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Systemsteuerung im Case Management

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Machthandelns“ 265 anzuerkennen. Dem kann inhaltlich aus Sicht des Verfassers nur<br />

uneingeschränkt zugest<strong>im</strong>mt werden.<br />

Gemein ist den o.a. eher extremen Positionen, dass sie der Systemtheorie eine<br />

Marginalisierung von Macht- und Herrschaftsprozessen zuschreiben, da die<br />

Luhmann’sche Konstruktion von Macht als Kommunikationsmedium weder eine<br />

einseitige Verortung von Macht bei den Machtausübenden noch eine direkte<br />

Wirkung (aufgrund der selbstreferentiellen Gestaltung der mittels Machtausübung<br />

adressierten Systeme) auf die durch Macht Beeinflussten vorsieht. 266 Entsprechend<br />

fehlt auch bei Luhmann eine Unterscheidung zwischen legit<strong>im</strong>er und illegit<strong>im</strong>er<br />

Machtausübung, was von den zuvor benannten Autoren ebenfalls scharf kritisiert<br />

wird.<br />

Die Systemtheorie in ihrem beschreibenden und eben nicht wertenden Anspruch<br />

bezüglich gesellschaftlicher Zustände gerät damit automatisch in das Visier von<br />

Theorieansätzen, die für sich eine klare Positionierung reklamieren. Festzuhalten ist<br />

hierzu, dass Macht und Herrschaft in sozialen Systemen Tatsachen sind, die aber<br />

auch die Systemtheorie nicht bestreitet. Macht führt aber auch nicht <strong>im</strong>mer zu dem<br />

von ihr intendierten Resultat, sonst könnte es in der Geschichte der Menschheit<br />

keine Revolutionen, keine Widerständler, keine Aussteiger, keine „Wir sind das Volk“<br />

– Bewegungen geben. Macht hat also auch ihre Grenzen!<br />

Die ‚puristische’ Sicht der Handlungsautonomie sozialer Systeme durch die<br />

Systemtheorie stößt aber ebenfalls an ihre Grenzen: Wenn ich mit einer geladenen<br />

Waffe einen anderen von einer Wasserstelle fernhalten will und bereit bin, auch die<br />

Waffe zu benutzen, übe ich Macht aus und begrenze damit sehr deutlich die<br />

Handlungsmöglichkeiten des anderen, da ich mittels meiner Macht (Waffe),<br />

zumindest die intendierte Möglichkeit, zur Wasserstelle zu gelangen, verhindern<br />

kann. Macht wirkt also doch und selbstreferentielle Autonomie bewahrt nicht vor der<br />

direkten Beeinflussung interner Entscheidungen durch externe Einwirkungen!<br />

Für die Fragestellungen dieser Arbeit ist daher die eingehende Frage viel wichtiger,<br />

wie Macht(ausübung) auf soziale Systeme wirkt oder besser: wirken kann. Hierzu<br />

bietet der Ansatz von Kraus 267 eine weiterführende Perspektive. Kraus differenziert<br />

zwischen „destruktiver“ und „instruktiver“ Macht 268 und kann damit wesentlich besser<br />

erklären, wieso Macht einerseits direkte Wirkungen zeigen und andererseits auch<br />

‚verpuffen’ kann. Dies wird aber noch <strong>im</strong> anschließenden Kapitel eingehend<br />

dargestellt.<br />

Über die kurze Thematisierung der Machtfrage konnte aber auch zumindest <strong>im</strong><br />

Ansatz die Autonomiebehauptung der Systemtheorie etwas relativiert werden.<br />

Soziale (wie auch psychische) Systeme sind zwar operational geschlossen, was ihre<br />

Entscheidungen zu Eigenentscheidungen macht, sind aber in Bezug auf ihre<br />

Autopoiesis auf den Austausch, die Kopplung oder Interpenetrationen mit ihrer<br />

Umwelt angewiesen. Gerade bei Organisationssystemen in Form von<br />

Wirtschaftsunternehmen zeigt sich diese Austauschbedürftigkeit. Auch wenn ihre<br />

265 Ploil 2008, S. 14<br />

266 vgl. Ploil 2008 S. 6 ff.<br />

267 vgl. Kraus 2007, sein Ansatz wurde bereits bei dem zuvor dargestellten Beispiel mit der<br />

Wasserstelle verwendet.<br />

268 s. ders., S. 89 ff.<br />

Seite 75

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