Systemsteuerung im Case Management

Systemsteuerung im Case Management Systemsteuerung im Case Management

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unterscheidet CM wesentlich von anderen Beratungsformen." (Fachgruppe Case Management der DGS (Hrsg.) 2005, S. 3) "Case Management wird als Überbegriff von Fall- und Systemsteuerung verstanden. […] Im Rahmen der Systemsteuerung oder Care Management werden Versorgungsprozesse und -strukturen optimiert oder neue angeregt, um die Fallsteuerung personenbezogener Prozesse zu erleichtern." (Ehlers 2007, S. 441) "Das Case Management hat einen intermediären Charakter. Es vermittelt zwischen den Versorgungsmöglichkeiten im System der Sozialleistungen und der Sorge, die in der Lebensführung von Menschen zur Bewältigung von Problemen angezeigt ist. Diese Zwischenschaltung wird gebraucht, weil die dem System eigene Komplexität und autogene Dynamik sich den einzelnen Nutzenden ebenso schwer erschließt wie die Komplexität und Problematik seiner Lebenslage den spezialisierten Akteuren und Akteurinnen im System der formellen Versorgung vor Augen steht." (Wendt 2007a, S. 461) "Die ‚Steuerung erster Ordnung‘ […] bezeichnet die Steuerung im Einzelfall, die sich auf die Erreichung eines […] vorgegebenen Zieles richtet. Die ‚Steuerung zweiter Ordnung‘ (beabsichtigt) die Leistungsprozesse inner- wie interorganisatorisch so zu steuern […], dass das Ziel der ‚Steuerung erster Ordnung‘ überhaupt erreicht werden kann." (Reis, u.a. 2007, S. 27) Die einprägsamste Unterscheidung von der systemsteuernden Funktion von Case Management zur tradierten Funktion der Hilfeplanung stammt von Nora von Riet und Harry Wouters und ist deshalb aus Sicht des Verfassers so einprägsam, weil sie grafischer Natur ist: Variante 1: Klient/in im Zentrum I Koordination der Hilfe- und Dienstleistungen auf der Ebene von Einrichtungen und Disziplinen: Sozialhilfekoordination Variante 2: Klient/in im Zentrum II Koordination der Hilfe- und Dienstleistungen auf der Ebene der Klientel: Case Management Abb. 10: Case Management vs. Sozialhilfekoordination van Riet, Wouters 2002 S. 68 Seite 120

Gerade dieses Schaubild skizziert sehr deutlich das, worauf vom Verfasser bereits vielfach verwiesen wurde: Case Management erhebt den Anspruch, aus den Bedürfnissen der Fälle heraus das für eben diese Fälle Unterstützung leistende Hilfesystem zu steuern. Der Klient ist hier wirklich der Mittelpunkt der Überlegungen und steht nicht nur in der Mitte als Objekt der zahlreichen Leistungsangebote. Die anderen Zitate machen diesen Perspektivenwechsel nicht deutlich, es wird hier nur von „Vernetzung“ (Fachgruppe Case Management a.a.O.), „Optimierung“ (Ehlers, a.a.O.) oder „Vermittlung“ (Wendt, a.a.O.) gesprochen Reis unterscheidet zusätzlich zwischen Steuerung „erster“ und „zweiter Ordnung“ (Reis, a.a.O.) und gibt damit einen wichtigen Hinweis darauf, dass zwischen Steuerung im Fall und Steuerung im System unterschieden werden muss. Auch kann der Verweis von ihm, dass die Zielsetzung der Steuerung „zweiter Ordnung“ in der Ermöglichung der „Steuerung erster Ordnung“ zu sehen ist, als Hinweis darauf gedeutet werden, dass Steuerung insgesamt aus dem Fokus des Falles heraus, wie auch vom Verfasser mehrfach gefordert, zu erfolgen hat: "Die Steuerung des Einzelfalls kann aber nur zureichend gelingen, wenn gleichzeitig die Angebote und das Handeln des Fallmanagements einzelfallübergreifend - und häufig auch interorganisatorisch - gesteuert werden." (Reis, u.a. 2007, S. 27–28) Auch die Steuerung des Falles wirkt vielfältig in das Hilfesystem hinein. Zum einen werden professionelle Hilfen für den Fall herangezogen, also Hilfen genutzt und andere nicht genutzt. Selbst die Erstellung des Hilfeplans birgt so Entscheidungen, die das Hilfesystem betreffen. Zum anderen können Hilfen im Laufe der Fallbearbeitung an die spezifischen Bedürfnisse des Falles angepasst werden, und/oder neue Vernetzungen zwischen beteiligten Hilfedienstleistern initiiert werden, die für den Fall erforderlich werden. 401 Dies zusammen mit Steuerungsaktivitäten des Case Managers in Richtung Klientensystem sowie möglicher Weise mit in den Fall eingebundene nicht-professionelle Unterstützer wäre dann nach Reis eine Steuerung erster Ordnung. Davon abzugrenzen wäre dann alle anderen Steuerungen in das Hilfesystem hinein, die somit zu Steuerungen zweiter Ordnung würden. Grundlage dieser Unterscheidung scheint die sehr sinnhafte Trennung zwischen fallspezifischen und fallübergreifenden Steuerungen zu sein. Nur ist im Gegensatz zu der zwar klar erkennbaren Abgrenzung bei Reis (das ist ihre eindeutige Stärke) die Trennlinie nicht zwingend zwischen Fall und fallübergreifend, sondern sie liegt in der Bewertung, ob eine wie auch immer intendierte Steuerung nur fallbezogen wirkt oder auch für künftige Fälle die zuvor fallbezogen initiierten Veränderungen in dem zuvor ‚gesteuerten’ Hilfesystem erkennbar sind. In einer früheren Arbeit wurde dies vom Verfasser „Spuren im System“, bzw. eine „fallübergreifende Dauerhaftigkeit“ 402 genannt. Fallbasierte Steuerungen in das Hilfesystem hinein sollen daher aus Sicht des Verfassers nicht unter dem Begriff der Systemsteuerung gefasst werden, wenn ihre Wirkungen lediglich auf die Dauer des Falles beschränkt sind. Systemsteuerung hingegen ist dann ganz allgemein alles Handeln in das System hinein, dass 401 Wenn hier stets nur vom ‚Fall’ gesprochen wird, soll damit nicht einer Marginalisierung der für die Fallarbeit notwendigen Klientenbeziehung das Wort geredet werden. Durch die Fokussierung dieser Arbeit auf die Steuerung von Hilfesystemen erscheint dem Verfasser aber die gewählte Begrifflichkeit adäquater. 402 Faß 2006, S. 141 Seite 121

Gerade dieses Schaubild skizziert sehr deutlich das, worauf vom Verfasser bereits<br />

vielfach verwiesen wurde: <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> erhebt den Anspruch, aus den<br />

Bedürfnissen der Fälle heraus das für eben diese Fälle Unterstützung leistende<br />

Hilfesystem zu steuern. Der Klient ist hier wirklich der Mittelpunkt der Überlegungen<br />

und steht nicht nur in der Mitte als Objekt der zahlreichen Leistungsangebote.<br />

Die anderen Zitate machen diesen Perspektivenwechsel nicht deutlich, es wird hier<br />

nur von „Vernetzung“ (Fachgruppe <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> a.a.O.), „Opt<strong>im</strong>ierung“<br />

(Ehlers, a.a.O.) oder „Vermittlung“ (Wendt, a.a.O.) gesprochen Reis unterscheidet<br />

zusätzlich zwischen Steuerung „erster“ und „zweiter Ordnung“ (Reis, a.a.O.) und gibt<br />

damit einen wichtigen Hinweis darauf, dass zwischen Steuerung <strong>im</strong> Fall und<br />

Steuerung <strong>im</strong> System unterschieden werden muss. Auch kann der Verweis von ihm,<br />

dass die Zielsetzung der Steuerung „zweiter Ordnung“ in der Ermöglichung der<br />

„Steuerung erster Ordnung“ zu sehen ist, als Hinweis darauf gedeutet werden, dass<br />

Steuerung insgesamt aus dem Fokus des Falles heraus, wie auch vom Verfasser<br />

mehrfach gefordert, zu erfolgen hat: "Die Steuerung des Einzelfalls kann aber nur<br />

zureichend gelingen, wenn gleichzeitig die Angebote und das Handeln des<br />

Fallmanagements einzelfallübergreifend - und häufig auch interorganisatorisch -<br />

gesteuert werden." (Reis, u.a. 2007, S. 27–28)<br />

Auch die Steuerung des Falles wirkt vielfältig in das Hilfesystem hinein. Zum einen<br />

werden professionelle Hilfen für den Fall herangezogen, also Hilfen genutzt und<br />

andere nicht genutzt. Selbst die Erstellung des Hilfeplans birgt so Entscheidungen,<br />

die das Hilfesystem betreffen. Zum anderen können Hilfen <strong>im</strong> Laufe der<br />

Fallbearbeitung an die spezifischen Bedürfnisse des Falles angepasst werden,<br />

und/oder neue Vernetzungen zwischen beteiligten Hilfedienstleistern initiiert werden,<br />

die für den Fall erforderlich werden. 401 Dies zusammen mit Steuerungsaktivitäten<br />

des <strong>Case</strong> Managers in Richtung Klientensystem sowie möglicher Weise mit in den<br />

Fall eingebundene nicht-professionelle Unterstützer wäre dann nach Reis eine<br />

Steuerung erster Ordnung. Davon abzugrenzen wäre dann alle anderen<br />

Steuerungen in das Hilfesystem hinein, die somit zu Steuerungen zweiter Ordnung<br />

würden. Grundlage dieser Unterscheidung scheint die sehr sinnhafte Trennung<br />

zwischen fallspezifischen und fallübergreifenden Steuerungen zu sein. Nur ist <strong>im</strong><br />

Gegensatz zu der zwar klar erkennbaren Abgrenzung bei Reis (das ist ihre<br />

eindeutige Stärke) die Trennlinie nicht zwingend zwischen Fall und fallübergreifend,<br />

sondern sie liegt in der Bewertung, ob eine wie auch <strong>im</strong>mer intendierte Steuerung<br />

nur fallbezogen wirkt oder auch für künftige Fälle die zuvor fallbezogen initiierten<br />

Veränderungen in dem zuvor ‚gesteuerten’ Hilfesystem erkennbar sind. In einer<br />

früheren Arbeit wurde dies vom Verfasser „Spuren <strong>im</strong> System“, bzw. eine<br />

„fallübergreifende Dauerhaftigkeit“ 402 genannt.<br />

Fallbasierte Steuerungen in das Hilfesystem hinein sollen daher aus Sicht des<br />

Verfassers nicht unter dem Begriff der <strong>Systemsteuerung</strong> gefasst werden, wenn ihre<br />

Wirkungen lediglich auf die Dauer des Falles beschränkt sind. <strong>Systemsteuerung</strong><br />

hingegen ist dann ganz allgemein alles Handeln in das System hinein, dass<br />

401 Wenn hier stets nur vom ‚Fall’ gesprochen wird, soll damit nicht einer Marginalisierung der für die<br />

Fallarbeit notwendigen Klientenbeziehung das Wort geredet werden. Durch die Fokussierung dieser<br />

Arbeit auf die Steuerung von Hilfesystemen erscheint dem Verfasser aber die gewählte Begrifflichkeit<br />

adäquater.<br />

402 Faß 2006, S. 141<br />

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