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Systemsteuerung im Case Management

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möglichen Steuerungsadressaten Möglichkeiten haben, von derartigen Steuerungen<br />

zu erfahren, z.B. indem sich erkundigt wird, wieso plötzlich (von anderen<br />

Hilfeanbietern) gewisse Leistungen abgegeben werden können oder eine weitere<br />

Finanzierungsquelle verfügbar geworden ist. Genau wie destruktive Steuerung <strong>im</strong><br />

materiellen Bereich ist auch destruktive Steuerung <strong>im</strong> <strong>im</strong>materiellen Bereich<br />

hochwirksam, birgt aber für den Steuernden zumindest in der längerfristigen<br />

Perspektive auch Risiken für die künftige Zusammenarbeit mit den betroffenen<br />

Systemen, so dass die Nutzung vor allem dieser Steuerungsoption gut bedacht sein<br />

will.<br />

D. Instruktive <strong>im</strong>materielle Steuerung: Ähnlich wie materielle instruktive<br />

Steuerung kann auch die <strong>im</strong>materielle instruktive Steuerung nur dann die<br />

gewünschte Wirkung entfalten, wenn der Steuerungsadressat die mit den<br />

steuernden Handlungen verbundenen Mitteilungen in seine eigene Sinnkonstruktion<br />

transformiert und dort <strong>im</strong> Sinne des Steuernden interpretiert und in eigene<br />

Handlungen umsetzt. Immaterielle instruktive Steuerung ist so als die Übermittlung<br />

eines Sinnvorschlags zu verstehen, der vom Adressatensystem <strong>im</strong> Falle gelingender<br />

Steuerung übernommen wird und zur Selbststeuerung des Adressatensystems <strong>im</strong><br />

intendierten Sinne führt. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist umso größer, wie der<br />

Sinnvorschlag eine Nähe zur systemspezifischen Sinnkonstruktion des<br />

Adressatensystems aufweist. 313 Eine instruktive Forderung (Steuerung) nach einer<br />

Veränderung der Einstellung z.B. über Prioritäten bei der Hilfeleistung wird umso<br />

eher ‚gehört’, als dass sie aus Sicht des Steuerungsadressaten ‚Sinn’ macht. Im<br />

<strong>im</strong>materiellen Bereich fehlen auch die dinglichen Anreize (z.B. Geld), die <strong>im</strong><br />

materiellen instruktiven Bereich den Unterschied vom ‚Sinnlosen’ zum ‚Sinnhaften’<br />

bewirken können. Sinnloses bleibt hier sinnlos. Und über Sinn und Nicht-Sinn<br />

entscheidet <strong>im</strong>mer das Adressatensystem und nicht das steuernde System. 314 Jedes<br />

System verfügt zudem über ein umfangreiches Repertoire, um derartigen<br />

instruktiven Steuerungen zu begegnen: "Jede Organisation ist nicht nur garbage can<br />

genug, um Initiativen beliebiger Art <strong>im</strong> Sande verlaufen lassen zu können, sondern<br />

verfügt auch über genügend Interpretationserfahrungen <strong>im</strong> Umgang mit dieses<br />

garbage can, um jeden Widerstand gut und passend begründen zu können."<br />

(Baecker 2006, S. 11) Das vielleicht als ‚Mülle<strong>im</strong>er-Prinzip’ zu beschreibende<br />

Verfahren ist auf allen Ebenen von sozialen und psychischen Systemen anzutreffen,<br />

von der Kindererziehung bis zum Widerstand von Funktionssystemen bei der<br />

Umsetzung politischer Forderungen ist überall auf dieses Prinzip zu treffen. Und <strong>im</strong><br />

Grunde geht es ebenfalls überall darum, das der mit dem Steuerungs<strong>im</strong>puls<br />

verbundene Sinnvorschlag nicht akzeptiert wurde. Gelingt es aber, Sinnvorschläge<br />

so zu formulieren, dass sie die bereits angesprochene ‚Kompatibilität’ mit der<br />

Sinnkonstruktion der Adressaten aufweisen, so können diese auch leichter von<br />

diesem wahrgenommen, in eigenen Sinn transformiert und in Handlungen<br />

313<br />

vgl. Willke 2001, S. 195 oder allgemein Luhmann 1987 S. 92 ff. und Baecker 2006<br />

314<br />

Der Verfasser will mit dieser eher umgangssprachlichen Darstellung nicht den<br />

systemtheoretischen Grundannahmen der Sinnkonstruktion widersprechen (vgl. Kap. 2.2.2.3 und<br />

ausführlich Luhmann 1987 S. 96 f.), sondern setzt hier „Sinnlosigkeit“ als „Verwirrung von Zeichen“<br />

(Luhmann, a.a.O.), d.h. als einen Sinnvorschlag, da von dem Adressatensystem als nicht in (eigenen)<br />

Sinn transformierbar erlebt wird.<br />

Seite 95

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