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Systemsteuerung im Case Management

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grundsätzlichen Steuerungsalternativen von materiell und kognitiv (<strong>im</strong>materiell)<br />

sowie von destruktiv und instruktiv orientiert werden, da sie anstelle der von Willke<br />

verwendeten reinen Aufzählungsformen (Macht, Geld, Wissen) die verwandten<br />

Kategorien auch miteinander in Beziehung setzen. Beide Systematiken sind dann<br />

allerdings nicht direkt zusammenzuführen, da Willke nicht die grundsätzliche<br />

Unterscheidung von Kraus von destruktiver und instruktiver Steuerung (Macht)<br />

übern<strong>im</strong>mt. Macht ist für ihn ein „… Modus der Einflussnahme, deren Besonderheit<br />

in der Verweisung auf die Möglichkeit physischer Gewaltanwendung liegt …“ 296 . Da<br />

wo diese in letzter Konsequenz (z.B. vermittels des Rechtssystems) möglich ist,<br />

kann machtbasierte Steuerung Systemverhalten determinieren, währenddessen<br />

(Wirtschafts-) Organisationen laut Willke keine Macht ausüben können, da sie eine<br />

„… geldbasierte Sprache, nicht aber eine machtbasierte“ 297 sprechen und so <strong>im</strong>mer<br />

die Möglichkeit offen lassen, sich der geldvermittelten Steuerung zu entziehen. Eine<br />

Ausnahme hiervon lässt Willke nur dann gelten, wenn geldbasierte Steuerung die<br />

Bedrohung mit existenziellen Notlagen konstituieren, so dass diese „… faktisch wie<br />

physische Gewaltanwendungen“ 298 wirken. Geld als ein zentrales Medium<br />

materieller Steuerung kann damit sowohl (in Ausnahmenfällen) destruktiv als auch<br />

instruktiv wirken.<br />

Auch wenn der mit Kraus eingeführte Begriff der destruktiven Steuerung (Macht)<br />

zumindest vom Begriff her Assoziationen mit so etwas wie ‚negativer’ Macht nahe<br />

legen und viele Beispiele dies auch zu belegen scheinen, ist festzuhalten, dass<br />

destruktive Steuerung per se genau so wenig mit Prädikaten wie ‚gut’ oder ‚schlecht’<br />

belegbar ist, wie (per se) instruktive Steuerung. Die Reduzierung von<br />

Handlungsalternativen von sozialen Systemen kann eine durchaus sinnvolle<br />

Steuerungsmethode sein und muss nicht notweniger Weise mit so etwas wie<br />

Zerstörung einhergehen. Der Abtransport orthodoxer Priester <strong>im</strong> kosovarischen<br />

Prizren 2004 vor dem anmarschierenden Mob mit Panzerfahrzeugen durch KFOR-<br />

Soldaten war klar destruktiv, da so einige Handlungsoptionen der das Kloster<br />

stürmenden Kosovo-Albaner reduziert (destruiert) wurden, war aber zugleich<br />

diejenige Handlungsoption mit den geringsten Risiken für Menschenleben. 299<br />

Destruktive Steuerung muss daher stets <strong>im</strong> Kontext ihrer Anwendung beurteilt<br />

werden und ist nicht als „Destruktion“ prinzipiell ‚negative’ Steuerung – oder nach<br />

moralischen Kategorien betrachtet, als verwerflich einzustufen.<br />

Destruktive Steuerung ist somit eher eine Art ‚ult<strong>im</strong>a ratio’ der <strong>Systemsteuerung</strong> wird<br />

dann eine zu prüfende Steuerungsoption, wenn der Erfolg instruktiver Steuerung<br />

eher unwahrscheinlich ist. Destruktive Steuerung hat direkte Wirkungen durch<br />

Reduzierung von (ansonsten möglichen) Handlungsalternativen des gesteuerten<br />

Systems. Destruktive Steuerung per se kann aber keine unmittelbaren Handlungen<br />

bewirken, da dies nur mittels instruktiver Steuerung möglich ist.<br />

296<br />

Willke 2001, S. 166<br />

297<br />

ders., S. 165<br />

298<br />

ebd.<br />

299<br />

vgl. z.B. Der Spiegel, Ausgabe vom 03.05.2004 S. 24 ff.,<br />

http://www.hrw.org/german/docs/2004/07/27/serbia9144.htm oder<br />

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/16/16998/1.html - KFOR ist die Abkürzung für „Kosovo Force“, d.h.<br />

der von der NATO eingesetzten Schutztruppe für das Kosovo – vgl. dazu z.B. die Kurzdarstellung <strong>im</strong><br />

Internet in Meyers Lexikon: http://lexikon.meyers.de/meyers/KFOR<br />

Seite 87

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