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Systemsteuerung im Case Management

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Luhmann ein System sich daran anschließende Folgeoperationen mit denen das<br />

System sich fortlaufend reproduziert. Er verweist damit auf sein von Maturana und<br />

Varela 68 übernommenes Konzept der Autopoiesis als ein weiteres zentrales Element<br />

sozialer Systeme. Wie Maturana / Varela für lebende Systeme die Selbsterzeugung<br />

als Leben best<strong>im</strong>mende Fähigkeit hervorhoben, so transferiert Luhmann dieses<br />

Konzept auf soziale Systeme, die für ihn ebenso diese Fähigkeit besitzen. Darauf<br />

verweist er, wenn er vom fortwährenden Anschließen von Operationen an<br />

Operationen spricht.<br />

Der Zufall ist bei Luhmann ein systembildendes Element von besonderer<br />

Bedeutung. In Anlehnung als Heinz von Foerster’s Satz des „order from noise“ 69 ,<br />

d.h. der Entstehung von Strukturen aus einer hoch- oder besser: überkomplexen<br />

Umgebung, sieht er die Systembildung durchaus auch als eine zufällige<br />

Entwicklung, die sofern "... nichts Besseres verfügbar ist, jeden Zufall ausnutzen<br />

wird, um Ordnung aufzubauen." (Luhmann 1987, S. 236)<br />

In wie weit soziale Systeme tatsächlich zufällig entstehen bzw. die Ausbildung ihrer<br />

inneren Struktur auf Zufälle beruht, bleibt fraglich. Ganz zu verneinen ist die<br />

Gestaltungsmacht des Zufalls aber nicht. Auch soziale Systeme in Gestalt von<br />

Unternehmen 70 sind weder stets nur aufgrund sorgfältig geplanter Handlungen<br />

entstanden, noch ist ihre sich aktuell zeigende innere Struktur das Ergebnis einer<br />

langen Kette ausnahmslos rationaler Entscheidungen. Ansonsten müsste man nicht<br />

aufwendige Prozesse wie z.B. Reengineering 71 initiieren, um die Struktur von<br />

Unternehmen den aktuellen (und hoffentlich auch zukünftigen) Erfordernissen<br />

anzupassen. Festzuhalten bleibt also, dass der Faktor Zufall bei der Konstitution von<br />

Systemen nicht wegzudiskutieren ist.<br />

Damit ist man auch bereits bei einem weiteren Begriff der Systemtheorie angelangt,<br />

der (inneren) Struktur sozialer Systeme. Struktur ist aber für die Systemtheorie ein<br />

nachrangiges Merkmal, ohne die kleine, überschaubare und damit wenig komplexe<br />

Systeme durchaus auskommen können. Für komplexere Systeme dagegen ist der<br />

Strukturbegriff "… unentbehrlich. Kein Systemtheoretiker wird leugnen, daß<br />

komplexe Systeme Strukturen ausbilden und ohne Strukturen nicht leben können.<br />

Der Strukturbegriff ordnet sich nun aber in ein vielfältiges Arrangement<br />

verschiedener Begriffe, ohne Führungsqualität zu beanspruchen." (Luhmann 1987,<br />

S. 382)<br />

Soziale Systeme definieren sich daher nicht über ihre Struktur, sondern sie nutzen<br />

Strukturen, um ihre eigene Komplexität zu reduzieren. Strukturen selektieren <strong>im</strong><br />

System, was für das System insbesondere in Bezug auf dessen Selbsterhaltung<br />

Gültigkeit haben soll: "Der Begriff der Struktur bezeichnet die Einschränkung der <strong>im</strong><br />

System zugelassenen Anschlußmöglichkeiten. Eine Struktur n<strong>im</strong>mt eine Selektion,<br />

eine Auswahl vor, sie sorgt dafür, daß die Autopoiesis des Systems nicht durch<br />

beliebige, sondern allein durch best<strong>im</strong>mte Elemente fortgesetzt werden kann."<br />

(Kneer, Nassehi 1993, S. 93). Strukturen sind damit unabhängig von den Elementen<br />

68<br />

s. Maturana, Varela 1987 und Kap. 2.1.2.1<br />

69<br />

s. u.a. von Foerster 1999<br />

70<br />

hier wird bereits der Zuordnung von Organisationen – hier Unternehmen – zu sozialen Systemen<br />

vorgegriffen, die noch in Kap. 2.2.2.5 zu behandeln sein wird<br />

71<br />

s. z.B. Hammer, Champy 1996<br />

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