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Systemsteuerung im Case Management

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"Wenn ein Physiker ein Teilchenmodell oder gar eine ganze Teilchentheorie<br />

konstruiert, so mag dies zwar auf der Grundlage gemessener Daten geschehen.<br />

Und diese Daten mögen ihm auch etwas über den Zustand der Welt oder auch nur<br />

den eines einzigen Teilchens verraten. Aber eben das kann nur funktionieren, weil<br />

neben seinen Modellen und Theorien eben auch sämtliche in ihr vorkommenden,<br />

gemessenen Teilchen oder Daten Konstruktionen sind. Denn schließlich werden alle<br />

Teilchen und Daten ja <strong>im</strong>mer und nur auf der Basis des Modells respektive der<br />

Theorie postulierbar, messbar und beschreibbar! Dass eine Färbung, ein<br />

Kurvenverlauf oder ein Zeigerausschlag auf ein Teilchen hinweist, ergibt sich nie wie<br />

von selbst aus dieser Färbung, dem Kurvenverlauf oder dem Zeigerausschlag,<br />

sondern <strong>im</strong>mer und nur aus der Theorie, die dies begründen und plausibel machen<br />

kann. Theorie weg - Daten weg. […] Teilchen, Messungen und Nachweise sind<br />

Konstruktionen auf der Grundlage einer Theorie und anders nicht denkbar." (Wasser<br />

2007, S. 12)<br />

Wirklichkeit, Realität besteht damit nicht von selbst und wartet gewissermaßen nur<br />

darauf, durch ausgeklügelte Methoden erforscht zu werden, sondern, das, was wir<br />

für Realität halten, ist letztendlich nichts weiter als eine „Erfindung“ 47 .<br />

Die Akzeptanz dieses Ansatzes bringt Wissenschaft durchaus in Bedrängnis. Nichts<br />

besitzt eine absolute Gültigkeit und kann damit als Basis für aufbauende<br />

Wissenschaftsgebäude unverrückbar verwendet werden. Menschen (Luhmann<br />

würde sagen, psychische Systeme) können ihre Umwelt nur beobachten und selbst<br />

diese Beobachtung ist nicht ein exaktes Abbild dessen, was in der Umwelt<br />

geschieht, sondern eine „Übersetzung“ von durch Sinnesreizungen ausgelöste<br />

Nerven<strong>im</strong>pulse durch das Gehirn, was <strong>im</strong> Sinne einer „nicht-trivialen-Maschine“ nicht<br />

nur den aktuellen Input, sondern natürlich auch seinen durch frühere Operationen<br />

bedingten „inneren Zustand“ bei der Übersetzung berücksichtigt. 48 Auch wenn die<br />

Arbeiten von Maturana / Varela durchaus angreifbar sind 49 , sind in ihrem Werk „Der<br />

Baum der Erkenntnis“ 50 sehr anschaulich Ergebnisse aus Versuchen zu sehen, in<br />

denen erkennbar ist, dass die Farbwahrnehmung von Versuchspersonen z.T.<br />

deutlich von den gemessenen Spektralwerten abweicht. Unser Gehirn weiß z.B.<br />

aufgrund langer Erfahrung genau, welche Farbe eine Orange hat und übermittelt<br />

dies auch dann dem Bewusstsein, wenn z.B. durch Schatten diese Farbe <strong>im</strong><br />

Augenblick deutlich dunkler ist. 51 Zu individuellen Erfahrungen addieren sich<br />

weiterhin auch kulturell bedingte, die die Interpretation von Beobachtungen<br />

beeinflussen. „Schatten“ ist in Deutschland ein Begriff mit einer eher negativen<br />

Konnotation, während in südlichen Ländern eine positive Konnotation vorherrscht.<br />

„Auf der Schattenseite sein“ ist daher die gleiche Beobachtung, die aber als positiv,<br />

als erstrebenswert oder auch als zu vermeiden, d.h. als negativ interpretiert werden<br />

kann.<br />

Was sind also wissenschaftliche Erkenntnisse „wert“, wenn diese lediglich auf<br />

Konstruktionen beruhen, die auf der Basis wiederum anderer Konstruktionen<br />

erarbeit wurden? Gerade dem radikalen Konstruktivismus wird daher vorgeworfen,<br />

47<br />

vgl. Beushausen 2002, S. 8<br />

48<br />

vgl. Kap. 2.1.2.3<br />

49<br />

vgl. z.B. Fürnkranz 1997 oder Rexilius 1997<br />

50<br />

Maturana, Varela 1987 – vgl. dazu auch das frühere Werk „Erkennen“ Maturana 1982<br />

51 vgl. dazu auch von Foerster 1999<br />

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