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Systemsteuerung im Case Management

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Entscheidungen und die auf sie basierenden Handlungen beziehen sich zwar auch<br />

oft auf ‚systeminterne’ Gegebenheiten, aber viele Entscheidungen betreffen das<br />

diese Arbeit noch wichtigere Verhältnis von Systemen zur Umwelt. Daher ist es jetzt<br />

an der Zeit, sich genauer das Verhältnis von System und Umwelt anzuschauen und<br />

abzuprüfen, in wie weit Umwelt Systeme beeinflussen kann und beeinflusst.<br />

Systeme definieren sich als Differenz zu ihrer Umwelt, arbeiten selbstreferentiell an<br />

ihrem eigenen Fortbestand, so dass in Bezug auf das Verhältnis zu ihrer Umwelt<br />

festzuhalten ist: "Informationsverarbeitende Systeme sind […] operativ geschlossene<br />

Systeme. das heißt nicht zuletzt, daß sie sich systemintern um eine aktive Rolle <strong>im</strong><br />

Verhältnis zu ihrer Umwelt bemühen müssen. Die Umformung von irritierenden<br />

Signalen in Informationen kann deshalb nicht als eine bloße Verlängerung der<br />

Umweltveränderungen <strong>im</strong> System verstanden werden. Es handelt sich nicht um eine<br />

rein passive Aufnahme von Umweltveränderungen durch das System. Kein operativ<br />

geschlossenes System könnte von einer strikt passiv begriffenen Kognition leben<br />

und auf eine aktive Rolle gegenüber seiner Umwelt (in anderen Worten: auf Willen)<br />

verzichten. Der systeminterne Gewinn von Informationen ist <strong>im</strong>mer auch<br />

mitbest<strong>im</strong>mt durch Rücksicht auf das, ‚was man damit anfangen kann‘.<br />

Informationsselektionen erhalten damit <strong>im</strong>mer auch ein volitives Moment." (Luhmann<br />

1996, S. 4)<br />

Der Terminus der ‚etwas mit anfangen können’ verweist auf die Sinnprozession des<br />

Systems, d.h. Informationen müssen mit Sinn belegbar sein, um <strong>im</strong> System<br />

weiterverarbeitet werden zu können. Das Belegen mit Sinn ist aber wie die<br />

Beobachtung selbst <strong>im</strong>mer mit einer Unterscheidung, also letztendlich mit einer<br />

Entscheidung verbunden. Dies bezeichnet Luhmann als „volitives Element“. Die<br />

Umsetzung von Umwelteinflüsse zu systemkompatiblen Informationen beschreibt<br />

Becker als äußere Reize, die ein System in Schwingungen versetzt: "Die<br />

Bestandteile der Umwelt werden aber nach Maßgabe der innersystemischen<br />

Strukturen bearbeitet und umgewandelt; sie können nicht best<strong>im</strong>mend auf die<br />

Verhältnisse innerhalb des Systems einwirken. Die Umwelt liefert nur die Reize, die<br />

die Elemente des Systems in Schwingungen versetzen. Erst diese Schwingungen<br />

stellen dann die Grundlage für die Selbstproduktion des Systems dar, nicht die<br />

Reize, von denen die Schwingungen ausgelöst worden sind." (Becker, Reinhardt-<br />

Becker 2001, S. 31).<br />

Beide Zitate zeigen deutlich, dass Operationen eines sozialen Systems nicht in<br />

einem unmittelbaren Zusammenhang mit Einflüssen oder Zuständen zu bringen<br />

sind. Die operationale Geschlossenheit verhindert, dass systemexterne<br />

Gegebenheiten quasi 1:1 in die systeminternen Prozesse einfließen. Alles, was von<br />

‚außen’ kommt und ‚innen’ Wirkung zeigt, bedarf zuvor der Transformation in die<br />

durch Sinn konstituierte ‚Sprache’ des Systems. Um bei der Metapher<br />

‚Systemsprache“ zu bleiben: Gibt es für den äußeren Zustand, den<br />

Einwirkungsversuch auf das System, in dessen Sprache kein ‚Wort’ (oder wird das<br />

passende nicht gefunden), so ist eine Übersetzung nicht möglich, es kommt nur<br />

‚Rauschen’ an. 133<br />

Daher muss also die für gezieltes Steuerungshandeln zunächst nur als<br />

enttäuschend bewertbare Tatsache festgehalten werden: Eine direkte Steuerung<br />

133 vgl. Luhmann 1987 S. 95 f.<br />

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