Systemsteuerung im Case Management
Systemsteuerung im Case Management
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Dieser vor allem von ARGEn favorisierter Organisationstyp übern<strong>im</strong>mt die von der<br />
BA praktizierte Trennung von Leistungssachbearbeitung und integrativen<br />
Leistungen, wobei in ca. ¾ der Fälle durch die Zugangssteuerung als Aufgabe der<br />
Leistungssachbearbeitung diese dominiert. Fallmanagement ist dabei eine eher<br />
nachrangige Aufgabe für besonders schwere Fälle und nicht das von der<br />
Gesetzesbegründung her intendierte „Kernelement“. 883 Dies wird noch deutlicher<br />
durch die ähnlich überwiegende Konstruktion des Fallmanagement als ‚Support-<br />
Funktion’ für die Arbeitsvermittlung, das lediglich nicht vermittlungsfähige<br />
Hilfeberechtigte wieder ‚fit zu machen’ hat, aber nicht in die eigentliche Vermittlung<br />
involviert ist. Die Steuerung des Falls vom Zugang bis zur Evaluation des<br />
(hoffentlich) erfolgreich abgeschlossenen Prozesses liegt daher nicht in den Händen<br />
des eigentlichen <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>s, sondern in denen der Arbeitsvermittler, die<br />
zumeist auch offiziell als PAP fungieren. Mit einer solchen Gestaltung werden<br />
zudem zusätzliche Schnittstellen zwischen AV/PAP und FM geschaffen, die bei<br />
einer integrierten Gestaltung vermeidbar gewesen wären. Auch wenn der Auftrag<br />
des FM in einer solchen Konstruktion zunächst klar zu sein scheint<br />
(Vermittlungsfähigkeit herstellen), ist anzunehmen, dass die konkrete Ausgestaltung<br />
eines solchen Mandates zur Kompetenzproblemen zwischen AV/PAP und FM<br />
führen kann, zumal die Definition dessen, was <strong>im</strong> konkreten Fall<br />
Vermittlungsfähigkeit bedeutet, mit Sicherheit nicht eindeutig sondern hochgradig<br />
interpretationsfähig sein dürfte. 884<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> ist unter solchen Bedingungen aus Sicht des Verfassers nur<br />
schwerlich umfänglich praktizierbar, da die Organisation nicht auf dieses<br />
ausgerichtet ist, sondern es, wie bereits dargestellt, eher als Ausnahme ansieht. Mit<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> als Ergänzung vorhandener Ansätze kann aber das in der<br />
Methode liegende Potenzial nicht ausgeschöpft werden. Die Systemebene wird<br />
weitestgehend ausgeblendet und liegt bei einer derart nachrangigen Verortung des<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>s <strong>im</strong> Gesamtkontext der Leistungsprozesse nicht in der<br />
Verantwortung der zuständigen Fallmanager. 885 Aus Sicht des Verfassers ist daher<br />
eine solche Organisationsform eher weniger geeignet, die in Kap. 3.3 beschriebenen<br />
organisatorischen Voraussetzungen für ein gelingendes <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> zu<br />
schaffen. Dort war nachdrücklich gefordert, dass die gesamte Organisation auf das<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> ausgerichtet ist, was aber in der vorliegenden Organisationsform<br />
eher nicht der Fall ist.<br />
Interessant ist aber in diesem Zusammenhang, dass gerade aus solchen<br />
Organisationsformen die in Kap. 4.1.4.1 beschriebenen Bemühungen der BA zur<br />
Standardisierung von Verfahrensweisen z.B. durch Betreuungsstufen und feste<br />
Handlungsprogramme als nicht hilfreich bewertet werden: „Die ganzen Erfindungen<br />
883<br />
s. vom 05.09.2003, S. 44: „Kernelement der neuen Leistung soll deshalb das Fallmanagement<br />
sein.“<br />
884<br />
Aus informellen Gesprächen mit FM in einem zkT dieses Typs wurden die o.a.<br />
Zuständigkeitsprobleme klar bestätigt – dies ist zwar keine repräsentative Erkenntnis, das<br />
Vorkommen solcher Probleme ist aber aufgrund der Organisationsform ‚vorprogrammiert’, da der FM<br />
durch seinen ‚tieferen Blick’ in die Situation des Klienten dessen Probleme (und Ressourcen)<br />
eingehender kennt, als der AV/PAP, der auf eine eher kurzfristig orientierte Integration in Arbeit<br />
fokussiert sein dürfte. Vgl. zu Schwierigkeiten bei der Best<strong>im</strong>mung des Vorliegens von<br />
‚Vermittlungsfähigkeit’ auch Göckler: Göckler 2006 S. 24 f.<br />
885<br />
vgl. dazu auch Löcherbach 2003, der <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> als „eye catcher“, als Ergänzung, als<br />
reines Fallmanagement (ohne Systemebene) oder als vollständige Implementation unterscheidet<br />
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