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Systemsteuerung im Case Management

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Entscheidungen von autonomen (operativ geschlossenen) Systemen stets davon<br />

ab, wie die aus ihrer Sicht von der Umwelt stammenden ‚Macht<strong>im</strong>pulse’<br />

systemintern interpretiert werden. Wie an dem an Kraus angelehnten Beispiel mit<br />

der Waffe ersichtlich, besteht zwar eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch eine<br />

Aufforderung, sein Bargeld herauszugeben (=instruktive Macht), mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit befolgt wird, indes kann man sich aber dessen nie sicher sein, da<br />

auch eine Verweigerung mit einer Vielzahl weiterer Anschlusshandlungen<br />

(weglaufen, um Hilfe rufen, sich auf den Räuber stürzen, …) denkbar ist.<br />

Beide Varianten sind aber auch in Kombination einsetzbar, z.B. die Aufforderung<br />

nach Qualitätssteigerung von Hilfeleistungen (instruktiv) in Verbindung mit der<br />

Androhung des Entzugs der Beauftragung (destruktiv) bei Nichtbefolgen. Der<br />

Hilfeanbieter hat zwar auch in diesem Fall die autonome Entscheidung, allerdings<br />

mit deutlich reduzierten Alternativen. Wobei in diesem Fall es für die Entscheidung<br />

wesentlich sein wird, wie ernsthaft die Androhung des Beauftragungsentzugs<br />

eingeschätzt wird.<br />

Als Zwischenergebnis kann damit festgehalten werden, dass mittels destruktiver<br />

Macht eine Steuerung sozialer (und psychischer) Systeme insofern möglich ist, als<br />

dass auf diese Weise Handlungsalternativen reduziert werden können. Noch<br />

konkreter: destruktive Macht kann best<strong>im</strong>mte Verhaltensweisen verhindern.<br />

Destruktive Macht alleine kann jedoch keine (gewünschten) Verhaltensweisen<br />

erzeugen, da dies nur mittels instruktiver Macht möglich ist, die wiederum stets die<br />

Einwilligung des Adressaten erfordert. Destruktive Macht hat somit ontologische<br />

Qualität, sie existiert auch ohne soziale Prozesse (die Einwilligung des Adressaten).<br />

Instruktive Macht hingegen ist ein soziales Phänomen, sie wirkt nur dann, wenn der<br />

Adressat einwilligt – z.B. weil dieser dem ‚Mächtigen’ die zur Durchsetzung<br />

erforderliche Macht zuschreibt. 289<br />

Kraus unterscheidet weiter zwischen Macht <strong>im</strong> materiellen und Macht <strong>im</strong> kognitiven<br />

Bereich. 290 Materielle Macht setzt er mit destruktiver Macht gleich, da es hierbei um<br />

die Vorenthaltung von zur Reproduktion des Systems benötigte Güter ginge, bzw.<br />

um die Reduktion von Handlungsoptionen (wie das Beispiel mit der Waffe).<br />

Kognitive Macht hingegen betrifft den Bereich des Wissens, indem z.B.<br />

Informationen vorenthalten werden oder durch die spezifische Verwendung von<br />

Sprache die Teilnahme an Diskursen verhindert wird. So hat z.B. die Wissenschaft<br />

wie auch die christliche Religion durch die Verwendung der lateinischen Sprache<br />

jahrhundertlang erfolgreich die Teilnahme von nicht dieser Sprache mächtigen<br />

Teilen der Gesellschaft an ihren Diskursen verhindern können.<br />

Der oben angeführten Reduktion der materiellen Macht allein auf Destruktion muss<br />

aus Sicht des Verfassers allerdings widersprochen werden. Sowohl materiell wie<br />

auch kognitiv bezogene Macht ist sowohl destruktiv als auch instruktiv denkbar. Auf<br />

289 s. obiges Beispiel mit der Aufforderung zur Qualitätsverbesserung: Neben Überlegungen des<br />

Hilfesystems über Sinnhaftigkeit der (instruktiven) Forderung wird für die Entscheidung zum Befolgen<br />

dieser Forderung auch von Relevanz sein, ob dem ‚Forderer’ auch tatsächlich zugeschrieben wird,<br />

die Drohung der Auftragsentziehung (destruktiv) wahr zu machen. Dies ist aber wie schon der Begriff<br />

aussagt, eine Zuschreibung des Hilfesystems aufgrund dessen eigener Wirklichkeitskonstruktion.<br />

290 s. Kraus 2003 Anm. d. Verf.: Aufgrund des nur in html-Form verfügbaren Formates des<br />

Internetdokumentes ist eine korrekte Angabe von Seitenzahlen nicht möglich.<br />

Seite 84

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