Systemsteuerung im Case Management

3.2.3.5 Schnittstellendefinition
Stehen die einzelnen Hilfen (zumindest zu Beginn des Case Managements) nun
fest, geht es um die nicht minder wichtige Frage der Klärung von Schnittstellen
zwischen Unterstützungs- und Hilfeleistungen und dem Case Management bzw. von
solchen zwischen den einzelnen Leistungen selbst. Eine in diesem Kontext
stehende Frage von nicht zu unterschätzender Brisanz ist die des Datenschutzes.
Mennemann verweist nicht zu Unrecht daher auf die rechtliche Klärungsbedürftigkeit
dieser Frage vor Beginn der eigentlichen Zusammenarbeit. 450 Da Datenerhebungen
gem. §§ 4a und 14 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) im Regelfall nur mit
Einwilligung des Betroffenen, d.h. des Klienten, erhoben und vor allem
weitergegeben werden dürfen, sind rechtssichere Einwilligungserklärungen zur
Datenerhebung und –weitergabe zu entwickeln. Gleiches gilt für die
Datenweitergabe von Stellen und Berufsgruppen, die gem. § 203 StGB der
Schweigepflicht unterliegen (z.B. Psychologen, Ehe-, Familien-, Erziehungs- und
Jugendberater, Sozialarbeiter und –pädagogen). Hierzu sind vor allem
datenschutzrechtlich einwandfreie Schweigepflichtentbindungen vorzubereiten. Eine
generelle Schweigepflichtentbindung für den gesamten Case Management Prozess
genügt diesen Anforderungen eindeutig nicht, sondern sie ist für jeden Dienst
gesondert abzuschließen. 451
Leitfragen in dieser Phase, in der es auch um Prozesse der „Standardisierung der
Zusammenarbeit“ 452 geht, können sein:
• Welche Informationen benötigt wann eine bestimmte Unterstützungs- und
Hilfeleistung vom Case Management, um effektiv (und ohne ‚Doppel-
Assessment’) arbeiten zu können?
• Welche Informationen benötigt wann das Case Management von derselben
Unterstützungs- und Hilfeleistung, um effektiv Monitoring, Re-Assessment, ggfs.
weitere Leistungssteuerung und eine abschließende Evaluation durchführen zu
können? 453
• Welche anderen Unterstützungs- und Hilfeleistungen können nach oder während
der Hilfeerbringung der jeweiligen Hilfe noch beteiligt sein und welche
Informationen benötigen diese wann von der zuvor oder parallel tätigen Hilfe?
• Welche anderen Unterstützungs- und Hilfeleistungen können vor oder während
der Hilfeerbringung der jeweiligen Hilfe noch beteiligt sein und welche
Informationen müssen dies wann an die Hilfe weitergeben?
Es geht also um den Informationsfluss (das Informationsmanagement) von und an
das Case Management wie auch von und zu Hilfen. Ganz im Sinne des
450 s. Mennemann 2005, S. 22
451 Eine gute Übersicht der diesbezüglichen Anforderungen findet sich im Internet unter
https://www.datenschutzzentrum.de/medizin/arztprax/entbind.htm, das sich zwar an der Situation von
Arztpraxen orientiert, aber auch an Situationen in der Sozialen Arbeit übertragbar ist – vgl. dazu auch
z.B. die „Musterpapiere“ der Evangelischen Obdachlosenhilfe mit ihren Formularvorschlägen zum
Thema Datenschutz und Schweigepflichtsentbindung: Evangelische Obdachlosenhilfe e.V. 2003
452 s. Mennemann 2006 S. 13 f.
453 zu den Case Management-Phasen vgl. z.B. Wendt 2001 S. 124 ff., Neuffer 2005 S. 103 ff., Ewers
2000b S. 72 ff.
Seite 139