der Kanton Waadt sind der Ansicht,<br />

dass die Qualitätsanforderungen der zweiten Fassung übertrieben hoch angesetzt sind.<br />

Eine IVR-Kommission wird nun neue Übergangsbest<strong>im</strong>mungen ausarbeiten, welche der<br />

SDK vorgelegt werden sollen. Der IVR möchte die hochgesteckten Qualitätsanforderungen<br />

bzgl. des Personals nochmals überdenken. Ziel des IVR ist es schliesslich, dass die Zertifizierung<br />

eines Rettungsdienstes in Zukunft grundlegende Voraussetzung bildet, damit die<br />

Versicherer die Leistungen bezahlen. Zudem sollen nur anerkannte Rettungsdienste Lehrverträge<br />

<strong>für</strong> Rettungssanitäter SRK abschliessen dürfen.<br />

Einzelne v.a. kleinere Rettungsdienste erfüllen bereits heute die vom IVR geforderten Qualitätsanforderungen<br />

und erhielten die Urkunde «Anerkannter Rettungsdienst IVR». Als erster<br />

schaffte es der kleine Rettungsdienst «Ambulance du Val de Travers» in Couvet, die Urkunde<br />

zu erhalten. Basel-Stadt bietet bzgl. der Aus- und Weiterbildung des Personals mehr,<br />

als die «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten» empfehlen. In Basel-<br />

Stadt erscheinen jeweils zwei Rettungssanitäter am Notfallort. Basel-Stadt hat keine Mitarbeiter<br />

angestellt, die nur eine Transportausbildung oder einen Samariterkurs besuchten.<br />

Bzgl. des Materials bestehen noch einige Kleinigkeiten, die nicht erfüllt sind. Die Rettungsdienste<br />

der Regionalspitäler <strong>im</strong> Kanton St. Gallen erfüllen die technischen Anforderungen<br />

der «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung der Rettungsdienste» des IVR. Da nicht genügend<br />

ausgebildete Rettungssanitäter zur Verfügung stehen, können die Anforderungen<br />

bzgl. des Personals nicht erfüllt werden. Auch die Richtwerte <strong>für</strong> die Einsatzzeiten werden<br />

nur teilweise erreicht. Graubünden erfüllt die Richtwerte <strong>für</strong> die Einsatzzeiten aufgrund der<br />

topographischen Gegebenheiten nicht. In abgelegenen, unwegsamen Regionen ist es<br />

ausserdem aufgrund der Grösse des Rettungswagens nicht möglich, diesen einzusetzen.<br />

Die Betreiber der Stützpunkte (vgl. Kapitel 4) haben zudem oft nur eine Samariterausbildung.<br />

Verschiedene Kantone beziehen sich <strong>im</strong> Gesetz bzw. in der Verordnung auf die IVR-Richtlinien.<br />

Im Kanton Baselland 39 wird beispielsweise gesetzlich festgelegt, dass die IVR-Richtlinien<br />

bzgl. Verfügbarkeit der Dienste, der Ausrüstung und der Ausbildung des Personals zu<br />

erfüllen sind. Im Kanton St. Gallen müssen die Rettungsmittel den Richtlinien des IVR entsprechen.<br />

40 Der Kanton Graubünden bezieht sich <strong>im</strong> Rettungskonzept auf die IVR-Richt-<br />

38 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 2000. Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von<br />

Rettungsdiensten.<br />

39 Vgl. Verordnung über die Organisation des Kranken-, Rettungs- und Leichentransports (281), § 4.<br />

40 Vgl. Verordnung über den Betrieb privater Einrichtungen der Gesundheitspflege (325.11), Art. 16ter.<br />

18


linien. 41 Gemäss U.B. Krieger, Geschäftsleiter des IVR, handelt es sich bei den gesetzlichen<br />

Hinweisen auf die IVR-Richtlinien oft um politische Lippenbekenntnisse. Der Kanton<br />

Wallis wiederum stützt sich weder <strong>im</strong> Gesetz noch <strong>im</strong> Rettungskonzept auf die IVR-Richtlinien,<br />

da die Anforderungen des IVR «recht hoch angesetzt» sind. 42 Die KWRO soll sich<br />

aber laut Rettungskonzept bei der Ausarbeitung des Ausbildungskonzeptes von den Anforderungen<br />

des IVR inspirieren lassen.<br />

5.1.2. Weitere Bestrebungen des IVR<br />

Der IVR will ein Projekt lancieren, welches die Bereitstellung eines geeigneten informationstechnischen<br />

Mediums <strong>für</strong> die zentrale Erfassung und Auswertung der «Einsatzprotokolle<br />

IVR» zum Ziel hat. Mit der Erfassung der Einsatzprotokolle wäre es dem IVR möglich, qualitätsrelevante<br />

Eckwerte <strong>im</strong> <strong>Rettungswesen</strong> zu messen und auszuwerten. Zudem will der IVR<br />

eine Arbeitgruppe und zu einem späteren Zeitpunkt eine Paritätische Kommission bilden,<br />

welche die Anerkennungskriterien <strong>für</strong> die Sanitätsnotrufzentrale 144 erarbeiten. Schliesslich<br />

schlägt der IVR die Trennung von Transportunternehmen und Rettungsdiensten vor. Heute<br />

findet gemäss U.B. Krieger, Geschäftsleiter des IVR, eine Quersubventionierung vom Transport<br />

zur Rettung statt. Es entstehen <strong>im</strong>mer mehr Unternehmen, die nur den Transport anbieten.<br />

Sie sind preiswerter, weil sie keinen 24-Stunden-Service gewährleisten müssen.<br />

5.2. Ausbildung<br />

Ein wichtiger Best<strong>im</strong>mungsfaktor der Qualität ist die Qualifikation des Rettungspersonals.<br />

Die Ausbildung zum Rettungssanitäter IVR 43 , welche von 1977 bis 1999 angeboten wurde,<br />

wies verschiedene Mängel auf. Ein Problem war unter anderem, dass die Rettungssanitäter<br />

IVR keinen Zugang zu den Kaderschulen des <strong>Schweizer</strong>ischen Roten Kreuzes (SRK) hatten.<br />

Aufgrund dieser «bildungspolitischen Sackgasse» konnten sehr viel weniger Rettungssanitäter<br />

ausgebildet werden, als der Markt brauchen würde. Insgesamt absolvierten nur<br />

ca. 1000 Rettungssanitäter die Ausbildung gemäss IVR-Richtlinien. 44 1994 erteilte die SDK<br />

dem SRK den Auftrag, Leitlinien <strong>für</strong> eine dreijährige Grundausbildung <strong>für</strong> Rettungssanitäter<br />

zu konzipieren. Seit dem 1. Juli 1998 kann die dreijährige Ausbildung zum Rettungssanitäter<br />

SRK absolviert werden. Ausbildungsstätten bestehen in den Kantonen Aargau, Bern,<br />

Genf, Tessin und Zürich. Zurzeit dürften in der Schweiz allerdings ca. 1000 ausgebildete<br />

Rettungssanitäter fehlen. Eine Umsetzung der bestehenden IVR-Richtlinien ist deshalb<br />

41 Vgl. Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement des Kantons Graubünden. 1999. Rettungskonzept<br />

Graubünden, S. 6.<br />

42 Vgl. Globalkonzept Walliser Rettungsorganisation, November 1996, S. 31.<br />

43 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1990. Richtlinien betreffend Ausbildung und Einsatz von<br />

Rettungssanitätern IVR.<br />

44 Vgl. http://www.siga-fsia.ch/deutsch/PATIENTEN/pinford.htm.<br />

19


zurzeit aufgrund des fehlenden ausgebildeten Personals in der Praxis nicht umsetzbar. Zur<br />

Überbrückung der Zeit, bis die ersten Rettungssanitäter SRK abschliessen, bieten Bern<br />

und St. Gallen eine verkürzte Ausbildung <strong>für</strong> AKP-Pfleger (1 Jahr) und IPS/OPS/Anästhesiepfleger<br />

(8 Monate) zum Rettungssanitäter SRK an.<br />

Die Ausbildung zum Patiententransporthelfer dauert sechs Tage. Es bestehen IVR-Richtlinien<br />

betreffend Ausbildung und Einsatz von Patiententransporthelfern. 45 Die Weiterbildung<br />

zum Notarzt wird durch die <strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft <strong>für</strong> Notfall- und Rettungsmedizin<br />

(SGNOR) geregelt. 46 Das sogenannte «Fähigkeitsprogramm Notarzt SGNOR» basiert weitgehend<br />

auf den von der Ärztekommission <strong>für</strong> das <strong>Rettungswesen</strong> des <strong>Schweizer</strong>ischen<br />

Roten Kreuzes (AKOR SRK) und vom IVR herausgegebenen Richtlinien vom 4. März 1993<br />

betreffend Weiterbildung zum Notarzt und dessen Tätigkeit.<br />

Unabhängig davon, wie streng der IVR die Richtlinien zum einzusetzenden Personal formulieren<br />

wird, steht fest, dass in Zukunft qualifizierteres Personal eingesetzt werden wird.<br />

Einerseits setzt das SRK in der Ausbildung zum Rettungssanitäter höhere Standards als die<br />

frühere Ausbildung nach den Richtlinien IVR. Andererseits dürften mit der neuen Ausbildung<br />

u.a. aufgrund der besseren Weiterbildungsmöglichkeiten mehr Ausbildungswillige zu finden<br />

sein. Diese ausgebildeten Rettungssanitäter SRK werden vom Markt aufgrund des heutigen<br />

Nachfrageüberhanges sehnlichst erwartet und schnell aufgenommen. Sie werden schlechter<br />

ausgebildetes Personal ersetzen. Dies wird eine Kostensteigerung <strong>im</strong> <strong>Rettungswesen</strong><br />

verursachen.<br />

5.3. Technische und medizinische Ausrüstung<br />

Zur Qualität gehört natürlich auch ein best<strong>im</strong>mter Standard der Fahrzeuge und der medizinischen<br />

Ausrüstung. Die «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten» des<br />

IVR fordern, dass jeder terrestrische Rettungsdienst zumindest über einen Rettungswagen<br />

(Typ C) verfügt, welcher gemäss SN EN 1789 ausgerüstet ist. Der kleinere Einsatzambulanzwagen<br />

(Typ B) soll <strong>für</strong> Rettungsdienste zulässig sein, die nachweislich und mehrheitlich<br />

in schwierigem topographischem Gebiet <strong>im</strong> Einsatz sind oder wenn enge Durchfahrten<br />

oder Unterführungen den Einsatz des Rettungswagens (Typ C) verunmöglichen. 47 Dies ist<br />

zum Beispiel in best<strong>im</strong>mten Gebieten in Graubünden der Fall. Neben dem geforderten<br />

Rettungswagen (Typ C) haben die Rettungsdienste meist auch Krankentransportwagen<br />

45 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1990. Richtlinien betreffend Ausbildung und Einsatz von Patiententransporthelfern.<br />

46 Vgl. <strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft <strong>für</strong> Notfall- und Rettungsmedizin. 1999. Fähigkeitsprogramm Notarzt.<br />

47 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 2000. Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten,<br />

S. 6.<br />

20


(Typ A) in ihrer Flotte, die nur <strong>für</strong> Verlegungstransporte von Patienten, die keine medizinische<br />

Behandlung benötigen, eingesetzt werden. Je nach Organisation des Notfalldienstes<br />

(vgl. Abschnitt 5.5.2.) verfügen die Rettungsdienste zusätzlich über ein Noteinsatzfahrzeug<br />

(NEF), das sich zum Transport des Notarztes und der medizinisch-technischen<br />

Ausrüstung <strong>für</strong> die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen von Notfallpatienten<br />

besonders eignet.<br />

Nicht alle Rettungsdienste verfügen über einen Rettungswagen. Solange Patienten mit<br />

einer (möglichen) Beeinträchtigung der Vitalfunktionen in nützlicher Frist (vgl. Abschnitt 5.4.)<br />

durch einen anderen Rettungsdienst versorgt werden können, ist seitens der Versicherer<br />

nichts gegen Transportdienste, die nur über Kranken-transportwagen verfügen, einzuwenden.<br />

Abgesehen vom Bezug des IVR auf die Europäischen Normen zur Ausrüstung der Rettungsfahrzeuge<br />

gibt der IVR in seinen «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten»<br />

Empfehlungen zur Bekleidung des Rettungspersonals ab.<br />

5.4. Zeit<br />

Ein weiterer wichtiger Qualitätsfaktor ist die Zeitdauer zwischen dem Eintreffen des Notrufes<br />

und der Ankunft des Rettungsdienstes am Notfallort. Untersuchungen zeigen, dass<br />

durch die Verkürzung der Rettungszeit von 20 auf 10 Minuten ca. 20% mehr Notfallpatienten<br />

überleben. Die Überlebensrate von Notfallpatienten, die nach 5 Minuten versorgt werden,<br />

liegt bei 85%. Nach 15 Minuten beträgt die Überlebensrate 72% und nach 20 Minuten<br />

60%. 48<br />

In den «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten» des IVR sind <strong>für</strong> die<br />

Dringlichkeitsstufe 1 49 folgende Richtwerte festgelegt: 10 Minuten (städtisches Gebiet) bzw.<br />

15 Min. (ländliches Gebiet) nach Aufgebot in 90% aller Fälle. Die Anzahl der benötigten<br />

Standorte und die Anzahl der benötigten Rettungsmittel müssen also so ausgestaltet sein,<br />

dass diese Richtwerte eingehalten werden können. In städtischen Gebieten werden die genannten<br />

Richtwerte eher erfüllt als in ländlichen Gebieten. In Basel-Stadt erscheint der Rettungsdienst<br />

in 8 bis 10 Minuten nach dem Notruf am Einsatzort. Im Kanton Aargau dauert<br />

es in 85 bis 90% aller Fälle nicht länger als 15 Minuten. In ländlichen Gebieten und insbe-<br />

48 Vgl. Klein, Hans Balthas. 1979. Makroökonomisch effiziente Rettungssysteme als raumwirtschaftlich<br />

orientierte Sicherheitsinstrumentarien der Verkehrspolitik. Dissertation Universität Würzburg.<br />

49 Unter die Dringlichkeitsstufe 1 fallen die Notfälle mit oder mit möglicher Beeinträchtigung der<br />

Vitalfunktionen (gemäss Notarztindikationenliste der FMH). Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 2000.<br />

Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten.<br />

21


es in 85 bis 90% aller Fälle nicht länger als 15 Minuten. In ländlichen Gebieten und insbesondere<br />

in Bergregionen wird der empfohlene Richtwert von 15 Minuten oft nicht eingehalten.<br />

Im Kanton Graubünden beispielsweise orientierte man sich am Richtwert 30 Minuten,<br />

als es um die Festlegung der Stützpunkte ging (vgl. Kapitel 4).<br />

10 bzw. 15 Minuten sind allerdings bei best<strong>im</strong>mten Diagnosen eine zu lange Zeit. Bei Herzstillstand<br />

beispielsweise sterben mit jeder Minute, die bis zur Defibrillation verstreicht, zehn<br />

Prozent der Patienten. Nach 8 Minuten beispielsweise beträgt die Überlebenschance nur<br />

noch 20%. 50 Deshalb wird nach ergänzenden Lösungen gesucht. In der Region Olten beispielsweise<br />

wurde <strong>im</strong> Januar 2001 ein Pilotprojekt zusammen mit der Feuerwehr lanciert.<br />

Die speziell ausgebildeten Feuerwehrleute führen nun Defibrillatoren mit, wodurch eine Defibrillation<br />

innerhalb von 6 bis 8 Minuten erfolgen kann. Die Ambulanz in der Region Olten<br />

braucht <strong>im</strong> Schnitt 15 Minuten, bis sie am Notfallort eintrifft. Für das Feuerwehrsystem<br />

spricht auch, dass es sehr kostengünstig ist, da es auf einem bestehenden System aufbaut<br />

und weitgehend auf Freiwilligenarbeit beruht. Das in der Schweiz einzigartige Projekt wurde<br />

vorerst auf zwei Jahre veranlagt.<br />

5.5. Organisation<br />

Die Qualität des <strong>Rettungswesen</strong>s hängt natürlich auch davon ab, wie die Rettungsdienste<br />

<strong>im</strong> allgemeinen und wie die Notarztdienste <strong>im</strong> speziellen organisiert sind. Durch eine gute<br />

Organisation kann unter anderem Zeit gespart werden.<br />

5.5.1. Organisation des Rettungsdienstes<br />

Die «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten» des IVR schlagen vor,<br />

dass verschiedene Betriebsabläufe durch Handbücher geregelt werden, wie z.B. Einsatzablauf,<br />

Triage, Unterhalt und Kontrolle von Fahrzeugen, Pflichtenhefte usw. Zu klären wäre,<br />

welchem Qualitätsanspruch die Handbücher gerecht werden müssen. Ausserdem empfiehlt<br />

der IVR, dass die fachliche Leitung einem dipl. Rettungssanitäter und einem Arzt unterliegt.<br />

Es ist fraglich, ob eine ärztliche Leitung in jedem Fall notwendig ist. Wichtig ist, dass der<br />

Rettungsdienst auf ärztliche Beratung zurückgreifen kann. Die Sanität Basel beispielsweise<br />

kann auf einen Anästhesisten des Kantonsspitals Basel zurückgreifen. Dieser n<strong>im</strong>mt an<br />

Sitzungen teil und berät die Sanität Basel. Er stellt der Sanität Basel 40% seiner Arbeitszeit<br />

zur Verfügung.<br />

50 Vgl. NZZ Nr. 301, 27. Dezember 2000, S. 40.<br />

22


5.5.2. Organisation des Notarztdienstes<br />

Der Notarztdienst kann spital- oder praxisgebunden organisiert sein. Auch Mischformen<br />

kommen in der Praxis vor. Spitalgebundene Notärzte sind <strong>im</strong> Spital tätig und rücken <strong>im</strong><br />

Bedarfsfall von dort zum Einsatzort aus. Be<strong>im</strong> praxisgebundenen System leistet eine<br />

Gruppe von zum Notarzt weitergebildeten praktizierenden Ärzten einen Notarztdienst<br />

neben ihrer Praxistätigkeit.<br />

Zu unterscheiden sind weiter drei Einsatzformen, wie der Notarzt zum Notfallort gelangt: 51<br />

● Stationssystem:<br />

Der Notarzt rückt <strong>im</strong> Rettungstransportmittel (Rettungswagen oder Rettungshelikopter)<br />

aus, das am Arbeitsort des Notarztes stationiert ist.<br />

● Abholsystem:<br />

Der Notarzt wird vom Rettungstransportmittel abgeholt und rückt <strong>im</strong> Rettungstransportmittel<br />

aus. Um Zeitverluste zu vermeiden, darf das Rettungstransportmittel nicht in allzu<br />

grosser Entfernung des Notarztes stationiert sein.<br />

● Rendez-vous-System:<br />

Der Notarzt rückt mit einem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) aus; das Rettungstransportmittel<br />

erreicht unabhängig vom Notarzt den Notfallort. Im NEF wird die medizinischtechnische<br />

Ausrüstung <strong>für</strong> die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen<br />

von Notfallpatienten mitgeführt. Mit dem NEF können keine Patiententransporte<br />

durchgeführt werden.<br />

Erfahrungen zeigen, dass in der Schweiz bei rund 10% der Einsätze ein Notarzt dabei ist. 52<br />

Allerdings sind auch hier kantonale Unterschiede zu verzeichnen. Gemäss U.B. Krieger,<br />

Geschäftsführer IVR, wird in einigen Kantonen in ca. 30 bis 35% aller Einsätze und in anderen<br />

nur in 5% der Fälle ein Notarzt beigezogen. Durch die verbesserte Ausbildung der Rettungssanitäter<br />

(vgl. Abschnitt 5.2.) und durch die Möglichkeit der Notärzte, best<strong>im</strong>mte<br />

Kompetenzen an die Rettungssanitäter zu delegieren, kann der Einsatz von Notärzten<br />

beschränkt werden. 53<br />

Im Kanton Aargau ist in ca. 5% der Einsätze ein Notarzt dabei. Diese 5% setzen sich zusammen<br />

aus ca. 4.5% der Fälle, in denen die REGA alarmiert wird und ca. 0,5% der Fälle,<br />

in denen die REGA aufgrund des schlechten Wetters nicht fliegen kann. Anzumerken ist,<br />

dass die REGA <strong>im</strong>mer mit Notärzten ausrückt. In den genannten 0,5% der Fälle, in denen<br />

die REGA aufgrund des schlechten Wetters nicht eingesetzt werden kann, wird ein Anästhesist<br />

mit einem zweiten Rettungswagen vom nächstgelegenen Spital abgeholt und an<br />

51 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1993. Separater Anhang zum Bericht des IVR an die<br />

<strong>Schweizer</strong>ische Sanitätsdirektorenkonferenz. Modellvorstellungen <strong>für</strong> das <strong>Rettungswesen</strong> in der Schweiz.<br />

Das <strong>Rettungswesen</strong> <strong>im</strong> Alltag. Bericht der Subkommission 2: Notärzte.<br />

52 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 2000. Kurier 12/2000. S. 12.<br />

53 Vgl. Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong>. 1997. Richtlinien <strong>für</strong> Ärzte betreffend die Delegation medizinischer<br />

Kompetenzen an nichtärztliches Personal <strong>im</strong> <strong>Rettungswesen</strong>.<br />

23


den Notfallort gebracht. Dabei wird in den Spitälern kein Pikettarzt speziell <strong>für</strong> den Notfalldienst<br />

eingeteilt. Bei Bedarf wird <strong>im</strong> Spital ein Anästhesist gesucht, der gerade frei ist und<br />

zum Notfallort mitfahren kann.<br />

Die Stadt Zürich bestreitet rund 6% ihrer Einsätze mit Notärzten, wobei diese auf unterschiedliche<br />

Art und Weise aufgeboten werden: Während zum Beispiel die Notärzte <strong>im</strong><br />

Triemlispital abgeholt werden, rücken jene aus dem Universitätsspital unabhängig vom<br />

Rettungswagen mit dem NEF der Stadt Zürich aus.<br />

Ein Notarztprojekt mit nationaler Zielrichtung wurde Anfang 2000 vom Zürcher Verein<br />

Remedur lanciert. Gestartet wurde das Projekt mit einem in Dübendorf stationierten NEF,<br />

das die bestehenden Rettungsdienste bei Notfällen <strong>im</strong> Gebiet zwischen Flughafen, Stadt<br />

Zürich und Uster ergänzt. Die Notärzte aus dem Raum Zürich sind nebenamtlich <strong>für</strong><br />

Remedur <strong>im</strong> Einsatz und halten einen 24-Stunden-Pikettdienst aufrecht. Fernziel des Projektes<br />

ist es, ein über die ganze Schweiz verteiltes Notarztnetz mit rund 60 NEF-Standorten<br />

aufzubauen. Gemäss L. Bernoulli, Präsident Remedur, stehen mit den heute ca. 350<br />

ausgebildeten Notärzten SGNOR genügend Fachkräfte zur Verfügung, um in der ganzen<br />

Schweiz ein bodengebundenes Notarztnetz aufzubauen. Ein solches Netz dürfte laut<br />

L. Bernoulli jährlich ca. 60–80 Mio. CHF kosten. Durch die verbesserte Pr<strong>im</strong>ärversorgung<br />

könnten da<strong>für</strong> Heilungs- und Rehabilitationskosten sowie Folgekosten infolge Erwerbsunfähigkeit<br />

von schätzungsweise 250 Mio. CHF gespart werden. Die von den Notärzten<br />

betriebenen Notarztnetze sollen dabei in keiner Weise in Konkurrenz zu den bestehenden<br />

Notfalldiensten mit Notfallärzten treten, was von den Notfallärzten teilweise be<strong>für</strong>chtet wird.<br />

Zu unterscheiden gilt es zwischen dem Aufgabenbereich der Notfallärzte und jenem der<br />

Notärzte. Der Notfallarzt ist in erster Linie da<strong>für</strong> gedacht, dass die Bevölkerung ärztliche<br />

Hilfe in Anspruch nehmen kann, wenn der Hausarzt <strong>im</strong> Notfall nicht erreicht werden kann.<br />

Privatpersonen können den Notfallarzt direkt anfordern. Der Notarzt hingegen ist in die<br />

Rettungsdienste und in die Sanitätsnotrufzentralen 144 eingebunden und kann von Privatpersonen<br />

nicht direkt angefordert werden. Er wird in lebensbedrohlichen Situationen ausschliesslich<br />

von Rettungsdiensten, Polizei oder Ärzten zugezogen.<br />

Basel-Stadt kennt zwei Systeme, welche die Sanität Basel Notarztsystem und Herzarztsystem<br />

nennt. Be<strong>im</strong> Notarztsystem wird der Notarzt von der Sanität Basel <strong>im</strong> Kantonsspital<br />

Basel mit dem NEF abgeholt (Fahrdauer: 1 Min.). Gleichzeitig fahren zwei Rettungssanitäter<br />

mit dem Rettungswagen an den Notfallort. Be<strong>im</strong> Herzarztsystem wird der Notarzt mit dem<br />

Rettungswagen <strong>im</strong> Kantonsspital abgeholt. Für jedes System ist ein Pikettarzt eingeteilt.<br />

In der Westschweiz ist der Notarztdienst vorwiegend <strong>im</strong> Rendez-vous-System organisiert.<br />

In Lausanne kommt in einem Drittel aller Notfälle ein NEF zum Einsatz. 54<br />

54 Vgl. Municipalité de Lausanne, service de presse et d'information. 1998. Urgences médicales: le<br />

Groupe sanitaire de Lausanne est le plus <strong>im</strong>portant service d'ambulances de Suisse romande. Point de<br />

Presse de la municipalité, 18 sept. 1998.<br />

24


6. Subventionen und Gönnerbeiträge<br />

Während die Rettungsdienste öffentlichen Rechts in der Regel Subventionen erhalten, ist<br />

dies bei privaten Rettungsdiensten eher selten der Fall. Die Höhe und die Art der Beiträge<br />

an die Rettungsdienste variieren allerdings stark. Gemäss U.B. Krieger, Geschäftsführer<br />

IVR, liegt der Deckungsgrad, welcher sich in den letzten Jahren erhöhte, heute zwischen<br />

65 und 80%. Die Subventionen erfolgen teilweise auf kantonaler und teilweise auf Gemeindeebene.<br />

Dabei übern<strong>im</strong>mt der Kanton oder die entsprechende Gemeinde ein eventuelles<br />

Defizit. Oft beteiligen sich die Kantone oder die Gemeinden auch an den Infrastrukturkosten.<br />

Im Kanton Aargau beispielsweise werden die Investitionskosten vollumfänglich durch den<br />

Kanton bzw. die Gemeinden übernommen. Die Betriebskosten sollen möglichst durch die<br />

Versicherer gedeckt werden, d.h., die Tarifverträge wurden so ausgestaltet, dass die Betriebskosten<br />

möglichst gedeckt sind. Ein allfälliges Defizit übern<strong>im</strong>mt der Kanton bzw. die<br />

Gemeinden. Die privaten Rettungsdienste erhalten keinerlei Subventionen bzw. keine Defizitdeckung.<br />

Die Sanität Basel wies 1999 bei einem Gesamtaufwand von 10.2 Mio. CHF ein Defizit von<br />

4.2 Mio. CHF aus, welches vom Kanton übernommen wurde. Ausserdem wird der Sanität<br />

Basel keine Miete <strong>für</strong> die Benutzung der Immobilien verrechnet. Sie muss nur <strong>für</strong> die Unterhaltskosten<br />

aufkommen.<br />

Verschiedene Kantone haben die Handhabung der Subventionierung in ihren Gesetzen<br />

oder Verordnungen festgelegt. Im Kanton Bern beispielsweise wird gesetzlich festgelegt,<br />

dass die Gesundheits- und Fürsorgedirektion die Kosten <strong>für</strong> die Anschaffung und den<br />

Unterhalt des sanitätsdienstlichen Materials in den kantonalen Stützpunkten übern<strong>im</strong>mt.<br />

Weiter trägt sie die Kosten <strong>für</strong> die Rekrutierung und die Ausbildung des sanitätsdienstlichen<br />

Fachpersonals sowie die Kosten <strong>für</strong> die Sanitätsnotrufzentrale. Die Polizei- und Militärdirektion<br />

trägt die Kosten <strong>für</strong> die ständige Verfügbarkeit des sanitätsdienstlichen Fach- und<br />

Laienpersonals. 55 Im Wallis beteiligt sich der Kanton an den Weiterbildungs- und Investitionskosten<br />

<strong>für</strong> die Sanitätsnotrufzentrale. 56 Weiter übern<strong>im</strong>mt er max<strong>im</strong>al 40% der Betriebskosten<br />

der Sanitätsnotrufzentrale und der Kantonalen Dachorganisation (KWRO). 57 Schliesslich<br />

beteiligt sich der Kanton an der Beschaffung der Fahrzeuge und der Ausrüstung <strong>für</strong> die<br />

55 Vgl. Verordnung über den Sanitätsdienst in ausserordentlichen Lagen (521.15), Art. 21.<br />

56 Vgl. Gesetz über die Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (541), Art. 15 und 17.<br />

57 Vgl. Gesetz über die Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (541), Art. 18.<br />

25


gemeinnützig anerkannten Ambulanzunternehmen. 58 Zur Erhaltung von Subventionen müssen<br />

entsprechende Gesuche eingereicht werden, die von der KWRO geprüft werden. 59<br />

Im Kanton Graubünden leistet der Kanton Beiträge von 50% der anrechenbaren Kosten an<br />

die Anschaffung und Einrichtung von Fahrzeugen <strong>für</strong> den Notfall- und Krankentransport auf<br />

der Strasse, sofern der entsprechende Dienst in das Rettungskonzept des Kantons eingebunden<br />

ist und er die Auflagen und Bedingungen des Kantons erfüllt. Bei Bedarf kann er<br />

sich auch an den Aus- und Weiterbildungskosten beteiligen. 60 In Spitalregionen, in denen<br />

sich kein beitragsberechtigtes Spital befindet, übern<strong>im</strong>mt der Kanton die nach Abzug eines<br />

angemessenen Beitrages der Gemeinden verbleibenden Kosten der regionalen Organisation<br />

<strong>für</strong> den Notfall- und Krankentransportdienst. 61<br />

In einigen Kantonen wie Freiburg oder Zürich zahlen die Gemeinden einen best<strong>im</strong>mten<br />

Betrag pro Einwohner an die Rettungsdienste. Die Flughafensanität Zürich erhält von den<br />

29 Mitgliedergemeinden 4.– CHF pro Einwohner.<br />

Gönnerbeiträge erhalten jene Rettungsdienste, die sich aktiv darum bemühen. Vor allem<br />

private Anbieter zeigen hier Initiative.<br />

58 Vgl. Gesetz über die Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (541), Art. 19.<br />

59 Vgl. Verordnung über die Organisation des <strong>Rettungswesen</strong>s (542), Art. 13.<br />

60 Vgl. Gesetz über die Förderung der Krankenpflege (506.000), Art. 39.<br />

61 Vgl. Gesetz über die Förderung der Krankenpflege (506.000), Art. 38.<br />

26


7. <strong>Tarifpolitik</strong><br />

Mit welchen Rettungsdiensten haben die Versicherer Verträge abgeschlossen? Wie sind die<br />

Tarife aufgebaut? Welche Anstrengungen wurden bisher unternommen, um die verschiedenen<br />

Tarifnomenklaturen und Tarifberechnungen zu vereinheitlichen? Welche <strong>Tarifpolitik</strong> vertritt<br />

die MTK? Auf diese und weitere Fragen soll dieses Kapitel Antworten geben.<br />

7.1. Bestehende Verträge und Tarifvereinbarungen<br />

Sowohl <strong>für</strong> die UV/MV/IV als auch <strong>für</strong> die Krankenversicherer bestehen zahlreiche unterschiedliche<br />

Tarife. Die MTK/MV/IV und die santésuisse schliessen jeweils separat mit den<br />

verschiedenen Dachorganisationen oder Anbietern von Notfall- und Krankentransporten<br />

Verträge oder Tarifvereinbarungen ab. Wie aus Tabelle 2 ersichtlich wird, sind die UV/MV/IV<br />

<strong>im</strong> Vergleich zu den Krankenversicherern in einer komfortableren Lage, da zurzeit nur noch<br />

<strong>im</strong> Kanton Freiburg Verträge bzw. Tarifvereinbarungen mit einzelnen Rettungsdiensten bestehen.<br />

Die santésuisse hingegen unterhält noch zahlreiche Verträge mit einzelnen Rettungsdiensten.<br />

Bis vor kurzem galt dies auch <strong>für</strong> die MTK/MV/IV. Beispielsweise bestanden<br />

bis Ende 2000 Verträge mit den Sanitätsdiensten Paramedic und Käch in Baselland.<br />

Im Kanton Zürich gelten sowohl <strong>für</strong> die UV/MV/IV als auch <strong>für</strong> die Krankenversicherer die<br />

gleichen Tarife. Vor kurzem kamen auch die Kantone Waadt und Baselland mit dem Anliegen<br />

auf die <strong>Zentralstelle</strong> <strong>für</strong> Medizinaltarife UVG (ZMT) zu, einen Vertrag, basierend auf den<br />

Krankenversicherungsverträgen, auszuhandeln. Die Krankenversicherer wiederum übernahmen<br />

die Verträge der UV/MV/IV mit dem Kanton Wallis und dem Service d'Ambulance de la<br />

Sarine.<br />

Für diejenigen Kantone und Rettungsdienste, welche nicht in Tabelle 2 aufgeführt sind,<br />

bestehen noch keine Verträge oder Tarifvereinbarungen. Die Versicherer zahlen auch Rechnungen<br />

von Rettungsdiensten, mit welchen kein Vertrag und keine Vereinbarung besteht.<br />

Die Preise werden in Anlehnung auf bestehende Verträge gebildet.<br />

Bei den spitalgebundenen Rettungsdiensten sind die Notfall- und Krankentransporte in den<br />

meisten Kantonen in der Spitaltaxe enthalten. Ausnahmen sind <strong>im</strong> Unfallversicherungsbereich<br />

die Kantone Bern, Freiburg und Waadt, in welchen die Spitäler die Notfall- und Krankentransporte<br />

teilweise gesondert in Rechnung stellen.<br />

27


Verträge oder<br />

Tarifvereinbarungen<br />

mit einzelnen<br />

Rettungsdiensten<br />

Verträge oder<br />

Tarifvereinbarungen<br />

mit kantonalen<br />

Dachorganisationen<br />

28<br />

UV/MV/IV KV<br />

Intermedic AG und Neeser (AG)<br />

Centre de Premier Centre de Premier Secours Sanitaires de la Glâne,<br />

Secours Sanitaires de Romont (FR)<br />

la Glâne, Romont (FR),<br />

gültig seit 1.9.1996<br />

Service d'Ambulance de Service d'Ambulance de la Sarine (FR)<br />

la Sarine (FR), 1.1. 2001<br />

Ambulance de Morat, Meyriez (FR)<br />

Ambulanz Sense (P. Boschung), Wünnewil (FR)<br />

Kantonsspital Glarus (GL)<br />

Ambulanz (E. Berther), Sedrun (GR)<br />

Digi-Ambulanz (JU)<br />

Service d'Ambulance Roland, Neuchâtel (NE)<br />

Kantonsspital Olten, Bürgerspital Solothurn, Ambulanz<br />

und Rettungsdienst der Stadtpolizei Grenchen (SO)<br />

Kantonsspital Frauenfeld und Münsterlingen (TG)<br />

Rettungsdienst Herz-Zentrum Bodensee, Ambulanzdienst<br />

Arbon, Stadt Bischofszell, Gemeinde Weinfelden<br />

(TG)<br />

AG, 1.1.2001 AG<br />

AI, AR<br />

BL, 1.1.2001 BL<br />

BS, 1.1.1999 BS<br />

GR<br />

JU<br />

SG<br />

VD, 1.1.2001 VD<br />

VS, 1.1.2000 VS<br />

ZH, 1.9.1998 ZH<br />

Tabelle 2: Verträge und Tarifvereinbarungen der Unfallversicherer, der Militärversicherung und der Invalidenversicherung<br />

sowie der Krankenversicherer<br />

7.2. Elemente einer Tarifnomenklatur<br />

Bei der Ausgestaltung der Tarifnomenklatur können folgende Elemente herangezogen werden:<br />

● Dringlichkeitsgrad<br />

● Zeitdauer pro eingesetzte Person<br />

● Anzahl eingesetzte Personen mit einer best<strong>im</strong>mten Ausbildung


● Zeitpunkt (Nacht, Wochenende, Feiertage)<br />

● Kosten <strong>für</strong> Material, Medikamente, Administration, Reinigung usw.<br />

● Gefahrene Kilometer<br />

Nicht in allen Verträgen werden jedoch alle Elemente berücksichtigt.<br />

Be<strong>im</strong> ersten Element, dem Dringlichkeitsgrad, wird häufig zwischen Pr<strong>im</strong>är- und Sekundärtransporten<br />

unterschieden. Bei Pr<strong>im</strong>äreinsätzen (Notfalltransporte bzw. Rettungen) handelt<br />

es sich um einen nicht planbaren Einsatz der Dringlichkeitsstufe 1 oder allenfalls 2. Sekundärtransporte<br />

(Krankentransporte) sind medizinisch notwendige Transporte und meistens<br />

planbar. Es kann sich dabei sowohl um einen Verlegungstransport von einem Spital ins andere<br />

oder auch um einen Transport zu einem zugelassenen Leistungserbringer handeln. 62<br />

Alle Tarife der UV/MV/IV unterscheiden zwischen Pr<strong>im</strong>är- und Sekundärtransporten. Die<br />

Kantone Aargau und das Wallis kennen eine zusätzliche Unterscheidung der Pr<strong>im</strong>ärtransporte<br />

in drei Dringlichkeitsstufen. Baselland unterscheidet die Pr<strong>im</strong>ärtransporte in Einsätze,<br />

die mit dem Rettungstransportwagen und Einsätze, die mit der Einsatzambulanz durchgeführt<br />

werden, wie dies die Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+ vorschlägt (vgl. Abschnitt<br />

7.3. und Anhang). Allerdings verrechnet Baselland <strong>für</strong> beide Fahrzeuge den gleichen Tarif.<br />

In allen UV/MV/IV-Tarifen wird die Zeitdauer der Pr<strong>im</strong>ärtransporte berücksichtigt. In der<br />

Grundtaxe ist jeweils die erste Stunde inbegriffen. Jede zusätzlich zur Grundtaxe geleistete<br />

Viertelstunde kann separat verrechnet werden. Aargau, Basel-Stadt, Zürich und das Wallis<br />

kennen zudem auch eine Verrechnung der Zeitdauer <strong>für</strong> die Sekundärtransporte. Die Anzahl<br />

der eingesetzten Personen mit einer best<strong>im</strong>mten Ausbildung wird nur <strong>im</strong> Kanton Baselland<br />

explizit <strong>im</strong> Vertrag erwähnt. Der Vertrag in Baselland spricht von zwei Rettungssanitätern<br />

<strong>für</strong> Pr<strong>im</strong>ärtransporte und von einem Rettungssanitäter und einem Transporthelfer <strong>für</strong><br />

Sekundärtransporte. Bei der Vergütung des Notarzteinsatzes verweisen die Krankenversicherer<br />

mit Ausnahme von Basel-Stadt auf den kantonalen Arzttarif. Die UV/MV/IV hingegen<br />

beziehen sich nur <strong>im</strong> Kanton Aargau auf den Arzttarif und den Spitalleistungskatalog. In<br />

den übrigen Verträgen der UV/MV/IV (mit Ausnahme von Freiburg) werden der Notarzt und<br />

das Notfalleinsatzfahrzeug inkl. Fahrer tarifiert. Ausser dem Kanton Aargau und dem Service<br />

d'Ambulance de la Sarine enthalten alle Verträge der UV/MV/IV einen Nacht-, Wochenend-<br />

und Feiertagszuschlag. Allerdings wird die Dauer der Nacht unterschiedlich definiert,<br />

und teilweise gelten keine Zuschläge <strong>für</strong> den Samstag, sondern nur <strong>für</strong> den Sonntag. Die<br />

Kosten <strong>für</strong> Material, Medikamente, Administration usw. werden mit Ausnahme von Baselland<br />

und Waadt separat in Rechnung gestellt.<br />

62 Für eine detaillierte Definition der Begriffe «Pr<strong>im</strong>är- und Sekundärtransporte» vgl. auch die Vereinbarung<br />

IVR/santésuisse/H+ <strong>im</strong> Anhang.<br />

29


Die gefahrenen Kilometer sind je nach Kanton und je nachdem, ob es sich um Pr<strong>im</strong>är- oder<br />

Sekundärtransporte handelt, in der Grundtaxe inbegriffen oder nicht. In den Kantonen Aargau<br />

und Baselland sind die gefahrenen Kilometer bei den Pr<strong>im</strong>ärtransporten in der Grundtaxe<br />

enthalten. Im Kanton Waadt sind die ersten 30 km inbegriffen. Bei den Sekundärtransporten<br />

werden die Kilometer dagegen meist zusätzlich zur Grundtaxe verrechnet, wobei die<br />

Preise in den Kantonen Basel-Stadt, Waadt, Wallis und Zürich mit zunehmender Distanz<br />

sinken. Beispielsweise ist <strong>im</strong> Kanton Wallis der km-Tarif bis 50 km höher angesetzt als der<br />

km-Tarif ab 50 km. In den Kantonen Baselland und Waadt hingegen sind die ersten 25<br />

bzw. 30 km in der Grundtaxe der Sekundärtransporte enthalten.<br />

7.3. Tarifnomenklatur und Kostenmodell IVR/santésuisse/H+<br />

1997 legte eine Arbeitsgruppe, welche sich aus Vertretern des IVR, der santésuisse und<br />

der H+ zusammensetzte, einen Vorschlag <strong>für</strong> eine gesamtschweizerische Tarifnomenklatur<br />

und ein Kostenmodell zur Tarifberechnung vor. Das Kostenmodell wurde anhand der Daten<br />

der Sanität Basel entwickelt und überprüft. Massgebliche Arbeit leisteten dabei H. Bittel,<br />

ehemalige Leiterin Finanzen, Sanitätsdepartement Basel, und F.D. Pfammatter, ehemaliger<br />

Leiter der Sanität Basel und Vizepräsident des IVR.<br />

Obwohl innerhalb der Arbeitsgruppe Konsens bezüglich der Tarifnomenklatur und dem<br />

Kostenmodell herrschte, hat der Verwaltungsrat der santésuisse schliesslich nur die Tarifnomenklatur<br />

(mit einem Vorbehalt bzgl. der Tarifierung des NEF) gutgeheissen. Das Kostenmodell<br />

wurde von der santésuisse unter anderem deshalb abgelehnt, weil sich die Preise<br />

mit der Anwendung des Kostenmodells stark erhöht hätten. Kritisiert wurde u.a., dass <strong>im</strong><br />

Modell die Einnahmen durch andere Kostenträger (z.B. in Form von Steuergeldern) nicht<br />

berücksichtigt wurden. Zudem hätte sich die santésuisse eine Pauschalierung des medizinischen<br />

Materials gewünscht, was <strong>im</strong> Kostenmodell anfänglich auch vorgesehen war. Die<br />

letzte Fassung des Kostenmodells beinhaltete dann allerdings 16 verschiedene Materialpauschalen.<br />

Bzgl. des NEF wollte die santésuisse die gesetzliche Regelung resp. die kantonale<br />

Zulassung des NEF abwarten, bevor dieses tarifiert werden sollte. Die Zulassung ist<br />

heute geregelt. Seit dem 20. August 1998 gelten neue Weisungen des Eidgenössischen<br />

Departements <strong>für</strong> Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation <strong>für</strong> die Erteilung der Bewilligung<br />

zur Ausrüstung von Fahrzeugen mit Blaulicht und Wechselklanghorn sowie deren<br />

Verwendung. Die Verwendung von Blaulicht und Wechselklanghorn wird dabei unter anderem<br />

nur bei Einhaltung der IVR-Richtlinien betreffend Rettungswagen, Einsatzambulanz,<br />

Krankentransportwagen und Einsatzfahrzeug <strong>für</strong> Notärzte gestattet.<br />

30


Am 1.7.1997 unterzeichneten der IVR, die santésuisse und die H+ eine Vereinbarung,<br />

welche die «Tarifstruktur 63 <strong>für</strong> Pr<strong>im</strong>är- und Sekundärtransporte sowie Ausführungen zum<br />

Tarif mit bodengebundenen Ambulanz- und Sonderfahrzeugen» regeln sollte (vgl. Anhang).<br />

Die Vertragspartner wollten sich an die vorgegebene Tarifnomenklatur und nach einer Übergangsfrist<br />

von fünf Jahren an die vereinbarten Qualitätskriterien halten. Unter anderem<br />

wurde best<strong>im</strong>mt, dass bei Transporten der Dringlichkeit D1 Rettungswagen nach IVR mit<br />

zwei Rettungssanitätern und einem Notarzt nach IVR eingesetzt werden müssen. Bei Nichteinhaltung<br />

der Qualitätsrichtlinien sollten ab dem 1.1.2003 keine Zahlungen der Krankenversicherer<br />

mehr erfolgen.<br />

Der IVR führte bei verschiedenen Kantonen eine Vernehmlassung zur Vereinbarung IVR/<br />

santésuisse/H+ durch. Schliesslich erklärte sich auch die SDK mit dieser einverstanden.<br />

Die Vereinbarung IVR/santésuisse/H+ von 1997 wurde dem Bundesamt <strong>für</strong> Sozialversicherung<br />

(BSV) zur Genehmigung vorgelegt. Erst Mitte 2001 teilte das BSV den Vertragspartnern<br />

seine Bedenken mit. Das BSV bedauert, dass es sich bei der Vereinbarung nur um<br />

eine Tarifnomenklatur und nicht um eine mit Taxpunkten hinterlegte Tarifstruktur handelt.<br />

Nun wartet das BSV die Stellungnahme der Vertragspartner ab.<br />

Inzwischen hat auch der IVR erkannt, dass die Qualitätskriterien in der Vereinbarung IVR/<br />

santésuisse/H+ von 1997 zu hoch angesetzt waren. Er realisierte, dass in der Schweiz bis<br />

1.1.2003 kaum genügend Rettungssanitäter zur Verfügung stehen werden, um bei jedem<br />

Notfalltransport zwei Rettungssanitäter einzusetzen, wie dies die Vereinbarung IVR/santésuisse/H+<br />

vorsieht. Der IVR möchte sich deshalb von der Vereinbarung IVR/santésuisse/H+<br />

von 1997 zurückziehen und sich da<strong>für</strong> einsetzen, dass die Krankenversicherer nur noch<br />

zahlen, falls die «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung von Rettungsdiensten» von 2000<br />

eingehalten werden (vgl. Abschnitt 5.1.1.). Diese Best<strong>im</strong>mungen sind weniger streng als die<br />

Qualitätskriterien in der Vereinbarung von 1997.<br />

Einige Kantone stützten sich bei der Entwicklung der Tarifnomenklatur und des Kostenmodells<br />

auf die Vereinbarung IVR/santésuisse/H+ und auf das vom IVR, der santésuisse<br />

und H+ entwickelte Kostenmodell. Der Kanton Baselland beispielsweise entschied sich <strong>im</strong><br />

grossen und ganzen <strong>für</strong> die Tarifnomenklatur der Vereinbarung IVR/santésuisse/H+. Die<br />

Tarifnomenklatur und die Preise sind in Baselland <strong>für</strong> alle Leistungserbringer gleich und gelten<br />

sowohl <strong>für</strong> die UV/MV/IV als auch <strong>für</strong> die Krankenversicherer. Dieser einheitliche Tarif<br />

wurde vom Kantonsspital Liestal <strong>im</strong> Auftrag der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion des<br />

Kantons Baselland ausgearbeitet. Der Kanton Aargau stützte sich sowohl bei der Tarifnomenklatur<br />

als auch be<strong>im</strong> Kostenmodell so weit wie möglich auf die Tarifnomenklatur und<br />

63 In der Vereinbarung IVR/santésuisse/H+ von 1997 wird von einer Tarifstruktur gesprochen. Da die<br />

Vereinbarung nicht mit Taxpunkten oder Preisen hinterlegt wurde, handelt es sich allerdings nur um eine<br />

Tarifnomenklatur.<br />

31


das Kostenmodell IVR/santésuisse/H+. Bei der Preisfestlegung orientierte sich der Kanton<br />

Aargau zusätzlich am Sanitätstarif Zürich, am Tarif der Flughafensanität und am Tarif<br />

der umliegenden Kantone. Auch die Kantone Basel-Stadt und Wallis stützten sich auf den<br />

Sanitätstarif Zürich. Dabei wurde der Züricher Tarif an die regional unterschiedlichen<br />

Bedürfnisse angepasst.<br />

Am weitesten entfernt von der Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+ sind die Tarife des<br />

Service d'Ambulance de la Sarine und des Centre de Premier Secours Sanitaires de la<br />

Glâne (Kanton Freiburg). Der Kanton Freiburg möchte aber – basierend auf dem neuen<br />

Gesundheitsgesetz und dem Verordnungsentwurf über die Ambulanzdienste und Patiententransporte<br />

– einen Vertrag auf kantonaler Ebene ausarbeiten.<br />

7.4. Erwartete Kostenentwicklung<br />

Bei einem Preisvergleich der bestehenden Verträge ist festzustellen, dass die Tarife in der<br />

Westschweiz durchschnittlich höher angesetzt sind als in der Deutschschweiz. Die UV/MV/<br />

IV zahlen <strong>für</strong> die Notfall- und Krankentransporte in der Regel mehr oder gleichviel wie die<br />

Krankenversicherer. Einzig <strong>im</strong> Kanton Waadt sind die UV/MV/IV günstiger. In den Kantonen<br />

Baselland, Wallis und Zürich sowie be<strong>im</strong> Service d'Ambulance de la Sarine kosten die Notfall-<br />

und Krankentransporte <strong>für</strong> die UV/MV/IV und Krankenversicherer gleich viel. Für den<br />

Notfallzubringer inkl. Notarzteinsatzfahrzeug bezahlen die Krankenversicherer in den Kantonen<br />

Basel-Stadt und Waadt mehr als die UV/MV/IV.<br />

Die Kosten der Unfallversicherer <strong>für</strong> die Notfall- bzw. Krankentransporte sind in den letzten<br />

Jahren prozentual stärker gestiegen als die gesamten Gesundheitskosten. Grund da<strong>für</strong> ist<br />

hauptsächlich die Tendenz, dass sich das Prinzip des Advanced Life Support <strong>im</strong>mer mehr<br />

durchsetzt und das Prinzip des Basic Life Support ersetzt (vgl. Kapitel 5). Der damit verbundene<br />

vermehrte Einsatz von qualifiziertem Personal und die verbesserte Ausbildung<br />

zum Rettungssanitäter SRK wird die Notfall- und Krankentransporte verteuern. Durch die<br />

höheren Kompetenzen der Rettungssanitäter und deren vermehrten Einsatz wird sich zwar<br />

die Anzahl von Notarzteinsätzen reduzieren. Der Kostenanstieg <strong>für</strong> die zusätzlich eingesetzten<br />

Rettungssanitäter dürfte allerdings höher sein als die Ersparnisse durch weniger Notarzteinsätze.<br />

Eine zusätzliche Preissteigerung der Rettungstransporte ist durch das revidierte Arbeitsgesetz<br />

zu erwarten, welches am 1.8.2000 in Kraft trat und von den betroffenen Betrieben bis<br />

am 31.1.2001 umgesetzt werden musste. Nach dem revidierten Arbeitsgesetz darf ein Arbeitnehmer<br />

nur noch an höchstens sieben Tagen innerhalb von vier Wochen Piketteinsätze<br />

leisten. 64 Bis vor kurzem leisteten die Rettungssanitäter oft während wesentlich längeren<br />

Zeitperioden Pikettdienst.<br />

64 Vgl. Art. 14 und 15 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV1).<br />

32


Abgesehen von Preissteigerungen durch die verbesserte Qualität und das revidierte Arbeitsgesetz<br />

dürften die Versicherer auch mit einer Mengenausweitung konfrontiert werden.<br />

Durch die zunehmende Spezialisierung der Spitäler werden mehr Verlegungstransporte<br />

notwendig. Diese Kostensteigerung bezieht sich allerdings nicht auf die gesamten Gesundheitskosten,<br />

sondern nur auf die Verlegungstransporte. Insgesamt dürften Kosten gespart<br />

werden, wenn nicht alle Spitäler alle Dienstleistungen anbieten.<br />

7.5. Position der MTK<br />

Die MTK schloss sich am 21. Juni 2001 grundsätzlich der Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+<br />

von 1997 an. Ausgenommen sind die Qualitätskriterien, welche in der Vereinbarung<br />

IVR/santésuisse/H+ zu hoch angesetzt sind. Es wird ein Mustervertrag, basierend auf<br />

der Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+, ausgearbeitet. Auf Anfrage der Leistungserbringer<br />

verweist die MTK auf ihren Mustervertrag. Zu berücksichtigen ist, dass die Tarifierung<br />

des Notarztes an die zeitliche Entwicklung angepasst werden muss. Ab Einführung des<br />

Arzt- und Spitalleistungstarifs TARMED sollen die Leistungen des Notarztes gemäss TAR-<br />

MED verrechnet werden.<br />

Die MTK findet die Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+ zweckmässig. Mit der Empfehlung<br />

der MTK, sich grundsätzlich an die Tarifnomenklatur IVR/santésuisse/H+ zu halten, kann<br />

eine Konvergenz der Tarifnomenklaturen vorangetrieben werden. Bereits haben sich verschiedene<br />

Leistungserbringer bei der Ausarbeitung eines neuen Tarifs auf die Tarifnomenklatur<br />

IVR/santésuisse/H+ gestützt. Obwohl sich die Interessenvertreter 1997 nicht auf ein<br />

Kostenmodell einigen konnten, wäre eine gesamtschweizerisch verbindliche Tarifnomenklatur,<br />

die mit Taxpunkten hinterlegt ist, natürlich wünschenswert. Fraglich ist, ob sich die<br />

Interessenvertreter bei einem zweiten Versuch auf ein Kostenmodell einigen könnten.<br />

Die MTK begrüsst den heutigen Trend, dass <strong>im</strong>mer häufiger Verträge vereinbart werden, die<br />

<strong>für</strong> alle Anbieter <strong>im</strong> jeweiligen Kanton Gültigkeit haben. Während bis vor kurzem noch mehrere<br />

Verträge mit einzelnen Rettungsdiensten bestanden, gibt es heute nur noch <strong>im</strong> Kanton<br />

Freiburg zwei Verträge bzw. Tarifvereinbarungen mit einzelnen Anbietern. Die MTK unterzeichnet<br />

in Zukunft nur noch Vereinbarungen, die <strong>für</strong> sämtliche Rettungsdienste in einem<br />

Kanton gelten.<br />

Die MTK ist an einer guten Qualität <strong>im</strong> <strong>Rettungswesen</strong> interessiert. Es sollen nicht nur einzelne<br />

Glieder der Rettungskette (wie z.B. die Notfallstationen der Spitäler) verbessert werden<br />

(vgl. Kapitel 5). Dass sich das Prinzip des Advanced Life Support auch in der Schweiz<br />

<strong>im</strong>mer mehr durchsetzt und das Prinzip des Basic Life Support ersetzt, ist <strong>für</strong> die MTK<br />

erfreulich. Die MTK steht <strong>für</strong> eine gute Qualität <strong>im</strong> <strong>Schweizer</strong> <strong>Rettungswesen</strong> ein. Dies<br />

33


edeutet natürlich nicht, dass die MTK unrealistische Qualitätskriterien be<strong>für</strong>wortet, wie<br />

dies z.B. in der Vereinbarung IVR/santésuisse/H+ der Fall war. Inzwischen hält ja auch der<br />

IVR nicht mehr an den Qualitätskriterien der Vereinbarung IVR/santésuisse/H+ fest. Der IVR<br />

arbeitete in den Jahren 1999 und 2000 vielmehr die «Best<strong>im</strong>mungen über die Anerkennung<br />

von Rettungsdiensten» aus, welche zurzeit nochmals überarbeitet werden (vgl. Abschnitt<br />

5.1.1.). Die MTK setzt sich da<strong>für</strong> ein, dass diese Best<strong>im</strong>mungen auch <strong>im</strong> Sinne der Versicherer<br />

überarbeitet werden. Ziel ist es, dass mittelfristig nur noch mit Leistungserbringern<br />

Tarifverträge unterzeichnet werden, die einen guten Qualitätsstandard bieten.<br />

34


Abkürzungsverzeichnis<br />

AKOR SRK Ärztekommission <strong>für</strong> das <strong>Rettungswesen</strong> des <strong>Schweizer</strong>ischen Roten<br />

Kreuzes<br />

D1 Dringlichkeitsstufe 1<br />

EA Einsatzambulanz<br />

H+ H+ Die Spitäler der Schweiz<br />

IV Invalidenversicherung<br />

IVR Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong><br />

KTW Krankentransportwagen<br />

KV Krankenversicherung<br />

KVG Bundesgesetz über die Krankenversicherung<br />

KWRO Kantonale Walliser Rettungsorganisation<br />

MTK Medizinaltarif-Kommission UVG<br />

MV Militärversicherung<br />

MVG Bundesgesetz über die Militärversicherung<br />

NEF Notarzteinsatzfahrzeug<br />

RTW Rettungswagen<br />

SAC <strong>Schweizer</strong>ischer Alpenclub<br />

SDK <strong>Schweizer</strong>ische Sanitätsdirektorenkonferenz<br />

SGNOR <strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft <strong>für</strong> Notfall- und <strong>Rettungswesen</strong><br />

SRK <strong>Schweizer</strong>isches Rotes Kreuz<br />

UV Unfallversicherung<br />

UVG Bundesgesetz über die Unfallversicherung<br />

ZMT <strong>Zentralstelle</strong> <strong>für</strong> Medizinaltarife UVG<br />

35


Anhang:<br />

Vereinbarung IVR/santésuisse/H+<br />

Vereinbarung<br />

Zwischen dem<br />

Interverband <strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong> (IVR)<br />

sowie<br />

H+ Die Spitäler der Schweiz<br />

und dem<br />

Konkordat der <strong>Schweizer</strong>ischen Krankenversicherer (KSK)<br />

werden nachfolgende<br />

Tarifstruktur <strong>für</strong> Pr<strong>im</strong>är- und Sekundärtransporte<br />

und nachfolgende<br />

Ausführungen zum Tarif<br />

mit bodengebundenen Ambulanz- und Sonderfahrzeugen<br />

vereinbart.<br />

Aarau / Solothurn, den 01.07.1997<br />

Interverband <strong>für</strong> das H+ Die Spitäler der Schweiz Konkordat der <strong>Schweizer</strong>i-<br />

<strong>Rettungswesen</strong> schen Krankenversicherer<br />

U. Krieger F.D. Pfammatter T. Heberlein Ch. Haudenschild U. Müller F. Britt<br />

Geschäftsführer Vizepräsident Präsidentin Generalsekretär Präsident Direktor<br />

37


Tarif <strong>für</strong> Pr<strong>im</strong>är- und Sekundärtransporte<br />

Position<br />

38<br />

1. Pr<strong>im</strong>ärtransporte<br />

A. Notfalltransporte mit Verdacht auf Störung der Vitalfunktionen<br />

mit dem Rettungstransportwagen (RTW)<br />

9401 Grundtaxe <strong>für</strong> 1 Std. Aufwendung (inkl. Material, Reinigung und<br />

Desinfektion, Abschreibung und Wartung des Wagens, etc.) Fr.<br />

9402 zusätzliche Einsatzzeit (pro angebrochene ¼ Std.) Fr.<br />

B. Übrige Notfalltransporte mit der Einsatzambulanz (EA)<br />

9411 Grundtaxe <strong>für</strong> 1 Std. Aufwendung (inkl. Material, Reinigung und<br />

Desinfektion, Abschreibung und Wartung des Wagens, etc.) Fr.<br />

9412 zusätzliche Einsatzzeit (pro angebrochene ¼ Std.) Fr.<br />

2. Sekundärtransporte<br />

C. Krankentransporte mit dem Krankentransportwagen (KTW)<br />

9431 Grundtaxe (inkl. Material, Reinigung und Desinfektion, Abschreibung<br />

und Wartung des Wagens, etc.) Fr.<br />

9433 je km (à Fr. pro km) Fr.<br />

3. Notarzteinsatz<br />

D. Notarzt gemäss kantonalem Ärztetarif<br />

9451<br />

E. Notarztzubringer mit dem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF)<br />

(Tarifierung erst, nachdem eine gesamtschweizerische gesetzliche<br />

Regelung besteht, d.h. die Kantone die Zulassung des<br />

NEF geregelt haben)<br />

Grundtaxe (inkl. Material, Reinigung und Desinfektion, Abschreibung<br />

und Wartung des Wagens, etc.) Fr.<br />

9453 je km (à Fr. pro km) Fr.<br />

Einsatzzeit: Alarmierung Basis bis Übergabe <strong>im</strong> Spital<br />

km: Basis – Basis


Ausführungen zum Tarif<br />

Zugelassen als Rettungssanitäter (RS) sind Personen mit Ausbildungen gemäss dem Interverband<br />

<strong>für</strong> <strong>Rettungswesen</strong> (IVR) oder des <strong>Schweizer</strong>ischen Roten Kreuzes (SRK) oder<br />

einer Äquivalenzbestätigung einer dieser beiden Stellen; während einer Übergangsfrist bis<br />

zum 31.12.2002 dürfen Rettungssanitäter zu 100% durch Krankenpflegepersonal mit mindestens<br />

3-jähriger Ausbildung ersetzt werden.<br />

Der volle Tarif wird nur gewährleistet, wenn die Qualitätskriterien erfüllt werden. Sind untenstehende<br />

Qualitätskriterien nicht erfüllt, so werden folgende Abzüge gemacht:<br />

– wird ein RS durch einen Personentransporthelfer (PTH) ersetzt 10% der Gesamtkosten;<br />

– fehlt ein Besatzungsmitglied <strong>im</strong> Fahrzeug RTW, EA oder KTW 20% der Gesamtkosten;<br />

– wird anstelle eines voll ausgerüsteten Notarzteinsatzfahrzeuges (NEF) ein Personenwagen<br />

(PW) verwendet 40% der Gesamtkosten.<br />

Ab dem 1.1.2003 erfolgen keine Zahlungen der Krankenversicherer mehr, wenn die<br />

Qualitätskriterien nicht erfüllt werden.<br />

1. Pr<strong>im</strong>ärtransporte<br />

Pr<strong>im</strong>ärtransporte sind Notfalltransporte der Dringlichkeit D1 oder D2 <strong>für</strong> die Rettung gemäss<br />

KLV Art. 27. Sie dürfen nur von kantonal zugelassenen Organisationen durchgeführt werden,<br />

die einer vom Kanton bezeichneten Alarmzentrale angeschlossen sind.<br />

Der Anschlussbeitrag an die Notrufzentrale ist <strong>im</strong> Tarif nicht inbegriffen.<br />

A. Notfalltransporte mit Verdacht auf Störung der Vitalfunktionen<br />

Es handelt sich dabei um Transporte der Dringlichkeit D1, welche der Zuführung zur medizinischen<br />

Erstbehandlung dienen.<br />

Zu diesem Zweck werden Fahrzeuge vom Typ Rettungstransportwagen (RTW) nach IVR mit<br />

2 RS und 1 Notarzt nach IVR eingesetzt und bezahlt.<br />

Der Verdacht auf Störung der Vitalfunktionen muss vom Notarzt oder vom aufnehmenden<br />

Spitalarzt ärztlich bestätigt werden. Ansonsten erfolgt die Tarifierung gemäss 1.B. (übrige<br />

Notfalltransporte).<br />

39


B. Übrige Notfalltransporte<br />

Es handelt sich dabei um Transporte der Dringlichkeit D2, welche der Zuführung zur medizinischen<br />

Erstbehandlung dienen und um Transporte <strong>für</strong> stabilisierte Patienten, welche eine<br />

medizinische Überwachung benötigen.<br />

Zu diesem Zweck werden Fahrzeuge vom Typ Einsatzambulanz (EA) nach IVR mit 2 RS<br />

eingesetzt und bezahlt.<br />

2. Sekundärtransporte<br />

C. Krankentransporte<br />

Sekundärtransporte sind Kranken- oder Verlegungstransporte gemäss KLV Art. 26. Sie dürfen<br />

nur von kantonal zugelassenen Organisationen durchgeführt werden, die einer vom<br />

Kanton bezeichneten Alarmzentrale angeschlossen sind.<br />

Es handelt sich dabei um Transporte, bei welchen der Gesundheitszustand des Patienten<br />

stabilisiert ist und eine Verlegung zu einem anderen Leistungserbringer erfolgt. Verlegungen<br />

zwischen Spitälern sind gemäss Art. 33 Bst. g KVV in der Spitalrechnung integriert und<br />

können somit den Versicherern nicht separat in Rechnung gestellt werden.<br />

Zu diesem Zweck werden Fahrzeuge vom Typ Krankentransportwagen (KTW) nach IVR eingesetzt<br />

und bezahlt, wenn der Gesundheitszustand des Patienten den Transport in einem<br />

anderen öffentlichen oder privaten Transportmittel nicht zulässt. Die Besatzung besteht aus<br />

1 RS und 1 PTH.<br />

3. Notarzteinsatz<br />

Notarzteinsätze sind Notfalleinsätze der Dringlichkeit D1 <strong>für</strong> die Rettung gemäss KLV Art.<br />

27. Sie dürfen nur von kantonal zugelassenen Organisationen durchgeführt werden, die<br />

einer vom Kanton bezeichneten Alarmzentrale angeschlossen sind.<br />

Der Anschlussbeitrag an die Notrufzentrale ist <strong>im</strong> Tarif nicht inbegriffen.<br />

E. Notarztzubringer (NAZ)<br />

Zu diesem Zweck wird ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) nach IVR eingesetzt und bezahlt.<br />

Punkt 3.E: Tarifierung erst, nachdem eine gesamtschweizerische gesetzliche Regelung<br />

besteht, d.h. die Kantone die Zulassung des NEF geregelt haben.<br />

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