Systemsteuerung im Case Management
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Verhaltenserwartungen seitens des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>s auch intendiert ist, dass<br />
weiterhin das <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> innerhalb des Hilfesystems so etwas wie die<br />
Hierarchieebene beansprucht und die Systempartner generell als austauschbar<br />
angesehen werden können. Schwierigkeiten macht aber die organisationstypische<br />
Ausbildung von Stellen, die höchstens als eine Form der vom <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> zu<br />
fordernden Unterstützungs- und Hilfeleistungen angesehen werden können, die<br />
dann durch Angebote eines oder mehrerer Hilfsdienste ‚besetzt’ werden. Auch wenn<br />
kurz zuvor noch allgemein von der Sinnhaftigkeit der Ausbildung einer<br />
Systemgrenze gesprochen wurde (Kap. 3.2.3.7), so ist diese unter Berücksichtigung<br />
der dargestellten Unterschiedlichkeit der Systempartner stets recht fragil. Man<br />
könnte sogar alternativ nach der Häufigkeit der Inanspruchnahme (der Leistungen)<br />
eines Systempartners oder nach dem Grad der Steuerbarkeit desselben die<br />
Systemgrenze differenzieren in eine ‚Innenzone’ (d.h. häufig genutzte und sich auf<br />
Steuerungen durch das <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> einlassende Systempartner) und in<br />
einen ‚Außenzone’ (d.h. selten genutzte oder sich eingehenden Steuerungen eher<br />
verweigernde Systempartner). Systemtheoretisch bewegt man sich damit aber auf<br />
‚dünnem Eis’, da es in der Luhmann’schen Konstruktion sozialer Systeme nur ‚die’<br />
Systemgrenze gibt, die zudem eine deutliche Unterscheidung von System und<br />
Umwelt erfordert. 466 Aus systemtheoretischer Sicht muss daher die Betrachtung des<br />
Hilfesystems als eine eigene Form eines sozialen Systems aus Sicht des Verfassers<br />
verworfen werden, da die Systemgrenze hierfür zu ‚dünn’ ausgebildet ist und keine<br />
eindeutige Sinngrenze darstellt. Die mögliche Hilfekonstruktion verschiedener<br />
‚Zonen’ ist zudem systemtheoretisch äußerst gewagt (auch wenn sie die<br />
tatsächlichen Gegebenheiten recht plastisch illustriert), da dies den grundlegenden<br />
Annahmen einer System-Umwelt-Differenz zuwiderlaufen würde. Man hätte dann mit<br />
der ‚Außenzone’ zugleich ein Systemteil ‚zweiter Ordnung’ wie auch für die<br />
‚Innenzone’ eine Umwelt ‚zweiter Ordnung’.<br />
Bleibt jetzt doch nur die von Mennemann und Löcherbach benutzte Konstruktion des<br />
Hilfesystems als Netzwerk? 467 Nach Weyer wäre dies eindeutig der Fall: "Von<br />
Netzwerken sollte <strong>im</strong>mer dann gesprochen (werden), wenn sich ein Problem nicht in<br />
Begriffen wie System, Organisation oder Interaktion fassen lässt. Immer geht es um<br />
die grenzüberschreitende Kooperation, um die Verknüpfung mit etwas<br />
Andersartigem. das sich nicht in den Kategorien des jeweiligen Bezugssystems<br />
‚vermessen‘ lässt, daher nicht integriert werden kann und insofern nur über<br />
‚Kommunikations-Kanäle‘ erreicht werden kann […]". (Weyer 2000, S. 27) 468 Bei<br />
dieser allgemeinen Sicht von Netzwerken als ‚Hilfskonstruktion’ für<br />
‚systemuntypische’ Zusammenschlüsse von Systemen wäre dem auf jeden Fall<br />
466 vgl. Kap. 2.2.2.2 oder Luhmann 1987: „Ohne Differenz zur Umwelt gäbe es nicht einmal<br />
Selbstreferenz, denn Differenz ist Funktionsprämisse selbstreferentieller Operationen.“ (S. 35), „Eine<br />
Grenze trennt also Elemente, nicht notwendigerweise auch Relationen, sie trennt Ereignisse, aber<br />
kausale Wirkungen lässt sie passieren.“ (S. 52), „… und die Grenzen zur Umwelt sind Sinngrenzen,<br />
verweisen also zugleich nach innen und nach außen.“ (S. 95), „Die internen System/Umwelt-<br />
Differenzen konvergieren an den Außengrenzen und sind nur haltbar, wenn die Außengrenzen die<br />
externe Umwelt fernhalten.“ (S. 264)<br />
467 vgl. Mennemann 2006 und Löcherbach 2007<br />
468 ähnlich Jansen: "Unter sozialen Netzwerken verstehen wir ein Geflecht von sozialen Beziehungen,<br />
in das Individuen, kollektive oder korporative Akteure eingebettet sind. Netzwerke lassen sich als<br />
abgrenzbare Menge von Elementen oder Knoten beschreiben, für die eine oder mehrere soziale<br />
Beziehungen untersucht werden." Jansen, Wald 2007, S. 188<br />
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