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Systemsteuerung im Case Management

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Generalisierung zum Erfolg führen, könnte sich die an sie gestellte Erwartung<br />

verfestigen. Aufgrund der stets präsenten Kontingenz bezüglich dessen, was<br />

geschehen kann, helfen (stabile) Erwartungen, die Bandbreite des Möglichen zu<br />

reduzieren, zu kanalisieren und strukturieren so die Komplexität, ohne sie zu<br />

vernichten 125 Von ‚Vernichtung’ von Komplexität könnte nämlich nur dann<br />

gesprochen werden, wenn die völlige Enttäuschung von Erwartungen<br />

ausgeschlossen werden könnte, es also nur eine abgegrenzte Bandbreite dessen<br />

geben würde, was geschehen kann. Die weitere Diskussion derartig verfestigter<br />

Erwartungen führt aber für die Fragestellung dieser Arbeit nicht weiter und muss<br />

daher unterbleiben, genauso wie die Beschäftigung mit der Frage, wie Systeme mit<br />

Enttäuschungen von Erwartungen umgehen.<br />

Erwartungen <strong>im</strong> zuvor skizzierten Sinne als ‚strukturierte Komplexität’ schaffen aber<br />

Sicherheit und sind damit eine Grundlage von Handlungen. Handlungen sind dann<br />

nichts weiteres als Systemen „zurechnete Selektion“. 126 Sie orientieren sich<br />

aufgrund der auch für sie geltenden Erfahrung der doppelten Kontingenz an der<br />

Erwartung, ob sie dem System nützen oder schaden können.<br />

Handlungen verweisen dann aber auch auf Entscheidungen, die Luhmann wie folgt<br />

definiert: "Von Entscheidung soll <strong>im</strong>mer dann gesprochen werden, wenn und soweit<br />

die Sinngebung einer Handlung auf eine an sie selbst gerichtete Erwartung reagiert."<br />

(Luhmann 1987, S. 400). Die Zuweisung von Sinn an eine Handlung aufgrund einer<br />

an die Handlung gerichtete Erwartung konstituiert also eine Entscheidung. Luhmann<br />

schränkt aber die universelle Geltung von Entscheidungen als Voraussetzung von<br />

Handlungen ein: "Daß eine Handlung ihrerseits <strong>im</strong>mer erwartungsorientiert abläuft,<br />

versteht sich von selbst. Dadurch entsteht kein Entscheidungsdruck.<br />

Entscheidungslagen ergeben sich erst, wenn die Erwartung auf die Handlung oder<br />

ihr Unterbleiben zurückgerichtet wird, wenn sie selbst erwartet wird. Dann schafft die<br />

Erwartung die Alternative von Konformität oder Abweichung, und dann hat man sich<br />

zu entscheiden." (Luhmann 1987, S. 400)<br />

Erwartungen, die Alternativen von Konformität und Nichtkonformität zulassen,<br />

bedingen somit Entscheidungen. Der ansonsten <strong>im</strong> ‚Dunstfeld’ von Entscheidungen<br />

oft anzutreffende Begriff der Präferenz, also der Steuerung von Entscheidungen<br />

durch vorhandene Dispositionen verliert mit der Orientierung der Entscheidung an<br />

Erwartungen ihr Übergewicht: "Wir geben hier die übliche Annahme auf, die Einheit<br />

einer Entscheidung könne als Ausdruck einer (wie <strong>im</strong>mer aggregierten, Kosten<br />

einschließenden) Präferenz aufgefaßt werden. […] An die Stelle der Differenz von<br />

besser oder schlechter <strong>im</strong> Hinblick auf Präferenzen, deren Festlegung dem System<br />

überlassen bleibt, setzen wir mithin die Differenz von erwartungskonformen oder<br />

abweichend als konstitutiv für die Notwendigkeit zu entscheiden. Dies schließt den<br />

Fall des präferenzorientierten und ebenso den Sonderfall des opt<strong>im</strong>ierenden<br />

Entscheidens ein; denn man kann Präferenzen und Opt<strong>im</strong>ierungsversuche als<br />

Erwartungen auffassen, die vom Entscheider oder von anderen an des Verhalten<br />

gerichtet werden." (Luhmann 1987, S. 400)<br />

Erwartungen an Handlungen sind demnach zwar Voraussetzung für<br />

Entscheidungen, vor allem dann, wenn diese nicht kohärent sind, also ein sich ganz<br />

125 s. Luhmann 1987, S. 140<br />

126 Luhmann 1987, S. 160<br />

Seite 42

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