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Systemsteuerung im Case Management

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einer allgemeinen Theorie“ aber auch beinahe gleichzeitig an eine Vielzahl kritischer<br />

St<strong>im</strong>men dazu. Wie bei vielen Theoriegebäuden scheinen sich hier sprichwörtlich die<br />

Geister zu scheiden. Eine bloße Übernahme einer der vorhandenen Theorien wäre<br />

eine durchaus gangbare Möglichkeit, da man sich hier auf – wenn auch nicht<br />

unumstrittene – Autoritäten stützen kann. Wie aber <strong>im</strong> weiteren noch bei der<br />

Behandlung des Themas „Konstruktivismus“ zu zeigen sein wird, kann eine moderne<br />

Theorie nicht viel mehr anbieten, als einen – hoffentlich praktikablen –<br />

Erklärungsansatz unter mehreren möglichen. Der zunächst einfach erscheinende<br />

Weg des Stützens auf ein vorhandenes Theoriegebäude bei der Erklärung der<br />

Steuerung von Hilfesystemen gerät allein schon dadurch ins Wanken, wenn man es<br />

sich verwehrt, einer - natürlich der verwendeten - Theorie einen<br />

Absolutheitsanspruch zuzubilligen. Es ist vielmehr erforderlich, die vorhandenen<br />

Theorien daraufhin „abzuklopfen“, was sie an Erklärungen für den eigentlichen<br />

Gegenstand dieser Arbeit zu bieten haben.<br />

Aber schon allein bei der Begrifflichkeit „soziales System“ ergibt sich ein erstes<br />

Problem: Was sind soziale Systeme überhaupt? Eine noch deutlich weitergehende<br />

Frage könnte auch lauten: Gibt es überhaupt soziale Systeme oder sind sie nur ein<br />

Produkt unserer Phantasie?<br />

Um diese Fragen hinreichend klären zu können, ist zunächst eine Beschäftigung mit<br />

wissenschaftstheoretischen Überlegungen erforderlich.<br />

2.2.1 Konstruktivismus<br />

"Die Eigenschaften, Formen und Strukturen von Systemen und von Klassen von<br />

Systemen, ihre Funktionen und Verhaltensweisen, ihre Gemeinsamkeiten,<br />

Ähnlichkeiten und Unterschiede mit anderen, sind allein ein Ergebnis der Phantasie<br />

und Schöpfungskraft derer, die sie zu ‚sehen‘ meinen." (Herwig-Lempp 1987, S. 7)<br />

Diese Aussage von Johannes Herwig-Lempp in seinem Artikel „Soziale Systeme<br />

existieren. St<strong>im</strong>mt’s? St<strong>im</strong>mt nicht“ bringt die Grundannahme des Konstruktivismus<br />

auf den Punkt. Ernst von Glaserfeld und Heinz von Foerster, die als die Begründer<br />

des radikalen Konstruktivismus gelten, gehen davon aus, dass jede Erkenntnis<br />

letztendlich auf Konstruktionen des Beobachters beruht. 45 Auf das Konstrukt eines<br />

sozialen Systems bezogen, bedeutet dies, dass es nicht objektiv nachweisbar ist,<br />

dass es überhaupt so etwas wie soziale Systeme gibt, sondern dass das Konstrukt,<br />

wie der Begriff bereits aussagt, von Menschen entworfen, konstruiert, wurde, um das<br />

nicht direkt Beobachtbare an dem Verhalten von Menschen 46 in ein<br />

Gedankengebäude zu kleiden, das dann durch Forschungen evaluiert werden kann.<br />

Allerdings sind auch die Ergebnisse dieser Forschungen selbst wieder<br />

Konstruktionen, da Forschungen letztendlich Beobachtungen sind, die nicht vom<br />

Beobachter zu trennen sind.<br />

Selbst anscheinend „objektive“ Messungen physikalischer Vorgänge erweisen sich<br />

aus Sicht des Konstruktivismus als subjektiv, denn auch die Messung selbst beruht<br />

auf Konstruktionen:<br />

45 vgl. z.B. von Glasersfeld 2005, von Glasersfeld 2006, von Foerster 2005<br />

46 mit dem Begriff „Menschen“ ist hier der Plural gemeint, da Systeme von ihrem Verständnis her die<br />

Mehrzahl von Elementen voraussetzen – vgl. Kap. 2.1.3<br />

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