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Systemsteuerung im Case Management

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Glanz wirft, treffen die Funktionssysteme der Gesellschaft außerhalb der Ökonomie.<br />

Sie müssen sich der expansiven Dynamik des Geldes erwehren, um ihre eigene<br />

Autonomie, ihre eigene Logik und die spezifische Rationalität ihrer Zwecke zu<br />

bewahren. […] Die auseinandersetzende und letztlich zersetzende - und in diesem<br />

Sinne diabolische - Wirkung des Geldes scheint dort einzurasten, wo andere<br />

Funktionssysteme aus internen Gründen Immunschwächen zeigen und die<br />

schwierige Balance von Autonomie und Interdependenz zu verlieren beginnen.“<br />

(Willke 2001, S. 240)<br />

Wenn <strong>Systemsteuerung</strong> jeden Leistungsanreiz des Hilfesystems nur durch<br />

Geldversprechen zu setzen vermag, dann verschwindet einerseits <strong>im</strong>mer mehr das<br />

Bewusstsein <strong>im</strong> Hilfesystem, was als ‚Normalleistung’ anzusehen ist, die auch ohne<br />

zusätzliche positive Sanktionen gewährleistet werden soll – von der Verdinglichung<br />

des sozialen Bezugs der Sozialen Arbeit ganz zu schweigen. Andererseits gerät die<br />

Steuerung damit selbst auch in eine ‚Anreizspirale’, die <strong>im</strong>mer neue, <strong>im</strong>mer größere<br />

Anreize verlangt, um von den betreffenden Hilfesystemen als Handlungsorientierung<br />

wahrgenommen zu werden. Weisen Organisationssysteme der Sozialen Arbeit die<br />

von Willke beschriebene „Immunschwäche“ gegen überhand nehmende<br />

Steuerungen aus dem Bereich des Wirtschaftssystems auf, so laufen sie Gefahr,<br />

ihre Identität als Teil des Funktionssystems der Sozialen Arbeit zu verlieren und zu<br />

einem Teil des Wirtschaftssystems zu werden.<br />

Materielle instruktive Steuerung mittels positiver Sanktionen (monetäre Anreize) darf<br />

somit von der <strong>Systemsteuerung</strong> nur dosiert verwendet werden, wenn sie nicht selbst<br />

Gefahr laufen will, dass dadurch andere Steuerungsoptionen verdrängt werden<br />

können.<br />

Eine andere Möglichkeit der materiellen instruktiven Steuerung sind negative<br />

Sanktionen, wie etwa Konventionalstrafen bei Minderleistungen. Sie können so z.B.<br />

eine zu geringe Integrationsquote, zu lange Reaktionszeiten oder auch generelle<br />

Vertragsverletzungen durch die Androhung von ‚Strafzahlungen’ zu vermeiden<br />

suchen. 309 Der gewünschte Steuerungseffekt ist die Anregung der zu steuernden<br />

Systeme zur Vermeidung der durch die von negativen Sanktionen bedrohten<br />

Umstände. Hierbei wird aber der instruktive Charakter dieser Steuerungsoption<br />

deutlich. Die ‚Bewegung’ des Adressatensystems in die gewünschte Richtung hängt<br />

<strong>im</strong> wesentlich von zwei systeminternen Selektionen ab: Einerseits muss das System<br />

die Eintrittswahrscheinlichkeit der Sanktionsandrohung beurteilen, d.h. es schätzt<br />

aufgrund seiner eigenen Sinnkonstruktion ein, ob überhaupt und wenn ja bei<br />

welchem Grad der Zielabweichung der Steuernde die angedrohte Sanktion auch<br />

tatsächlich realisieren wird. Je eindeutiger die Sanktionsandrohung mit objektiv<br />

bewertbaren Kriterien verknüpft wird, desto eher wird diese erste Selektion durch<br />

das Adressatensystem eine ‚positive’ sein, d.h. die Sanktionsandrohung wird als real<br />

eingeschätzt werden. Die zweite Selektion durch das Adressatensystem ist die<br />

Beurteilung, ob die angedrohte Sanktion in Kauf genommen werden kann, d.h. ob es<br />

eine ‚sinnhafte’ Alternative gibt, die es ermöglicht, der Steuerungsabsicht<br />

309 z.B. sieht der Leistungsvertrag der Bundesagentur für Arbeit (BA) der Ausschreibung SGB II 701-<br />

08-B37026-37-ARGE-Hof-Land- (Beauftragung Dritter mit der Vermittlung von Arbeitslosen)<br />

ausdrücklich in den §§ 8-9 Vertragsstrafen vor, z.B. bis zu 5% vom Auftragswert pro angefangene<br />

Kalenderwoche bei verspätetem Leistungsbeginn oder 10% bei „erheblichen Pflichtverletzungen“ –<br />

andere Ausschreibungen z.B. für Leistungen <strong>im</strong> Sinne des § 421i SGB III<br />

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