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Systemsteuerung im Case Management

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Die Folgerung aus diesen vier aufgezeigten Möglichkeiten von Ego auf die<br />

Forderung von Alter „X zu tun“, ist daher, dass Ego in jedem Fall die autonome<br />

Entscheidung hat, auf die Forderung einzugehen oder nicht. 286 Dieser<br />

‚absolutistischen’ Vorstellung der stets bestehenden Autonomie der<br />

Handlungsselektion widerspricht Kraus mit der Unterscheidung von instruktiver und<br />

destruktiver Macht. 287 Instruktive Macht oder Kontrolle ist der Versuch zur Erwirkung<br />

erwünschter Verhaltensweisen und erzeugt so die in der o.a. Tabelle dargestellten<br />

Handlungsmöglichkeiten desjenigen (psychischen oder sozialen Systems), auf den<br />

die Einwirkung erfolgt. Instruktive Macht ist daher zur Durchsetzung prinzipiell von<br />

der Einwilligung (von Ego) abhängig.<br />

Davon abzugrenzen ist jedoch die destruktive Macht und Kontrolle, bei der der<br />

Ausübende (Alter) die Handlungsmöglichkeiten von Ego zumindest reduzieren kann,<br />

destruktive Macht kann also Handlungsalternativen destruieren. Kraus zeigt dies<br />

plastisch an dem Beispiel auf, in dem jemand (Alter) auf einen anderen (Ego) eine<br />

Waffe richtet. 288 Geht es Alter darum, Ego zu einer best<strong>im</strong>mten Handlung zu<br />

bewegen, bleibt ihm trotz seiner Waffe nur instruktive Macht, denn letzten Endes<br />

entscheidet Ego autonom, ob er der Forderung nachkommen will (oder die<br />

Konsequenzen in Kauf n<strong>im</strong>mt, bzw. sich deren nicht <strong>im</strong> klaren ist). Die beabsichtigte<br />

Wirkung des Alter entfaltet sich mithin nur durch Einwilligung von Ego. Geht es<br />

hingegen Alter lediglich darum, Ego am Verlassen (oder Betreten) des Ortes zu<br />

hindern und setzen wir voraus, dass Alter auch seine Waffe einsetzen wird, bedarf<br />

es nicht mehr der Einwilligung von Ego. Alter kann so mittels destruktiver Macht<br />

(zumindest) diese Handlungsalternativen von Ego destruieren. Auf das <strong>Case</strong><br />

<strong>Management</strong> übertragen ist somit die Forderung nach qualitativer<br />

Leistungsverbesserung einer Hilfe stets nur instruktiv möglich. Die entsprechende<br />

destruktive Alternative wäre dann z.B. der Entzug der Beauftragung bzw. die<br />

Übertragung der Hilfeerbringung an einen Wettbewerber. Der Hilfeanbieter muss <strong>im</strong><br />

ersten Fall stets einwilligen, während <strong>im</strong> zweiten Fall es keiner Einwilligung bedarf.<br />

Auch <strong>Systemsteuerung</strong> <strong>im</strong> <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> hat so stets eine ‚destruktive Option’.<br />

Allerdings ist dabei festzuhalten, dass destruktive Macht lediglich<br />

Handlungsoptionen ausschließen kann, nicht aber den Adressaten zu best<strong>im</strong>mten<br />

Handlungen veranlassen. Wie die beiden o.a. Beispiele zeigen, besteht allerdings <strong>im</strong><br />

Ausschluss best<strong>im</strong>mter Handlungsoptionen eine hohe Gewissheit der<br />

Zielerreichung.<br />

Instruktive Macht hingegen erfordert, wie bereits in der Abbildung von Alter und Ego<br />

dargestellt, stets die Einwilligung des Adressaten. Eine Erreichung des mittels<br />

instruktiver Machtsausübung angestrebten Ziels ist daher niemals sicher, da in<br />

diesem Fall zuvor eine autonome Entscheidung des Adressaten erforderlich ist. Wie<br />

hinlänglich bereits in den Ausführungen zur Systemtheorie aufgezeigt, hängen aber<br />

286 vgl. dazu auch Kraus 2003<br />

287 vgl. dazu Kraus 2007 und Kraus 2003<br />

288 (ders.) S. 88 – Kraus führt <strong>im</strong> weiteren aus, dass mit dem Konstrukt von instruktiver und<br />

destruktiver Macht der wesentliche Kritikpunkt der ‚Machtblindheit’ systemtheoretischer und<br />

konstruktivistischer Ansätze widerlegt werden kann, denn mit diesem Konstrukt ist auch das<br />

Vorenthalten materieller und <strong>im</strong>materieller Güter (z.B. Bildung) als Machthandeln der Gesellschaft<br />

(oder einzelnen Funktionssystemen darin) erklärbar. Die Freiheit des Einzelnen zur autonomen<br />

Entscheidung zwischen Handlungsoptionen ist so nur noch <strong>im</strong> Rahmen der noch vorhandenen<br />

Alternativen möglich (die durch destruktive Macht deutlich begrenzt werden können) – s. S. 97 ff.<br />

Seite 83

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