Systemsteuerung im Case Management

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4.4.1 Bedarfsorientierter Steuerungsanspruch Die praktische Umsetzung eines bedarfsorientierten Steuerungsanspruchs durch die Fallmanagements im SGB II lässt sich aufgrund der Begrenztheit der verfügbaren Informationen nur vermuten. Bis auf die in Kap. 4.3.4 bereits angesprochenen Hinweise, dass bei einem Grundsicherungsträger eine Qualifizierungsmaßnahme aufgrund von Anregungen der Fallmanager entstand, finden sich in der einschlägigen Literatur keine positiven Hinweise auf eine Art ‚fallbasierter’ Steuerung, d.h. auf eine Steuerung von Angeboten aufgrund der konkreten Einzelerfahrungen mit deren Nutzung. Gelegentlich finden sich lediglich Hinweise, dass in der Bildungszielplanung 984 Maßnahmen, die nicht die gewünschte Eingliederungsquoten erreicht haben, durch andere ersetzt wurden, wobei sich steuerungstechnisch die Frage stellt, ob die (zu) geringe Eingliederung durch eine unzureichende Maßnahmedurchführung, eine mit dem Arbeitsmarkt und/oder den Voraussetzungen der Maßnahmeteilnehmern zu wenig korrespondierende Konzeption oder durch eine unzureichende Auswahl der geeigneten Maßnahmeteilnehmer bedingt war. Gerade zur letzteren Ursache wurden in Kap. 4.3.4 die nicht gerade ermutigende Feststellung gemacht, dass gerade eine sorgsame und bedarfsgerechte Auswahl oftmals eben nicht zu erkennen war. Die im Internet zu findenden Bildungszielplanungen weisen zwar mit Masse eine große Vielzahl von Daten auf – es fehlen aber in aller Regel dezidierte Angaben zu den Vermittlungshemmnissen des betreuten Klientels, mit denen dann die Planungen abgeglichen werden könnten. 985 Positiv ist allerdings zu werten, dass 2006 nach Erkenntnissen des UF 1 immerhin 52% der zkT Kinderbetreuungsleistungen angeboten haben, die speziell auf die Bedürfnisse von Maßnahmeteilnehmern abgestimmt waren, d.h. die Kinderbetreuung so organisiert wurde, dass eine Teilnahme an einer Qualifizierungs- oder Beschäftigungsmaßnahme ermöglicht wurde. 986 In einem, wenn auch vom Volumen eher kleinen Bereich (vgl. Kap. 4.3.3), ist zumindest in Teilen und dort überwiegend nur in den zkT eine am konkreten Bedarf orientierte Hilfeplanung realisiert. Für die Masse der Hilfeplanung kann dies aber nicht automatisch übertragen werden. Das Instrument mit der größten Wertigkeit (vgl. Abb. 23) aus Sicht der Grundsicherungsträger und bei der Masse auch das mit dem größten Volumen (Teilnehmer pro Jahr) 987 sind die Beschäftigungsmaßnahmen, die in Form von 984 gem. §§ 77 ff. SGB III i.V.m. § 16 Abs. 1 SGB II – Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung – vgl. z.B. die Bildungszielplanung der ARGE Köln: http://www.arbeitsagentur.de/Dienststellen/RD- NRW/Koeln/AA/Institutionen/Bildungszielplanung/pdf/Bildungszielplanung-ARGE-Koeln-2008.pdf, die zwar „maßgeschneiderte Angebote“ bereitstellen will, diese aber nach quartalsweisen Kontingenten plant (analog zur BA) 985 eine Ausnahme hierzu stellen die Jahresberichte des zkT Kreis Borken dar – vgl. Service-Punkt Arbeit 2007 und Service-Punkt Arbeit 2008 986 s. Strotmann, u.a. 2007, S. 127 – bei den ARGEn waren es aber nur 21% und den gA sogar nur 11%, die ein solches abgestimmtes Angebot vorhielten 987 z.B. waren im Landkreis Bernburg (zkT) 2005 ca. 5.000 Teilnehmer in Beschäftigungsmaßnahmen (AGL / ABM), was ca. 70% der Eingliederungskosten ausmachte; 2006 4.278 Teilnehmer und 2007 noch 3.459 Teilnehmer (= 6,04 Mio. € Kosten = 59,8% des Eingliederungsbudgets) –an Qualifizierungen (Bildungsgutschein) nahmen im gleichen Zeitraum nur 73 (2005), 119 (2006), bzw. Seite 296

Arbeitsgelegenheiten (AGL) als Mehraufwandsvariante (sogenannte ‚1€-Jobs’) oder als Entgeltvariante (sozialversicherungspflichtige Beschäftigung) bzw. als die ‚klassische’ Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) vorzufinden sind. 988 Keines der Instrumente des SGB II ist aber so umstritten und in der ständigen Diskussion. Der Bericht der internen Revision der BA vom Mai 2008 stellte fest, dass bei rund einem Drittel der geprüften Maßnahmen Mängel vorliegen. 989 Noch drastischer ist der Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH) vom 29.05.2008 an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, der zwar im Internet kursiert und von den Medien kommentiert wurde, aber vom BRH nicht zur Veröffentlichung freigegeben ist, und daher hier nur insofern verwendet werden kann, wie auf ihn in anderen frei zugänglichen Dokumenten verwiesen wurde. 990 Der BRH stellte hierbei fest, dass „bei drei von vier geförderten Bezieherinnen / Bezieher von Grundsicherung gemäß SGB II keine messbaren Integrationsfortschritte zu verzeichnen“ 991 wären. Weiterhin kommt eine Untersuchung des IAB von 2007 zu dem Ergebnis: „In Ostdeutschland kann ein negativer Effekt von Ein-Euro-Jobs auf das Wachstum sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung nachgewiesen werden.“ 992 Untersucht wurde dabei das Beschäftigungsverhalten von Betrieben, die AGL-Kräfte nutzen und festgestellt, dass diese im Vergleich zu anderen Betrieben der Branche, die dies nicht tun, signifikant wenige sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter einstellen bzw. mehr davon entlassen haben. Diese Beobachtung korrespondiert daher mit den Erkenntnissen der BA-Revision (s.o.) zu oftmals fehlenden Nachprüfungen der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Rahmenbedingungen für AGL. Ebenfalls bestätigt wird diese Feststellung durch eine frühere Studie des IAB zur Wirksamkeit von AGL in der Entgeltvariante. Die von den Grundsicherungsträgern erhofften „Klebeeffekte“ in den beschäftigenden Betrieben treten zumeist nicht ein, was angesichts hoher Teilnehmerzahlen (durchschnittlich 29) und dem besonderen Einsatzfeld („soziale Wirtschaftsbetriebe“) kein Wunder sei. 993 Bei durchschnittlichen Teilnehmerzahlen von 29 ist es leicht vorstellbar, dass 132 (2007 = 0,33 Mio. € Kosten) eHb teil – vgl. Landkreis Bernburg 2005, Landkreis Bernburg 2006 u. Salzlandkreis - Landrat 2007 (der Landkreis Bernburg wurde im Zuge der Kreisreform zum 01.07.2007 mit zwei anderen Landkreisen zum Salzlandkreis vereinigt) 988 Rechtsgrundlagen hierfür sind a) Arbeitsgelegenheiten (AGL) § 16 Abs. 3 SGB II und b) Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM): §§ 260 – 271 SGB III 989 s. Bundesagentur für Arbeit 2008b S. 7 ff . – geprüft wurden 6.306 Teilnahmen an 3.712 Maßnahmen – die Beanstandungen (mehr aus Verwaltungssicht) richteten sich vor allem an in fast zu Hälfte (48,1%) fehlenden Nachweise der Zusätzlichkeit (vgl. § 16 Abs. 3 zu den Anforderungen an AGL: im öffentlichen Interesse, zusätzlich, wettbewerbsneutral), an zu 33,5% fehlende Nachweise der Wirtschaftsneutralität (keine Konkurrenz zu bestehenden Angeboten) und zu 20,8% fehlende Nachweise des öffentlichen Interesses 990 bes. durch eine kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 23.05.2008 – vgl. Deutscher Bundestag 2008a und die Antwort der Bundesregierung dazu – vgl. Deutscher Bundestag 2008b - da die Antwort der Bundesregierung (s.o.) die Verweise in der kleinen Anfrage auf den BRH-Bericht nicht als unkorrekt wiedergegeben bewertet, ist davon auszugehen, dass der Sachverhalt auch so im BRH- Bericht dargestellt wurde 991 Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE a.a.O. S. 1 – zudem wird darauf verwiesen, dass laut Prüfergebnis des BRH auch „die Qualität der Vermittlungstätigkeit und des Fallmanagements der Grundsicherungsstellen auch im dritten Jahr nach Inkrafttreten des SGB II nicht überzeugen“ (ebd.), was die zuvor gemachte Bewertung des Fallmanagements in Kap. 3.3.5 unterstützt 992 Hohendammer 2008, S. 4 993 s. Hohmeyer et al. 2006, S. 43 Seite 297

4.4.1 Bedarfsorientierter Steuerungsanspruch<br />

Die praktische Umsetzung eines bedarfsorientierten Steuerungsanspruchs durch die<br />

Fallmanagements <strong>im</strong> SGB II lässt sich aufgrund der Begrenztheit der verfügbaren<br />

Informationen nur vermuten. Bis auf die in Kap. 4.3.4 bereits angesprochenen<br />

Hinweise, dass bei einem Grundsicherungsträger eine Qualifizierungsmaßnahme<br />

aufgrund von Anregungen der Fallmanager entstand, finden sich in der<br />

einschlägigen Literatur keine positiven Hinweise auf eine Art ‚fallbasierter’<br />

Steuerung, d.h. auf eine Steuerung von Angeboten aufgrund der konkreten<br />

Einzelerfahrungen mit deren Nutzung. Gelegentlich finden sich lediglich Hinweise,<br />

dass in der Bildungszielplanung 984 Maßnahmen, die nicht die gewünschte<br />

Eingliederungsquoten erreicht haben, durch andere ersetzt wurden, wobei sich<br />

steuerungstechnisch die Frage stellt, ob die (zu) geringe Eingliederung durch eine<br />

unzureichende Maßnahmedurchführung, eine mit dem Arbeitsmarkt und/oder den<br />

Voraussetzungen der Maßnahmeteilnehmern zu wenig korrespondierende<br />

Konzeption oder durch eine unzureichende Auswahl der geeigneten<br />

Maßnahmeteilnehmer bedingt war. Gerade zur letzteren Ursache wurden in Kap.<br />

4.3.4 die nicht gerade ermutigende Feststellung gemacht, dass gerade eine<br />

sorgsame und bedarfsgerechte Auswahl oftmals eben nicht zu erkennen war. Die <strong>im</strong><br />

Internet zu findenden Bildungszielplanungen weisen zwar mit Masse eine große<br />

Vielzahl von Daten auf – es fehlen aber in aller Regel dezidierte Angaben zu den<br />

Vermittlungshemmnissen des betreuten Klientels, mit denen dann die Planungen<br />

abgeglichen werden könnten. 985<br />

Positiv ist allerdings zu werten, dass 2006 nach Erkenntnissen des UF 1 <strong>im</strong>merhin<br />

52% der zkT Kinderbetreuungsleistungen angeboten haben, die speziell auf die<br />

Bedürfnisse von Maßnahmeteilnehmern abgest<strong>im</strong>mt waren, d.h. die<br />

Kinderbetreuung so organisiert wurde, dass eine Teilnahme an einer<br />

Qualifizierungs- oder Beschäftigungsmaßnahme ermöglicht wurde. 986 In einem,<br />

wenn auch vom Volumen eher kleinen Bereich (vgl. Kap. 4.3.3), ist zumindest in<br />

Teilen und dort überwiegend nur in den zkT eine am konkreten Bedarf orientierte<br />

Hilfeplanung realisiert.<br />

Für die Masse der Hilfeplanung kann dies aber nicht automatisch übertragen<br />

werden. Das Instrument mit der größten Wertigkeit (vgl. Abb. 23) aus Sicht der<br />

Grundsicherungsträger und bei der Masse auch das mit dem größten Volumen<br />

(Teilnehmer pro Jahr) 987 sind die Beschäftigungsmaßnahmen, die in Form von<br />

984<br />

gem. §§ 77 ff. SGB III i.V.m. § 16 Abs. 1 SGB II – Maßnahmen zur Förderung der beruflichen<br />

Weiterbildung – vgl. z.B. die Bildungszielplanung der ARGE Köln:<br />

http://www.arbeitsagentur.de/Dienststellen/RD-<br />

NRW/Koeln/AA/Institutionen/Bildungszielplanung/pdf/Bildungszielplanung-ARGE-Koeln-2008.pdf, die<br />

zwar „maßgeschneiderte Angebote“ bereitstellen will, diese aber nach quartalsweisen Kontingenten<br />

plant (analog zur BA)<br />

985<br />

eine Ausnahme hierzu stellen die Jahresberichte des zkT Kreis Borken dar – vgl. Service-Punkt<br />

Arbeit 2007 und Service-Punkt Arbeit 2008<br />

986<br />

s. Strotmann, u.a. 2007, S. 127 – bei den ARGEn waren es aber nur 21% und den gA sogar nur<br />

11%, die ein solches abgest<strong>im</strong>mtes Angebot vorhielten<br />

987<br />

z.B. waren <strong>im</strong> Landkreis Bernburg (zkT) 2005 ca. 5.000 Teilnehmer in Beschäftigungsmaßnahmen<br />

(AGL / ABM), was ca. 70% der Eingliederungskosten ausmachte; 2006 4.278 Teilnehmer und 2007<br />

noch 3.459 Teilnehmer (= 6,04 Mio. € Kosten = 59,8% des Eingliederungsbudgets) –an<br />

Qualifizierungen (Bildungsgutschein) nahmen <strong>im</strong> gleichen Zeitraum nur 73 (2005), 119 (2006), bzw.<br />

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