Systemsteuerung im Case Management
Systemsteuerung im Case Management Systemsteuerung im Case Management
Handlungsebene von Kooperation“ 373 , wobei Koordination die Abstimmung von Teilfunktionen aufeinander und Kooperation die Zusammenarbeit selbstständiger Akteure bedeutet. Mennemann thematisiert aber im Gegensatz zu Löcherbach auch die hinderlichen Bedingungen eines zu leistenden Netzwerkaufbaus: (verstecktes) Konkurrenzdenken, fehlende Leistungstransparenz, fehlende Kooperationseinsicht, (nicht ausgesprochene) schlechte Meinung über Partner, unterschiedliche Fachsprachen, fehlende Einbindung der Ausführungsebene, Zeitmangel sowie Datenschutz- und Schweigepflichtsgründe. Gerade zum letzteren merkt er kritisch an: "Während viele hindernde Bedingungen überwunden werden können, stellen gesetzliche Regelungen, wie z.B. Datenschutz, mitunter unüberbrückbare Hürden für Netzwerke dar. Fragen des Datenschutzes sind im Vorhinein rechtlich zu klären." (Mennemann 2005, S. 22) 374 Den o.a. hindernden Bedingungen stellt er fördernde Bedingungen gegenüber: • Die Einführung von Kooperationen als „eigenständiges, neues Bewusstseins- und Handlungsgebilde“, die vertraglich oder per Kontrakt geregelt ist, • Regelmäßige, institutionalisierte Treffen zum persönlichen Kennlernen und zur Gewinnung von Einblicken in die anderen Arbeitsbereiche, • Vereinbarung von Kooperationsstrukturen mit festen Ansprechpartnern und Absprachen zur Überleitung von Dienst zu Dienst, sowie eine • Gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit, z.B. als „Expertenliste der Region“. 375 Aufgrund der Heterogenität der in jedem einzelnen Betreuungsfall benötigten Netzwerkpartner sieht Mennemann allerdings Grenzen für den für dieses Handlungsfeld möglichen Netzwerkaufbau: "Eine erste Betrachtung des Handlungsfeldes unter Gesichtspunkten eines Netzwerkaufbaus verdeutlicht, dass der vertraglich gesicherte Aufbau eines festen Netzwerkes im Bereich der Betreuung illusorisch und wahrscheinlich auch gar nicht sinnvoll ist. Das hochgesteckte Ideal eines Netzwerkes, das einen Case Manager autorisiert, die Dienste zu koordinieren, kann nicht das Ziel im Handlungsbereich Betreuung sein." (Mennemann 2005, S. 23) Der Zweck der Systemebene ist für Mennemann „adressatenorientiert“ 376 zu sein, wobei er allerdings diesen Terminus unterschiedlich verwendet. Zum einen ist Adressatenorientierung für ihn – wie auch für den Verfasser – die Ausrichtung der Hilfeleistungen am Bedarf der Klienten 377 , zum anderen stellt er aber auch fest: „Adressatenorientierte Vernetzung meint die Möglichkeit jedes einzelnen Netzwerkpartners, seine Arbeit als einen ‚Baustein’ im Gesamtgefüge der im Einzelfall tätigen Dienstleistungen im Wissen um die Arbeit der anderen zu erbringen“ 378 , bzw. merkt an, dass eine „strikte Adressatenorientierung“ unvereinbar mit den Intentionen eines Anbieters zur primären Inanspruchnahme seiner Angebote 373 ders., S. 21 374 ähnlich argumentiert auch: Koerdt 2001 375 s. ders., S. 22 f. 376 s. Mennemann 2006, S. 13 377 s. Mennemann 2005, S. 20, analog auch Greuèl, Mennemann 2006 S. 103 f. 378 Mennemann 2006, S. 13 Seite 110
ist. 379 Adressatenorientierung ist bei ihm daher eher ambivalent zu sehen, wobei im Vergleich die Klientenorientierung eher zu überwiegen scheint. Die von Mennemann ausgearbeiteten Kriterien zur Beurteilung von Vernetzungen nach Zuständigkeiten des Case Managers, Zugriffsmöglichkeiten auf Dienstleister, die Netzwerkstruktur, der Grad der Standardisierungen der Zusammenarbeit sowie der Grad der Neutralität des Case Managements lassen sich, ggfs. mit Einschränkungen bei dem letzten Kriterium (Neutralität des Case Managements) gut zur Beurteilung des Erfolges von systemsteuernden Leistungen des Case Managements verwenden. Gleichfalls bieten die aus der praktischen Arbeit mit Case Management einführenden Institutionen heraus entwickelten Phasen für einen sinnvollen Netzwerkaufbau ein brauchbares Gerüst zur Beantwortung der Frage, wie aus Hilfeleistungen ein System wird. 380 Schließlich ist noch die Arbeit von Manfred Neuffer anzuführen 381 , der sich gerade in letzter Zeit kritisch mit der Vernachlässigung der Klientenbeziehung im Case Management durch die eher als technokratisch einzuschätzenden Positionen von Wendt auseinandergesetzt hat. Ähnlich wie Löcherbach sieht auch er eine Mikroebene der operativen Fallsteuerung mit der Steuerung von im Hilfeplan festgelegten professionellen und nicht-professionellen Hilfen, eine Mesoebene, in der in der Case Management betreibenden Organisation Strukturen und Abläufe etabliert werden, sowie eine Makroebene, in der sowohl „… Angebote definiert und initiiert werden …“, als auch „… gesetzliche Rahmenbedingungen für das Case Management geschaffen oder verändert …“ werden. 382 Neuffer setzt ebenfalls wie Mennemann auf Netzwerkarbeit, wobei er personenorientierte Netze, fallspezifische institutionelle netze und fallunspezifische institutionelle Netze unterscheidet. 383 Da Neuffer auch generelle Vorbehalte gegen den Systemsteuerungsanspruch des Case Managements geltend macht 384 , ist für ihn die eigentliche Systemsteuerung weiterhin Aufgabe der bisher für die (allgemeine, fallübergreifende) Hilfeplanung zuständige Institution: "Der Case Manager muss an diesem Prozess nicht notwendigerweise beteiligt sein. Mit seiner indirekten Mitarbeit, durch zur Verfügung stellen von (anonymen) ausgewerteten Fallverläufen, einschließlich der Rückmeldung von Klienten/ -innen und durch seine Erkenntnisse aus der fallspezifischen Netzwerkarbeit, kann er fallunspezifische erheblich beeinflussen und fördern." (Neuffer 2006c, S. 56) Neuffer geht es dabei zwar vor allem um die Verhinderung von Steuerungsüberschneidungen zwischen Case Management und Sozialmanagement / Sozialplanung und der Umgehung von Widerständen aus diesem Bereich, die durch Steuerungsansprüche des Case Managements entstehen könnten, sein Vorschlag gleicht aber trotz allem einer ‚Bankrotterklärung’ des Case Managements in Bezug auf ihren dualen Zuständigkeitsanspruch für Fall- und Systemsteuerung. Mit der reinen ‚Einspeisung’ von Daten in den tradierten Planungsprozess gibt das Case Management seine Verantwortung für das auf, was 379 ders. S. 14 380 vgl. dazu das noch folgende Kapitel 3.2.3 381 vgl. Neuffer 2006c, zu einer ähnlichen Position vgl. auch Gissel-Palkovich 2006a, S. 98 382 Neuffer, a.a.O., S. 52 383 ders., S. 54 f. 384 vgl. Neuffer 2006b, S. 49 Seite 111
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ist. 379 Adressatenorientierung ist bei ihm daher eher ambivalent zu sehen, wobei <strong>im</strong><br />
Vergleich die Klientenorientierung eher zu überwiegen scheint.<br />
Die von Mennemann ausgearbeiteten Kriterien zur Beurteilung von Vernetzungen<br />
nach Zuständigkeiten des <strong>Case</strong> Managers, Zugriffsmöglichkeiten auf Dienstleister,<br />
die Netzwerkstruktur, der Grad der Standardisierungen der Zusammenarbeit sowie<br />
der Grad der Neutralität des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>s lassen sich, ggfs. mit<br />
Einschränkungen bei dem letzten Kriterium (Neutralität des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>s) gut<br />
zur Beurteilung des Erfolges von systemsteuernden Leistungen des <strong>Case</strong><br />
<strong>Management</strong>s verwenden. Gleichfalls bieten die aus der praktischen Arbeit mit <strong>Case</strong><br />
<strong>Management</strong> einführenden Institutionen heraus entwickelten Phasen für einen<br />
sinnvollen Netzwerkaufbau ein brauchbares Gerüst zur Beantwortung der Frage, wie<br />
aus Hilfeleistungen ein System wird. 380<br />
Schließlich ist noch die Arbeit von Manfred Neuffer anzuführen 381 , der sich gerade in<br />
letzter Zeit kritisch mit der Vernachlässigung der Klientenbeziehung <strong>im</strong> <strong>Case</strong><br />
<strong>Management</strong> durch die eher als technokratisch einzuschätzenden Positionen von<br />
Wendt auseinandergesetzt hat. Ähnlich wie Löcherbach sieht auch er eine<br />
Mikroebene der operativen Fallsteuerung mit der Steuerung von <strong>im</strong> Hilfeplan<br />
festgelegten professionellen und nicht-professionellen Hilfen, eine Mesoebene, in<br />
der in der <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> betreibenden Organisation Strukturen und Abläufe<br />
etabliert werden, sowie eine Makroebene, in der sowohl „… Angebote definiert und<br />
initiiert werden …“, als auch „… gesetzliche Rahmenbedingungen für das <strong>Case</strong><br />
<strong>Management</strong> geschaffen oder verändert …“ werden. 382 Neuffer setzt ebenfalls wie<br />
Mennemann auf Netzwerkarbeit, wobei er personenorientierte Netze, fallspezifische<br />
institutionelle netze und fallunspezifische institutionelle Netze unterscheidet. 383 Da<br />
Neuffer auch generelle Vorbehalte gegen den <strong>Systemsteuerung</strong>sanspruch des <strong>Case</strong><br />
<strong>Management</strong>s geltend macht 384 , ist für ihn die eigentliche <strong>Systemsteuerung</strong><br />
weiterhin Aufgabe der bisher für die (allgemeine, fallübergreifende) Hilfeplanung<br />
zuständige Institution: "Der <strong>Case</strong> Manager muss an diesem Prozess nicht<br />
notwendigerweise beteiligt sein. Mit seiner indirekten Mitarbeit, durch zur Verfügung<br />
stellen von (anonymen) ausgewerteten Fallverläufen, einschließlich der<br />
Rückmeldung von Klienten/ -innen und durch seine Erkenntnisse aus der<br />
fallspezifischen Netzwerkarbeit, kann er fallunspezifische erheblich beeinflussen und<br />
fördern." (Neuffer 2006c, S. 56) Neuffer geht es dabei zwar vor allem um die<br />
Verhinderung von Steuerungsüberschneidungen zwischen <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> und<br />
Sozialmanagement / Sozialplanung und der Umgehung von Widerständen aus<br />
diesem Bereich, die durch Steuerungsansprüche des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>s entstehen<br />
könnten, sein Vorschlag gleicht aber trotz allem einer ‚Bankrotterklärung’ des <strong>Case</strong><br />
<strong>Management</strong>s in Bezug auf ihren dualen Zuständigkeitsanspruch für Fall- und<br />
<strong>Systemsteuerung</strong>. Mit der reinen ‚Einspeisung’ von Daten in den tradierten<br />
Planungsprozess gibt das <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> seine Verantwortung für das auf, was<br />
379 ders. S. 14<br />
380 vgl. dazu das noch folgende Kapitel 3.2.3<br />
381 vgl. Neuffer 2006c, zu einer ähnlichen Position vgl. auch Gissel-Palkovich 2006a, S. 98<br />
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Neuffer, a.a.O., S. 52<br />
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ders., S. 54 f.<br />
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vgl. Neuffer 2006b, S. 49<br />
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