28.01.2013 Aufrufe

Systemsteuerung im Case Management

Systemsteuerung im Case Management

Systemsteuerung im Case Management

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

fast allen Hinsichten autonom gesetzt und andererseits über Entscheidung und<br />

Information wechselseitig konditioniert werden können." (Baecker 1999, S. 183)<br />

Baecker unterscheidet dabei zwischen „gebundener“, „konditionierter“<br />

Kommunikation <strong>im</strong> Rahmen des vertikalen Informationsflusses (über<br />

Hierarchiegrenzen hinweg, d.h. von ‚unten’ nach ‚oben’ und umgekehrt) und<br />

ungebundenem Informationsfluss in der Horizontale (d.h. auf derselben<br />

Hierarchieebne). Damit ist gemeint, dass Organisationen den<br />

hierarchieübergreifenden Informationsfluss meist stark formalisieren (z.B. durch ein<br />

klar definiertes Berichtswesen, Kennzahlen, Zielvereinbarungen bzw. -vorgaben),<br />

der wenig Platz für ‚Zwischentöne’ lässt. Diese sind in aller Regel nur innerhalb der<br />

Hierarchieebenen möglich, wo auch abseits von durch Berichtswesen vorgegebenen<br />

Kommunikationsstrukturen der Austausch über Hintergründe, unerwünschte<br />

Nebenfolgen und Schwachstellen von ansonsten <strong>im</strong> vertikalen Informationsfluss nur<br />

als positiv dargestellten Gegebenheiten möglich ist.<br />

Allerdings strukturiert die Organisation auch zum Teil die horizontale Kommunikation<br />

durch, systemtheoretisch gesehen, Sinnzuweisungen. Baecker beschreibt dies mit<br />

„Aufmerksamkeitsregeln“, die für eine Organisation vorgeben, was wichtig ist<br />

(Aufmerksamkeit erfordert) und was unwichtig oder in der Organisation (mehr oder<br />

weniger) unerwünscht ist. Neumitgliedern von Organisationen rät er daher<br />

folgerichtig, als erstes diese meist ungeschriebenen ‚Gesetze’ (der Sinnkonstruktion)<br />

von Organisationen in Erfahrung zu bringen, um dort bestehen zu können. 174<br />

Weiterhin ist <strong>im</strong> o.a. Zitat mit dem Verweis auf verschiedenen Ebenen gemeint, dass<br />

Organisationssysteme sich sehr wohl formal differenzieren können und dies auch<br />

tun. Durch die Schaffung von Subsysteme des Organisationssystems können<br />

Aufgaben dorthin abgegeben werden, die weitgehend autonom bearbeitet werden<br />

können. Mittels der hierarchischen Struktur wird aber sichergestellt, dass zumindest<br />

<strong>im</strong> Wesentlichen die Subsysteme in Hinblick auf die ihnen zugewiesene Aufgabe<br />

funktional (<strong>im</strong> Sinne des Organisationssystems) bleiben. Dies erreicht die Hierarchie<br />

vor allem durch die Einführung eines meist komplexen Regelsystems, das Verfahren<br />

für Informationen (Informationsfluss), Entscheidungen und Handlungen vorschreibt.<br />

Baecker beschreibt dieses Regelsystem als generelle Verbote mit selektiven<br />

Ausnahmen: "Man hat nicht zu Unrecht Organisationen als Korporationen<br />

beschrieben, die ihre Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten sichern, indem<br />

sie in einem ersten Schritt nahezu alle Handlungen verbieten und in einem zweiten<br />

Schritt dieses Verbot selektiv wieder aufheben. Wer Mitglied einer Organisation wird,<br />

unterwirft sich der Regel, daß alle Entscheidungen verboten sind, die nicht erlaubt<br />

sind. Organisationen blockieren Entscheidungen und müssen dann Mittel und Wege<br />

finden, mit dieser und gegen diese Blockade neue Entscheidungen zu gewinnen."<br />

(Baecker 1999, S. 244)<br />

Der hohe Strukturierungsgrad der Handlungs- und Entscheidungsabläufe von<br />

Organisationen sichert so zum einen Abläufe und schränkt die Autonomie der<br />

Subsysteme (z.B. Einkauf, Verkauf, Finanzwesen, Niederlassungen / Außenstellen,<br />

174 s. Baecker 1999, S. 24 – auch hierzu ein praktisches Beispiel: Die amerikanischen Streitkräfte<br />

haben schon seit 1941 Frauen den Zugang zu den Streitkräften geöffnet und auch schon deutlich<br />

früher als z.B. in Deutschland strikte Regeln zur Bekämpfung sexueller Belästigung erlassen. Das in<br />

Deutschland durchaus übliche anerkennende „auf-die-Schulter-klopfen“ galt dort bereits als sexuelle<br />

Belästigung, was für deutsche Teilnehmer in NATO-Dienststellen z.T. zu Schwierigkeiten führte.<br />

Seite 55

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!