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Systemsteuerung im Case Management

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Bezogen auf den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit kann dies aus der<br />

Erfahrung des Verfassers bestätigt werden: Bei einem Auftrag zur Weiterbildung der<br />

Fallmanager eines zugelassenen kommunalen Trägers 89 kam bei der<br />

Problemsammlung zu Tage, dass eines der die Integrationsarbeit behindernden<br />

Faktoren die mangelnde Kooperation des ASD (Allgemeiner sozialer Dienst) der<br />

eigenen Kreisverwaltung (!) war. Deren Sozialarbeiter würden sich als „Helfer“ der<br />

Hilfebedürftigen sehen, während die Fallmanager doch nur die „Sanktionierer“<br />

wären. Obwohl beide Institutionen unter dem einheitlichen (hierarchischen) Dach der<br />

Kreisverwaltung zusammengefasst waren (und sind), gab es doch offensichtlich<br />

ganz unterschiedliche Wahrnehmungen der jeweils anderen Institution mit einer<br />

deutlich zu Tage tretenden Abgrenzung („gut / „böse“). Dies spricht für getrennte<br />

(Sub-) Systeme und damit für die These der funktionalen Differenzierung von<br />

Organisationen.<br />

Dies führt zu einem weiteren Gesichtspunkt sozialer Systeme: Die Beobachtung der<br />

Umwelt und die Generierung eines jeweils eigenen Sinnzusammenhangs.<br />

2.2.2.3 Beobachtung, Kommunikation und Sinn<br />

Um eine Unterscheidung zwischen System und Umwelt überhaupt treffen zu<br />

können, müssen Systeme überhaupt erst einmal sich und ihre Umwelt beobachten.<br />

Im Sinne der Systemtheorie definiert sich "Beobachtung [...] als Bezeichnunganhand-einer-Unterscheidung.<br />

[...] Eine Unterscheidung wird gewählt und eine der<br />

beiden Seiten der Unterscheidung wird bezeichnet. [...] Im Rahmen einer<br />

Beobachtung ist es unmöglich, beide Seiten der Unterscheidung gleichzeitig zu<br />

bezeichnen. Es kann also zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt jeweils nur eine oder die<br />

andere Seite bezeichnet werden." (Kneer, Nassehi 1993, S. 96–97) 90 Diese<br />

Bezeichnung entsteht damit aufgrund einer systeminternen Operation (der<br />

Beobachtung) und ist damit eine Rekonstruktion des Systems, wie es sich aufgrund<br />

seiner Beobachtungen seine Umwelt vorstellt: "Soziale Systeme, die ihre Umwelt<br />

bzw. etwas in ihrer Umwelt beobachten, gewinnen [...] keinen unmittelbaren Kontakt<br />

zu ihrer Umwelt. [...] Vielmehr wird unter Beobachtung eine systeminterne Operation<br />

verstanden. Beobachtung ist somit <strong>im</strong>mer eine Konstruktion eines Systems." (Kneer,<br />

Nassehi 1993, S. 98). An diesem Zitat ist daher gut zu erkennen, dass die<br />

Systemtheorie zu weiten Teilen auf die Grundannahmen des Konstruktivismus<br />

beruht und daher nicht davon ausgeht, dass Systeme so etwas wie ein „reales“<br />

Abbild ihrer Umwelt generieren können. Das, was Systeme von ihrer Umwelt<br />

erkennen, ist <strong>im</strong>mer ihre eigene Konstruktion, oder mit anderen Worten, die<br />

Beobachtung der Umwelt erfolgt stets durch die systemeigene ‚Brille’, so dass<br />

unterschiedliche Systeme, die denselben Ausschnitt ihrer (gemeinsamen) Umwelt<br />

beobachten, zu durchaus sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. 91<br />

89 gemeint ist hiermit eine Kommune (<strong>im</strong> vorliegenden Fall ein Landkreis), die gem. § 6a SGB II in<br />

alleiniger Trägerschaft die Betreuung der Hilfebedürftigen übernommen hat<br />

90 Kneer / Nassehi beziehen sich hierbei wie Luhmann selbst auf die Regeln des „Law of Form“ von<br />

George Spencer-Brown – vgl. Spencer-Brown 1999<br />

91 s. z.B. das recht anschauliche Beispiel in Becker, Reinhardt-Becker 2001, S. 18<br />

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