Systemsteuerung im Case Management

zwar dem ‚Alltagswissen’, wird aber von Luhmann nicht so umfassend gesehen. Für
ihn sind „Herrschaftspositionen“ vor allem „Grenzstellen“, die den Output von
Organisationssystemen an die Umwelt kontrollieren. 170
Über die Output-Grenze geben Systeme Leistungen an die Umwelt ab – sie
betreffen dabei das ganze System und wenn dies keine nur gelegentlicher Vorgang
ist, so werden hierzu Strukturen entwickelt, wie die Leistungsabgabe zu steuern ist
und diesbezügliche Entscheidungen zu treffen sind. Damit kommt dann die
Hierarchie ins Spiel, die sich über diese Aufgabe auch einen Legitimationsgewinn
zurechnen kann. 171 Auch die Input-Grenze, d.h. die Aufnahme von Leistungen in das
System (Rohstoffe, Informationen, usw.) wird bei häufiger Nutzung weiter
ausdifferenziert, so dass für spezifische Leistungen im Organisationssystem
spezifischen Stellen verantwortlich gemacht werden (Einkauf für Rohstoffe,
Marktforschung für Informationen, usw.). 172
Die Betonung der Nachrangigkeit von Hierarchien für Organisationssysteme mag auf
den ersten Blick verwundern. Berücksichtigt man aber, dass Organisationssysteme
nicht mit Betrieben (Unternehmungen) gleichgesetzt werden dürfen, da sie auch
alles andere, was die zuvor dargestellten Kriterien erfüllt, einschließen. Bei
Selbsthilfegruppen, kleinen, gering strukturierten Vereinen z.B. wird der Hierarchie
meist deutlich geringere Bedeutung zugemessen werden können. Die hier
anzutreffenden hierarchiebezogenen Stellen (z.B. Vorstand / Sprecher) sind zumeist
in ihrer Begehrtheit deutlich schwächer als vergleichbare Stellen in Unternehmen.
Dies hängt einerseits mit Status zusammen, dessen Diskussion hier aber den
Rahmen sprengen würde, anderseits aber auch mit den Umstand, dass
diesbezügliche ‚Spitzenpositionen’ zwar mit zusätzlichen Aufgaben ausgestattet
sind, seltener aber auch mit zusätzlichen Kompetenzen, so dass hierzu die
Verwendung des Terminus Hierarchie 173 zumindest im engeren Sinne nicht
angemessen ist.
In betrieblichen Organisationssystemen ist Hierarchie jedoch ein präsentes Thema,
die Baecker als „ingeniöse Sozialtechnik“ beschreibt: "Die Hierarchie führt die
Notwendigkeit ein, sich mit der Kommunikation über Entscheidungen an die
vorgegebenen Instanzenwege zu halten. […] Noch wichtiger ist jedoch die Trennung
zwischen ungebundener Kommunikation im Zuge des horizontalen Arbeitsflusses
unter Gleichgestellten einerseits und gebundener und konditionierter Kommunikation
zwischen Vorgesetzten und Nachgeordneten andererseits. Die Hierarchie ist
insofern eine ingeniöse Sozialtechnik, als sie es erlaubt, innerhalb eines
Unternehmens verschiedene Ebenen voneinander zu unterscheiden, die ihrerseits in
170 ebd.
171 ebd.
172 edb. – die Bedeutung der Hierarchie für den Input ist aufgrund der geringeren Bedeutung für das
Gesamtsystem auch niedriger, zumal durch Redundanzen (man beauftragt anstelle der
Marktforschung ein entsprechendes Unternehmen) hier mehr Ersetzbarkeit gegen ist. Redundanter
Output ist dagegen deutlich schwieriger (man kann zwar sein Output auch an Zwischenhändler
abgeben, aber die grundsätzlichen Entscheidungen dazu bleiben dieselben). Wenn man sich die
Stellung der jeweils Verantwortlichen für Input (Einkauf) und Output (Verkauf) in Hierarchien
betrachtet, wird man doch meistens das angesprochene ‚Wertigkeitsgefälle’ erkennen.
173 was von griech. „hieré“ = heilige und „arché" = Herrschaft kommt, also mit herrschen, bestimmen,
übergeordnet-sein zu tun hat
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