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Systemsteuerung im Case Management

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Gesellschaft aus dieser Sicht auch nicht durch politische, sprachliche oder ethnische<br />

Grenzziehungen best<strong>im</strong>mbar ist. Gesellschaft ist so nur als „Weltgesellschaft“<br />

denkbar. 202 Aus systemtheoretischer Sicht ist dieser Schluss auch folgerichtig, denn<br />

nur so ist erklärbar, wo soziale Systeme beginnen und wo sie enden, wo es keine<br />

weiteren sozialen Systeme in der Umwelt mehr geben kann. Vom<br />

‚Kristallisationspunkt’ sozialer Systeme der fast nur kurzzeitig sich bildenden<br />

Interaktionssysteme beginnend, entwickeln sich <strong>im</strong>mer komplexere Systeme, deren<br />

gemeinsames ‚Sammelbecken’, deren Metasystem dann die Gesellschaft ist.<br />

Was systemtheoretisch folgerichtig ist, muss aber noch lange nicht mit der<br />

geläufigen Begriffsverwendung übereinst<strong>im</strong>men. Auch wenn seit vielen Jahren durch<br />

das ‚Kleinerwerden“ der Welt (durch moderne Kommunikationsmittel wie z.B. das<br />

Internet oder Satelliten-TV) der Begriff der „Welt als Dorf“, des „global village“<br />

geprägt wurde 203 , so ist doch die Vorstellung von Gesellschaftssystem meistens<br />

deutlich eingegrenzterer Natur. Meistens wurde der Gesellschaftsbegriff eher<br />

nationalstaatlich benutzt 204 , wenn auch mittlerweile eben gerade wegen der<br />

zunehmenden Verflechtung von Nationalstaaten feststellbar ist, „… dass der Begriff<br />

Gesellschaft […] unbrauchbar geworden ist, weil er stets auf zumeist<br />

nationalstaatlich begrenzte Gebilde bezogen blieb.“ 205 Die systemtheoretische<br />

Sichtweise der Gesellschaft als Weltgesellschaft scheint hier die passende<br />

Alternative anzubieten. Sie kann so die heutzutage vielfältig beobachtbaren<br />

politischen, wirtschaftlichen und sozialen Interdependenzen zwischen<br />

Nationalstaaten, sei es durch gegenseitige Einflussnahme, durch Einflussnahme von<br />

Organisationen oder durch überstaatliche Organisationen z.B. als Interpenetrationen<br />

von Subsystemen des Supersystems Gesellschaft interpretieren.<br />

Hinzuweisen ist an dieser Stelle noch in aller Kürze auf das Thema der funktionalen<br />

Differenzierung. Luhmann sieht bei modernen Gesellschaftssystemen eine Abkehr<br />

von der stratifikatorischen Differenzierung und eine Hinwendung zur funktionalen<br />

Differenzierung. 206 Als die durch interne Differenzierung aufgebildeten und als<br />

soziale Systeme daher selbstreferentiell (operativ) geschlossen operierende<br />

Funktionssysteme nennt er: politisches System, wirtschaftliches System,<br />

Rechtssystem, Wissenschaftssystem und Erziehungssystem. 207 Funktionssysteme<br />

übernehmen damit durch Spezialisierung ein Aufgabenbündel der Gesellschaft und<br />

reklamieren für sich entsprechend eine (weitgehend) exklusive Zuständigkeit.<br />

Dadurch wird die Komplexität für die Gesamtgesellschaft reduziert und zugleich<br />

entsteht spezifisches Komplexitätspotenzial <strong>im</strong> übernommenen Funktionsbereich.<br />

202 ebd.<br />

203 vgl. z.B. Edzard Reuter (ehem. Vorstandsvorsitzender Da<strong>im</strong>ler Benz AG 1987 - 1995) in einem<br />

Interview am 14.04.2000 –<strong>im</strong> Internet unter: http://www.freitag.de/2000/16/00160802.htm oder<br />

http://www.schekker.de/magazin/nachrichten/59544.html bzw. vgl. zur Einführung des Begriffs des<br />

„global village“ auch: McLuhan 1995 – Erstauflage 1989<br />

204 vgl. z.B. S<strong>im</strong>mel 1858<br />

205 Hartmann 2005, S. 33<br />

206 s. Luhmann 1987 S. 264, 518 f., 621, 624 ff. u. 645<br />

207 Die Theorie sozialer Systeme selbst enthält keine Aufstellung aller relevanten Funktionssysteme -<br />

diese werden von Luhmann an sehr unterschiedlichen Stellen eingeführt – vgl. Luhmann 1987, S.<br />

440 f. 509 ff., 518 f., 625 ff. und in anderen Werken fortgeführt.<br />

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